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ARTENSTERBEN: GEGENMAßNAHMEN

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Artensterben: Gegenmaßnahmen
 
Die Ursachen und Mechanismen des vom Menschen verursachten Artensterbens sind offensichtlich. Nun wäre es wichtig, weltweit eine Bestandsaufnahme dessen zu machen, was eigentlich auf dem Spiel steht — also einen Überblick über die Artenvielfalt auf diesem Planeten zu gewinnen. Dazu ist eine weltweite Anstrengung der Biologen notwendig, so wie dies bei der Entschlüsselung des menschlichen Erbguts — dem »Human Genome Project« — gegenwärtig mit Erfolg praktiziert wird.
 
Analog dazu könnte ein »Globales Biodiversitätsprojekt« dazu dienen, den Artenschatz der Erde vollständig zu erfassen. Gangbare Wege zu finden, wie sich die Entwicklung der Menschen mit der Erhaltung der Artenvielfalt in Einklang bringen lässt, ist dann nicht mehr schwer: Die Entwicklung des Lebens auf diesem Planeten — die Evolutionsgeschichte — hält die Lektionen parat, die der Mensch lernen muss. Das Prinzip der Nachhaltigkeit nämlich, das spätestens seit dem Umweltgipfel von Rio in aller Munde ist, herrscht in der Evolutionsgeschichte seit Anbeginn. Als auf Dauer überlebensfähig erweist sich eine Art nur, wenn sie Ressourcen nicht übernutzt. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass dieses Prinzip ausgerechnet für die Spezies Homo sapiens keine Gültigkeit hat.
 
 Nachhaltige Entwicklung statt Ausbeutung der Natur
 
Hauptbetroffene des Artenschwunds sind die Menschen der Entwicklungsländer, der Dritten Welt.Denn dort, in der Zone der Tropen und Subtropen, findet sich der mit Abstand größte Teil der Artenvielfalt, und dort ist sie auch am stärksten gefährdet. Die reichen Länder können sich kostspielige Unternehmungen zur Erhaltung von Arten leisten, die ihnen etwas bedeuten. Die Armen können das nicht. Sie sind auf unsere Partnerschaft und Hilfe angewiesen. Tatsächlich kann die Biodiversität nur dann im wünschenswerten und notwendigen Umfang gesichert werden, wenn es gelingt, sie mit einer wirtschaftlich aussichtsreichen, nachhaltigen Entwicklung zu verbinden. Dies hat die Konferenz von Rio ausdrücklich festgestellt.
 
Ansätze zur Verwirklichung des hohen Ziels lassen sich in verschiedenen Ländern beobachten, wobei das kleine Costa Rica immer wieder als Vorbild dient. Dort wird derzeit der gesamte Artenschatz erfasst, und zwar unter Mithilfe der Bevölkerung. Auch durch die gezielte Erforschung der in der traditionellen Medizin benutzten Pflanzen trägt das mittelamerikanische Land dazu bei, den enormen Wert einheimischer Arten publik zu machen.
 
Ohne finanzielle Unterstützung für die Entwicklungsländer wird die Vernichtung der biologischen Vielfalt indes kaum aufzuhalten sein. In mehreren Folgekonferenzen zum Umweltgipfel von Rio forderten daher insbesondere die reichen Staaten ein gemeinsames Großprojekt »Globale Biodiversität«. Die Umsetzung benötigt jedoch, wie ganz unrühmlich das Beispiel Deutschland zeigt, sehr viel Zeit. Inzwischen schreitet die Umwandlung artenreicher Flächen weiter voran oder intensiviert sich sogar wie auf Borneo und Sumatra 1998/99. Dort nutzte man die Gunst der Klimaanomalie El Niño, um Regenwald niederzubrennen. Auf den verbrannten Flächen entstehen zumeist Plantagen für Ölpalmen.
 
Die Bemühungen der internationalen Staatengemeinschaft, die auf mehreren Weltklimakonferenzen versuchte, den schädlichen Einfluss des Menschen abzumildern, werden durch derartige Aktionen immer wieder zurückgeworfen.
 
 Wirtschaften wie die Natur
 
Rinder, Weideland und Rodungsbrände gleichen alle Einsparungen und Bemühungen wieder aus, die darauf abzielen, den Primärenergieverbrauch zu senken. Im Gegenteil neigt sich die Waage eher in Richtung weiterer großflächiger Zerstörung der Lebensräume. Den wirkungsvollsten Hebel, die globalen Umweltprobleme zu lösen, hätte daher eine Landwirtschaftspolitik, die der Vision eines echten Miteinanders der ganzen Menschheit folgt. Die armen Länder würden dabei jene Produkte den reichen Nationen gewinnbringend verkaufen, die sie selbst ohne Großeinsatz von Hilfsstoffen und -energien erzeugen können.
 
Darin liegt eine der großen Stärken der Natur: Sie hat vorgemacht und jahrmillionenlang überprüft und aussortiert, was sich bewährt, was nachhaltig ist. Nachhaltiges Wirtschaften bezieht sich daher vor allen Dingen auf die Landwirtschaft, auf die Art der Nutzung des Landes und seiner besonderen Kapazitäten oder Einschränkungen. Aber es bedeutet nicht, dass sich nichts verändern, nichts entwickeln dürfte. Denn auch das lehrt der Prozess der Evolution in der Natur: Entwicklungen vollziehen sich aus Ungleichgewichten heraus.
 
Ein gutes Beispiel hierfür ist ein ausgewachsener, ausgereifter Wald. Hat er den Zustand erreicht, in dem seine gesamte Biomasse nicht weiter zunimmt, sondern mit nur geringfügigen Schwankungen weitestgehend im Gleichgewicht erhalten wird, dann produziert er auch keinen Sauerstoff für die Erdatmosphäre mehr. Denn das, was der Wald an Sauerstoff erzeugt, verbraucht er selbst wieder aufgrund der zahlreichen Abbauprozesse, die in ihm ablaufen. Solch einer Situation begegnet man beispielsweise in unberührten tropischen Regenwäldern.
 
Überschüsse abernten und Sauerstoff gewinnen können wir nur in wachsenden, an Biomasse zunehmenden Wäldern oder Pflanzenbeständen. Was nun für den Wald zutrifft, gilt auch in einem ganz allgemeinen Sinn: Entwicklungen können sich nur aus Ungleichgewichten heraus vollziehen. Insofern bietet das wirtschaftliche und soziale Ungleichgewicht zwischen dem Fünftel mehr oder minder reicher Menschen in den Industrieländern und der viel größeren Zahl an Menschen in den Entwicklungsländern auch eine große Chance für die Zukunft.
 
Es ist die Chance, aus den unterschiedlichen Erfahrungen heraus in partnerschaftlicher Weise zu gemeinsamen Lösungen zu kommen, die für alle von Vorteil sind. Das wäre auch ein Kernbereich der Zukunftssicherung und die beste Garantie für ein friedliches Miteinander der Völker und Kulturen. Die weitaus gefährlichere Vorgehensweise wäre — und ist, wie viele Ereignisse in der jüngeren Vergangenheit gezeigt haben — die Gleichmacherei. Den vielfältigen, weltweit in Jahrtausenden gewachsenen Kulturen ein Einheitssystem überzustülpen wäre dann vielleicht auch das Ende aller Kultur.
 
 Die Erde zukunftsfähig machen
 
Drei Gegebenheiten erweisen sich, wenn es um Zukunftsfähigkeit geht, als grundsätzlich förderlich und vorteilhaft. Erstens wissen wir, dass auf der Erde noch reichlich Platz für Menschen ist, solange wir uns den Luxus leisten können, Rindermassen zu halten, die das Gesamtlebendgewicht unserer Art um ein Vielfaches übertreffen. Zweitens ist es in vielen Teilen der Welt gelungen, das Aussterben größerer Arten zu verhindern. Damit wurden auch zahllose kleinere Lebewesen geschützt, die weitgehend unbemerkt im Schatten der Großen leben. Drittens haben weite Teile der Bevölkerung den Schutz der Natur und der biologischen Vielfalt als gemeinnütziges Ziel anerkannt. Allein in Deutschland fließen derzeit jährlich weit mehr als 100 Millionen Mark in private Naturschutzorganisationen.
 
Zunehmend entdecken auch Menschen, die sich bislang kaum für das Kernanliegen des Artenschutzes interessiert haben, den kommerziellen Wert der Vielfalt des Lebens und der Lebensräume. Wirtschaftlich Verwertbares überzeugt letztlich auch denjenigen, den ethisch-moralische Appelle nicht erreichen. So kann man mit einiger Zuversicht ins neue Jahrtausend blicken.
 
In Politik und Wirtschaft liegt das Rüstzeug für die große Herausforderung bereit. So haben Unternehmen nach zahllosen Versuchen, die gelangen oder scheiterten, Wege herausgefunden, aus Ungleichgewichten etwas zu machen und dort, wo Nachfrage und Angebot eigentlich ins Gleichgewicht gekommen wären, neue Nachfrage zu erzeugen. Auf diese Weise gelang es der Wirtschaft immer wieder weiterzukommen. Auf der Strecke blieben jene Formen und Zweige, die, weil längst überholt von den Entwicklungen, künstlich durch Subventionen am Leben erhalten wurden. Sie haben den Wandel versäumt, weil ihnen in bester Absicht zu sehr geholfen wurde.
 
Ein erster Schritt kann deshalb darin bestehen, die Investitionen in die Vergangenheit systematisch zugunsten der Zukunft abzubauen. Die frei werdenden Mittel ließen sich zur Erhaltung der Natur verwenden. Landwirte müssten weder bei uns in Europa noch weltweit mit miserablen Preisen für ihre Produkte abgespeist und durch Subventionen in ihrer Existenz erhalten werden, wenn sie für ordentliche, qualitativ hochwertige Produkte auch eine ordentliche, angemessene Bezahlung erhielten. So lässt sich der Zwang zu Massen- und Überproduktion beseitigen und der Druck, den die Landwirtschaft auf Natur und Lebensvielfalt ausübt, beenden.
 
 Ausblick
 
Es darf sich auch kurzfristig nicht länger rentieren, artenreiche, unersetzliche Wälder in Rinderweideland umzuwandeln, obwohl die Erde längst viel zu viele Rinder trägt. Es darf sich auch nicht lohnen, hoch subventionierte Agrarprodukte kreuz und quer durch Europa mit hohem Energieaufwand zu transportieren, wenn sich Vergleichbares im Nahbereich der Verbraucher produzieren und verarbeiten lässt. Und es darf nicht länger hingenommen werden, dass durch den viel zu hohen Einsatz von Düngemitteln und das Ausbringen massenhaft anfallender Gülle die natürliche Vielfalt vernichtet wird und das Grundwasser auf Jahrzehnte hinaus für die Trinkwasserentnahme nicht mehr geeignet ist.
 
Nachhaltiges Wirtschaften muss auch bei uns ansetzen. Wenn wir der Dritten Welt vormachen, dass es besser gehen kann, wird das Beispiel überzeugen. Ansätze hierzu, auch der Wille in der bäuerlichen Bevölkerung, sind vorhanden. Die Politik ist gefordert, das Wünschenswerte machbar zu machen. Dieses Wünschenswerte ist kein romantisch-verklärtes »Zurück zur Natur«, sondern ein natur- und umweltverträgliches Wirtschaften; eben nachhaltiges Wirtschaften. Die Artenvielfalt kann dabei ebenso zum Qualitätsmerkmal werden, wie sie das in den Städten bereits ist. Wo viele Tier- und Pflanzenarten frei leben und gedeihen können, fühlen sich auch Menschen wohl.
 
Der Drang der Stadtbevölkerung hinaus in die Natur ist ein Spiegel unserer tiefsten Bedürfnisse. Die Erhaltung und Förderung der Vielfalt ist hier wie dort, in Stadt und Land, auch für den Menschen ein wichtiges Kriterium für Lebensqualität. Arterhaltung in zoologischen und botanischen Gärten, Genbanken und neue Techniken zur Erhaltung von Erbgut sollen das erfüllen, was die Museen seit langem leisten: Unwiederbringliches für die Zukunft aufzubewahren. Was aber leben kann, sollte auch leben und sein Leben selbst weiterführen. Die Chancen, dass dies gelingt, stehen gar nicht so schlecht. Denn wir haben weltweit ein so riesiges und umfassendes Wissen angesammelt, dass wir es als größtes Kapital für die Zukunftsbewältigung einsetzen können. Verbleibende Lücken wie bei der Erfassung des Artenbestands der Erde gilt es zu schließen. In einer »Dekade der Biodiversität« könnte es gelingen, eine ausreichende Übersicht über den Artenschatz der Erde zu gewinnen. Sie würde gewiss weniger kosten als ein Flug zum Mars und weit mehr Verständnis einbringen für die Welt, in der wir leben und die auch in Zukunft lebenswert bleiben soll.
 
Prof. Dr. Josef H. Reichholf
 
Grundlegende Informationen finden Sie unter:
 
Artensterben: Gründe
 
Artenreichtum und Biodiversität: Wie viele Arten gibt es?
 
biologische Vielfalt und die Verantwortung des Menschen
 
Literatur:
 
Dobson, Andrew P.: Biologische Vielfalt und Naturschutz. Der riskierte Reichtum. Aus dem Englischen. Heidelberg u. a. 1997.
 
Ende der biologischen Vielfalt? Der Verlust an Arten, Genen und Lebensräumen und die Chancen für eine Umkehr, herausgegeben von Edward O. Wilson. Aus dem Englischen. Heidelberg u. a. 1992.
 Kaule, Giselher: Arten- und Biotopschutz. Stuttgart 21991.
 Wilson, Edward O.: Der Wert der Vielfalt. Die Bedrohung des Artenreichtums und das Überleben des Menschen. Aus dem Amerikanischen. Taschenbuchausgabe München u. a. 1997.


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