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BASSAI: DER APOLLONTEMPEL

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Bassai: Der Apollontempel
 
Zu den am höchsten geschätzten Antikenstätten Griechenlands zählt der Apollontempel von Bassai. Seine allgemeine Bekanntheit verdankt er zweifellos der eindrucksvollen Lage in der Bergwelt Arkadiens. Darüber geht meist verloren, dass er auch als architektonisches Kunstwerk äußerst bemerkenswert ist. Der oft als rätselhaft empfundene Standort des Tempels gewährt anschaulichen Einblick in die Funktionen einer griechischen Sakralstätte.
 
Errichtet im späten 5. Jahrhundert v. Chr., ist der Apollontempel mit seinen Grundabmessungen von etwa 14,5x38,2 m altertümlich lang gestreckt. Abweichend von der Regel ist er von Norden nach Süden orientiert. Neben dem Hauptzugang im Norden ist er zusätzlich auch durch eine seitliche Tür im Osten zu betreten. Eigenwillig ist schließlich die Zweiteilung des Kernbaus, der Cella, in einen größeren Saal und einen Nebenraum.
 
Als Architekt ist der Name eines Mannes bezeugt, der zu den künstlerischen Leitern des großen Bauprogramms auf der Akropolis von Athen zählte: Iktinos. Auf den ersten Blick scheint zwischen dem Bau in Arkadien und den athenischen Bauten auf der Akropolis nicht die geringste Verbindung auszumachen zu sein. Bei Lichte besehen erweist sich der Apollontempel im arkadischen Bergland jedoch durchaus als eine konsequente Weiterentwicklung mancher der am Parthenon eingesetzten Stilmittel.Auch der Apollontempel ist ein Bau voller innovativer Ideen. Dass hier ein Mann vom Range des Iktinos planerisch tätig war, braucht vor diesem Hintergrund nicht bezweifelt zu werden.
 
Iktinos nutzte seinen Bauauftrag in Bassai, um die in Athen begonnene Einfügung ionischer Elemente in den dorischen Stil voranzubringen. Im Innern der Cella wartet er gleich mit zwei neuen Kapitellformen auf, darunter erstmals auch mit dem Typus, der in der Folgezeit als korinthisches Kapitell seinen bis in die römische Zeit und von dort in unsere Gegenwart andauernden Siegeszug antreten sollte. Auch in Bassai setzt er am Kernbau das Element eines figürlichen Frieses ein. Doch wiederholt er hier nicht die abgeschiedene Anbringung in der kaum einsehbaren dunklen Ringhalle. Der Fries erhält jetzt seinen Platz im Innern der Cella.
 
Der 31 m lange, vollständig erhaltene Fries wird heute im Britischen Museum in London aufbewahrt. Die handwerkliche Ausführung der Reliefs erreicht durchgehend eine gute Qualität, der künstlerische Entwurf ist sichtlich von den zur Entstehungszeit beliebten pyramidalen Figurenanordnungen geprägt. Gegenüber dem Parthenonfries ist die Reliefhöhe am Bassaifries deutlich stärker ausgeprägt. Betrug sie dort nur etwa 5 cm, so ist sie hier - wiederum dem veränderten Zeitstil folgend - um mehr als das Doppelte angestiegen.
 
Der 64 cm hohe Fries gliedert sich in zwei Abschnitte. Dargestellt sind zwei in der griechischen Kunst oftmals ins Bild gesetzte Mythen: zum einen ist es der Überfall der halbanimalischen Kentauren auf friedfertige Menschen. Daneben wird eine der zwölf Taten des Herakles vor Augen geführt: sein Zug ans Schwarze Meer mit dem Ziel, sich dort auftragsgemäß in den Besitz des Gürtels der Amazonenkönigin Hippolyte zu bringen. Abweichend von dem vorherrschenden Darstellungsschema sind die Amazonen des Bassaifrieses mit wenigen Ausnahmen nicht beritten.
 
Größere Eigenwilligkeit erlaubte sich der - namentlich unbekannte - Gestalter des Frieses bei der Darbietung des Kentaurenkampfes. Er fügte den beiden verbreiteten Mythenvarianten über frevelhaftes Verhalten der Kentauren eine eigens für diesen Tempel entwickelte dritte Version hinzu: sie überfallen nicht die Hochzeitsgäste des Peirithoos (dargestellt zum Beispiel am Zeustempel in Olympia) noch vergreifen sie sich am Gastfreund ihres Stammesfürsten Pholos (ein beliebtes Thema der Vasenmalerei). Der Bassaifries zeigt die Kentauren bei einem ungleich schwereren Vergehen: sie reißen schutzflehende Frauen und Kinder aus der Sicherheit des Asyls, das ihnen ein Götterbild gewährt.
 
Zufluchtsstätte der Frauen ist eine Statue der Artemis. Und diese Göttin ist es auch, die - begleitet von ihrem göttlichen Bruder Apollon Epikurios - in einem von Hirschen gezogenen Gespann herbeieilt und den bedrängten Frauen zu Hilfe kommt. Wenn Artemis und Apollon hier als Retter in der Not dargestellt sind, ist das in Bassai kein Zufall. Apollon trägt in Bassai den Beinamen Epikurios, das heißt, »der Schützende«. Und der Beiname der Artemis, die hier ebenfalls kultisch verehrt wurde, bedeutet gleichfalls »Retterin«. Tatsächlich war das in geschütztem Bergland gelegene heilige Gelände, als dessen sichtbarer Überrest der Apollontempel erhalten blieb, die sakrale Schutzzone für die Bewohner der 6 km westlich des Tempels gelegenen Stadt Phigalia. Phigalia war eine vermögende und selbstbewusste Stadt. Aufgrund ihrer Lage an der Grenze zum Einflussbereich Spartas war sie jedoch immer wieder gefährdet. Dass man angesichts der latenten Bedrohung den schutzgewährenden Göttern in Gestalt des Tempels und seines Bildschmucks ein Zuversicht einflößendes Zeichen des Dankes und der Ergebenheit setzte, ist nur zu verständlich.
 
Dieser Tempelbau mit all seinen für das dahinter stehende Konzept so aufschlussreichen Details ist ein anschauliches Beispiel dafür, wie die Griechen den Stoff ihrer Mythen nicht starr und unwandelbar tradierten, sondern aus aktuellem Anlass abänderten, um den jeweiligen Grundgedanken eines Mythos für den Augenblick gezielt und nachvollziehbar einsetzen zu können. Die Mythologie führte in Griechenland nicht notwendig in irgend eine verschwommene ferne »Vorzeit« zurück. In den mythologischen Bildern der griechischen Kunst spiegelt sich die Gegenwart der Entstehungszeit. Erschließt uns die künstlerische Ausgestaltung des Apollontempels also das Verständnis des Kultes, bleibt jedoch die Innengliederung des Tempels ein Rätsel. Warum der hintere Teil der Cella abgetrennt und durch eine eigene Tür zugänglich gemacht worden ist, hat bisher keine überzeugende Erklärung gefunden.
 
Prof. Dr. Ulrich Sinn
 
Literatur:
 
Gruben, Gottfried: Die Tempel der Griechen. Aufnahmen von Max Hirmer. München 41986.


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