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CHANEL: AM ANFANG WAR DER HUT

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Chanel: Am Anfang war der Hut
 
Kindheit und Jugend
 
Gabrielle Bonheur Chanel wurde am 19. August 1883 in Saumur (Maine-et-Loire) als zweites Kind des ledigen Markthändlerpaares Albert Chanel und Eugenie Jeanne Devolle geboren. Die Eltern heirateten zwar am 17. November 1884, doch prägte auch danach das einfache und unstete Leben der von Markt zu Markt reisenden Familie ihre Kindheit. Bis 1889 kamen drei weitere Geschwister zur Welt. Nach dem Tod der Mutter 1895 verließ auch der Vater die Kinder. Bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres wuchs Gabrielle in einem Waisenhaus auf. Zwei Jahre in einem Mädchenpensionat der mittelfranzösischen Stadt Moulins in der Auvergne schlossen sich an, ehe sie dort zusammen mit ihrer gleichaltrigen Tante Adrienne, der jüngsten Tochter ihrer Großeltern, eine Lehrstelle als Verkäuferin in einem Wäschegeschäft annahm. Daneben erledigten die »Chanel-Schwestern«, als welche Gabrielle und Adrienne zumeist angesehen wurden, private Schneiderarbeiten, vor allem für die Angehörigen der in der Garnisonsstadt Moulins stationierten Regimenter. Einladungen der Soldaten und Offiziere an die beiden Näherinnen blieben nicht lange aus. Ein bevorzugtes Ziel der Paare war das Gesangscafé »La Rotonde«, das für Chanels Leben insofern Bedeutung gewinnen sollte, als sich mit ihm die Entstehung ihres Beinamens »Coco« verbindet, der Gabrielle fortan nicht nur begleitete, sondern ihren tatsächlichen Vornamen fast in Vergessenheit geraten ließ.Mehrere Versionen, die in diesem Zusammenhang überliefert sind, stimmen überein in der Schilderung von Gabrielles Gesangsauftritten in der »Rotonde«, mit denen die junge Verkäuferin die Hoffnung auf eine Karriere als Varietésängerin verband. Für die Ableitung des Spitznamens selbst werden verschiedene Lieder ihres Repertoires verantwortlich gemacht, vom Titel um ein verlorenes Hündchen Coco über einen weiteren Pariser Schlager Ko-ko-ri-ko bis zu einem Refrain mit dem lautmalerischen Hahnenschrei »cocorico«.
 
 Reiche Liebhaber und erste Schritte als Putzmacherin
 
Das folgende Jahrzehnt war für Chanel von dem Bemühen geprägt, den Mangel und die Entbehrungen der Kinder- und Jugendzeit abzustreifen, wie sie diese ein Leben lang vor ihrer Umwelt zu verbergen suchte. Dazu diente ihr die Bindung an wohlhabende Männer ebenso wie die Suche nach einer eigenen Existenzgrundlage, für die Gabrielle nach weiteren Fehlschlägen als Varietésängerin von nun an auf das ihr eigene modische Gespür setzte. Seit 1906 lebte sie mit dem nur drei Jahre älteren, bis dahin in Moulins stationierten Sohn eines Textilkaufmannes und Pferdezüchters, Étienne Balsan, auf dessen Landsitz in Royallieu. Dort lernte sie den als Unternehmer finanziell unabhängigen, später als Berater von Politikern wie Georges Clemenceau und Winston Churchill geschätzten Engländer Arthur »Boy« Capel kennen, der ihr ein erstes Putzgeschäft in Paris finanzierte. Mit ihm lebte Chanel bis 1918 in Paris, wo sie zunächst in Étienne Balsans Wohnung am Boulevard Malesherbes, seit 1910 in eigenen Geschäftsräumen in der Rue Cambon erfolgreich ihre Hutkreationen verkaufte.
 
Eine neue Öffentlichkeit erreichten die Arbeiten Chanels 1912, als ein Foto der Schauspielerin Gabrielle Dorziat mit einem Hut von Chanel in der Presse erschien. Zu Chanels Hüten, die auch für das Theater durch ihre ungewohnte Schlichtheit Aufsehen erregten, kamen erste Jumper aus Strickwebstoffen, mit denen Chanel in den folgenden Jahrzehnten nicht nur einer neuen Mode, sondern einer vollständig gewandelten Frauenkleidung zum Durchbruch verhelfen sollte. Für die Ausführung stellte sie erste Assistentinnen ein sowie die Schneiderin Lucienne Rabaté.
 
 Erfolg, Expansion und Kriegsbeginn
 
Bereits im folgenden Jahr erzielte Chanels Geschäft in der Rue Cambon, wo mittlerweile auch ihre jüngere Schwester Antoinette tätig war, Gewinne, die an eine Expansion denken ließen. Im Sommer 1913 wurde ein zweites Geschäft in dem Badeort Deauville an der Kanalküste eröffnet, im Juli 1915 eine weitere Niederlassung in Biarritz, für die allein sechzig Näherinnen eingestellt wurden. Im Gegensatz zu den eingeführten Modehäusern, deren Erfolge auf hochwertigen Luxuskollektionen gründeten, bedeutete der Ausbruch des Ersten Weltkrieges für den sportlich-legeren Stil Chanels eher Aufschwung denn Einbruch. Ihr Geschäft in Deauville war die einzige dort noch geöffnete Modehandlung und wurde entsprechend frequentiert. Gleichzeitig kamen Chanels schlichte Kleidungsstücke aus Leinen und Strickstoffen den neuen Anforderungen entgegen, die die Damen der Gesellschaft an eine auch für Lazarett- und Versorgungsdienste einsetzbare Garderobe stellten.
 
In der Tat hatten ihre neuartigen Jerseykostüme, die sie erstmals aus baumwollenem Maschentrikot anfertigen ließ, in Modekreisen größte Aufmerksamkeit erregt. Die immer wieder mit Chanel in Verbindung gebrachte und auch von ihr selbst gern gebrauchte Erklärung für ihren Erfolg, dass sie stets zur rechten Zeit am richtigen Ort gewesen sei, hatte hier ihre Gültigkeit; denn erst die eingeschränkte Kriegsversorgung hatte ihren Blick auf große Bestände an beigefarbenem Baumwolltrikot gelenkt, die der Stofffabrikant Rodier zu günstigen Preisen aus seinen Vorräten anbot. Bis dahin hatte Baumwolltrikot vor allem für Unter- und Arbeitskleidung Verwendung gefunden. Nun aber gaben Chanels Entwürfe dem ungewohnten Material eine völlig neuartige Verwendung und Ausstrahlung, sodass nicht nur Mitglieder des spanischen Königshauses zu den Bestellern ihrer Jerseykleider gehörten, sondern diese zugleich den Maschenstoffen auch zukünftig den Weg in die Haute Couture ebneten.
 
Neu wie der Verzicht auf Stehkragen und Mieder waren tiefe V-Ausschnitte der gerade geschnittenen Oberteile und die im Stil der »Kriegskrinoline« auf Wadenlänge verkürzten Röcke, mit denen Chanel in diesen Jahren freilich nicht allein stand. Auch Paul Poiret und andere propagierten nun lose fallende, fußfreie Hemdschnitte, mit denen eng geschnürte Taillen und bodenlange Röcke endgültig ihre Verbindlichkeit für die Frauenkleidung verloren. Es entstand ein neues durch die Zeitumstände verändertes Modeklima, das auch für die Entwürfe Chanels erst jene Akzeptanz schuf, ohne die deren beispielloser Aufstieg in den folgenden Jahrzehnten kaum denkbar gewesen wäre. Mit dreihundert Angestellten ihrer drei Niederlassungen in Paris, Deauville und Biarritz im Jahre 1916 zeichnete sich dieser bereits während des Kriegs ab. Der Winter 1917/18 sollte mit dem Verkauf pelzbesetzter Jerseykostüme ihren bisher größten Erfolg bringen.
 
 Kriegsende und endgültiger Durchbruch: Die künstlerische Avantgarde der Pariser Gesellschaft
 
1918 trennte sich Chanel von Boy Capel, der im Oktober desselben Jahres eine Engländerin heiratete, seine langjährige Gefährtin jedoch weiterhin so oft wie möglich in Paris besuchte. In der Stadt bezog Chanel nun eine neue Wohnung. In dem Vorort Saint-Cloud mietete sie eine geräumige Villa, in der sie im Dezember des folgenden Jahres die Nachricht von Capels tödlichem Autounfall an der Côte d'Azur erreichte und zutiefst erschütterte. Ein weiterer Schicksalsschlag folgte 1920 mit dem Tod ihrer jüngeren Schwester Antoinette.
 
Die privaten Rückschläge trafen Chanel in den Jahren ihres endgültigen beruflichen Durchbruchs. Bereits 1919 hatte sie ihre Geschäftsräume in der Rue Cambon erweitert und dort mit dem Haus Nr. 31 den bis heute bestehenden Firmensitz eingerichtet.
 
Gleichzeitig eroberte sich Coco Chanel einen festen Platz in der Pariser Gesellschaft, die den Aufstieg der ungewöhnlichen Frau und Modemacherin mit Interesse verfolgte. Im Mai 1917 hatte Chanel die reiche Gönnerin und Muse des damaligen künstlerischen Paris, Misia Sert, kennen gelernt. Auf Misias Gesellschaften begegnete sie unter anderen Pablo Picasso, Igor Strawinsky, Sergej Diaghilew, dem russischen Großfürsten Dmitrij und Jean Cocteau, mit denen sie in den folgenden Jahren privat und beruflich eng verbunden blieb. Strawinsky und der russische Großfürst wurden ihre Liebhaber. Für Cocteau und Diaghilew entwarf Chanel Bühnenkostüme. 1922 ließ sie für Cocteaus Fassung der Antigone, für die Arthur Honegger die Musik schrieb und Picasso das Bühnenbild malte, einen bodenlangen Mantel stricken mit Motiven griechischer Vasen. Auf Antigone folgte die Ausstattung für die von Diaghilew geleitete Produktion des Ballets Russes Le train bleu. Schauplatz des von Darius Milhaud vertonten Cocteau-Stückes mit dem Namen des neuen Paris-Riviera-Expresses war ein Urlaubsort am Meer, in dem sich Männer und Frauen mit Baden und Tennisspiel die Zeit vertrieben. Entsprechend waren als Kostüme Badeanzüge, Sport- und Strandkleidung gefordert, die Chanel in fantasievollen Variationen realer Vorbilder entwarf.
 
 Das erste Parfum: Chanel No. 5
 
1923, in ihrem 40. Lebensjahr, brachte Chanel mit »Chanel No. 5« ihr erstes Parfum auf den Markt, zugleich einer der ersten synthetischen Düfte im Parfumgeschäft. Entwickelt wurde es unter ihrer Mitwirkung in der provenzalischen Parfummetropole Grasse. Produktion und Vertrieb übernahm mit Les Parfumeries Bourjois Frankreichs größter Parfumhersteller. Mit »Cuire de Russie«, »Bois des Îles« und »Gardenia« folgten bis 1927 drei weitere Düfte, von denen jedoch keiner an den Erfolg von »Chanel No. 5« anknüpfen konnte.
 
Mit fortschreitendem Ausbau ihres geschäftlichen Imperiums mietete Chanel als neuen Pariser Wohnsitz das Palais des Grafen Pillet-Will in der Rue du Faubourg St. Honoré. Allein in Paris arbeiteten mittlerweile fast 3 000 Angestellte für das Haus Chanel. Eine weitere Niederlassung war in Cannes entstanden. Privat begann Chanel 1924 eine mehrjährige Liaison mit dem reichsten Mann Englands, dem Herzog von Westminster, genannt »Bendor«. Aufenthalte auf dessen Schloss in Eaton Hall bei Manchester schlossen sich an. Eine weitere Folge der neuen »Blickrichtung« England war die Eröffnung einer Boutique in London. In ihrem neu erworbenen Landsitz La Pausa in Roquebrune bei Cannes empfingen Chanel und der Herzog von Westminster das Ehepaar Winston Churchill, der Coco Chanel seinerseits als »eine äußerst fähige und angenehme Frau« beschrieb.
 
Modisch hatte Chanel inzwischen ihren Stil gefunden, dessen Erfolgsrezept bei allen zeitbedingten Veränderungen ein hohes Maß an Beständigkeit war und blieb. Perfekte, scheinbar unkomplizierte Schnitte verbanden sich mit ungewohnten Materialien und Mustern. Neu waren waagerecht gestreifte Jerseys ebenso wie die Kombination von Tweed und blumengemusterter Seide. Neben einfarbigen Kleidern, unter denen das »kleine Schwarze« die bedeutendste und weit reichendste Neuerung der Modegeschichte war, finden sich kräftige Farbkontraste, weiße Krägen und Manschetten, Tücher sowie als wichtigstes Accessoire der Modeschmuck, den Chanel aus dem Geruch der billigen Imitation befreite und zu einem neuen Eigenwert verhalf. Sie bevorzugte lange Ketten aus künstlichen Perlen, von denen stets mehrere gleichzeitig getragen wurden. Für ihre Entwürfe gewann der Schmuck eine neue Austauschbarkeit mit textilen und schneidertechnischen Dekorationen.
 
 Die 1930er-Jahre: Weltwirtschaftskrise und Hollywood
 
Zu Beginn der 30er-Jahre zeigte die Weltwirtschaftskrise deutliche Auswirkungen auf die französische Haute Couture, die nun anders als die Einschränkungen während des Ersten Weltkrieges auch das Haus Chanel traf.
 
Wie damals versuchte Chanel der schwindenden Kaufkraft auch jetzt durch die Verwendung einfacher Materialien zu begegnen. Erneut waren es Baumwollstoffe, die selbst für festliche Kleider in ihre Kollektionen Eingang fanden. 1931 enthielt Chanels Frühjahrsschau 35 Abendkleider aus Baumwollstoffen, vom Baumwollpiqué über Organdy und Baumwolltüll bis zur Baumwollspitze. Um die Herstellungskosten zu senken, verwendete sie zusätzlich statt aufwendiger Knopflösungen Reißverschlüsse, wie sie die italienische Modeschöpferin Elsa Schiaparalli kurz zuvor in die Haute Couture eingeführt hatte. Schließlich sah sich Chanel gezwungen, wie auch andere Pariser Couturiers, die Preise ihrer Kollektionen um die Hälfte zu senken, um neue Kaufanreize zu schaffen. Mit dem Angebot des amerikanischen Filmproduzenten Samuel Goldwyn an Chanel, für ein Jahreshonorar von einer Million Dollar in Hollywood Kostüme für seine Filme zu entwerfen, eröffnete sich gleichzeitig unerwartet eine neue lukrative Aufgabe, die einmal mehr dazu angetan war, über privaten Kummer hinwegzuhelfen. Chanel hatte sich soeben von dem Herzog von Westminster getrennt, der im Februar 1930 eine junge Engländerin heiratete. Im Februar 1931 schiffte sie sich zusammen mit Misia Sert nach New York ein. Von Reportern begleitet trat sie die Weiterreise nach Hollywood an, wo sie bei Empfängen unter anderen mit Greta Garbo, Marlene Dietrich, Claudette Colbert, Katherine Hepburn, Erich von Stroheim bekannt gemacht wurde. In den Jahren 1931 und 1932 entstanden, teils in Hollywood, teils in Paris, nach Chanels Entwürfen die Garderoben für die Filme Palmy Days, Tonight or never, für den zudem eine beginnende Schwangerschaft der Hauptdarstellerin Gloria Swanson mit einer im Hause Chanel aus elastischem Material gefertigten Unterkleidung zu kaschieren war, sowie für die Verfilmung der Broadway-Komödie The Greeks had a word for it.
 
Bei ihren Aufenthalten in New York hatte Chanel nicht nur Gelegenheit, die Herausgeber und Chefredakteure der großen Modejournale Harper's Bazaar und Vogue kennen zu lernen, sondern auch den dortigen Vertrieb und Verkauf modischer Kleidung in Kaufhäusern und Selbstbedienungsläden, wie es sie in Europa noch nicht gab. Selbst neueste Modelle wurden in billigen Materialien zu niedrigen Preisen angeboten. Anders als ihre Berufskollegen, die sich letztlich erfolglos gegen Kopien im Modebereich zur Wehr setzten, sah Chanel darin eine Auszeichnung für ihre Arbeit und akzeptierte Nachahmungen ihrer Entwürfe und ihres Stils als eine Art Werbung. Gleichsam den Stier bei den Hörnern packend, veranstaltete sie 1932 in London eine Modenschau, deren Modelle nicht käuflich waren, für die sie aber die Imitation ausdrücklich gestattete. Formal hatte die Mode der 30er-Jahre den schlichten Garçonne-Stil überwunden und propagierte erneut eine weiblichere Linie. Dazu gehörte die Betonung der Taille ebenso wie ausschwingende Röcke, Schleifen und eine vermehrte Auszier, für die bei Chanel nach wie vor der Schmuck eine wichtige Rolle spielte. Zum Modeschmuck kamen nun auch Entwürfe für echten Schmuck, während sie für andere Kreationen Edelsteine und Simili kombinierte. Weitere Neuheiten der frühen 30er-Jahre waren Kleider aus Kunstseide sowie verschlusslose Kleider aus dem in Amerika vorgestellten Lastex und anderen elastischen Stoffen, mit denen auch Chanels große Konkurrentin jener Jahre, Elsa Schiaparelli, arbeitete.
 
Im Privatleben markierte Chanels Liaison mit dem Zeichner, Maler und Entwerfer Paul Iribe 1932 einen neuen Abschnitt. Ihren eigenen Aussagen zufolge, hatten beide an eine Ehe gedacht, wäre Iribe nicht 1935 52-jährig beim gemeinsamen Tennisspiel in La Pausa einem Herzinfarkt erlegen. Am Vorabend des Zweiten Weltkrieges standen sich beide auch politisch nahe in einer betont nationalistisch ausgerichteten Gedankenwelt, wie sie Iribe in der von ihm herausgegebenen Zeitschrift Le Témoin in Karikaturen und Manifesten offenbarte.
 
 Das »Ritz«
 
1934 gab Chanel ihre Pariser Wohnung in der Rue Faubourg St. Honoré auf und zog in jene Räume im Hotel Ritz, die sie bis zu ihrem Tod beibehielt. Eine weitere Wohnung hatte sie sich über den Geschäftsräumen in der Rue Cambon eingerichtet, die der Rückfront des Hotels gegenüberlag. Im »Ritz« traf sie den damals noch jungen Modefotografen Horst zu einer Fotositzung, auf der mit Aufnahmen der 51-Jährigen im schwarzen Kleid, mit Zigarette und reichem Goldschmuck, eine der berühmtesten Fotoserien Chanels entstand.
 
 Chanel wird bestreikt
 
Nach dem Tod Iribes kehrte Chanel im Oktober 1935 nach Paris zurück, wo sie ein wirtschaftlich und politisch verschärftes Klima erwartete. Neben Elsa Schiaparelli und ihren surrealistischen Kreationen waren mit Marcel Rochas, Mainbocher, Cristobal Balenciaga und Lucien Lelong neue Konkurrenten entstanden. Die Wahlen im April 1936 hatten eine Volksfrontregierung unter dem Sozialisten Léon Blum an die Macht gebracht, auf die die Rechte mit Gegenpropaganda und gesteigertem Antisemitismus reagierte. Wirtschaftliche Schwierigkeiten wurden mit Streiks beantwortet, denen sich am 6. Juni 1936 auch die Mitarbeiter des Hauses Chanel anschlossen. Chanel sah darin einen persönlichen Angriff und eine beispiellose Ungeheuerlichkeit. Noch Jahre später empörte sie sich über den »Sitzstreik auf meinen Kleidern«, der in dieser Form jedoch nie stattgefunden hatte.
 
In den 30er-Jahren entwarf Chanel erneut Filmgarderoben und Bühnenkostüme, Erstere für den französischen Produzenten Jean Renoir und dessen Filme La Marseillaise (1938) und La règle du jeu (1939). Theatergarderoben entstanden erneut für Stücke von Jean Cocteau, mit denen sie jedoch nicht mehr an die Erfolge früherer Jahre anknüpfen konnte.
 
 Das Haus Chanel schließt
 
Den Eintritt Frankreichs in den Zweiten Weltkrieg am 2. September 1939 erlebte Chanel in Paris. Drei Wochen später schloss sie ihr Haus mit Ausnahme des Parfumverkaufs und entließ die gesamte Belegschaft.
 
Im Juni 1940 verließ Chanel Paris in Richtung spanische Grenze. Bereits Ende August kehrte sie jedoch über Vichy und Moulins, die Stätten ihrer Jugend, in die von den Deutschen besetzte Stadt zurück. Ihr Wohnsitz blieb das inzwischen ebenfalls von den Deutschen requirierte »Ritz«. Gegenüber in der Rue Cambon kauften deutsche Soldaten Chanel No. 5.
 
 Chanel und die Deutschen: »Spatz« und »Operation Modellhut«
 
Der Wohnsitz im »Ritz« inmitten hochrangiger Vertreter der deutschen Besatzer, mehr aber noch das Verhältnis, das Chanel mit dem deutschen Diplomaten Hans Günther von Dincklage, den seine Freunde »Spatz« nannten, begann und bis 1950 fortsetzte, zeigen die erfolgsgewohnte Modeschöpferin nun in der Gesellschaft von Deutschen, deutschfreundlichen Franzosen und Kollaborateuren. Zu ihren Kreisen, die sich bei Schwarzmarktdiners und künstlerischen Abendgesellschaften trafen, gehörten unter anderen der deutsche Propagandaleiter Gerhard Heller, Ernst Jünger, neben weiteren alten Freunden der zum Ballettchef der Pariser Oper avancierte Serge Lifar und Jean Cocteau. 1943 bot Chanel den Deutschen ihre Dienste an, indem sie ihre alten Verbindungen zu Winston Churchill nutzen wollte, um diesen für Geheimverhandlungen zu gewinnen. Unter dem Decknamen »Operation Modellhut« reiste Chanel in Begleitung einer Freundin aus früheren Tagen, Vera Beate, in die englische Botschaft nach Madrid, wo das geplante Treffen mit Churchill vorbereitet werden sollte. Der Plan scheiterte jedoch, nachdem Chanels Auftraggeber in Madrid bekannt geworden waren.
 
Nach der Befreiung von Paris beobachtete Chanel zusammen mit Freunden in deren Wohnung an der Rue de Rivoli den Triumphzug de Gaulles am 26. August 1944. Zwei Wochen später wurde sie als Kollaborateurin verhaftet, nach dreistündigem Verhör jedoch wieder freigelassen. Als Grund für ihre rasche Freilassung nannte sie selbst die Tatsache, dass sie nichts zu verbergen gehabt habe. Anderen Versionen zufolge hätte sie Geheimnisse gekannt, deren Veröffentlichung man in England scheute. Um weiteren Schwierigkeiten zu entgehen, verlegte Chanel ihren Wohnsitz vorübergehend in die Schweiz, wo sie sich erneut mit »Spatz« traf, der Dank ihrer Fürsprache vorzeitig aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft entlassen worden war. Mit ihm lebte sie, von gelegentlichen Reisen nach Paris unterbrochen, in Lausanne, Sankt Moritz und Davos, ehe auch diese Verbindung ein Ende fand.
 
 Wiedereröffnung des Hauses Chanel und Comeback
 
Im modischen Paris war Chanel mittlerweile hinter den Erfolgen, die Christian Dior mit dem »New Look«, aber auch andere mit ihren Nachkriegskollektionen erzielten, fast in Vergessenheit geraten. Noch immer hielt sie sich häufig in der Schweiz oder in Roquebrune auf. Von Walter Schellenberg, dem für die »Operation Modellhut« verantwortlichen Mitarbeiter des ehemaligen deutschen Geheimdienstes, erkaufte sie für eine hohe Geldsumme die Streichung ihrer Mission aus dessen Memoiren.
 
Im Frühjahr 1953 reiste Chanel nach Amerika, um in New York an der Einrichtung neuer Geschäftsräume von Les Parfums Chanel mitzuwirken. Drei Monate verbrachte sie bei Freunden auf Long Island, ehe sie nach Paris zurückkehrte, ihren Landsitz La Pausa in Roquebrune verkaufte und ein Comeback wagte, an das niemand mehr geglaubt hatte.
 
Die erste Kollektion des wieder eröffneten Hauses Chanel wurde im Februar 1954 in der Rue Cambon 31 vorgeführt — und enttäuschte dank ihrer Anklänge an den Chanel-Stil der 30er-Jahre die Erwartungen des Publikums zutiefst. Der Figaro sah sich gar in das Jahr 1925 zurückversetzt. Andere Schlagzeilen versicherten, dass Coco Chanel der Vergangenheit angehöre, während die englische Presse der Ansicht war, dass es noch zu früh sei, die Vorkriegsära modisch wieder aufzugreifen. Drei Wochen später kündigte sich von Amerika ausgehend ein erster Wandel an, indem das Magazin Life eben gerade die Langlebigkeit und die »Klassik« der Entwürfe Chanels über den kurzen Augenreiz mancher Nachkriegsneuheit stellte. Wieder einmal galt die schlichte Eleganz Chanels als Befreiung, nun von den Korsagen des New Look und den hautengen Kostümen der »Bleistiftlinie«.
 
In der Herbstkollektion 1954 zeichnete sich mit farbigen Tweedkostümen erstmals der Übergang zu jenem Kostümtypus ab, der in Zukunft untrennbar mit dem Begriff des »Chanel-Kostüms« verbunden bleiben sollte. Die Kanten der knapp unterhalb der Taille endenden Jacken, Ärmel und Rocksäume waren mit farblich übereinstimmenden oder kontrastierenden Borten besetzt. Chanels besonderes Augenmerk galt den engen, perfekt sitzenden und zugleich Bewegungsfreiheit gewährenden Ärmeln, die sie durch einen hohen Armansatz und eine zusätzliche, für jedes Chanel-Kostüm charakteristische Naht im Oberärmel erreichte. In den Rock waren beidseitig Taschen eingesetzt, die ein lässiges Einschieben der Hände erlaubten. Für den Abend lösten Samte, Metallstoffe und bestickte Seiden den Tweed ab. Charakteristische Accessoires wurden neben mehrreihigen Ketten zweifarbige Pumps und eine Tasche aus gestepptem Leder mit langer Schulterkette, die Chanel erstmals 1957 vorstellte.
 
Zu Chanels Kunden gehörten bald erneut Filmschauspielerinnen und andere Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. Gleichzeitig tauchten in ihrer Umgebung vermehrt Journalisten und potenzielle Biografen auf, um die Lebensgeschichte der in Amerika als einflussreichste Modeschöpferin der letzten fünfzig Jahre gefeierten »Mademoiselle« abzufragen. Ihnen gegenüber formulierte sie bereitwillig ihre Ansichten über Kleidung, Frauen und Mode. Sie kommentierte Kollegen und Modetrends, von den »alten kleinen Mädchen« im Minirock bis zum »grauenhaften Geschmack der Amerikaner«. Die eigene Lebensgeschichte aber wurde mehr denn je mit Legenden und subjektiven Korrekturen ausgeschmückt, die teilweise die Realität bis heute verschleiern. 1962 arbeitete Chanel mit Kostümen für Alain Resnais' Film Letztes Jahr in Marienbad noch einmal für das Kino - in demselben Jahr, als der amerikanische Broadwayproduzent Frederick Brisson erste Kontakte zu Chanel knüpfte, um deren eigene Lebensgeschichte für die Bühne umzusetzen. Die Proben für das Musical Coco, in dem Katherine Hepburn die Titelrolle übernahm, begannen im Dezember 1969 in New York. Bühnenausstattung und Kostüme besorgte Cecil Beaton. Zur Premiere wollte Chanel nach New York kommen, doch verhinderte ein kurz zuvor erlittener leichter Schlaganfall die Reise.
 
 Die letzten Jahre
 
Bis zuletzt widmete Chanel die ihr verbliebene Schaffenskraft dem wieder erstandenen Chanel-Imperium. Die Einkünfte des Konzerns wurden einschließlich der Parfumproduktion auf über 160 Millionen Dollar im Jahr geschätzt. Ein Chanel-Kostüm kostete in diesen Jahren etwa 1 000 Dollar. Noch immer entwarf Chanel, die weder zeichnen noch schneidern konnte, ihre Kleider am lebenden Modell, mit Schere und Stecknadeln. Zunächst entstand unter ihren Händen ein Prototyp von jedem Entwurf aus einfachen Stoffen, das »toile«, das danach in den Schneiderwerkstätten umgesetzt wurde. Bei den Modenschauen selbst trat »Mademoiselle«, wie sie im beruflichen Leben allgemein genannt wurde, ebenso wenig in Erscheinung wie bei der Beratung ihrer Kundinnen. Die letzte Kollektion, deren Präsentation Chanel miterlebte, war die im August des Vorjahres gezeigte Frühjahrskollektion 1971. Im Dezember 1970 kam mit »Chanel No. 19« noch einmal ein neues Parfum auf den Markt. Im bunten Modereigen der 70er-Jahre standen ihre Entwürfe erneut für eine maßvolle, klassische Eleganz. Trotz heftiger Diskussionen um »Mini« und »Maxi« blieb sie bei der für sie charakteristischen knieumspielenden Rocklänge.
 
Coco Chanel starb am 10. Januar 1971 87-jährig in ihrem Schlafzimmer im Hotel »Ritz«. Ein Erstickungsanfall bereitete ihrem Leben in Gegenwart ihrer Zofe ein Ende. Die Beisetzung erfolgte in Lausanne. Paris nahm am 14. Januar 1971 mit einem Gedenkgottesdienst in der Kirche La Madeleine Abschied von Coco Chanel, die ihre Bedeutung für die Mode des 20. Jahrhunderts in der ihr eigenen pointierten Art selbst formulierte: »Ich war die erste Frau, die das Leben dieses Jahrhunderts lebte.«
 
Jutta Zander-Seidel
 
Literatur:
 
Madsen, Axel: Chanel. Die Geschichte einer einzigartigen Frau. Aus dem Amerikanischen. Taschenbuchausgabe Bergisch Gladbach ²1995.
 Charles-Roux, Edmonde: Coco Chanel. Ein Leben. Aus dem Französischen. Taschenbuchausgabe Frankfurt am Main 1997.
 Zilkowski, Katharina: Coco Chanel. «Le style c«est moi«. München 1998.
 Wallach, Janet: Coco Chanel. Eleganz u. Erfolg ihres Lebens. Aus dem Amerikanischen. München 1999.


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