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ABENDLAND: RÖMISCHER KATHOLIZISMUS ALS GRUNDLAGE DES WERDENDEN ABENDLANDES

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Abendland: Römischer Katholizismus als Grundlage des werdenden Abendlandes
 
Das Ende des weströmischen Kaisertums
 
Zur Zeit, als noch das Römische Reich bestand, wurden die Soldaten vieler Städte für die Bewachung des Grenzwalls aus öffentlichen Mitteln besoldet«, weiß Eugipp, der Abt des Severinsklosters in Lucullanum bei Neapel, im Jahre 511 zu berichten, als er das Leben des 482 verstorbenen heiligen Severin von Noricum aufzeichnete. Für ihn existierte das Imperium Romanum zu Beginn des 6. Jahrhunderts also nicht mehr, das noch den Lebensraum für seinen Heiligen und dessen Wirken an der Donau gebildet hatte. Nach Ansicht der modernen Geschichtsforschung jedoch bestand in der Vorstellungswelt der meisten Zeitgenossen Eugipps das Römische Reich auch nach dem 476 eingetretenen Ende des weströmischen Kaisertums fort, gab es im Osten doch weiterhin einen Imperator, der in Konstantinopel residierte und in dessen Auftrag die germanischen Könige — zumindest der Theorie nach — im Westen regierten. Hier bildete sich ein lockerer Verband germanisch beherrschter Staatswesen: die Reiche der Wandalen, der Westgoten und der Burgunder, die am Ende des 5. Jahrhunderts dem Höhepunkt ihrer Machtentfaltung zustrebten, das Ostgotenreich in Italien, wo Theoderich der Große gerade begonnen hatte, seine Herrschaft auf den Gipfel ihrer Bedeutung zu führen, und — ganz im Nordwesten — das noch in den Anfängen stehende Frankenreich, das schließlich zur neuen Großmacht des Westens aufsteigen und dem heraufziehenden Mittelalter seinen Stempel aufdrücken sollte.
 
Gemeinsam war diesen Staatswesen in unterschiedlich starker Ausprägung die römische Tradition. Die alte Frage, ob der Einbruch der Germanen in das Römische Reich die antike Gesellschaft weitgehend vernichtete und diese daher zu einem abrupten Ende kam oder ob nicht doch eher von einem Fortbestand ihrer zivilisatorischen Leistungen in reduzierter Form auszugehen ist, wird heute stärker im Sinne der Kontinuität beantwortet. Diese Kontinuität konnte allerdings vielgestaltig sein, war regional unterschiedlich dicht und verschieden lang andauernd, schloss Diskontinuitäten an manchen Orten nicht aus und mündete letztlich in einen Transformationsprozess, in den natürlich auch Traditionselemente der germanischen Völker einflossen, doch wird dieser Anteil heute wesentlich geringer eingeschätzt als der römische.
 
 Arianismus und Katholizismus
 
Träger der römischen Tradition waren die städtischen Gemeinwesen, soweit sie fortbestanden, und die christliche Kirche, die stark von (spät) antiken Verhältnissen geprägt worden ist und deren Bischöfe in den Städten residierten. Allerdings gab es um 500 im späteren Abendland noch keine christliche Glaubenseinheit. Die Germanen hatten, wenn sie nicht Heiden geblieben waren, den christlichen Glauben in Form des Arianismus angenommen. Dieser geht auf den 336 verstorbenen Presbyter Arius zurück, der in Alexandria lebte und im Gegensatz zur herkömmlichen Theologie lehrte, dass Christus als Sohn Gottes nicht von Anfang an existierte, sondern vom Vater geschaffen wurde, dem er daher auch nicht wesensgleich sei. Diese Lehre und die vielfältigen Auseinandersetzungen um die Bestimmung des Verhältnisses von göttlicher und menschlicher Natur Christi bestimmten die theologische Diskussion vom 4. bis zum 7. Jahrhundert und stürzten die spätantike Gesellschaft, besonders im Osten des Römischen Reiches, in schwere Konflikte. Da der Gote Wulfila, der um 370 die Bibel in seine Muttersprache übersetzte und unter seinem Volk viele Anhänger für das Christentum gewann, von dem Arianer Eusebios von Nikomedien getauft und zum Bischof der Goten geweiht worden war, verbreitete sich vor allem der Arianismus unter den germanischen Völkern. So tief aber auch immer der Gegensatz zwischen Katholiken und Arianern gewesen ist, er betraf im Wesentlichen theologische Fragen und nicht exegetische Prinzipien und liturgische Formen, was einen Übertritt der germanischen Arianer zum römischen Katholizismus nicht unwesentlich erleichtert haben dürfte. Im 6. und 7. Jahrhundert verschwand dann auch der Arianismus allmählich, und das Heidentum, von dem sich allerdings noch lange Zeit Reste hielten, wurde gleichfalls zurückgedrängt: Das Abendland wurde katholisch.
 
 Römische Tradition
 
Lateinische Sprache und Literatur und damit die Möglichkeit des Zugangs zur antiken Bildung wurden dem Mittelalter durch die Kirche vermittelt und zu wesentlichen Grundlagen der abendländischen Einheit. In besonderem Maße waren die kirchlichen Organisationsformen und Teile des Kirchenrechts römisch geprägt. So bildete die kleinste Einheit in der staatlichen Ordnung des spätantiken Reiches, die civitas, die eine Stadt und das ihr zugeordnete Umland umfasste, den Amtsbereich des geistlichen Oberhauptes der christlichen Gemeinden: die Diözese eines Bischofs. So wie mehrere civitates eine Provinz bildeten, wurden die Diözesen zu einer Kirchenprovinz zusammengefasst; und der Bischof der Metropole, jenes Ortes, an dem der Provinzstatthalter seinen Sitz hatte, besaß als Metropolit gegenüber seinen Amtsbrüdern einen Vorrang und wurde später Erzbischof genannt.
 
Dieses System blieb auch nach dem Untergang des Weströmischen Reiches erhalten und wurde im Frankenreich, nach einer Phase des Verfalls, von Karl dem Großen erneuert und auch in jenen christlich gewordenen Gebieten eingeführt, die niemals zum Römischen Reich gehört hatten. Mussten über die Belange von Ortskirchen hinausweisende Probleme besprochen werden, versammelten sich die Bischöfe und Geistlichen des gesamten Reiches oder von Teilen des Reiches auf Synoden und Konzilen. In strittigen Fragen, aber auch in Rechtsangelegenheiten konnte der Bischof von Rom um Auskunft gebeten werden, der als Nachfolger der Apostel Petrus und Paulus besondere Autorität genoss, jedoch als Papst lange keine umfassende Leitungsgewalt in der Westkirche besaß.
 
 Das Papsttum
 
Trotzdem ist in dem Umstand, dass die Kirchen des Westens prinzipiell nach Rom, der Stadt der Kaiser und Apostelfürsten, blickten, ein wesentliches Element der abendländischen Zivilisation des Mittelalters zu fassen. Die Päpste, aber nicht nur sie, haben diese Grundorientierung in den folgenden Jahrhunderten, mit besonderem Erfolg allerdings erst nach der Jahrtausendwende, zu einem starken römischen Zentralismus ausgestaltet. Einen Vorrang in der Gesamtkirche beanspruchte Rom freilich schon im 4. und 5. Jahrhundert deutlich, wenn sich die Tibermetropole auch zunächst grundsätzlich in das bis Mitte des 5. Jahrhunderts ausgestaltete System von fünf Patriarchaten, die übergeordnete Einheiten bildeten, einfügen musste: Dazu gehörten neben Antiochia, Alexandria und Rom schließlich auch Konstantinopel und Jerusalem. Seit der Expansion des Islams im 7. Jahrhundert blieb von diesem Bezugssystem allerdings nur der Dualismus zwischen den beiden Kirchen der Kaiserstädte Rom und Konstantinopel übrig, und dieser führte zu wiederholten Spannungen um Gleichberechtigung und Vorrang sowie im Jahre 1054 zu einer dauerhaften Spaltung. Die Papstkirche behauptete seitdem allein im Westen — jedoch ohne den universalen Anspruch aufzugeben — ihren Jurisdiktions- und Lehrprimat. Nicht unwichtig für diesen Erfolg war die Durchsetzung des Prinzips von der Unabhängigkeit der Einzel- wie der Gesamtkirche von anderen Gewalten, besonders von der weltlichen Herrschaft. Wenn auch nicht immer ausreichend genug eingehalten und in manchen Phasen des frühen Mittelalters sogar häufig vergessen, hat dieser Grundsatz trotzdem entscheidend zur Wahrung der kirchlichen Autonomie beigetragen — und dies nicht zuletzt durch Berufung auf zwei Lehren, die um 500 in zukunftsträchtiger Weise formuliert worden sind:
 
494 entwickelte Papst Gelasius I. (492—496) in einem Schreiben an Kaiser Anastasios I. (491—518) die berühmte Zweigewaltenlehre, die, anknüpfend an Gedanken des Kirchenlehrers Augustinus, das Verhältnis zwischen geistlicher und weltlicher Gewalt, modern gesprochen: zwischen Kirche und Staat, regelte: »Zwei sind es, erhabener Kaiser, von denen diese Welt prinzipiell regiert wird: die geheiligte Autorität der Bischöfe und die königliche Gewalt.« Die weiteren Ausführungen des Gelasius bezeichnen beide Gewalten als von Gott in je eigene Aufgabenbereiche eingesetzt, in denen sie selbstständig und ohne Unterordnung, jedoch mit gegenseitiger Unterstützung zu walten haben. Wenn König- und Priestertum hier auch als autonome und doch aufeinander bezogene Größen, als gleich und dabei einander zugeordnet erscheinen, so gebührte den Geistlichen nach den Vorstellungen des Papstes trotzdem ein Vorrang, da sie gegenüber Gott auch für das Seelenheil der Könige verantwortlich sind.
 
Die andere Lehre mit Zukunftswirkung betraf die Unrichtbarkeit des Papstes. Symmachus (498—514), der zweite Nachfolger des Gelasius, hatte den römischen Bischofsstuhl nur gegen erhebliche Widerstände besteigen können und musste, da er offenbar nicht gerade als sittenstreng galt, sich nach der Jahrhundertwende wegen schwerer Vorwürfe gerichtlich verantworten. Dabei scheute man sich nicht, zu seinen Gunsten Fälschungen einzusetzen und sich auf fingierte Präzedenzfälle zu berufen. Der rechtliche Grundsatz allerdings, dem dadurch eine besondere Autorität verliehen werden sollte und durch den betont wurde, dass der Papst von niemandem außer von Gott selbst gerichtet werden könne, dürfte auf nicht völlig neuen Vorstellungen beruht haben. In eine griffige Formel gefasst worden ist er jedoch offenbar erst in den Jahren kurz nach 500.
 
Zu diesem Zeitpunkt waren mithin alle Entwicklungen im Gange, die später zur Einheit des Abendlandes im Zeichen des Christentums und der Papstkirche führten.
 
Prof. Dr. Franz-Reiner Erkens
 
Literatur:
 
Angenendt, Arnold: Das Frühmittelalter. Die abendländische Christenheit von 400 bis 900. Stuttgart u. a. 21995.
 Schieffer, Theodor: Winfrid-Bonifatius und die christliche Grundlegung Europas. Freiburg im Breisgau 1954. Nachdruck Darmstadt 1980.


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