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DUNS SCOTUS UND WILHELM VON OCKHAM: ÜBER DAS VERHÄLTNIS VON THEOLOGIE UND KIRCHE

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Duns Scotus und Wilhelm von Ockham: Über das Verhältnis von Theologie und Kirche
 
Erst im 13. Jahrhundert hat sich die Theologie als eine Disziplin an der Universität herausgebildet. Sie musste sich, wollte sie sich nicht aus dem Kreis der universitätsreifen Fächer ausschließen, als eine Form von Wissen verstehen. Erst durch das Wiederbekanntwerden eines Großteils der Schriften des Aristoteles aber konnte sich das mittelalterliche Denken einen Begriff davon bilden, worin Wissen eigentlich besteht. Eines der Grundprobleme dabei war aber, dass sich der Glaube des Christentums auf eine einmalige, in der Geschichte sich vollziehende Offenbarung bezieht, während der aristotelische Wissensbegriff sich entweder auf überzeitliche Strukturen oder doch auf regulär wiederkehrende Vorgänge des Entstehens und Vergehens bezieht.
 
Der aus Schottland stammende und dem Orden des heiligen Franziskus zugehörige Denker Johannes Duns Scotus hat sich diesem Problem mit besonderer Intensität zugewandt.Der Unterschied von griechischer Wesensphilosophie und christlicher Heilsgeschichte macht sich in seinen Augen vor allem daran bemerkbar, dass ein antiker Denker die Phänomene des Menschseins, insbesondere die Funktionsweise der menschlichen Erkenntnis, anders verstehen muss: Er wird sie - mangels Alternative - in ihrer Allgemeinheit für Erscheinungsweisen der menschlichen Natur halten, während Duns Scotus sie als Folge der Erbsünde ansieht. Er will also etwa den elementaren Umstand, dass menschliches Erkennen auf Gegebenheiten der sinnlichen Wahrnehmung angewiesen ist, in keiner Weise bestreiten, sie aber nicht als Ausweis der menschlichen Wesensverfassung, sondern als eine faktische Folge eines geschichtlichen Ereignisses, nämlich des Sündenfalles, verstehen.
 
In seinen Augen hat die antike Philosophie ohnehin den Gegebenheiten der menschlichen Erfahrung allzuleicht den Stempel der Notwendigkeit und Unvermeidlichkeit aufgedrückt, während er selbst zu zeigen versucht, dass alles auch anders sein kann als es jetzt faktisch ist. Aber wenn Gott, der erste Grund aller Wirklichkeit, notwendigerweise existiert, müssen dann nicht auch alle seine Wirkungen notwendig sein? Duns Scotus hält alle Versuche, mit den denkerischen Mitteln der antiken und arabischen Philosophie in dieser Welt der Möglichkeit und dem Zufall, und damit auch der menschlichen Freiheit einen Raum zu eröffnen, für aussichtslos. Nur ein Ausweg bleibt noch offen: Gott wirkt selbst auf eine nicht-notwendige Weise - und zwar durch seinen Willen. Auch wenn Duns Scotus die Kompetenz der Philosophie damit einschränkt, im Vollzug seines Denkens ist er ein unerbittlicher Analysator überkommener Argumente.
 
Wilhelm von Ockham hat die Trennung der Philosophie von der Theologie sehr viel weiter getrieben als Duns Scotus. Er hat aber insbesondere die Logik weiterentwickelt. Sein monumentales Werk trägt den Titel »Summa logicae«. Der mündlich im Universitätshörsal oder schriftlich in den Veröffentlichungen vorgetragene Gedankenaustausch leidet seiner Ansicht nach insbesondere an logischen Denkfehlern. Die Philosophie bekommt jetzt also zwar nur die Aufgabe gestellt, zuverlässig verwendbare Begriffe sicherzustellen, aber selbst diese Ansprüche sind viel höher als man bislang unterstellt hat. Eines der Hauptprobleme der Logik Ockhams ist, worauf sich eigentlich unsere allgemeinen Begriffe beziehen. Ockham bestreitet, dass sie sich auf irgendeine »allgemeine« Wirklichkeit beziehen können. Alles, was wirklich ist, ist im strikten Sinne Einzelnes.
 
Aber gibt es dann nicht zwischen Allgemeinbegriff und je einzelner Wirklichkeit eine Diskrepanz? Ockham behauptet, dass unsere Begriffe sich jeweils auf eine Gruppe solcher Dinge beziehen, die einander ähnlich sind. Welche Ähnlichkeit wir jeweils meinen, liegt ganz beim Menschen, sodass die Bedeutung der Begriffe ausschließlich auf Konvention beruht. Hatte die vorhergehende Tradition davon gesprochen, dass die Begriffe im menschlichen Geist sich wie Bilder zur Wirklichkeit verhalten, so fasst Ockham dieses Verhältnis ausschließlich als ein Verhältnis der Verweisung: Begriffe sind Zeichen.
 
Das tiefste Geheimnis des Christentums, von dem nun auch der Franziskanertheologe Ockham zu reden hat, ist die Lehre von der Dreieinigkeit Gottes. Wenn alle Wirklichkeit eine je einzelne ist, sind dann nicht folgerichtig die drei göttlichen Personen je eigene Wirklichkeiten? Wenn dem so wäre, würde sich die Trinität in einen bloßen Tritheismus verwandeln. Ockham sagt, dass hier das genannte Prinzip von der absoluten Singularität der Dinge keine Geltung habe. Die Prinzipien des Wissens sind vielfältig: Unsere Überzeugungen können auf Erfahrungen oder auf schlechthin unmittelbaren und daher nicht bezweifelbaren Gewissheiten beruhen - oder eben auch auf der Autorität der Heiligen Schrift und der Kirche. In Oxford, seiner Heimatuniversität, sind seine Thesen auf heftigen Widerstand gestoßen. Ockham wurde an den Sitz des Papstes in Avignon zitiert. Dem dort laufenden Lehrzuchtverfahren entzog sich Ockham durch seine Flucht, die ihn schließlich an den Hof Kaiser Ludwigs des Bayern brachte.
 
Prof. Dr. Rolf Schönberger
 
Literatur:
 
Flasch, Kurt: Einführung in die Philosophie des Mittelalters. Darmstadt 31994.


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