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EXPERIMENTELLE DICHTUNG

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experimentẹlle Dichtung,
 
umstrittene Bezeichnung für Literatur, in der sich eine »experimentelle«, mit (besonders formal) neuen Möglichkeiten operierende Haltung des Autors zeigt. Experimentelle Dichtung hat sich wesentlich seit Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelt, ein verwandtes Konzept lag bereits im 19. Jahrhundert der absoluten Dichtung zugrunde. Eine Klassifikation von Formen experimenteller Dichtung lässt sich je nach den Bereichen vornehmen, in denen scheinbare Selbstverständlichkeiten der Produktion und Rezeption literarischer Werke infrage gestellt und experimentell neue Wege gesucht werden. Im Einzelnen lassen sich beobachten: Experimente mit der Sprache (Strukturdurchbrechungen in Grammatik, Syntax und Semantik); Mischung von verschiedenen natürlichen Sprachen; experimenteller Umgang mit stilistischen Mitteln, Metaphern, Themen, Erzählhaltungen (Erzählen) und Wirklichkeitsperspektiven; Verwendung von Techniken der Collage und Montage; Gattungsmischungen (mit Übergängen zur Musik, zur Grafik und zur bildenden Kunst); Gattungsüberschreitung in Richtung auf Philosophie und Wissenschaft; Versuche einer Aufhebung der Differenz von Kunst und Leben; Veränderung der traditionellen Handlungsrollen (u.a. Betonung der produktiven Rolle des Rezipienten als Koproduzent des literarischen Werks, Veränderung der Autorenrolle durch Computereinsatz, durch Verwendung von aleatorischen oder stochastischen Verfahren, durch automatische Niederschrift u. a.). Das bis heute folgenreichste und immer noch unabgeschlossene Experiment betrifft die Aufhebung des traditionellen Erzählprinzips mit seinem Beharren auf einer konsistenten Wirklichkeit, identischen Personen und der kausalen beziehungsweise psychologischen Erklärbarkeit von Vorgängen und Handlungen. Wichtige Autoren in diesem Zusammenhang sind u. a. C. Einstein, H. Ball, Gertrude Stein und J. Joyce, nach dem Zweiten Weltkrieg u. a. Nathalie Sarraute, M. Butor, A. Robbe-Grillet, P. Sollers, C. Simon, H. Heissenbüttel, F. Mon, die Autoren der Wiener Gruppe, ferner Friederike Mayröcker, E. Jandl, O. Pastior. Erscheinungsformen experimenteller Dichtung finden sich u. a. in der Écriture automatique, in Computertexten und in der visuellen Dichtung.
 
Literatur:
 
M. Bense: Theorie der Texte (1962);
 M. Bense: experimentelle schreibweisen (1964);
 H. Hartung: Experimentelle Lit. u. konkrete Poesie (1975);
 
Das Experiment in Lit. u. Kunst, hg. v. Siegfried J. Schmidt (1978);
 S. Schmid-Bortenschlager: Konstruktive Lit. (1985).


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