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ASPIRIN: URSPRUNG, CHEMIE UND WIRKMECHANISMUS

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Aspirin: Ursprung, Chemie und Wirkmechanismus
 
Extrakte aus Weidenrinde wurden schon im Altertum gegen Fieber und Schmerzen eingesetzt. Der eigentliche Wirkstoff, die Salicylsäure, wurde erst im 19. Jahrhundert entdeckt und industriell gewonnen. Sie zeigte jedoch unerwünschte Nebenwirkungen, sodass mehrere Chemiker der Firma Bayer an der Verbesserung der Substanz arbeiteten. Sie fanden 1897 mit der Acetylsalicylsäure ein nahezu nebenwirkungsfreies fiebersenkendes, entzündungs-hemmendes und schmerzstillendes Mittel, dem sie den Warennamen Aspirin gaben.
 
Aspirin entwickelte sich schnell zum meistverkauften Medikament überhaupt. Neben dem klassischen Einsatz bei Kopfschmerzen und Grippe wird Aspirin auch immer dann eingesetzt, wenn die Blutgerinnung herabgesetzt werden soll, wie beispielsweise nach Herzinfarkten. Neuesten Studien zufolge wirkt eine regelmäßige Aspirineinnahme vorbeugend gegen Krebserkrankungen des Magen-Darm-Traktes. Hohe Aspirindosen oder die langfristige Einnahme des Medikamentes führen aber zu Schädigungen der Magenwände.
 
 Die Salicylate
 
Hippokrates von Kos (460—377 v.Chr.), der berühmte griechische Arzt, der dem hippokratischen Eid seinen Namen gegeben hat, wusste bereits von der schmerzstillenden (analgetischen) und fiebersenkenden (antipyretischen) Wirkung der Weidenrinde. Zur Linderung der Geburtswehenschmerzen beispielsweise riet er werdenden Müttern Weidenrinde zu kauen. Die Rinde der Weiden (Gattung Salix, ca. 300 Arten) enthält hauptsächlich Salicylsäure und einige chemisch nah verwandte Verbindungen, die unter dem Begriff Salicylate zusammengefasst werden, und diese Stoffe sind für die genannten Wirkungen verantwortlich. Im Mittelalter verabreichten Kräuterfrauen den Sud ausgekochter Weidenrinden ihren von Schmerzen geplagten Patienten, und in der Renaissancezeit wurde Weidenrinde gegen Schmerzen, Mädesüßkraut (Spiraea ulmaria) gegen Erkältungen, Rheumatismus und Gicht und das Stiefmütterchenkraut (Viola tricolora) gegen Rheuma und zur Blutreinigung eingesetzt. Alle diese Pflanzen enthalten Salicylate als Wirksubstanzen.
 
1763 führte Edward Stone die Salicylate in die moderne Medizin ein. Er schrieb in einem Artikel den Philosophical Transactions über die Rinde der Silberweide (Salix alba): »Vor sechs Jahren probierte ich diese rein zufällig und war von ihrer außergewöhnlichen Bitterkeit überrascht, die in mir sofort die Überlegung auslöste, ob diese nicht die gleichen Eigenschaften wie die Chinarinde (Radix chinchona, sie enthält als Wirkstoff das fiebersenkende Chinin) haben könnte.« Im gleichen Artikel berichtete er, dass er über 50 Patienten mit Weidenrinde erfolgreich gegen Malaria behandelt habe.
 
Durch die Kontinentalsperre Napoleons im Jahre 1806 war Mitteleuropa vom Nachschub an Chinin, welches hauptsächlich aus Peru eingeführt wurde, abgeschnitten. Dadurch wurde die Weidenrinde das wichtigste Naturheilmittel gegen Fieber. In der Folgezeit beschäftigten sich mehrere Chemiker mit der Isolierung und Identifizierung der Inhaltsstoffe der Weidenrinde. An der Sorbonne entdeckte Raffaele Piera 1838 eine Carbonsäure, die er acide salicylique nannte: die Salicylsäure. Die Struktur des Hauptwirkstoffes wurde von Hermann Kolbe 1859 ermittelt: Die Salicylsäure ist die 2-Hydroxybenzoesäure. Im Jahre 1874 erfand Kolbe auch eine relativ billige Methode zur Synthese der Salicylsäure, die bisher aus dem Öl des amerikanischen Wintergrüns (Gaultheria procumbens) industriell hergestellt worden war.
 
 Von der Salicylsäure zum Aspirin
 
Das Natriumsalz der Salicylsäure (Natriumsalicylat), das gegen Ende des 19. Jahrhunderts hauptsächlich verwendet wurde, wirkte zwar schmerzstillend und fiebersenkend, schmeckte aber äußerst unangenehm, reizte den Magen und führte bei vielen Patienten zum Erbrechen. Bei der Firma Bayer waren deswegen im Jahre 1897 mehrere Chemiker damit beschäftigt, Derivate der Salicylsäure zu synthetisieren, die diese Nebenwirkungen nicht aufweisen sollten. Zwei von ihnen behaupteten, der Erfinder der Acetylsalicylsäure (ASS) gewesen zu sein: der Laborleiter Arthur Eichengrün und dessen Mitarbeiter Felix Hoffmann.
 
Eichengrün gab Hoffmann den Auftrag, Ester der Salicylsäure herzustellen. Hoffmann beschrieb die Synthese der ASS in seinem Laborjournal vom 1. August 1897. Erste pharmakologische Tests der Acetylsalicylsäure waren viel versprechend. Interne Machtkämpfe bei Bayer zwischen dem Leiter der pharmazeutisch-wissenschaftlichen Abteilung, Eichengrün, und dem neuen Leiter des pharmakologischen Labors, Dreser, verhinderten zunächst die Weiterentwicklung des Medikamentes. Eichengrün unternahm daraufhin Selbstversuche in hohen Dosen und verschickte Proben an Felix Goldmann, den Vertreter der Bayer-Werke in Berlin. Dieser gab das Medikament an befreundete Ärzte weiter, die es in der Praxis testeten. Ein Zahnarzt entdeckte hierbei zufällig die schmerzstillende Wirkung der Acetylsalicylsäure. Die überaus positiven Berichte der Berliner Ärzte führten dazu, dass Dreser seinen Widerstand aufgeben musste. Nach weiteren intensiven klinischen Studien stand fest, dass die Acetylsalicylsäure dem Natriumsalicylat in ihrer Wirkung mindestens gleichwertig war, ohne dessen unerwünschte Nebenwirkungen zu zeigen. Am ersten Februar 1899 wurde Aspirin als Warenzeichen für die ASS beim Berliner Patentamt eingetragen. Der Warenname, den Eichengrün erfunden hatte, setzt sich zusammen aus A für Acetyl und spirin für Spiraea ulmaria, dem Mädesüßkraut — eine der Pflanzen, die Salicylate enthält.
 
Bayer versandte Werbebroschüren an über 30 000 Ärzte, um auf das neue Medikament aufmerksam zu machen, und startete damit eine der ersten Werbekampagnen für ein Arzneimittel. Aspirin wurde auch als erstes Arzneimittel in Tablettenform auf den Markt gebracht. Im Jahre 1941 wurde das Aspirin im Ehrensaal der chemischen Abteilung des Deutschen Museums in München ausgestellt. Als Erfinder wurden nun Dreser und Hoffmann genannt. Dreser hatte mit der Erfindung überhaupt nichts zu tun, und Eichengrüns Name fehlte. Eine Tafel am Museum mit der Aufschrift »Betreten für Nichtarier verboten« erklärt das Fehlen des Namens des wahren Entdeckers des Aspirins: Eichengrün war Jude.
 
Inzwischen ist Aspirin von Bayer in über 70 Ländern der Erde erhältlich und gehört zu den meistverkauften Medikamenten der Welt (ca. 11 Milliarden Stück pro Jahr).
 
 Der Wirkmechanismus von Aspirin
 
Der Wirkmechanismus von Aspirin wurde erst in den 70er-Jahren des 20. Jahrhunderts von dem britischen Pharmakologen Sir John R. Vane entschlüsselt, der für diese Entdeckung 1982 mit dem Nobelpreis geehrt wurde. Das Aspirin hemmt die Cyclooxygenase (COX), ein membrangebundenes Enzym, das überall im Körper vorkommt. Die Cyclooxygenase steht ganz am Anfang eines weit verzweigten Biosyntheseweges und wandelt Arachidonsäure (aus der Nahrung) in ein PGG2 genanntes Molekül um. Aus dem PGG2 entstehen in weiteren Biosyntheseschritten die Prostaglandine, die Thromboxane und Prostacyclin. Die Prostaglandine sind Gewebshormone, die unter anderem an der Schmerz- und Fieberentstehung beteiligt sind.
 
Die Thromboxane leiten die Blutgerinnung durch Verklumpen der Blutplättchen (Thrombozytenaggregation) ein, und Prostacyclin ist für den Schutz der Magenschleimhaut verantwortlich. Mit diesem Mechanismus lassen sich viele Wirkungen des Aspirins erklären: Es ist schmerzstillend und fiebersenkend, weil die Prostaglandine fehlen, es verhindert die Blutgerinnung, weil die Thromboxane fehlen, und es schädigt in hoher Dosierung die Magenwände, weil das Prostacyclin fehlt.
 
 Einsatzgebiete des Aspirins
 
Der klassische Einsatzort des Aspirins ist die Haus- oder Reiseapotheke. Es hilft gegen Schmerzen aller Art, gegen Entzündungen und Fieber. Wegen seiner thrombozyten-aggregationshemmenden Wirkung wird Aspirin nach Herzinfarkten (sie führen zu einer Überproduktion von Thromboxan) in hohen Dosen verabreicht, um weitere Infarkte (die durch das Thromboxan verursacht werden) zu verhindern. Bei Bypassoperationen und bei der mechanischen Dehnung verschlossener Gefäße (Ballondilatation) wird Aspirin vorbeugend verabreicht. In geringer Dosis senkt Aspirin das Herzinfarktrisiko bei gefährdeten Patienten. Studien aus den USA weisen darauf hin, dass regelmäßige ASS-Einnahme das Risiko eines Herzinfarktes verringert. 1988 veröffentlichten Ärzte der Universität Melbourne eine Studie, wonach die langjährige Einnahme von Aspirin das Risiko einer Darmkrebserkrankung um 50 % verringere. Eine Erhebung der amerikanischen Krebsgesellschaft unter 600 000 Menschen konnte dies bestätigen. Tumore der Speiseröhre und des Magens traten bei den regelmäßigen Aspirinschluckern ebenfalls seltener auf.
 
Literatur:
 
Eckhart Buddecke: Pathophysiologie, Pathobiochemie, klinische Chemie. Berlin 1992.
 H. Alsfasser: Vor einem Jahrhundert schlug die Geburtsstunde von Aspirin, in: Pharmazie in unserer Zeit, Heft 3. Weinheim 1997.
 
100 Jahre Aspirin, in: Naturwissenschaftliche Rundschau, Heft 8. Stuttgart 1997.
 
Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie, herausgegeben von Wolfgang Forth. Heidelberg 71996, Nachdr. 1998.
 N. Kuhnert: Hundert Jahre Aspirin, in: Chemie in unserer Zeit, Heft 4. Weinheim 1999.


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