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DAOISMUS: MENSCH UND KOSMOS

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Daoismus: Mensch und Kosmos
 
Der Daoismus besitzt kein Datum, das seinen Anfang markiert, und keine Person, die er als geistigen Vater und Gründer nennen könnte. Der Name geht auf den Begriff »dao« zurück und bedeutet wörtlich »Weg« und übertragen sowohl die in ihrem Vergehen sich immer wieder neu schaffende Wirklichkeit als auch den Weg, der Zugang zu dieser Wirklichkeit herzustellen vermag. Die Formulierung daoistischer Gedanken erfolgte erst in Reaktion auf die Humanisierung und Moralisierung der Natur bei den Konfuzianern und konnte sich dabei auf ein inneres Lebensgefühl und eine Naturverbundenheit stützen, die sich mit schamanistischen und animistischem Glaubensvorstellungen entwickelt haben. Die Schriften, die in diesen Auseinandersetzungen in der zweiten Hälfte des ersten Jahrtausends v. Chr. entstanden sind, werden häufig unter der Bezeichnung »philosophischer Daoismus« zusammengefasst, stehen jedoch nicht in einer Schultradition, sondern weisen eher eine sie einende Geisteshaltung aus. Das Buch »Zhuangzi« (= Meister Zhuang), dessen innere Kapitel allgemein als authentisch angesehen werden und in das 4. Jahrhundert v.Chr. datiert werden, wendet sich in oft ironisch bissigen, literarisch brillant verfassten Anklagen gegen die konfuzianischen Gesellschaftsvorstellungen. In Erzählungen, Mythen und Legenden werden die Freiheit und Ungebundenheit des daoistischen Weisen und die Spontaneität der Entstehung der Individuen aus dem Dao gepriesen, die Relativität des menschlichen begrifflichen Erkennens aufgezeigt und Gleichgültigkeit gegenüber Leben und Tod behauptet. Erfahrungen der Autoren des Buches in Meditation und Atemtechniken lassen sich erkennen. Das zweite große Werk des frühen philosophischen Daoismus, das »Daodejing« (= Kanon der Wirkkraft und des Weges), wird einem gewissen »alten Meister« (Laozi) zugeschrieben. Es besteht aus kurzen, rätselhaften, rhythmisch einprägsam strukturierten Sätzen, die reich an Metaphern und Paradoxa sind. In diesem Buch wird gelehrt, dass das Dao keinen eigentlichen Namen besitze, dass die Bewegung des Dao die Wiederkehr sei, es als Ursprung und Quelle allen Lebens mit einem »dunklen Weibchen« zu vergleichen sei und in seiner Leerheit sich die größte Wirksamkeit und Fruchtbarkeit gründe. Doch bleibt das Buch nicht an der Beschreibung des Weges stehen, sondern verheißt dem Eingeweihten eine Wirkkraft (de), die sich die Wirkungsweise des Dao zu Eigen macht. Dieses Werk lässt seine Bestimmung an die Adresse des Herrschers deutlich erkennen. Die Direktive der richtigen Herrschaft wird als »Nicht-Handeln« (wuwei) beschrieben, das nicht die Aufgabe jeglicher Aktivität, sondern größtmögliche Aktivität bedeutet, da diese sich nicht auf eine bestimmte beschränkt. In das Buch »Daodejing« floss das gesellschaftliche Ideal einer primitivistischen Schule mit ein, der jede Zivilisation Verfremdung ist und eine Abkehr von dem natürlichen Weg bedeutet. Es ist daher nicht erstaunlich, dass der erste Kommentar des »Daodejing« von einem legalistischen Denker stammt, der ein jegliche Individualität missachtendes, einheitlich gültiges Gesetz lehrte.
 
Weitere geistige Strömungen vermengten sich mit den daoistischen Gedanken, wie etwa die ganzheitlichen Lehren der Yin-Yang-Schule, der Zyklus der sich gegenseitig hervorbringenden und bezwingenden fünf Wandlungsphasen, der Symbolismus der Lehren aus dem alten Wahrsagebuch »Kanon der Wandlungen« (»Yijing«). In diesem Synkretismus bildete sich eine Kosmologie heraus, die über lange Zeit hinweg das gemeinsame Erbe des Konfuzianismus wie auch des Daoismus war. In ihr teilt sich der indifferente Urstoff (yuan qi) des ganzen Kosmos in Leichtes und Schweres. Das Leichte schwebt nach oben und bildet den Himmel, das Schwere sinkt nach unten und bildet die Erde. Im Zusammenwirken von Himmel und Erde entstehen die Zehntausend Wesen.
 
Neue Wege schlugen die Denker nach der Han-Zeit im 3. und 4. Jahrhundert n. Chr. ein, die von den Schriften »Zhuangzi« und »Daodejing« ausgehend nach dem ontologischen Grund aller Phänomene fragten und die philosophische Spekulation wieder in den Daoismus hinein trugen. Darin ist der Einfluss der detaillierten logischen Methode des Buddhismus zu erkennen. Im Gegensatz zu dieser abstrakten Behandlung der Ideen des philosophischen Daoismus vollzieht sich mit den sieben Weisen des Bambushains, die alle gesellschaftlichen Konventionen missachteten und im absoluten Jetzt des Augenblicks zu leben versuchten, eine Verweltlichung des Ideales des daoistischen Weisen aus dem Buch »Zhuangzi«. Sie wurden zu dem für die spätere Zeit prägenden Bild der daoistischen Kunst des Lebens.
 
Der philosophische Daoismus stellt jedoch nur einen kleinen Ausschnitt des Gesamtphänomens Daoismus dar. Der praktische Daoismus, der sich aus den verschiedenen Künsten der »Medizinmänner« (fang shi) entwickelte, nimmt die philosophischen Ideen undogmatisch auf und scheut sich auch nicht, ihnen zuwiderzuhandeln. Andererseits sind zahlreiche Praktiken, die unter dem Begriff »Daoismus« zusammengeschlossen sind, eigentlich nicht daoistisch zu nennen, sondern lassen sich in anderen Religionen wieder finden. Im Zentrum der Praktiken steht der Wunsch nach Unsterblichkeit des leiblichen Körpers. Im einzelnen lassen sich diätetische, alchimistische, gymnastische und sexuelle Praktiken unterscheiden, die Eingang in den Daoismus fanden und in ihm aufbewahrt und verfeinert wurden. Die kosmologische Vorstellung der Zweiteilung des Urstoffes in Schweres und Leichtes wird in den Praktiken umgedreht, damit sich der Adept von dem Schweren löst und seinen Körper in Leichtes wandelt. Ein weiteres Zentrum sind mystische Erfahrungen, zum Beispiel die Einheit mit dem Dao oder die Wanderungen der Seele aus dem Körper, wie sie in den »Elegien der Chu« (»Chuci«) poetisch beschrieben werden. Hier lässt sich der Einfluss des Schamanentums des südlichen Chinas verfolgen, das im Gegensatz zum Norden weniger von der Kultur der Zhou geprägt wurde und die religiösen Praktiken der Kultur der Shang in sich bewahrte.
 
Mit den in der Han-Zeit entstehenden Kulthandlungen kam es zu einer zunehmenden religiösen Bedeutung der Praktiken und Unsterblichkeitslehren. Damit verbunden ist eine Personifizierung von bis dahin oft eher unpersönlichen Geistern und Gottheiten. Eine der bekanntesten Kultgottheiten aus der Han-Zeit ist der Gott des Lebens (Siming), der Listen über gute und böse Taten führt und die Lebensspanne misst. Wie die zuvor nicht unbedingt typisch daoistischen Praktiken der Fang shi in den Daoismus aufgenommen wurden, gingen auch die Kulte und Götterverehrungen in diese Lehre ein. Laozi, der in der frühen Han-Zeit bereits Gegenstand zahlreicher Legenden war, wurde in der späten Han-Zeit (165. n. Chr.) in den Rang einer Gottheit erhoben, was in einigen Untersuchungen als der zeitliche Anfang des religiösen Daoismus betrachtet wird. Die Vergöttlichung von Laozi steht wiederum in Verbindung mit den ersten großen daoistischen Organisationen. Der Ausgangspunkt der Fünf-Scheffel-Reis-Sekte (wudoumidao) - benannt nach der Spende, die ihre Anhänger der religiösen Organisation zu entrichten hatten - war die Vision von Laozi, die Zhang Daoling im Jahr 142 n. Chr. erfuhr. In ihr bestimmte Laozi ihn zu seinem irdischen Staathalter. Zhang Daoling missionierte mit Heilpraktiken im Westen Chinas, und sein Enkel Zhang Lu erfüllte die Vision mit der Errichtung eines kurze Zeit währenden unabhängigen Staates. Im Osten Chinas kam es etwa zu der gleichen Zeit im Zuge einer Volksbewegung zur Gründung der Gelben Turbane, benannt nach ihrer im Kampf als Zeichen der Unbesiegbarkeit um die Stirn geschlungenen gelben Bänder. Sie schöpften ihre Kraft aus der Utopie eines »Weges des Großen Friedens« (taipingdao). Der Aufstand der Gelben Turbane wurde von den Han mit aller Macht bekämpft, wobei die Dynastie sich völlig verausgabte.
 
Aus der Organisation der Fünf-Scheffel-Reis-Lehre ging die erste daoistische Kirche der Himmlischen Meister (tian shi) hervor, die in der Gegenwart fortbesteht. Sie ist gekennzeichnet durch ein strenges gemeinschaftlich praktiziertes Ritual, das neben gymnastischen auch sexuelle Übungen miteinschließt und daher bei Buddhisten und Konfuzianern scharfe Kritik hervorrief. Mit den Himmlischen Meistern trat der Daoismus zum ersten Mal als eine die Massen ansprechende Religion auf, die Züge einer Erlösungsreligion aufwies und ein Götterpantheon entwickelte. Aus den schriftlichen Offenbarungen von Yang Xi im 4. Jahrhundert n. Chr. entstand die Lehre der »Obersten Reinheit« (shang qing), die sich durch die Visionalisierung zahlreicher Praktiken auszeichnete. Eine besondere Stellung unter den Praktiken zur Erlangung der Unsterblichkeit nimmt im Daoismus die Alchimie ein. Neben der praktisch ausgeführten Alchimie entwickelte sich anhand der Vorstellung der Reinigung durch die richtige Vermengung verschiedener Substanzen die »innere Alchimie«, die meditativ diese Schritte nachvollzieht.
 
Mit der systematischen Erfassung zahlreicher daoistischer Texte wurde bereits im 5. Jahrhundert n. Chr. begonnen. Unter der Regierung des Tang-Kaisers Xuanzong wurde im 8. Jahrhundert eine große Sammlung daoistischer Texte durchgeführt, was in der Song-Zeit (960 bis 1279) mehrfach wiederholt wurde. Der erste daoistische Kanon, der »Speicher des dao« (»Daozang«), wurde zu Beginn des 12. Jahrhunderts gedruckt. Der bis heute erhaltene Kanon geht auf eine erneute Textzusammenstellung im 15. Jahrhundert zurück.
 
Die Entwicklung des religiösen Daoismus lässt sich ohne Bezugnahme auf den Buddhismus nicht beschreiben. In der Ausbildung des Pantheons, der Organisation der Kirche und des Klosterwesens, der Schaffung einer kanonischen Textsammlung nimmt der Daoismus zahlreiche Anleihen bei der indischen Religion, ohne dabei jedoch seine eigenen Wurzeln zu vergessen.
 
Dr. Dennis Schilling
 
Literatur:
 
Schmidt-Glintzer, Helwig: Geschichte der chinesischen Literatur. Die 3000jährige Entwicklung der poetischen, erzählenden und philosophisch-religiösen Literatur Chinas von den Anfängen bis zur Gegenwart. Bern u. a. 1990.


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