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CHEMIENOBELPREIS 1915: RICHARD MARTIN WILLSTÄTTER

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Chemienobelpreis 1915: Richard Martin Willstätter
 
Der deutsche Chemiker erhielt den Nobelpreis für seine Untersuchungen über Pflanzenfarbstoffe, insbesondere über das Chlorophyll.
 
 Biografie
 
Richard Martin Willstätter, * Karlsruhe 13. 8. 1872, ✝ Muralto (Schweiz) 3. 8. 1942; 1894 Chemiestudium an der Universität München, 1896 dort Habilitation, 1902 dort Professor für organische Chemie, 1905-11 Lehre und Forschung an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich, 1911-15 Direktor der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft in Berlin-Dahlem, 1915-25 Direktor der chemischen Institute der Universität München, 1925 Rücktritt, 1939 Emigration in die Schweiz.
 
 Würdigung der preisgekrönten Leistung
 
Die 1940 verfassten und im Jahr 1949 — also sieben Jahre nach seinem Tod — von seinem Schüler Arthur Stoll publizierten Lebenserinnerungen Richard Willstätters beginnen selbstbewusst mit dem Bekenntnis: »Meine Vorväter waren Juden«.1872 in einer alteingesessenen jüdischen Familie in Karlsruhe geboren, wuchs Willstätter zusammen mit seinem älteren Bruder in der großbürgerlichen Familie seiner Mutter weitgehend ohne Vater auf, da dieser als Tuchhändler und Kleiderfabrikant in New York den Lebensunterhalt für die Familie in Deutschland verdiente und erst im Jahr 1900 nach Hause zurückkehrte. Schon in jungen Jahren musste Willstätter immer wieder antisemitische Anfeindungen über sich ergehen lassen. Obwohl selbst dem religiösen Judentum kaum verbunden, lehnte er es im Lauf seiner wissenschaftlichen Karriere immer wieder ab, sich taufen zu lassen, um so den gesellschaftlichen Vorbehalten des Kaiserreichs gegen jüdische Wissenschaftler Rechnung zu tragen und seine Berufung auf eine Professur an einer deutschen Universität zu erleichtern. Noch im Jahr 1915 kommentierte der bayerische König Ludwig III. seine Unterschrift unter die Berufung des im selben Jahr mit dem Nobelpreis ausgezeichneten Wissenschaftlers auf das Münchner Ordinariat für Chemie mit den Worten: »Das ist aber das letzte Mal, dass ich Ihnen einen Juden unterschreibe.«
 
Obwohl für Willstätter mit der Nachfolge seines großen akademischen Lehrers Adolf von Baeyer (Nobelpreis 1905) an der Universität München ein wissenschaftlicher Lebenstraum in Erfüllung ging, konnte und wollte er vor den politischen Ereignissen seiner Umgebung nicht die Augen verschließen. Gleichwohl er geistig den national-konservativen Idealen des Kaiserreichs verbunden war, erklärte er seinen Rücktritt vom geliebten Lehramt, als 1924 im Zeichen des aufkommenden Nationalsozialismus an seiner Fakultät mehrere Berufungen an antisemitischen Vorbehalten scheiterten. Willstätter sollte sein Institut nie wieder betreten. Trotz zahlreicher ehrenhafter Rufe an in- und ausländische Hochschulen blieb er zunächst in München, wo er seine Forschungen privat fortsetzte. Erst als nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten die Repressionen gegen ihn immer heftiger wurden und ihn nach und nach um seinen Besitz und seine letzten Arbeitsmöglichkeiten brachten, beschloss Willstätter schweren Herzens, Deutschland zu verlassen. Nach zahlreichen bürokratischen Hindernissen und einem gescheiterten Fluchtversuch schob ihn die Gestapo schließlich 1939 in die Schweiz ab, wo er bis zu seinem Tod im Jahr 1942 mithilfe seines früheren Schülers Arthur Stoll in Muralto bei Locarno Asyl und eine neue Heimat fand.
 
 Ein Leben für die Wissenschaft
 
Willstätters wissenschaftliche Leistungen wurden neben dem Nobelpreis durch zahlreiche wissenschaftliche Auszeichnungen gewürdigt. So erhielt er unter anderem den Orden Pour le Mérite (1924), die Faraday- (1927), die Davy- und die Goethe-Medaille (beide 1932) verliehen, wurde zum Ehrendoktor von acht Hochschulen und zum Mitglied in mehr als 20 in- und ausländischen wissenschaftlichen Akademien ernannt und durch zahlreiche Berufungen an namhafte Universitäten geehrt. Geld und Auszeichnungen galten ihm allerdings wenig. Willstätter ging völlig in seiner Arbeit auf. Seinen wissenschaftlichen Erfolg und seine Anerkennung als akademischer Lehrer verdankte er neben seiner wissenschaftlichen Begabung einer fast beispiellosen Arbeitsdisziplin und einer ungeheuren Arbeitsleistung. Bei der Wahl seiner Arbeitsgebiete und seiner -methoden ging Willstätter dabei von Anfang an eigene Wege. Früh in seiner Neigung zur Naturwissenschaft bestärkt, studierte der Kaufmannssohn in München bei Adolf von Baeyer Chemie. Die meisterhafte Art und Weise seiner Dissertation, mit der Willstätter die Konstitutionsaufklärung und erste Synthese des Cocains gelang, brachte ihm die Förderung von Baeyers ein. Als Privatdozent und später als Extraordinarius und Vorstand der organischen Abteilung am Münchner Institut beschäftigte sich Willstätter neben dem Cocain und weiteren Pflanzenalkaloiden mit Chinonen als Grundbestandteilen einiger Anilinfarben und mit ersten Untersuchungen über Blattfarbstoffe. Zusammen mit seinen Schülern, deren Anteil am Erfolg seiner Arbeiten er stets betonte, entwickelte Willstätter Methoden der besonders schonenden Verarbeitung hochempfindlicher Naturstoffe, wodurch ihm in seiner Zeit als Nachfolger von Baeyers in München bedeutende Erfolge bei der Reinheitssteigerung von Enzymen gelangen. Obwohl Willstätters Arbeiten nicht in erster Linie auf industrielle Anwendungen zielten, gelangen ihm Entdeckungen von großer praktischer Bedeutung wie die Schmerzmittel Voluntal und Aventin. Neben seinen Forschungen widmete Willstätter seine Zeit zunehmend der akademischen Lehre, weshalb er in erster Linie seinen Direktorposten am Kaiser-Wilhelm-Institut für Chemie in Berlin-Dahlem gegen das Münchner Ordinariat eingetauscht hatte. Aus dem von Willstätter ausgebauten und modernisierten Chemischen Institut in München gingen zahlreiche bedeutende Chemiker hervor, unter anderen der spätere (1938) Nobelpreisträger Richard Kuhn.
 
 Die Forschungen zu Blatt- und Blütenfarbstoffen
 
Noch vor seiner Berufung als Ordinarius für Chemie an die Eidgenössische Technische Hochschule in Zürich im Jahr 1905 hatte Willstätter in München begonnen, sich mit Blattfarbstoffen zu beschäftigen. In Zürich konzentrierte er seine Arbeit auf das Chlorophyll, also auf das Blattgrün als Hauptfarbstoff der Pflanzenblätter. Willstätter gelang es nicht nur, das Chlorophyll erstmals rein darzustellen, sondern auch in die beiden nah verwandten Komponenten a und b zu zerlegen. Charakteristisch für alle assimilierenden Pflanzenzellen ist dabei das blaugrüne Chlorophyll a. In allen Blütenpflanzen und in zahlreichen Klassen der Kryptogamen, wie etwa den Grünalgen, Moosen oder Farnen, wird das Chlorophyll a dagegen im Verhältnis von etwa 3 : 1 vom Chlorophyll b begleitet. Aufsehen erregte vor allem aber Willstätters Entdeckung des Magnesiums als charakteristischem Bestandteil des Chlorophylls, dem es seine grüne Farbe und seine Fähigkeit zur Absorption der energiereichen Teile der Sonnenstrahlung verdankt, die dann im Rahmen der Photosynthese in chemische und damit vom Organismus verwertbare Energie umgewandelt wird. Willstätter wies zudem nach, dass der chemische Aufbau des Chlorophylls dem des Blutfarbstoffs sehr ähnlich ist.
 
Der Erforschung der Blatt- und Blütenfarbstoffe sowie der Funktion der Blattpigmente in der lebenden Zelle bei der Assimilation von Kohlensäure widmete sich Willstätter auch ab 1912 als Direktor am Dahlemer Kaiser-Wilhelm-Institut für Chemie. Seine Versuche, die Photosynthese auch außerhalb der Pflanzenzelle mithilfe des reinen Chlorophylls gewissermaßen künstlich hervorzurufen, scheiterten zwar, aber es gelang ihm, die große Zahl der roten und blauen Blüten- und Beerenfarbstoffe auf wenige Grundformen zurückzuführen.
 
H. Albrecht


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