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CHINA: DIE ÄRA MAO

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China: Die Ära Mao
 
Am 1. Oktober 1949 rief Mao Zedong die Volksrepublik China aus und trat als Vorsitzender des Zentralrats der Volksregierung an die Spitze des Staats. Die Führer der neuen Republik standen vor ungeheuren Problemen. Die von der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) dominierte Regierung musste ihre Autorität im ganzen Lande festigen und den verbliebenen Widerstand ausschalten. Auch galt es, die von Krieg und Bürgerkrieg zerrüttete Produktion anzukurbeln, die Inflation zu stoppen und eine außenpolitische Orientierung für den neuen Staat zu finden. — Das Inselregime Chiang Kai-sheks, des Führers der Kuo-min-tang (KMT) auf Taiwan, betrachtete sich als Rechtsnachfolger der Republik China.
 
Die Machtergreifung Maos war in unmittelbarer Fortsetzung des Bürgerkriegs zunächst eine rein militärische Angelegenheit. Noch Anfang 1951 wurden in der südlichen Provinz Guangdong Restverbände der KMT bekämpft.Die Partei wechselte innenpolitisch zwischen Nachgiebigkeit gegen Millionen von KMT-Mitgliedern und Repräsentanten der alten Ordnung, ohne deren Sachverstand man den neuen Staat nicht hätte aufbauen können, und äußerster Brutalität gegenüber einer nur wenig geringeren Zahl derjenigen, die man als »Volksfeinde« einstufte. So wurden von Oktober 1949 bis Oktober 1950 in vier der sechs damals errichteten Großregionen insgesamt 1,176 Millionen Menschen von »Massengerichten« zum Tode verurteilt und hingerichtet. Der Kreis der »Volksfeinde« wurde von Jahr zu Jahr weiter definiert. Schon im Winter 1951 entfesselte die Führung die »Drei-Anti-Kampagne« gegen Korruption, Verschwendung und Bürokratismus. Sie erfasste auch Parteimitglieder, vor allem die unmittelbar nach der Wende rekrutierten ehemaligen KMT-Funktionäre. Niemand hat über die Gesamtzahl derer Buch geführt, die in den ersten Jahren den Massenerschießungen zum Opfer fielen, sich das Leben nahmen oder in Straflagern verschwanden.
 
Unbestritten an der Spitze: Mao Zedong
 
Ende 1953 konnte sich das Regime unangefochten im Sattel fühlen. Die neue Führung war imstande, dem Land mit einem einheitlichen politischen Willen entgegenzutreten. Dies lag an der dominierenden Rolle Mao Zedongs und am frühen Aufbau eines zentralisierten politischen Systems. Während der Jahre von 1949 bis etwa 1957 behauptete sich Mao als der unangefochtene Kopf in Partei und Staat. Der Personenkult um ihn hatte schon in den frühen 40er-Jahren begonnen. Alle Zweifel an der Maßgeblichkeit seiner theoretischen Ideen, dem 1945 im Parteistatut verankerten Mao-Zedong-Denken, waren verstummt. Die Erfolge der KPCh während des Kriegs und erst recht der Sieg von 1949 hatten Maos Strategien bestätigt und die Einigkeit der Partei gestärkt. Mao schien die Rolle des gleichsam kaiserlichen Gründers einer neuen Dynastie mit der eines revolutionär-charismatischen Führers der ganzen Nation zu vereinigen. Obwohl die KPCh offiziell am Ideal der kollektiven Führung festhielt, wurde die Geschlossenheit der politischen Elite durch die einmütige Fixierung auf Mao verbürgt.
 
Mao war Vorsitzender des Zentralrats der Volksregierung und Chef der KPCh. 1954, als die provisorische Staatsorganisation durch die erste Verfassung der Volksrepublik neu geordnet wurde, übernahm er auch das Amt des Staatspräsidenten. Mit der neuen Verfassung erhielt das politische System eine Form, die es lange behalten sollte. Die Volksbefreiungsarmee hatte die Partei an die Macht getragen. Folgerichtig war China zunächst nach Militärbezirken organisiert worden. Nun führten die neuen Machthaber die alte kaiserliche Territorialeinteilung nach Provinzen und Kreisen wieder ein. Lediglich die Gebiete der nichtchinesischen nationalen Minderheiten erhielten eigene Verwaltungen. Das ganze Land wurde mit einem dichten bürokratischen Netz überzogen. Auf allen Ebenen gab es gewählte Volksversammlungen als machtlose Pseudoparlamente. Obwohl man sich Mühe gab, nichtkommunistische Kräfte symbolisch in das politische System einzubeziehen, handelte es sich im Kern doch um eine zivile Diktatur der KPCh mit einer zentralistischen Lenkung sowohl des Partei- wie auch des Staatsapparats.
 
Bei der Umsetzung der zentralen Beschlüsse mussten in dem riesigen Land jedoch die jeweils regionalen Besonderheiten berücksichtigt werden. Besonders wichtig war dabei der Grad der Parteipräsenz zum Zeitpunkt der Staatsgründung von 1949. Dies hatte bedeutende Auswirkung für die Politik auf dem Dorf. War in manchen Gebieten Nordchinas die Landreform im Herbst 1949 bereits abgeschlossen, so konnte sie südlich des Jangtsekiang überhaupt erst nach 1950 beginnen. Das Agrargesetz vom 28. Juni 1950 schuf erstmals einheitliche Regelungen für das ganze Land. Sie zielten auf die Umverteilung etwa der Hälfte der landwirtschaftlich genutzten Fläche Chinas. Nach dem Eintritt der Volksrepublik in den Koreakrieg Mitte Oktober 1950 schlug die KPCh eine härtere Gangart gegen »Grundherren« und »reiche Bauern« an, die als Sympathisanten des Feindes verdächtigt wurden. Die blutigen Szenen der nordchinesischen Landrevolution wiederholten sich nahezu in ganz China. Anfang 1953 galt die Agrarreform als abgeschlossen. Der agrarische Umsturz geschah nicht — wie 1917 in Russland — durch spontane Erhebungen der Bauern, sondern wurde durch Parteiaktivisten in die Dörfer getragen. Erstmals in der Geschichte Chinas hatte die Zentralgewalt den Zugriff auf die Dorfebene erreicht. Die Bauern, die etwa vier Fünftel der Gesamtbevölkerung von damals etwas über 600 Millionen Menschen ausmachten, waren mobilisierbar geworden.
 
 Die Anfänge der Außenpolitik
 
Die Verfassung von 1954 gab der Volksrepublik China Machtstrukturen, die denen der Sowjetunion täuschend ähnlich waren. Niemals standen sich die beiden mächtigsten kommunistischen Parteien der Welt so nahe wie in jener Zeit. Die Grundlage dieser Eintracht war der chinesisch-sowjetische Vertrag über »Freundschaft, Bündnis und gegenseitigen Beistand« vom 14. Februar 1950. Mao Zedong trat eigens eine für ihn ungewohnte Auslandsreise an, um in Moskau persönlich den Vertrag mit Stalin zu unterzeichnen. Ebenso wichtig wie das Hauptdokument waren ergänzende Vereinbarungen über wirtschaftliche und technische Hilfe der UdSSR an China. Für die chinesische wie für die sowjetische Seite war die Allianz von Vorteil: Stalin bezog die aus seiner Sicht notorisch eigenwillige chinesische Parteiführung in die Disziplin des sozialistischen Lagers ein und konnte den USA, die den ehemaligen Kriegsgegner Japan zu einem Vorposten des Westens auszubauen begannen, in Ostasien ein Gegengewicht entgegensetzen. Mao seinerseits erhielt Entwicklungshilfe von beispiellosem Ausmaß — finanzielle Mittel und, wichtiger noch, technologisches Wissen, das für eine rasche Industrialisierung seines Riesenreichs unabdingbar war und das er aus keiner anderen Quelle hätte beziehen können. Die chinesisch-sowjetische Allianz war, historisch betrachtet, keineswegs eine Selbstverständlichkeit. Zwar wäre die Gründung der KPCh 1921 ohne sowjetische Hilfe undenkbar gewesen, doch hatte es seit 1927 zwischen Stalin und den chinesischen Kommunisten immer wieder Spannungen gegeben. Noch während des Bürgerkriegs 1946 bis 1949 war die Hilfe des »Mutterlandes des Sozialismus« ausgesprochen dürftig ausgefallen. Dennoch gab es 1950 aus chinesischer Sicht keine Alternative. Zum einen schloss die Gegnerschaft der Weltmächte im beginnenden Kalten Krieg eine neutrale Zwischenposition für China aus, zum anderen schien die UdSSR in den vergangenen Jahrzehnten genau jenes Problem gelöst zu haben, vor dem China nunmehr stand: eine nachholende wirtschaftliche Entwicklung auf nichtkapitalistischem Wege. Diese pragmatischen Motive wogen bei der Entscheidung der KPCh für eine außenpolitische Anlehnung an die Sowjetunion letztlich stärker als die ideologische Nähe zum Sowjetkommunismus.
 
Schon nach wenigen Monaten wurde das neue Bündnis auf eine schwere Probe gestellt. Am 25. Juni 1950 griffen Truppen des kommunistischen Nord-Korea den unter amerikanischem Schutz stehenden Süden des Landes an. Die USA traten der Aggression damals entschlossen entgegen. Die chinesische Führung war in die Angriffspläne Nord-Koreas nicht eingeweiht gewesen. Ein Krieg vor der eigenen Haustür kam ihr so kurz nach dem Sieg der Revolution äußerst ungelegen. Dass die Volksrepublik von diesem »heißen« Konflikt unberührt bleiben würde, stand allerdings nicht zu erwarten. Schon zwei Tage nach Kriegsausbruch entsandte der amerikanische Präsident Harry S. Truman die 7. US-Flotte in die Straße von Taiwan, um Chiang Kai-sheks Insel vor einem Angriff »Rotchinas« zu schützen. Peking interpretierte dies empört als militärische Einmischung in die inneren Angelegenheiten Chinas. Als dann am 1. Oktober desselben Jahres die amerikanischen Truppen den 38. Breitengrad, also die Demarkationslinie zwischen den beiden koreanischen Staaten, überschritten, sah sich die Volksrepublik in ihrer Existenz bedroht. Drei Wochen später griffen chinesische »Freiwillige« in das Kriegsgeschehen ein. So wurde der militärische Konflikt im Kern zu einer Auseinandersetzung zwischen China und den USA. Die Sowjetunion beteiligte sich nicht an der bewaffneten Auseinandersetzung. Als der Krieg, der China 800000 Tote und Verwundete kostete und die Wirtschaft schwer belastete, im Juli 1953 mit einem Waffenstillstand endete, hatte sich die weltpolitische Landschaft verändert. Einerseits hatte China der führenden Militärmacht der Welt erfolgreich die Stirn geboten. Zugleich war der Volksbefreiungsarmee endgültig der Übergang von einer Bürgerkriegstruppe zur nationalen Verteidigungsstreitmacht gelungen. Auf der anderen Seite zementierte der Koreakrieg die chinesisch-amerikanische Feindschaft auf lange Sicht. Diese Feindschaft nahm in dem Maße zu, wie die USA ihre Militärhilfe für Chiang Kai-shek noch verstärkten. Dieser brannte darauf, von Taiwan aus das Festland zurückzuerobern. Erst anfangs der 60er-Jahre gestand sich Washington ein, dass man wohl auf Dauer mit einem kommunistischen China werde leben müssen.
 
Die Anlehnung an die Sowjetunion bedeutete für China nicht — wie für Moskaus osteuropäische Satelliten — den Verzicht auf eine selbstständige Außenpolitik. Deren Entfaltungsraum war Asien. Hier betrieb Peking eine zweigleisige, in sich widersprüchliche Strategie: einerseits den Export der Revolution durch Destabilisierung der einheimischen Regierungen, andererseits eine Politik der guten Nachbarschaft und Nichteinmischung. Wichtigstes Beispiel für den chinesischen Revolutionsexport stellte dabei Vietnam dar. Pekings Unterstützung für Ho Chi Minhs nationalkommunistische Bewegung war ebenso unauffällig wie wirkungsvoll. Wichtiger wurde um die Mitte der 50er-Jahre jedoch die Politik der »friedlichen Koexistenz«. Unter dieser Parole profilierte sich vor allem Zhou Enlai, nach Mao Zedong und Liu Shaoqi der bedeutendste Politiker in den ersten 20 Jahren der Volksrepublik, als diplomatischer Vertreter der Dritten Welt und als Anwalt »nationaler Befreiungskriege«.
 
 Der erste Fünfjahresplan
 
Auf vielen Gebieten kopierten die Führer der KPCh während der frühen 50er-Jahre die Sowjetunion. Westliche, vor allem amerikanische und britische Firmen sahen sich schrittweise enteignet. Peking annullierte einseitig die ungleichen Verträge aus dem 19. Jahrhundert sowie die Auslandsschulden der alten Kuo-min-tang-Regierung. Sämtliche Missionare wurden vertrieben und die chinesischen Christen als »fremdgesteuerte Marionetten« unter Druck gesetzt. Im einst kosmopolitischen Hexenkessel Schanghai und anderswo ging man hart gegen Prostitution, Glücksspiel und Drogensucht vor — Laster, die als Hinterlassenschaften des »Imperialismus« betrachtet wurden. China wurde jetzt endlich von seiner alten Plage Opium befreit. An den Universitäten und höheren Schulen wurde der Schwerpunkt auf technisch-naturwissenschaftliche Ausbildung gelegt, und zwar auf Kosten einer literarisch-humanistischen Bildung. Viele Dozenten des neuen China kamen aus Russland oder hatten dort studiert. Russisch verdrängte das Englische als wichtigste Fremdsprache im Unterricht. So bildete sich unter sowjetischem Einfluss erstmals der Stamm eines modernen technischen Spezialistentums heraus. Bildungschancen wurden über die vormals kleine Elite hinaus ausgeweitet. Auf dem Land konnten in Winter- und Abendschulen auch Erwachsene lesen und schreiben lernen.
 
1949 waren die Betriebe der »bürokratischen Kapitalisten« der KMT sowie die Banken in Staatsbesitz überführt worden; private Fabrikanten und Geschäftsleute wurden bis Anfang 1956 schrittweise enteignet. Binnen weniger Jahre entstand ein leistungsfähiges Steuersystem, das überhaupt erst eine staatliche Wirtschaftslenkung ermöglichte. Der spätkaiserliche und der republikanische Staat aus der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts hatten nie mehr als etwa 7 Prozent des Bruttosozialprodukts kontrolliert; 1957 war die Staatsquote hingegen auf 30 Prozent gestiegen. Für einen sozialistischen Wirtschaftsaufbau konnte nur die Sowjetunion Modell stehen. So übernahm die Volksrepublik Prinzipien und Institutionen der zentralisierten Planwirtschaft nach sowjetischem Vorbild. Der erste Fünfjahresplan (1953—57) konnte erfolgreich umgesetzt werden. Er führte zu dem für ein Entwicklungsland erstaunlichen Wachstum des Volkseinkommens um jährlich knapp 9 Prozent — ein geradezu sensationeller Erfolg im Vergleich zur Stagnation während der ersten Jahrhunderthälfte. Sowjetische Rezepte wurden weitaus weniger rücksichtslos durchgepaukt, als dies in der UdSSR selbst geschehen war. Die Industrie machte enorme Fortschritte, was aber, anders als in der UdSSR, nicht zulasten der Landwirtschaft ging. Deren Produktivität war durch die landesweite Einführung erst von Teams der gegenseitigen Hilfe, dann von Produktionsgenossenschaften erhöht worden. Anfangs durch mobilisierende Appelle an bäuerliche Freiwilligkeit, später zunehmend auch durch Zwang waren bis Ende 1956 mehr als 90 Prozent der bäuerlichen Wirtschaften in Genossenschaften sozialistischen Typs eingebunden worden. Sie entsprachen in etwa den sowjetischen Kolchosen. Land, Vieh und Gerätschaft gehörten dabei dem Kollektiv. Nur Wohnhäuser und kleine Gartenstücke verblieben im Privatbesitz. Die Einteilung der Arbeit geschah nach Plan, bei einer Entlohnung entsprechend individueller Leistung. Dass die Kollektivierung der Landwirtschaft im Großen und Ganzen friedlich verlief und sich die Produktion dabei sogar etwas schneller als das Bevölkerungswachstum erhöhte, hatte mehrere Ursachen: das Vertrauen vieler Bauern in die KPCh, die Tatsache, dass diese Bauern ihr Land erst kurz zuvor durch die Landreform erhalten hatten und daher an ihm nicht wie an einem alten Familienbesitz hingen, und die bedeutende Rolle örtlicher, mit den Verhältnissen gut vertrauter Kader. Die einzelnen Genossenschaften erhielten einen größeren Entscheidungsspielraum als die sowjetischen Kolchosen, und der freie Markt blieb in höherem Maße zugelassen.
 
Die Hundert-Blumen-Kampagne
 
In der Industrie war man dem sowjetischen Vorbild insofern penibel genau gefolgt, als der Aufbau der Schwerindustrie den der Leichtindustrie bei weitem in den Schatten stellte. Die Stahlproduktion wurde zum geradezu fetischisierten Hauptkriterium wirtschaftlicher Entwicklung. Sie stieg in der Tat beeindruckend: von 1,4 Millionen t (1952) auf 5,3 Millionen (1957). Doch dabei blieb die Entwicklung der Leichtindustrie auf der Strecke und wurde der gestiegenen Nachfrage nur unzureichend gerecht, und vor allem: Es gab Anzeichen dafür, dass die Landwirtschaft zu schwach war, um selbst zum ökonomischen Entwicklungsfaktor zu werden. Dessen aber hätte es bedurft, um China nicht nur notdürftig zu ernähren, sondern durch Exporterlöse auch noch zur Finanzierung des industriellen Aufbaus beizutragen sowie der Industrie genügend Rohstoffe, vor allem Baumwolle, zu liefern.
 
So nahm sich die wirtschaftliche Bilanz um das Jahr 1957 durchwachsen aus. Die Kriegs- und Bürgerkriegsfolgen waren überwunden, doch führte die Entwicklungsstrategie zu neuen Problemen — zunächst auf dem Lande, bald aber auch in den Städten, wo es zu Arbeitslosigkeit und Streiks kam. Innerhalb der Führung wurde über diese Erfahrungen und die nötigen Konsequenzen heftig gestritten. Mao Zedong verlor nun an Autorität. In dieser kritischen Phase der Entwicklung war es Mao selbst, der die Initiative wieder an sich zog: Sahen die anderen Parteiführer den Ursprung der Krise in einer falschen Anwendung der Prinzipien des Marxismus-Leninismus, so forderte Mao Anfang 1957 die Massen zur Kritik an der Partei auf. Das Ergebnis war die Hundert-Blumen-Kampagne. Mit einer Freimütigkeit, die auch Mao schockierte, meldeten sich unter dieser Losung jetzt Kritiker zu Wort, die sogar das Herrschaftsmonopol der Kommunisten infrage stellten. Diese Liberalisierungspolitik wurde jäh abgebrochen — mit der Folge, dass über 300000 Personen als Rechtsabweichler gebrandmarkt wurden. Die Umerziehungslager füllten sich mit Intellektuellen. Für Mao Zedong, der vom Widerspruchsgeist großer Teile der geistigen Elite enttäuscht war, begann eine neue Epoche des revolutionären Kampfes.
 
 Utopische Pläne und der Bruch mit Moskau
 
Niemals wieder sollte die KPCh so viel Freiheit der öffentlichen Debatte einräumen wie im Frühsommer 1957. Die Liberalisierung wurde durch ihr Gegenteil abgelöst, eine einzigartig frenetische Aktivierung der Bevölkerung durch Massenkampagnen. 1958/59 wandte sich die Partei vom sowjetischen Modell ab und strebte die unverzügliche Verwirklichung jenes von Karl Marx proklamierten Endziels der Menschheitsentwicklung an, das die Sowjetunion in eine ferne Zukunft verschoben hatte: des Kommunismus. Der zweite Fünfjahresplan, der 1958 beginnen sollte, trat niemals in Kraft. Stattdessen wurde im Mai 1958 der »Große Sprung nach vorn« propagiert. Der propagandistisch entfachte Enthusiasmus der Bevölkerung sollte einen Ausweg aus der Krise weisen und die Produktion in allen Bereichen durch eine gewaltige Kraftanstrengung vervielfachen. Innerhalb eines Zeitraums von 15 Jahren wollte man »England einholen und überholen«. Nicht in erster Linie technische Kompetenz und rationeller Arbeitseinsatz sollten dieses Wunder bewirken, sondern das richtige, das »rote« politische Bewusstsein. Zunächst schienen sich die hoch gesteckten Erwartungen zu erfüllen. Die Übergangsphase zum Kommunismus vollzog sich ab August 1958 durch die Konzentration der Produktionsgenossenschaften zu umfassenderen Volkskommunen. Diese neuen Gemeinschaftsformen sollten einen neuen Menschen hervorbringen. Der »Große Sprung« beruhte auf dem Vertrauen in die Kraft des menschlichen Willens sowie der Bereitschaft zur Überausbeutung menschlicher Arbeitskraft, wie sie in der Geschichte des Sozialismus ohne Beispiel ist. Dieses Konzept stand damit in schroffem Gegensatz zu dem Entwicklungstempo des in China verspotteten, auf die materiellen Bedürfnisse der Menschen abhebenden »Gulaschkommunismus«, für den der sowjetische KP-Chef Chruschtschow stand.
 
Eine der größten Hungerkatastrophen des 20. Jahrhunderts
 
Mao Zedong, der ideologische Urheber des »Großen Sprungs«, setzte sich mit Parteisäuberungen einstweilen gegen seine Kritiker durch. Inzwischen waren die Zahlen des wirtschaftlich Erreichten fast völlig fiktiv. Als die KP-Führer — auch Mao — im Herbst 1960 endlich den Rückzug aus dieser Kampagne antraten, war es schon zu spät. Der in örtlichen Stahlöfen gekochte »Volksstahl« hatte sich als weitgehend unbrauchbar erwiesen. Zudem wurden viele Maschinen durch Dauerbetrieb ruiniert. »Der Große Sprung« war ein schlimmer Rückschlag für die Industrieproduktion. 1958 hatte die Landwirtschaft von ungewöhnlich günstigem Wetter profitiert. Vermutlich wurden in diesem Rekordjahr 200 Millionen t Getreide eingebracht. 1960, in einem Jahr voller Dürren und Überschwemmungen, fiel die Ernte auf 143 Millionen t zurück. In vielen Provinzen brachen infolge dieser Naturkatastrophen Hungersnöte aus. Chronische Unterernährung und Krankheiten trafen eine durch pausenlose Arbeitseinsätze völlig erschöpfte Bevölkerung. Die Schätzungen der in den Jahren 1959 bis 1961 über den Normalwert hinausgehenden Sterbefälle schwanken zwischen 14 und 30 Millionen. Es handelte sich dabei um eine der schlimmsten Hungerkatastrophen des 20. Jahrhunderts. Von der Weltöffentlichkeit wurde sie kaum wahrgenommen, wohl weil Unruhen ausblieben und andere spektakuläre Ereignisse die Aufmerksamkeit des Auslands auf sich zogen, nämlich 1959 die brutale chinesische Militärintervention in Tibet und 1960 der Rückzug der sowjetischen Techniker aus China. Der »Große Sprung« beruhte auf einer Missachtung objektiver Bedingungen: der technologischen Möglichkeiten der Industrie, der Leistungsfähigkeit der Landwirtschaft und auch der Opferbereitschaft der Menschen. Die Suche nach einem eigenen chinesischen Entwicklungsweg und ihr Scheitern ist mit dem Namen Mao Zedongs untrennbar verbunden.
 
China, von beiden Blöcken gemieden
 
Die Zurückweisung des sowjetischen Vorbilds in der Zeit des »Großen Sprungs« drückte eine schleichende Entfremdung zwischen den Allianzpartnern aus. Frühe chinesische Kritik entzündete sich an der technologischen Abhängigkeit, in die China mehr und mehr geriet. Wichtiger allerdings waren ideologische Entwicklungen: Nach Stalins Tod 1953 konnte sich Mao Zedong als der bedeutendste Revolutionär und marxistische Theoretiker der Gegenwart fühlen, bestimmt von der Abneigung, sich der Autorität von Stalins Nachfolgern unterzuordnen. Durch die Entstalinisierung, die Chruschtschow 1956 einleitete, musste sich indirekt auch Mao getroffen sehen. Die tiefste Ursache des von giftigen Polemiken begleiteten Bruchs zwischen China und der Sowjetunion ist aber auf der Ebene der internationalen Politik zu suchen. Im Juni 1959 sprach sich die Sowjetunion dagegen aus, China mit Nuklearwaffen oder zumindest mit der für ihre Herstellung nötigen Technologie auszustatten. Diese Weigerung wurde von Peking als Affront gedeutet. Sie traf die Pekinger Führung, kurz nachdem man wegen der Taiwanfrage an den Rand eines neuen Kriegs mit den USA geraten war. Im selben Jahr begann mit dem Besuch Chruschtschows bei Präsident Dwight D. Eisenhower ganz zaghaft ein Entspannungsprozess zwischen den beiden Supermächten, bei dem sich China durch die UdSSR ausgeschlossen fühlte. Moskau seinerseits hatte Gründe, auf Distanz zu einem unberechenbaren Partner zu gehen, der innen- wie außenpolitisch immer verantwortungsloser zu handeln schien. Nach 1960 war die Volksrepublik unabhängig, aber eben auch einigermaßen isoliert. Während der 60er-Jahre entwickelte sich die Sowjetunion zu einem potenziellen militärischen Gegner, der die alten Grenzprobleme aus dem 19. Jahrhundert wieder aufleben ließ und riesige Truppenkontingente an der gemeinsamen Grenze kasernierte. Schießereien zwischen sowjetischen und chinesischen Truppen am Ussuri im März 1969 eskalierten zum Glück nicht, aber der Krieg zwischen den beiden kommunistischen Riesenreichen wurde nur knapp verhindert. Zwischen 1960 und 1971 war China ein von beiden Blöcken gemiedener oder gar bedrohter Staat. Auch in Asien geriet Peking, nicht immer durch eigene Schuld, ins Abseits.
 
 Die Kulturrevolution
 
Zu den merkwürdigsten Vorgängen in der Geschichte des 20. Jahrhunderts gehört die Große Proletarische Kulturrevolution in China. Sie wurde zwischen 1962 und 1965 vorbereitet, beherrschte zwischen 1966 und 1969 die inneren Verhältnisse, kam 1971 mit dem Wiedererstarken der zuvor demontierten Partei zu einem ersten Abschluss und zog sich mit ihren Ausläufern bis 1976 hin, als Mao starb und seine Anhänger entmachtet wurden.
 
Die Ursachen der Kulturrevolution sind komplex, lassen sich aber auf einen letzten Faktor zurückführen — auf den Machtwillen und die ideologischen Visionen Mao Zedongs. Maos Stellung war durch das Fiasko des »Großen Sprungs« geschwächt worden. Nach 1961 trat er vornehmlich nur noch in zeremoniellen Funktionen auf. Pragmatische Parteibürokraten wie Liu Shaoqi führten das Land in ruhigere Bahnen zurück. Die Kulturrevolution wäre allerdings nicht möglich gewesen, hätte Mao sich nicht sein Charisma als großer revolutionärer Führer bewahren können. Vermutlich 1965 beschloss der »Große Vorsitzende und Steuermann« — wie er sich bald nennen ließ — die »Massen« gegen die Parteibürokratie ins Feld zu führen, die er für eine erstarrte herrschende Kaste hielt, von den »Revisionisten« in der Sowjetunion kaum zu unterscheiden.
 
Anders als 1957 bei der Hundert-Blumen-Kampagne riskierte Mao keine Liberalisierung und setzte nicht auf die etablierten Intellektuellen. Er appellierte an die städtische Jugend, an Schüler und Studenten, und achtete darauf, die Bewegung im Banne seiner persönlichen Ausstrahlung zu halten. Mao verfügte dabei nicht über den Parteiapparat. Ihn gerade wollte er im Sinne einer »permanenten Revolution« zerschlagen. Seine Helfer und Werkzeuge waren zunächst einige junge Journalisten und Hochschuldozenten. Zum typischen Medium der neuen radikalen Öffentlichkeit wurde die Wandzeitung, die sich schnell in ganz China durchsetzte. Am 5. August 1966 gab Mao höchstpersönlich das Startzeichen zum Jugendaufstand: mit einer eigenen Wandzeitung unter dem Titel »Das bürgerliche Hauptquartier bombardieren!«. Darin wandte er sich gegen den »Revisionismus« in der Partei und wollte so seine pragmatischen Widersacher Liu Shaoqi und Deng Xiaoping treffen. Von Anfang an wurden Feinde Maos persönlich angegriffen, zunächst mit Worten, dann auch physisch. Die fanatisierten Schüler und Studenten bildeten Rote Garden. Die Parteiführung war zu dieser Zeit bereits zerschlagen. Das Zentralkomitee hatte praktisch aufgehört zu existieren. Staatspräsident Liu Shaoqi, der starke Mann in der Partei am Vorabend der Kulturrevolution, wurde als »Verräter und Lakei des Imperialismus« diffamiert, seiner Ämter enthoben, aus der Partei ausgeschlossen und ins Gefängnis geworfen. Dort starb er im November 1969 an den Folgen von Misshandlungen. In einigen Provinzen widerstanden die Funktionäre dem Druck der Radikalen, doch in Peking und in Städten wie Schanghai zerfiel der Parteiapparat vollkommen.
 
Seit 1967 regierten in ganz China Anarchie und Gewalt. Als die Studenten ihre Rolle ausgespielt hatten, mobilisierte Mao Zedong die Arbeiter und Teile der Armee. In Schanghai übernahmen die Radikalen die Stadtregierung und errichteten eine Kommune. Nachdem im August 1967 in Zentralchina bürgerkriegsähnliche Kämpfe zwischen den untereinander verfeindeten Radikalengruppen ausgebrochen waren, zog Mao selbst die Notbremse und beauftragte die Armee mit der Wiederherstellung der Ordnung. Dies erwies sich freilich als überaus schwierig. China kam einstweilen nicht zur Ruhe. Denn die Kulturrevolution hatte die Gesellschaft tiefer aufgewühlt, als Mao dies vermutlich beabsichtigt hatte. Die alten Gleichgewichte waren zerstört und die alten Institutionen beseitigt oder entwertet worden. Überall herrschte Misstrauen.
 
Mit dem IX. Parteitag vom 1. bis 27. April 1969 beendeten die maoistischen Parteiführer die Kulturrevolution. Die Jahre bis zum Tod Maos 1976 waren eine konfuse Zeit des sprunghaften Wechsels zwischen unterschiedlichen politischen Richtungen, die sich alle auf den alten und inzwischen kränkelnden Mao Zedong beriefen. Ein schlimmes Erbe der Kulturrevolution blieb der Cliquengeist. Nur wenige der hohen Funktionäre vermochten es, sich wie der wendige Zhou Enlai aus den machtpolitisch und ideologisch ausgetragenen Flügelkämpfen herauszuhalten und so den Staat einigermaßen auf Kurs zu halten. Hinter den Kulissen des Richtungsstreits wurden Verwaltung und Partei aber langsam wieder aufgebaut. Am Ende der Ära Mao Zedong, das mit dem Sturz von Maos Weggefährten aus den Tagen der Kulturrevolution, Lin Biao, 1971 eingeläutet wurde, stand eine durch unentwegte Kampagnen und die Ideologisierung aller Lebensbereiche zerrüttete Gesellschaft. Die großen Zukunftsmodelle waren inzwischen diskreditiert. Die Wirtschaft hatte sich von dem Chaos der späten 60er-Jahre zwar bald erholt, fiel aber mangels neuer Konzepte in das Muster des ersten Fünfjahresplans zurück und leistete weniger, als ihr möglich gewesen wäre. Das durchschnittliche Realeinkommen in den Städten wuchs zwischen 1957 und 1978 fast überhaupt nicht, das auf dem Lande um die niedrige Rate von unter 2 Prozent pro Jahr. In den Fabriken fehlte es an Arbeitsdisziplin. Viele Kader hatten weiterhin Angst vor den »Massen«, und die ehemaligen Roten Garden fühlten sich ihrerseits von der Führung missbraucht und im Stich gelassen. Hunderttausende waren nun zwangsweise für viele Jahre aufs Land verbannt worden; wer den Weg zurück in die Stadt fand, lebte dort in Illegalität und Arbeitslosigkeit. Auch die Intellektuellen blieben eingeschüchtert und vermochten wenig kreative Impulse zu geben. Schließlich war auf dem Land keine Lösung für das drückende Problem von Bevölkerungswachstum und Unterbeschäftigung in Sicht.
 
 Von Mao Zedong zu Deng Xiaoping
 
Das erste Zeichen der Normalisierung nach dem Ende der Kulturrevolution wurde von der internationalen Politik gesetzt: Als der amerikanische Präsident Richard M. Nixon am 15. Juli 1971 seine bevorstehende Reise in die Volksrepublik China ankündigte, war eine der größten diplomatischen Sensationen der Nachkriegszeit perfekt. Für Nixon ergab sich die Annäherung konsequent aus seiner Politik der Entspannung gegenüber der Sowjetunion. Das Bemühen um eine Überwindung der Gegnerschaft zu »Rotchina«, einem Erbe des Kalten Kriegs, konnte die Position der USA nur stärken. So eröffneten sich neue Bewegungsspielräume, ohne einen anderen Preis als die Empörung Taiwans. Der Volksrepublik ihrerseits musste beinahe jedes Mittel recht sein, um aus der gefährlichen Isolierung herauszukommen. Mao selbst hatte die diplomatische Kehrtwende veranlasst. Dabei musste er einige Mühe aufwenden, um seinen verblüfften Anhängern plausibel zu machen, dass man sich notgedrungen dem »Imperialismus« zugewandt habe, um dem viel schlimmeren sowjetischen »Sozialimperialismus« ein Schnippchen zu schlagen. Nixons Chinareise fand im Februar 1972 statt. Obwohl zwischen den beiden Ländern erst zu Jahresbeginn 1979 Botschafter ausgetauscht wurden, entschlossen sich die meisten Verbündeten der USA, ihre Beziehungen zu China umgehend zu normalisieren.
 
Der außenpolitische Pragmatismus Chinas signalisierte keineswegs, dass sich auch in den inneren Verhältnissen moderate Kräfte durchgesetzt hätten. Ein erstes deutliches Anzeichen des Umbruchs war die Sitzung des Nationalen Volkskongresses vom Januar 1975, auf der Premierminister Zhou Enlai ein Programm der »Vier Modernisierungen« vorlegte, das die chinesische Wirtschaft ankurbeln sollte. Bei diesem Versuch, der vorherigen »Rhetorik der Revolution« eine »Programmatik der Reform« entgegenzusetzen, wurde Zhou von Deng Xiaoping unterstützt. Deng war vom Beginn der 50er-Jahre an bis zu seiner Entmachtung 1967 dem innersten Führungskreis der KPCh zugehörig. Im Jahre 1973 setzte Zhou Dengs Rehabilitierung und seine Wiederberufung als Vizepremier durch. Einstweilen verhinderten allerdings die verbliebenen Radikalen in der Parteiführung die Verwirklichung einer konsequenten Reformpolitik. Nach Maos Tod am 9. September 1976 wurden die Kräfte, die sich um Maos Witwe Jiang Qing scharten (»Viererbande«), verhaftet. Gleichzeitig stieg Hua Guofeng, der Urheber dieser Maßnahme, zum KP-Chef auf. Sein kurzer Höhenflug diente als Schirm zur Konsolidierung einer tieferen Bewegung, die am Ende zur Stärkung einer pragmatischen Mitte innerhalb der Parteispitze führte. Deren Kandidat war Deng Xiaoping, der nach Zhou Enlais Tod im Januar desselben Jahres abermals seine Ämter verloren hatte.
 
Dieses Mal währte Dengs Entmachtung indes nicht lange. Schon im Juli 1977 kehrte er auf die politische Bühne zurück. Auf dem 3. Plenum des 11. Zentralkomitees im Dezember 1978, einer der großen, die Weichen für die Zukunft stellenden Versammlungen in der Geschichte der Volksrepublik, erhielt Deng die Zustimmung des Zentralkomitees zu einer Politik der »kontrollierten Liberalisierung«. Er war von nun an die dominierende politische Persönlichkeit in China, wenn er auch niemals über die Machtfülle Mao Zedongs verfügte. Auf dem XII. Parteitag der KPCh im September 1982 setzte sich Dengs Linie dann endgültig durch. Er strebte selbst nicht die höchsten Ämter an. Drei Tendenzen waren seit 1976/77 in Erscheinung getreten: Einmal war die Partei der Cliquenkämpfe und der ideologischen Phrasendrescherei, die die letzten Jahre der Ära Mao bestimmt hatten, mehr als überdrüssig. Auf der Basis dieser Grundstimmung konnte Deng Xiaoping allmählich einen breiten Konsens zugunsten pragmatischer Reformen herbeiführen. Sodann wurde eine Art Vergangenheitsbewältigung geleistet: Man setzte Überlebende der Säuberungen wieder in verantwortliche Funktionen ein, ehrte die Opfer des Terrors und entlastete sie von ungerechtfertigten Vorwürfen. Gleichzeitig wurde die Bewertung der Parteigeschichte einer Revision unterzogen. Auch Maos eigene Leistungen, vor allem bezogen auf die Zeit nach 1957, blieben von offizieller Kritik nicht verschont. Seit 1976 trat eine öffentlich agierende Demokratiebewegung in Erscheinung. Ein mutiger junger Mann, Wei Jingsheng, forderte »als fünfte Modernisierung« die Demokratie. Im März 1979 verhaftet, trat er einen langen Weg durch Gefängnisse und Straflager an. Die Reformen begannen, aber sie sollten nach dem Willen der Parteiführung nicht durch politische Freiheiten gestört werden.
 
Prof. Dr. Jürgen Osterhammel, Freiburg
 
Weiterführende Erläuterungen finden Sie auch unter:
 
China: Chinas zweite Revolution
 
Grundlegende Informationen finden Sie unter:
 
China: Der chinesische Bürgerkrieg
 
Literatur:
 
Grimm, Tilemann: Mao Tse-tung. Reinbek 84.-86. Tausend 1992.
 
Propyläen-Weltgeschichte. Herausgegeben von Golo Mann u. a. Band 10: Die Welt von heute. Berlin u. a. 1961.
 
Zeiten und Menschen. Die geschichtlichen Grundlagen der Gegenwart. 1776 bis heute, bearbeitet von Robert Hermann Tenbrock u. a. Paderborn u. a. 1970.


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