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ETHIK IN DER MODERNE

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Ethik in der Moderne
 
Wie soll ich handeln? - Diese Frage, die sich jeder einmal stellt, der den Sinn seines Handelns überdenkt, um sich gegebenenfalls neu zu orientieren, bildete für Immanuel Kant den Ausgangspunkt seiner Moralphilosophie und Sittlichkeitslehre. Der Philosoph konzipierte darin die bis heute maßgeblichen Grundzüge einer freiheitlichen Ethik der Moderne. Diese ist auf das autonome, mit Vernunft und Wille ausgestattete Individuum ausgerichtet, das in der Lage ist, sein Handeln selbst zu bestimmen. Hierin spiegelt sich das historisch gewonnene Selbstbewusstsein des bürgerlichen Zeitalters wider, das beansprucht, traditionell und konventionell geltende Handlungsnormen kritisch zu prüfen und sich an selbst gesetzten Zielen zu orientieren. Ethiken, die die Freiheit und Subjektivität des Menschen kollektiven Werten und Idealen unterordnen, verlieren auf diesem Hintergrund ihre moralische und ethische Legitimität. Der Vorwurf, die Konzentration der Ethik auf die Freiheit des Individuums gehe zulasten der Gemeinschaftsbindung und trage damit zu einer Ellbogenmentalität bei, trifft auf Kant und die an ihn anknüpfenden Ethiken nicht zu.Im Gegenteil: Kants berühmter kategorischer Imperativ fordert, die Maxime des eigenen Handelns danach zu bemessen, ob sie zur Grundlage einer allgemeinen Gesetzgebung gemacht werden kann, beziehungsweise jede Person - die eigene ebenso wie die des anderen - als Selbstzweck anzuerkennen und nicht nur als Mittel zu benutzen. Dieser Imperativ formuliert zwar kein konkretes Handlungsziel, aber er benennt universelle, für alle Menschen gültige Maßstäbe, an denen die ethische Qualität des eigenen Handelns bewertet werden kann, und er verpflichtet dazu, die eigene Handlungsorientierung und die der Mitmenschen in Übereinstimmung zu bringen.
 
Gegenwärtig sind es vor allem die postkonventionalistischen Ethiken, die - sich auf empirische Studien stützend - aufzeigen, dass die Grundlage der Autonomie des Individuums in der Orientierung an universellen Werten der Menschenrechte, der Gerechtigkeit, der Fairness besteht. Dennoch wird der Zusammenhang von Individualität und Gemeinschaftsbindung im ethischen Diskurs immer wieder zum Gegenstand von Kontroversen zwischen Utilitaristen, die das eigennützig handelnde Individuum idealisieren, und Kommunitaristen, die vom Einzelnen mehr Engagement in den sozialen Nahbereichen einfordern. Von Vertretern der Postmoderne wird gegen die Autonomievorstellung der postkonventionalistischen Ethik der Freiheit eingewandt, dass die liberale Wertsubstanz längst aufgezehrt worden sei. Bereits Max Weber hatte pessimistisch von »Fachmenschen ohne Geist, Genussmenschen ohne Herz« gesprochen. Die schrecklichen Erfahrungen der Zivilisationsbrüche durch die beiden totalitären, auf Gewalt und Ideologie beruhenden Herrschaftssysteme in Deutschland, stellen auch noch am Ende des 20. Jahrhunderts außerordentliche ethische Anforderungen. Hinzu kommt, dass die Menschen in den Industriestaaten mit gravierenden Veränderungen ihrer Lebensverhältnisse konfrontiert werden, die zu einer Auflösung tradierter Handlungsmuster beitragen. Vor allem der Strukturwandel der industriellen Arbeit infolge der technischen Rationalisierung und der ökonomischen Globalisierung stellt durch neue Risiken, Leistungsprofile und Arbeitszeitkonzepte erfordert eine Neubestimmung tradierter arbeits- und berufsethischer Einstellungen. Überdies verlangt der Verfall überkommener Formen der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung zwischen Erwerbs- und Familienarbeit von den Individuen, sich von konventionellen Rollenzuschreibungen zu verabschieden und sich fair und gleichberechtigt zueinander zu verhalten. Zugleich besteht ein Bedarf nach Konzepten der sozialen, ökonomischen und politischen Gerechtigkeit die Folie für Reformen sozial- und wohlfahrtsstaatlicher Institutionen.
 
Damit stellt sich abschließend die Frage, ob die Prinzipien des Handelns nach wie vor auf der Grundlage einer liberalen Ethik zu bestimmen sind. Im Hinblick auf die großen Herausforderungen der Weiterentwicklung von demokratischen und rechtsstaatlichen Institutionen auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene liefert eine liberale Ethik, die die Freiheitsrechte des Individuums voraussetzt sowie Recht und Politik miteinbezieht, eine Perspektive für zivilgesellschaftliche integrative Formen des menschlichen Miteinander.
 
Prof. Dr. Christiane Bender
 
Literatur:
 
Geschichte der Philosophie in Text und Darstellung, herausgegeben von Rüdiger Bubner. Band 8: 20. Jahrhundert, herausgegeben von Reiner Wiehl. Neuausgabe Stuttgart 1995.
 Höffe, Otfried: Ethik und Politik. Grundmodelle und -probleme der praktischen Philosophie. Frankfurt am Main 41992.
 Hösle, Vittorio: Praktische Philosophie in der modernen Welt. München 21995.
 
Philosophie der Gegenwart, herausgegeben von Josef Speck. 6 Bände. Göttingen 2-31984—92.
 
Philosophie im 20. Jahrhundert, herausgegeben von Anton Hügli und Poul Lübcke. 2 Bände. Reinbek 2-31996—98.
 
Praktische Philosophie. Grundorientierungen angewandter Ethik, herausgegeben von Kurt Bayertz. Reinbek 1994.
 Stegmüller, Wolfgang: Hauptströmungen der Gegenwartsphilosophie. Eine kritische Einführung. 4 Bände. Stuttgart 1-81987—89.


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