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BINNENSCHIFFFAHRT: AUF KANÄLEN, FLÜSSEN UND SEEN

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Binnenschifffahrt: Auf Kanälen, Flüssen und Seen
 
Schiffstransporte auf Flüssen waren vor der Erfindung der Dampfmaschine und des Verbrennungsmotors vor allem stromaufwärts langwierig und schwierig. Die Frachtschiffe wurden meist vom Ufer aus mit Seilen gezogen. Zum Treideln, wie man diese Transportweise nannte, verwendete man Pferde-, aber auch Menschenkraft. Eine Alternative lag im Segeln, wozu man aber auf günstigen Wind angewiesen war. Die seit den 1820er-Jahren verkehrenden Dampfschiffe bedeuteten daher eine revolutionäre Neuerung. In ihrer Hochzeit konnten die Räderboote Anhangkähne in Hunderte von Meter langen Schleppzügen gegen den Strom bewegen.
 
Nach dem ersten Weltkrieg, mit dem Aufkommen des Dieselmotors, wurden viele unmotorisierte Kähne zu Selbstfahrern. Aber noch herrschte die Schleppschifffahrt vor.
 
Um den Energie- und Arbeitskräfteaufwand zum Transport einer gegebenen Gütermenge möglichst gering zu halten, setzte man immer größere Motorschiffe und später auch Schubverbände ein, bei denen ein Schubschiff eine große Zahl aneinander gekoppelter, kastenförmiger, antriebs- und besatzungsloser Schubkähne bugsiert. Heute transportieren Binnenschiffe neben Schrott und Massenschüttgütern wie Kohle oder Getreide sowie flüssigen Ladungen vorwiegend Container.Moderne Containerbinnenschiffe haben eine Kapazität von bis zu 500 Großbehältern von 20 Fuß Länge (ein Fuß entspricht 30,5 Zentimetern), wohingegen ein Sattel-LKW maximal zwei solche Container als Ladung tragen kann.
 
Schon im 19. Jahrhundert zeigte sich die Notwendigkeit, die Wasserwege auszubauen, da die Dimensionen der Flüsse und Kanäle sowie insbesondere der Schleusen dem Verkehrsaufkommen und der zunehmenden Schiffsgröße nicht mehr entsprachen. Viele Flüsse wiesen damals noch gefährliche Untiefen, Sandbänke und unberechenbare Strömungen auf. Bei Hoch- oder Niedrigwasser war die Schifffahrt oft völlig unmöglich. Die Uferstaaten des Rheins beschlossen daher, eine Flusskorrektion vorzunehmen. Die Rheinbegradigung, welche 1876 abgeschlossen wurde, verkürzte den ursprünglich stark mäandrierenden Flusslauf um 81 Kilometer. Um den Abflussquerschnitt zu begrenzen und für eine gleich bleibende Fahrwassertiefe zu sorgen, wurden Buhnen, senkrecht zum Ufer verlaufende Dämme, errichtet. Neue Hafenbauten mit verbesserten Kränen erleichterten und beschleunigten darüber hinaus den Warenumschlag.
 
Viele weitere Flüsse wurden ebenfalls ausgebaut, beispielsweise der Neckar in den Jahren 1950 bis 1968. Darüber hinaus wurden völlig künstliche Wasserstraßen wie der Mittellandkanal (früher auch Ems-Weser-Elbe-Kanal genannt, Fertigstellung 1938) angelegt. Häufig waren zu den Korrektionen und Kanalbauten zahlreiche Schleusenbauwerke und Dammaufschüttungen nötig. Heute beträgt die Länge der schiffbaren Binnenwasserwege in Deutschland 7467 Kilometer. Sie dürfte aber kaum noch zunehmen, denn der finanzielle Aufwand und die ökologischen Risiken stehen in keiner vernünftigen Relation zu dem zu erwartenden Nutzen. Zuletzt war es die 1992/93 abgeschlossene Umgestaltung des Altmühltals für den letzten Bauabschnitt des Rhein-Main-Donau-Großschifffahrtswegs, die große Kontroversen hervorrief. Es wurden zwar Anstrengungen zur Renaturierung der Betontröge gemacht, die heute das Kanalbett im Altmühltal bilden, doch die schwerwiegenden Eingriffe in das Landschaftsbild und das Ökosystem konnten dadurch kaum abgemildert werden. Dasselbe gilt für das schon zuvor betroffene Sulztal und das Ottmaringer Tal. Die geplante Flussregulierung der Donau zwischen Straubing und Vilshofen, durch welche die Leistungsfähigkeit des Großschifffahrtswegs erhöht werden soll, wurde bis auf weiteres zurückgestellt.
 
Änderungen des natürlichen Gewässerverlaufs, die im Rahmen einer Kanalisierung unvermeidlich sind, haben nachteilige Auswirkungen auf den Grundwasserspiegel und die Fähigkeit von Flüssen, Hochwasser abzufangen, sowie in ökologischer Hinsicht. Die Uferzonen von Binnengewässern dienen nämlich auch als Feuchtbiotope. Auch die Wasserverschmutzung, die bei der Nutzung als Verkehrsweg nicht ausbleibt — zu nennen sind hier insbesondere Getriebeöle und Antifouling-Schiffsanstriche —, stellt im Hinblick auf die Verwendung des Uferfiltrats als Trinkwasser ein ernst zu nehmendes Problem dar.
 
Dass man trotz dieser schon früh erkannten Nachteile bereit war, die Binnenschifffahrtswege auf das heutige Maß auszubauen, hat seinen Grund in zum Teil beträchtlichen Vorzügen gegenüber anderen Verkehrsmitteln. Im Hinblick auf Sicherheit, kostengünstigen Frachtdurchsatz und — trotz der genannten Probleme — auch Umweltschonung schneidet die Binnenschifffahrt vergleichsweise gut ab. Der Treibstoffverbrauch pro Tonnenkilometer Fracht ist wesentlich geringer als auf der Straße. Mit einer Motorleistung von einem PS lassen sich auf Flüssen und Kanälen 4000 Kilogramm transportieren, auf der Schiene nur 500 Kilogramm und auf der Straße lediglich 150 Kilogramm. Auch der personelle Aufwand beim Transport per Schiff ist recht gering.
 
1996 wurde auf deutschen Binnengewässern eine Transportleistung von 61,3 Milliarden Tonnenkilometern (Mrd. tkm) erbracht, wovon 38,2 Mrd. tkm auf ausländische Schiffe entfielen. Zum Vergleich: Die Bahn erzielte im Güterverkehr 1996 68,8 Mrd. tkm, der LKW-Nah- und Fernverkehr 281,3 Mrd. tkm und der binnendeutsche Luftfrachtverkehr 0,5 Mrd. tkm.
 
Ein Handikap des Transports per Schiff ist die vergleichsweise geringe Fahrtgeschwindigkeit, ein anderer Nachteil die größere Witterungsabhängigkeit. So können Hoch- oder Niedrigwasser und das Zufrieren in kalten Wintern zur Einstellung der Schifffahrt zwingen. Im Zeitalter der rollenden Lagerhaltung und der Just-in-time-Lieferungen besteht wenig Bereitschaft, dies zu tolerieren.
 
Immer mehr Schiffe werden mit einem Telematiksystem ausgestattet, das jederzeit den aktuellen Standort an Frachtunternehmer und Kunden übermittelt und so den Fortschritt des Transports transparent gestaltet.
 
Die Flotten auf Europas Wasserstraßen wurden in den letzten Jahren aus Gründen der Rationalisierung kontinuierlich verkleinert. Dabei stieg die durchschnittliche Tragfähigkeit der Schiffe.
 
Erhebliche Bedeutung besitzt in der Binnenschifffahrt der Personentransport, der heute vorwiegend der Freizeitgestaltung dient. Bei den Fahrgastschiffen handelt es sich vor allem um Tagesausflugsschiffe, zum Teil sogar mit Bordrestaurants. Der Markt für Personenschiffe, in denen Fahrgäste in Kabinen auch wohnen und mehrtägige Touren unternehmen können, wird von nichtdeutschen Reedereien beherrscht.
 
Was den Transport auf Binnengewässern anbelangt, so ist Deutschland für die weltweite Situation keineswegs repräsentativ. In Entwicklungsländern mit geeigneten Wasserstraßen spielt die Flussschifffahrt auch heute noch eine bedeutende Rolle. Beispielsweise sind Boote, meist unmotorisiert, auf den verzweigten Wasserstraßensystemen von Bangladesch die wichtigsten Transportmittel für Menschen und Güter. Segelnde Flussschiffe und, wie vor Jahrhunderten in Europa, durch Muskelkraft stromauf gezogene Schiffe prägen das Bild vieler Flüsse Südasiens.
 
Die Struktur der Binnenschifffahrt in Europa ist durch drei Organisationsformen geprägt: Zum einen gibt es selbstständige Schiffsbesitzer, die auf eigene Rechnung fahren, die Partikuliere. Zum anderen sind da die Reedereien, die in der Regel mehrere Schiffe betreiben und zudem oft die Umladung von Frachten organisieren. Als dritten Typ gibt es Firmenflotten wie die von Kiesbaggereien oder Mineralölfirmen, die ihre eigene Ware transportieren. In den letzten Jahren besteht hier jedoch eine Tendenz zu weniger eigenen Schiffen und mehr gechartertem Fremdfrachtraum.
 
Die Zahl der Binnenschiffseinheiten ist europaweit stark rückläufig. Abwrackprämien, finanziert durch die Europäische Union, sollen bestehende Überkapazitäten reduzieren. Viele Reedereien verkaufen ihre Schiffe, weil sie sie nicht mehr kostendeckend betreiben können, teilweise ins Ausland, teilweise an ihr ehemals angestelltes Personal. Es werden zunehmend ausländische Besatzungsmitglieder eingestellt, da deren Löhne geringer sind. Die resultierenden Probleme scheint man in Kauf zu nehmen: Verständigungsschwierigkeiten, mangelnde Sicherheit, steigende Arbeitslosenzahlen.
 
Die Arbeit des Binnenschiffers ist leichter geworden. Die Maschine wird vom Ruderhaus aus überwacht und gesteuert. Der Arbeitsplatz des Maschinisten, der früher die Instrumente beobachten, schmieren und manchmal sogar noch die Maschine vom Vorwärts- zum Rückwärtslauf umsteuern musste, ist daher längst entfallen. Das Ruderhaus ist heute klimatisiert; moderne Überwachungsinstrumente und vereinfachte Steuerungen haben die Arbeit des Rudergängers erleichtert.
 
Während die Zahl der gewerblich betriebenen Schiffe in den letzten Jahren abnimmt, gewinnt die Freizeitschifffahrt, in Gestalt von Ausflugsdampfern und mehr noch durch Privatschiffe, immer mehr an Bedeutung.
 
Doch nicht nur die Binnenschifffahrt, sondern auch die Seeschifffahrt befindet sich seit einigen Jahren im Wandel.
 
Dr. Kurt Möser, Mannheim
 
Weiterführende Erläuterungen finden Sie auch unter:
 
Seeschifffahrt: Güterverkehr, Personenverkehr, Fischerei
 
Grundlegende Informationen finden Sie unter:
 
Schifffahrt: Geschichte
 
Literatur:
 
Binnenschiffahrt, herausgegeben vom Bundesverband der Deutschen Binnenschiffahrt. Duisburg 1970 ff. Bis 1969 unter dem Titel Binnenschiffahrt in neuem Fahrwasser.
 Marshall, Chris: Die große Enzyklopädie der Schiffe. Technische Daten und Geschichte von über 1200 Schiffen. Aus dem Englischen. Erlangen 1995.
 Schnake, Reinhard H.: Geschichte der Schleppschiffahrt. 3 Bände. Herford 1-21990-95.
 Westphal, Gerhard: Lexikon der Schiffahrt. Über 3000 Begriffe von Aalregatta bis Zwischendeck aus Handelsschiffahrt und Segelsport. Reinbek 1981.


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