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DESERTIFIKATION: REGIONALE BEISPIELE

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Desertifikation: Regionale Beispiele
 
Sowohl die klimatischen Bedingungen als auch die durch menschliche Aktivitäten, die schließlich zur Desertifikation führen, sind in den Trockengebieten der Erde regional ganz unterschiedlich, sowohl in der Art wie auch der Intensität. Dies wirkt sich insgesamt auf den Ursachen-Folgen-Komplex aus. Es sollen deshalb einige regionale Beispiele beschrieben werden, welche diese Unterschiede erkennen lassen. Begonnen sei mit Beispielen aus der Sahel-Sudan-Zone Afrikas, die mit ihren Dürrekatastrophen die Weltöffentlichkeit auf die Desertifikationsprozesse in den Trockengebieten der Erde aufmerksam gemacht haben.
 
 Der Sahel
 
Die Sudanzone ist die Übergangszone zwischen der Sahara und den feuchten Tropen, ein Savannengürtel zwischen Wüste und Regenwald. Besonders ihr nördlicher Rand, der Sahel (arabisch: »Ufer«) ist auch eine Risikozone für die Landnutzung zwischen nomadischer Weidewirtschaft im Norden und randtropischem Regenfeldbau von Hirsebauern im Süden. Die einst mobilen Tierhalter mit Kamelen, Schafen und Ziegen, dazu Gruppen mit Rinderhaltung (von den Fulbe/Peul im westlichen bis zu den Baggara im östlichen Sahel) einerseits und viele ethnische Gruppen von Hirsebauern in der etwas feuchteren sudano-sahelischen Zone andererseits sind konkurrierende Landnutzer, zwischen denen viele ethnisch-sozioökonomische Konflikte bestehen.
 
Schon die Grenzziehung durch die Kolonialmächte hat die großräumige Mobilität der nomadischen Tierhalter eingeschränkt.Die Ausweitung des Regenfeldbaus in den nördlichen trockenen Sahel hinein mit seiner hohen Niederschlagsvariabilität (über 30 Prozent) hat die Anpassung der mobilen Weidewirtschaft an die ökologischen Bedingungen weiter eingeschränkt und die Konflikte verschärft. Dies betraf vor allem die südwärtigen Wanderungen in den feuchteren sudano-sahelischen Teil, in dem sich die Hirsebauern ausbreiteten, und zwar in den Ländern Mali, Burkina Faso, Niger, Tschad und auch in der Republik Sudan. Die feuchten 1950er-Jahre hatten die Hirsebauern dazu verleitet, weit über die agronomische Trockengrenze hinaus ihre Felder nach Norden auszudehnen. Bis zu den Dürreperioden der Siebziger- und Achtzigerjahre verlagerte sich die agronomische Trockengrenze um mehrere Hundert Kilometer. Alle Landnutzer, Bauern und Tierhalter, gerieten dabei unter den Druck, für die Ernährung von Mensch und Tier das beschränkte Naturpotenzial rücksichtslos auszubeuten. Das hatte weitreichende ökologische Folgen, führte zur Verstärkung der Desertifikation und endete mit den bekannten Dürrekatastrophen und der Errichtung von Flüchtlingslagern.
 
 Alte Dünen
 
In der Sahelzone breitet sich vom Atlantik bis in die Republik Sudan ein breiter Gürtel alter Dünen, hier »Qoz« (Goos) genannt, aus. Er ist ein Relikt aus klimatisch trockeneren Perioden in den letzten Jahrzehntausenden und zeigt, dass die Saharagrenze zu den Tropen hin weit nach Süden vorgerückt war. Dieser breite sahelische Dünengürtel ist durch den vorrückenden Feldbau und auch durch Überweidung starken Desertifikationsprozessen ausgesetzt worden, wodurch viele früher durch Bewuchs befestigte und jetzt freigelegte Dünen wieder zu wandern begannen und die allgemeine Sandüberwehung der Savannenkulturen verstärkt wurde. Dürrezeiten wirken sich daher hier besonders schwer aus.
 
Betrachtet man die gesamte Sahelzone, so sind hier die Desertifikationsfolgen in allen Ländern sehr ähnlich, weil sowohl die klimaökologischen Bedingungen als auch die von ihren Bewohnern verursachten Eingriffe durch ökologisch nicht mehr vertretbare Landnutzungsmethoden mit Übernutzung des Naturpotenzials etwa die gleichen sind. Auch die historische Entwicklung dieses Raums verlief ähnlich. In einem Gebiet mit mobiler und flexibler Landnutzung wurde mit Ausbreitung des Regenfeldbaus und mit der Errichtung zahlreicher neuer Siedlungen im Grenzbereich der agronomischen Trockengrenze bei wachsender Bevölkerungszahl ein Desertifikationsprozess ausgelöst, der sich ständig verstärkt. Dieser begann mit der Vegetationszerstörung, die bis zum totalen Abschlagen des Baumbestandes der Savanne führte. Untersuchungen haben ergeben, dass im Durchschnitt für eine Familie pro Jahr hundert Bäume zur Gewinnung von Feuerholz geschlagen werden.
 
 Die Wüste schlägt zurück
 
Durch die Summe aller dieser Degradationsvorgänge im Pflanzenkleid, im Boden und auch durch Übernutzung der Wasservorräte trat eine Austrocknung jenes randtropischen Ökosystems ein, also eine Beeinträchtigung der Ressourcen und der nachhaltigen Nutzungsmöglichkeit. Manche Autoren bezweifeln die Wirksamkeit der menschlichen Eingriffe in die Regenerationsfähigkeit des Ökosystems. Durch eine genaue Analyse der ursächlichen Faktoren ist sie jedoch eindeutig nachzuweisen. Gerade in den alten Dünengebieten des Qoz werden die Oberflächensande — mit ihren Samenreserven für die nächste Regenzeit — ausgeblasen; dadurch wird die Regeneration der geschädigten Pflanzendecke stark behindert.
 
Die Tendenz zur Aridifizierung zielt auf die Umwandlung einer Dornbuschsavanne in eine Halbwüste. Die Desertifikation bewirkt auch eine Degradierung des einst dichten Baumbestands der Trockensavanne. Zeugen hierfür sind die weit im nördlichen Sahel noch erhaltenen Reliktbäume des Baobab (Affenbrotbaum), die nur deshalb erhalten blieben, weil sie nicht geschlagen werden, sondern ihr dicker hohler Stamm sogar zeitweise als Wasserspeicher genutzt wird.
 
Satellitenaufnahmen zeigen, dass im Sahel um die Siedlungen Desertifikationsprozesse in Ringen mit mehreren Kilometern Durchmesser um sich gegriffen haben. Dies ist ein typisches, auf die Einwirkung der Bewohner hinweisendes Merkmal der Desertifikation, das im ganzen Sahel zu finden ist. Auch die jungen Sandfahnen, die durch die gesteigerte Windwirkung des »Harmattan« genannten Nordostpassats nach der Zerstörung der Pflanzendecke entstehen, sind überall auf den Satellitenbildern des Landsat-Systems gut zu erkennen.
 
Die erwähnte Auswirkung der Desertifikation mit der Verzögerung einer natürlichen Regeneration des Ökosystems ist besonders im Bereich des alten Dünengürtels zu beobachten. Dies löste nach den Dürrejahren der 1970er-Jahre eine große Südwanderung der nördlichen Sahelbevölkerung aus, sodass beispielsweise die ethnische Gruppe der Zaraoua in Darfur (Westprovinz des Sudan) fast die Hälfte aller Siedlungen verlassen musste. Diese Abwanderung führte dann zu neuen ethnischen Konflikten im Süden.
 
Die Bekämpfung der Desertifikation in der Sahelzone ist ein schwieriger und langwieriger Prozess. Mit einzelnen Erosionsschutzmaßnahmen ist es nicht getan. Wenn es nicht gelingt, solche Desertifikationsgebiete sozioökonomisch in die Landeswirtschaft zu integrieren und Vorsorge statt Hilfsmaßnahmen in potenziellen Katastrophengebieten durchzuführen, wird die Desertifikation nicht gestoppt werden. Hilfe von außen ist dabei notwendig, wobei die Einbeziehung der betroffenen Bevölkerung in alle Gegenmaßnahmen eine Voraussetzung dafür ist, dass eine Hilfe erfolgreich ist. Auch die Vorstellungen und Wünsche dieser Bewohner, seien sie nun an der Tradition oder an der Zukunft orientiert, müssen berücksichtigt werden, wenn der Lebensraum »Savanne« im Sahel erhalten werden soll. Eine allein gelassene Sahelbevölkerung wird den Desertifikationsprozess nicht vermindern oder gar stoppen.
 
 Trockenes Ostafrika
 
Die trockene und desertifikationsgefährdete Zone des Sahel setzt sich unter Umgehung des äthiopischen Hochlandes nach Kenia fort. Etwa 40 Prozent dieses Landes gehören zur Risikozone im Anbau- und im Weideland. Auch hier wurde die klimatisch-agronomische Trockengrenze des Anbaus, die im tropischen Afrika bei etwa vier ausreichend feuchten Monaten und einer mittleren Jahresniederschlagssumme von 400 Millimeter liegt, überschritten. Denn unter dem Druck des Bevölkerungswachstums (in Kenia über 3 Prozent jährlich) wird Regenfeldbau in Gebieten betrieben, die lediglich 200 bis 300 Millimeter Niederschlag in nur zwei humiden Monaten aufweisen. Damit wird die Anbaugrenze um mehr als 200 Kilometer überschritten, was ein erhöhtes Desertifikationsrisiko bedeutet. In Trockenperioden fällt hier die Ernte ganz aus. Insgesamt gehört jedoch Kenia zu den am weitesten entwickelten Agrarländern Afrikas. Besondere Bedeutung haben dabei die Hochflächen, die während der Kolonialzeit von weißen, vorwiegend englischen Farmern bewirtschaftet und »White Highlands« genannt wurden, sowie auch die Bewässerungsgebiete.
 
Im nordkenianischen Trockengebiet hat die UNESCO mit ihrem Projekt IPAL (Integrated Project on Arid Lands) einen nomadischen Lebensraum in jahrelangen Geländestudien detailliert untersucht. Er liegt zwischen Turkanasee, dem Marktort Marsabit und der äthiopischen Grenze. Die in dieser Region lebenden ostafrikanischen Stämme, die Rendille, Boran sowie die Turkana und die Samburu, sind teilweise nomadische, teilweise halb sesshafte Tierhalter und Viehzüchter. Sie züchten Kamele und Rinder sowie Schafe und Ziegen zur Eigenversorgung. Sie zählen zum Teil nur einige Tausend Stammesmitglieder. Ihre Einbindung in den Staat Kenia ist nur ansatzweise gelungen. Sie sind zwar in ihrer Tierhaltung noch mobil, haben aber die Weideflächen bereits so stark überbeweidet, dass die Desertifikation weit verbreitet ist und die Futterreserven nicht mehr ausreichen. Umfangreiche Veröffentlichungen wurden über dieses Projekt erstellt. Auch veterinärmedizinische Untersuchungen wurden durchgeführt, doch kam es bis heute zu keinem praktikablen Entwicklungsprogramm zur Stützung der nomadischen Weidewirtschaft, weil die Förderung dieses Gebietes in der Prioritätenliste der kenianischen Regierung nicht weit genug vorn rangierte. Vielmehr waren Bestrebungen zum Sesshaftmachen der Nomaden vorhanden. Die Konzentration der Tierhalter um UNESCO-Projektstationen löste auch dort eine verstärkte Desertifikation aus mit Vernichtung der gesamten Vegetationsdecke, die Wasservorräte schrumpften und die letzten Akazien wurden geschlagen. Die Folgen des Sesshaftwerdens in solchen ehemals nomadischen Weidegebieten wurden hier nur allzu deutlich.
 
 Nomadismus und Nachhaltigkeit
 
Das Beispiel des nordkenianischen Weidegebiets wirft die Frage auf, welche Maßnahmen denn zum Erhalt und zur nachhaltigen Entwicklung nomadischer Weidegebiete überhaupt möglich sind. Die erste Maßnahme wäre, die Tragfähigkeit dieses Dornbuschsavannen- und Halbwüstengebietes nicht durch eine Überzahl von Weidetieren zu mindern. Entsprechende Rotationen der Wanderhirten müssten festgelegt und kontrolliert werden. In den letzten Jahrzehnten wurde dies durch kriegerische Handlungen der verschiedenen Stämme untereinander unmöglich gemacht. Hier müsste der Staat eingreifen.
 
Um der Bevölkerung einen ausreichenden Verdienst zu ermöglichen, muss auch eine Vermarktung der Tiere und tierischer Produkte gesichert werden, denn die Nomaden wissen, dass der Verkauf in der Hauptstadt Nairobi ein Vielfaches des Preises erzielt, den ihnen die von dort kommenden Händler beim Aufkauf vor Ort bieten.
 
Insgesamt ist daher die wirtschaftliche Einbindung der nomadischen Weidewirtschaft in die Gesamtwirtschaft des Landes von großer Bedeutung. Dies ist freilich ein schwieriges Problem, nicht nur in Kenia, sondern in allen Staaten Afrikas mit nomadischer Wirtschaft. Es kann nur langfristig gelöst werden, seine Bedeutung sollte aber in der Landesplanung nicht unterschätzt werden. Um die Desertifikation einzudämmen und diese Gebiete ökologisch zu erhalten, ist jedenfalls das zwangsweise Sesshaftmachen der Nomaden keine akzeptable Lösung.
 
 Desertifikation in den Maghrebländern
 
Nach den Beispielen aus den Tropenländern südlich der Sahara sollen die Desertifikationsprobleme der subtropischen Länder nördlich der großen Wüste analysiert werden. Diese können beispielhaft auch für die semiariden Gebiete der europäischen Mittelmeerländer gelten, so in Spanien und Sizilien.
 
Im nordafrikanischen Maghreb sind Desertifikationsprozesse in den ausgedehnten Ketten des Atlasgebirges und in den davon umschlossenen Steppen in Marokko und Tunesien sowie den Hochsteppen Algeriens weit verbreitet. Sie finden unter klimatischen Bedingungen statt, die für die Landnutzung die beschriebenen Risiken in sich bergen. Dabei wirkt sich die klimatische Variabilität des Mittelmeerklimas vor allem in der Niederschlagsverteilung mit den Starkregenfällen im Herbst aus. In den waldbedeckten Gebirgsketten des Rif und Tellatlas finden durch Übernutzung des natürlichen Potenzials schwere Degradationsprozesse statt, die auch Folgen für die sommertrockenen Vorländer, zum Beispiel in der landwirtschaftlich so wichtigen Sebou-Ebene Marokkos, haben, vor allem durch Schädigung des Wasserhaushaltes.
 
Rifgebirge und Tellatlas erleben durch starke Waldrodungen und Brandrodungsfeldwirtschaft, bei der im Winter das Land abgebrannt wird, eine fortschreitende Ausbreitung des Getreideanbaus, was Vegetations- und Bodendegradierung zur Folge hat. Durch den Anbau auf Steilhängen mit mehr als 20 Grad Hangneigung vor allem in den trockenen Teilen des Rifgebirges und des algerischen Tellatlas sind alle Formen der Bodenerosion mit Hangrutschungen weit verbreitet und haben ganze Gebirgsareale »verwüstet« (die Vegetation ist vernichtet und der Boden abgespült). Verstärkte Hochwasser bewirken Schäden bis in die unteren Täler hinein. Die Fernwirkung dieser Degradationsprozesse in gebirgigen Waldgebieten ist also zu beachten, denn die Auswirkungen im Vorland müssen im Gebirge selbst bekämpft werden. Erosionsschutzbauten sind bisher nur sehr beschränkt errichtet worden. Sie können auch nur dann erfolgreich sein, wenn sie im Rahmen eines umfangreichen Ressourcenschutzes angelegt werden. Im Hohen Atlas dagegen wirkten die alten Berberkulturen mit traditionellen Terrassenbauten für die Täler lange Zeit erosionsschützend. Erst durch die Ausweitung der Hangnutzung für den Getreideanbau und durch vermehrten Holzeinschlag im Umkreis der höher gelegenen Siedlungen sind auch hier Schäden entstanden. Hochwasserkatastrophen in den Atlastälern südlich von Marrakesch (August 1995) mit vielen Toten sind eine Folge des Raubbaus in der Waldlandschaft. Da diese Gebirgszone mehr zum subhumiden Klimabereich gehört, kann man auch diese Landdegradation als Desertifikation bezeichnen.
 
Die Ausbreitung von »wüstenhaften« Arealen zeigt sich als Folge der Übernutzung des Naturpotenzials durch den Menschen eher in den Steppenregionen: Die maghrebinische Steppe wird zur Wüstensteppe. Dazu gehört vor allem die inzwischen durch ausgedehnten Getreideanbau zur »Kultursteppe« gewordene Mesetalandschaft Marokkos. Am stärksten von der Desertifikation betroffen ist die zentraltunesische Steppe.
 
 Die zentraltunesische Steppe
 
Um Desertifikationsprozesse einzuschränken, sollte der Getreideanbau in der zentraltunesischen Steppe, vor allem der Anbau von Weizen, seine Trockengrenze bei 400 bis 300 Millimeter Jahresniederschlag und einer Variabilität der Niederschläge von 20 bis 30 Prozent finden. Zu berücksichtigen ist, dass auf den mediterranen Steppen Tunesiens ein an die Böden angepasster Übergang vom permanenten bis zum episodischen Getreideanbau, zum Teil auf Regenverdacht, stattfindet. Lokal werden auch Methoden der künstlichen Wasserzufuhr zu den Feldern (Water Harvesting) angewandt, die weit über die agronomische Trockengrenze hinaus sporadischen Anbau gestatten. Dieses ist ökologisch vertretbar, soweit dieser Anbau flächenhaft nicht zu sehr ausgedehnt wird, denn dann werden die vor allem durch den Wind (Deflation) verursachten Erosionsschäden so groß, dass das Ressourcenpotenzial erheblich geschädigt wird.
 
Die erste Folge ist dabei das Entstehen von Nebka-Feldern. Diese Sandhügel um Büsche und Gräser überdecken das Anbauareal und wachsen lokal zu kleinen und mittelhohen Dünen, die eine verstärkte, vom Menschen ausgelöste Winderosion in einem risikoreichen Anbaugebiet anzeigen. Eine erste Bildung solcher Nebkas konnte schon für die römische Kolonialepoche vor 2000 Jahren nachgewiesen werden, als der Getreideanbau weit nach Süden vorgerückt war. Auf Satellitenbildern kann man Feldeinteilungen (Zenturiation) aus der römischen Zeit noch heute erkennen. Dadurch wird eine erste frühhistorische Desertifikationsperiode nachgewiesen. In der französischen Kolonialzeit (1830—1955) und danach wurde in dieser Region auch der Pflugbau, teilweise mit Traktoren, gefördert. In solchen Gebieten der südlichen zentraltunesischen Steppe sind die Desertifikationsschäden besonders groß. Die Bodenverschlechterung greift schnell um sich.
 
Eine weitere Landdegradierung wurde durch das rücksichtslose Schneiden des natürlichen Halfagrases ausgelöst, das zur Celluloseherstellung nach Kasserine gebracht und vorwiegend exportiert wurde. Deutliche Schadfolgen sind hier erkennbar, vor allem durch die Ausbreitung von Bodenerosion. Geringere ökologische Schäden richten die vom tunesischen Sahel, der Küstenzone zwischen Sousse und Sfax, weit in die Steppe vorrückenden Olivenbaumkulturen an, wenn nicht gleichzeitig dazwischen noch, etwa mit Traktoren, Getreidefelder gepflügt werden. Insgesamt sind Teile der südlichen Steppe heute bereits zur Wüstensteppe geworden.
 
 Bekämpfung durch Aufforstung und Dämme
 
Es stellt sich nun die Frage nach den Bekämpfungsmaßnahmen. Hier ist im nachkolonialen Tunesien viel geleistet worden. Im Übergangsgebiet vom feuchteren Norden zur zentralen Steppe wurden umfangreiche Aufforstungen durchgeführt. Alle Hügel wurden terrassiert und dann mit Aleppokiefern, zum Teil auch mit Eukalyptus bepflanzt. Die großen Wassereinzugsgebiete wurden mit Erddämmen (Tabia) versehen, um Erosionsschäden zu vermeiden, wie sie durch Hochwasser, so im Becken von Kairouan 1969, entstanden sind. In diesem Fall waren auch die Desertifikationsschäden im natürlichen Pflanzenkleid verantwortlich. Neben den Tabias werden in der historischen Kulturlandschaft Tunesiens weitere Schutzbauten gegen die Bodenerosion und zur besseren Ausnutzung des Regenwassers errichtet. Im Küstenbereich an der Syrte (»Sahel«) wird zwischen Sousse und Sfax die Wasserzufuhr zu den Olivenbäumen durch kleine Erdwälle und vor allem durch eingeebnete Bodenflächen im Olivenhain vermehrt, sodass den Bäumen Regenwasser zusätzlich zugeführt wird, wodurch auch die Bodendurchfeuchtung verbessert wird. Dies sind die schon seit der Römerzeit errichteten Impluvium-Kulturen (Kulturen mit Zusatzwasser). In Südtunesien werden flache Hänge durch Steinwälle terrassiert, die das Wasser der seltenen Regenfälle dieses Halbwüstengebiets auffangen; gleichzeitig werden vor diesen Dämmen (arabisch: Djussur) die angeschwemmten Bodensedimente zum Anbau von Getreide, Fruchtbäumen und Dattelpalmen genutzt. Durchlässe in den Steinwällen verhindern bei den seltenen, in der Regel aber sehr ergiebigen Regenfällen eine zu starke Bodendurchfeuchtung sowie ein Einreißen der Steinwälle.
 
Mit einer Maßnahme, die vor einigen Jahrzehnten große internationale Beachtung fand, versuchte man vor allem in Algerien, das allgemein befürchtete Vorrücken der Sahara in den Maghreb zu stoppen. Die Pflanzung eines langen Baumstreifens (»grüne Mauer«) in der Wüstensteppe auf Hügelketten und Bergen des Sahara-Atlas südlich des Hochlandes der Schotts (Salzseen) sollte dies verhindern. Wenn auch Baumpflanzungen grundsätzlich zu begrüßen sind, so sind sie doch keine tauglichen Maßnahmen, das Vorrücken der Wüste aufzuhalten. Ein klimatisch und anthropogen verursachtes Desertifikationsgebiet tritt fleckenhaft auf und wirkt sich anders aus, als wenn klimatische Schwankungen die Wüstengrenze vorrücken lassen.
 
 Desertifikation in Jordanien
 
Das Beispiel Jordanien steht für die Länder in Vorderasien, die zwischen dem ostmediterranen Klima mit ehemaligem Waldbestand (Aleppokiefer) und einem raschen Übergang zur Wüste liegen, wie es etwa in Israel, Libanon, Syrien und der Türkei der Fall ist. Auch ein klimazonaler Wandel vom Waldgebiet im Norden bis zur vollariden Wüste im Süden ist kennzeichnend. Jordanien gehört zu den althistorischen Kulturländern am Rande der Wüste; hier treffen noch heute Wüstennomaden und sesshafte Bauern mediterraner Prägung und aus den Bewässerungsgebieten im Jordangraben aufeinander.
 
Die Verwüstung begann hier, wie im Maghreb, bereits in frühhistorischer Zeit, als große Teile der mediterranen Wälder zur Holzgewinnung und zur Ausdehnung des Ackerbaus gerodet wurden. Die Böden an den Hängen wurden völlig degradiert und die erodierten Hangsedimente wurden durch die Täler bis zum Toten Meer verschwemmt. Steppe trat an die Stelle der Waldgebiete. So wurde der Steilabfall zwischen dem Hochland und dem Jordangraben zu einer bizarren Erosionslandschaft ohne schützende Vegetation. Die Regenfeldbaugrenze, sowohl klimatisch als auch in der Rentabilität des Anbaus bei etwa 300 Millimeter Jahresniederschlag gelegen, wurde im Risikobereich wenig beachtet, sodass durch Desertifikation die Wüstensteppe nach Norden rückte. Der Baumbestand wurde weitgehend zerstört. Zusätzlich sorgten die von Osten kommenden Beduinen mit ihren Tierherden für Überweidungsschäden bis in die Senkungsebene des Toten Meeres, wo schon vollarides, wüstenhaftes Lokalklima herrscht.
 
In den Tälern nördlich der Hauptstadt Amman wurde auf den Talterrassen und Hängen Ackerbau zum Teil mit Zusatzbewässerung betrieben. Da Erosionsschutzmaßnahmen fehlten, wurden die höheren Hangbereiche durch Bodenerosion völlig degradiert und die Bodensedimente von den nach Regenfällen entstehenden torrenteähnlichen Flüssen abtransportiert. Die in der Sarka (Nebenfluss des Jordan) kurz vor dem Jordangraben gebaute Stauanlage des König-Talal-Damms zeigte schon nach wenigen Jahren eine hohe Auffüllung mit Bodensedimenten. Es war klar, dass zur Erhaltung des Stausees Erosionsschutzmaßnahmen im gesamten Einzugsgebiet notwendig waren, um diesen schweren Desertifikationsprozess einzudämmen. Maßnahmen wie Aufforstung im Westen, Terrassenbau im mittleren und Schutz des Weidelandes im östlichen Einzugsgebiet wurden geplant, um den ökologischen Degradierungsvorgang zu stoppen. Dieses Projekt der Entwicklungszusammenarbeit musste jedoch aufgegeben werden, weil die Schutzmaßnahmen auch das Engagement der Landbesitzer und der staatlichen Institutionen verlangt hätte, was nicht zu realisieren war. So muss man damit rechnen, dass das Stauwerk nur eine kurze Lebensdauer hat und darüber hinaus neben der hohen Sedimentfracht chemische Abwässer einer Phosphatfabrik den Fluss stark belasten.
 
 Beispiele aus Mittelasien
 
Die Trockengebiete Mittel- und Zentralasiens umfassen das alte Westturkestan (heute die Staaten Turkmenistan, Usbekistan, Tadschikistan, Kirgistan und das südliche Kasachstan) sowie Ostturkestan mit der zu China gehörenden autonomen Provinz Sinkiang. Beide Gebiete haben ein kontinental-arides Klima mit kalten Wintern und heißen Sommern. Zunächst sollen Beispiele der Desertifikation aus dem ehemals sowjetischen Mittelasien vorgestellt werden.
 
Für die Landnutzung ist wichtig, dass die Vorländer des Himalaja niederschlagsarm sind, wobei 90 Prozent dieser Gebiete weniger als 300 Millimeter Niederschlag im Jahresmittel erhalten bei hoher Variabilität. 20 Prozent sind mit weniger als 100 Millimeter Niederschlag Wüstengebiete wie die Karakum und die Kysylkum. Hier wohnen heute etwa 30 Millionen Menschen. Bis 1927 lebten Teile dieser Bevölkerung von nomadischer Weidewirtschaft; diese wurde dann von der Sowjetmacht abgeschafft und in eine sozialistische Fernweidewirtschaft mit Kolchosen und Sowchosen umgewandelt. Rund 90 Prozent des trockenen Mittelasien wurden früher durch Weidewirtschaft betreibende Nomaden, die teils sesshaft wurden, genutzt. Daneben gab es auch die Transhumanz genannte Form der Tierhaltung, bei der die Herden in klimabedingtem jahreszeitlichem Wechsel zu weit entfernten Gebirgsweiden getrieben wurden, oft nicht durch die Besitzer, sondern durch für diesen Zweck gedungene Hirten (Transhumanten). Die Überweidung konnte durch die sozialistische Fernweidewirtschaft etwas verringert werden.
 
Der südliche Gebirgsrand, zum Teil bewaldet und von den Gletschern mit Wasser versorgt, wurde durch Kanalsysteme wie den Ferganakanal in größere Bewässerungsgebiete umgewandelt. Bei 200 bis 300 Millimeter Jahresniederschlag, also im Bereich der Trockengrenze, konnte nur noch beschränkt Regenfeldbau betrieben werden.
 
Mit zunehmender Entfernung vom Gebirgsrand geht die Landschaft in eine Trockensteppe über, unter anderem in die Hungersteppe, die in Kirgistan und Kasachstan liegt und durch große Dürren bekannt ist. Da in den südlichen Bereichen des Gebirgsvorlandes das Niederschlagsmaximum in der winterlichen Jahreszeit liegt und die Sommer fast ganz regenlos sind, ist außer der Weidewirtschaft nur Bewässerungsfeldbau eine rentable agrarische Nutzungsform. Durch transhumante Weidewirtschaft werden auch Gebirgsweiden bis in große Höhe, über 1500 bis 3000 m, genutzt, wobei allerdings auch Waldschäden entstehen.
 
Um das Wasserdefizit des ariden Tieflandes für die Bewässerungskulturen auszugleichen, muss deren Wasserversorgung aus den großen Gebirgsflüssen gedeckt werden. Diese münden in große Endseen, die in der vollariden Wüste des zentralen Trockengebietes liegen. Der größte und bekannteste von ihnen ist der Aralsee, in dessen Uferregion ebenso wie in den Mündungsdeltas von Amudarja und Syrdarja Siedlungen und bewässerte Kulturen seit langer Zeit vorhanden waren. In dieses hydrologische System griff die sowjetische Planwirtschaft rücksichtslos ein, sodass große Desertifikationsprozesse gewaltige ökologische Schäden verursacht haben.
 
 Das Drama des Aralsees
 
In der damaligen Sowjetrepublik Turkmenistan wurde zur Ausweitung der Bewässerungskulturen am Fuß der iranisch-afghanischen Randketten des Himalaja ein alter Plan verwirklicht: durch den Bau des Karakum-Kanals vom Amudarja bis zum Kaspischen Meer eine über 1400 Kilometer lange künstliche Wasserstraße zu gewinnen, die jährlich mit 10 bis 11 Kubikkilometer Wasser bis zu einer Million Hektar Land bewässern sollte. Mit der neuen Agrarproduktion sollten die Kosten des Kanalbaus nicht nur gedeckt werden, sondern man hoffte, einen großen Profit zu erwirtschaften, und zwar vorwiegend durch den Baumwollanbau. Um die ökologischen Folgen dem wirtschaftlichen Gewinnvorteil gegenüberstellen zu können, sind noch folgende Angaben wichtig: Neben den vorherrschenden Sandböden kommen verbreitet Salzböden in der Kanalsenke vor, und auch das Grundwasser hat Salzgehalte von 20 bis 30 Gramm pro Liter. Durch die nomadische Weidewirtschaft auf den Wanderrouten entlang der Flussläufe und Talsenken war es zur Sandauswehung mit Bildung von Wanderdünen gekommen. Im Bereich dieser Wanderwege verläuft auch die Trasse des Kanals, dessen Bau 1954 begonnen wurde. Vorteile hat er vor allem in den Oasen gebracht, da er bei größerem Wasserdurchlauf für die Verminderung der Versalzungsgefahr in den Böden sorgt.
 
Es gibt aber auch nachteilige ökologische Auswirkungen: Wenn dem Amudarja fast 40 Prozent seiner Wasserführung durch den Kanal entzogen werden, dann fehlt das Wasser nicht nur im Mittel- und Unterlauf, sondern auch dem Aralsee. Dessen Wasserspiegel sank bis 1979 bereits um 7 Meter, der Seeumfang schrumpfte und viele Kulturflächen und Siedlungen am Rande des Sees mussten aufgegeben werden. Auch dem Syrdarja wird viel Wasser am Oberlauf entnommen; er erreicht den Aralsee nur noch in regenreichen Jahren.
 
Eine Aridifizierung des turkmenisch-usbekischen Steppengebietes wird Auswirkungen auf das gesamte Ökosystems dieser Region haben. Schon beim Überfliegen stellt man heute fest, dass ein viele Kilometer breiter Uferstreifen nur noch aus weißen Salzflächen besteht und der See langsam austrocknet. Aus diesen Flächen wehen die starken Nordwinde große Salzmengen zusammen mit Staub aus und transportieren sie südwärts, sodass die Böden im Süden weiter versalzen. Auch die in den Böden vorhandenen Dünge- und Pflanzenschutzmittel werden vom Wind aufgegriffen — für die Bevölkerung eine gravierende Gesundheitsgefährdung. Die Steppen zwischen Aralsee und dem Gebirgsrand werden stark degradiert, wovon vor allem das Weideland betroffen wird. Die Desertifikation wirkt sich immer stärker aus und lässt eine Ausdehnung der Wüsten Karakum und Kysylkum in den nächsten Jahrzehnten befürchten.
 
 Desertifikation an der Seidenstraße
 
In China sind Desertifikationsprozesse weit verbreitet. Die Überweidung wirkt sich von der Inneren Mongolei bis Sinkiang im trockenen Zentralasien aus, wodurch die Winderosion erheblich verstärkt wird. Von Sandüberwehungen sind auch wichtige Verkehrswege betroffen, wie die Eisenbahnlinie von Lanzhou nach Peking, am Gelben Fluss (Hwangho), am Rande der Tenggerwüste. Hier erprobt eine Forschungsstation spezielle Maßnahmen zur Dünenbefestigung.
 
Große Auswirkungen zeigt die klimatisch und anthropogen ausgelöste Desertifikation in Sinkiang im Randbereich des Tarimbeckens, in dessen Zentrum die Takla-Makan-Sandwüste liegt. Entlang der alten Seidenstraße am Südrand des Beckens sind in historischer Zeit viele alte Siedlungen vom Sand überweht und zu Ruinen geworden. Die große Sandzufuhr geht von Gebirgsflüssen aus, die, wie der Hotan, Zuflüsse zum Tarim sind. Die Zerstörung der Vegetationsdecke durch Überweidung fördert diesen Sandtransport.
 
Im Bereich der Abflusssysteme wurden große Bewässerungskulturen angelegt, die mit dem Zuzug von über sechs Millionen Chinesen in der Mao-Zeit so stark ausgeweitet wurden, dass bei nicht ausreichender Wasserzufuhr großflächig versalzte Felder entstanden sind. Diese zwangen zur Aufgabe von solchen Kulturen, die dem Wasserhaushalt nicht mehr angepasst sind. Hier liegt wieder ein Beispiel von spezieller Desertifikation vor, die eine Folge des Wassermissmanagements darstellt.
 
Insgesamt wurde der Ursachen-Folgen-Komplex der Desertifikation in China durch die Übernutzung des Naturpotenzials infolge wachsender Bevölkerungszahl ausgelöst.
 
 Desertifikation in Südamerika
 
Die Trockengebiete Südamerikas konzentrieren sich in Anlehnung an die Hochgebirgsketten der Anden, also an der Westseite des Kontinents, auf die aride Diagonale. Im nördlichen Teil (beginnend südlich des Äquators) liegt die Wüstenzone unmittelbar an der pazifischen Küste und reicht bis zur Atacama-Wüste in Nordchile. Im südlichen Teil reicht das aride Gebiet auf der Ostseite der Anden von Nordargentinien bis zum nördlichen Feuerland und umfasst ganz Patagonien. Auch der Nordosten Brasiliens ist ein Trockengebiet, in dem Desertifikation vorkommt.
 
Patagonien besteht in Argentinen vom Andenfuß bis zur atlantischen Küste aus einer Steppenregion mit Niederschlägen zwischen 300 und 100 Millimeter im Jahr, ist hier also semiarid bis arid. Im Nordosten Patagoniens breitet sich ein Streifen mit Strauchvegetation (Larrea), Monte genannt, aus, die als Weideland weniger geeignet ist. Nach Norden setzt sich die trockene Diagonale bis in die Provinz Mendoza fort. Dieses Trockengebiet liegt im unmittelbaren Leebereich der pazifischen Westwinde, die im mittleren und südlichen Chile hohe Niederschläge bringen, sodass sich das Waldland in den Anden bis zur Pazifikküste ausdehnen kann.
 
Die patagonische Steppe ist seit der brutalen Vernichtung der indianischen Bevölkerung gegen Ende des vorigen Jahrhunderts durch die argentinische Armee und die europäischen Siedler zum kolonial-europäisch genutzten Weideland geworden, vor allem durch Schafe, teilweise Ziegen und im Norden Rinder, dazu Pferde. Größere Anbaugebiete liegen nur im Norden in einer Flussoase am Río Negro. Die wenigen größeren Täler, die von den Anden kommend die patagonische Steppe bis zum Atlantik queren, weisen nur lokal bewässerte Talbereiche auf, sind aber größtenteils ackerbaulich nicht genutzt.
 
 Zerstörung durch Schafzucht
 
Die Desertifikation ist in den patagonischen Provinzen Río Negro, Chubut und Santa Cruz und auch in Feuerland überwiegend im Weideland der Steppe verbreitet. Die Haltung von 22 Millionen Schafen noch vor 20 Jahren auf sehr großen, mittleren und kleinen Farmen (Estancias) hatte eine oft rücksichtslose Ausbeutung des Weidepotenzials zur Folge. Die Degradierungsprozesse sind überall in der Landschaft sichtbar.
 
Es begann mit Zerstörungen in der Pflanzendecke, in der viele kahle Stellen die Erosion sowohl durch ungebremsten Abfluss des Regenwassers als auch durch vermehrte Ausblasung des Bodens verstärkten. Nebka-Sandanwehungen und Dünenbildung sind überall sichtbare Folgen. An den Hängen ist Rinnen- und Gully-Erosion weit verbreitet.
 
Auch Veränderungen in der Vegetationsdecke tragen zur Degradierung des Ressourcenpotenzials bei, denn die als Futterpflanzen beliebten Festuca- und Stipagräser sind stark dezimiert und Steppenpolsterpflanzen wie Mulinum spinosum, eine als Tierfutter ungeeignete Art, sind an ihre Stelle getreten. Trockenresistentere Pflanzen, wie Nassauvia und Azorella, sind Indikatoren für eine verstärkte Aridifizierung des Pflanzenkleides und des Bodens, durch die die guten Weidepflanzen immer weniger geworden sind. Heute, nach 20 Jahren, kann nur noch knapp die Hälfte des damaligen Schafbestandes (Merinoschafe) von dem geschädigten Potenzial leben.
 
Die Desertifikationsprozesse haben auch die Böden und das Substrat der Verwitterungsschicht verändert. Durch Auswehung und Bodenerosion sind neben der Übersandung auch schon Steinpflasterdecken, wie sie für die Wüsten typisch sind, entstanden. Die gesteigerte aktuelle Verdunstung führt zur Austrockung der Böden, wodurch sich wiederum die Pflanzenwelt verändert, sodass auch der Bodenwasserhaushalt geschädigt wird. Die weite Verbreitung von Salzlagunen in der Steppe Patagoniens ist auch Ursache für die Verwehung von salzhaltigem Staub und Feinsanden über weite Flächen, die sich als Desertifikationsprozess auswirkt. Diese ökologische Landdegradierung hat zu einem Verwüstungsprozess geführt, der allgemein eine starke Reduzierung des Schafbestandes nach sich zog. Allerdings hat hierzu auch der starke Verfall des internationalen Wollpreises beigetragen. So sind in der südpatagonischen Provinz Santa Cruz bis heute etwa 40 Prozent der Schaffarmen aufgegeben worden.
 
Im zentralen Patagonien (Provinz Chubut) ist ein anderes Desertifikationsgebiet entstanden. Durch Wassermissmanagement wurde der Wasserhaushalt eines der beiden großen Seen, des Colhué Huapí, derart gestört, dass eine Austrocknung droht und das Gebiet des Sees zu einem riesigen Ausblasungsgebiet wird. Ein größeres Flusstal (Río Chico), das von diesem See gespeist wurde, erhält bereits keine Wasserzufuhr mehr.
 
Fragt man nach den sozioökonomischen Ursachen und Folgen dieser Desertifikation, so sind sowohl die Großfarmer mit 50 000 Hektar Weideland und mehr in den Blick zu nehmen, als auch die kleinen, zumeist indianischen Tierhalter, die ohnehin unter der Armutsgrenze leben müssen. Viele Großfarmer haben seit langem ihren Wohnsitz in die Städte verlegt, lassen ihre Farmen verwalten und sind mehr auf Profit als auf Ressourcenschutz bedacht.
 
Dies alles macht die Bekämpfung der Desertifikation schwierig. Verminderung der Zahl der Weidetiere, eine festgelegte Weiderotation sowie Maßnahmen zur Verbesserung der Weidevegetation wären wichtig. Dies alles kostet Geld, wenn Patagoniens Steppe eine »nachhaltige Entwicklung« im Kampf gegen die Desertifikation erfahren soll.
 
Ein argentinisch-deutsches Projekt der Zusammenarbeit in der Desertifikationsbekämpfung hat hierfür durch digitale Satellitenbildauswertung die notwendige Kenntnis erarbeitet. Bevor diese in praktikable Maßnahmen für den Erhalt der Steppe Patagoniens ökologisch und ökonomisch umgesetzt werden, sollte bei der Bevölkerung das Bewusstsein für die Notwendigkeit nachhaltigen Ressourcenschutzes geweckt werden. Dies gilt auch für die politischen Institutionen.
 
 Desertifikation auch in Europa?
 
Degradation der Vegetation, der Böden und des Wasserhaushaltes sind auch in Europa verbreitet. Zu wirklicher Desertifikation führen diese Vorgänge allerdings nur in den Trockengebieten, die auf der Iberischen Halbinsel und auf Sizilien anzutreffen sind. Auch Griechenland und die im östlichen Mittelmeer gelegenen Inseln sind teilweise davon betroffen.
 
Schon in frühhistorischer Zeit ist die Waldrodung so stark betrieben worden, dass die Degradierung des mediterranen Ökosystems zu wüstenhaften Zuständen geführt hat. Ökologisch hat sich das Landnutzungspotenzial hangabwärts in die Gebirgsvorländer verlagert, sodass viele Bergregionen heute kaum noch rentabel genutzt werden können.
 
In den semiariden Gebieten Spaniens und Siziliens sind durch Übernutzung der Steppen als Weideland, aber auch durch den Getreideanbau wüstenähnliche Bedingungen entstanden, sodass dort rentable Landnutzung nur noch in Bewässerungsgebieten (Huertas, Vegas) betrieben werden kann. In solchen Regionen ist dann auch die Landdegradation so weit fortgeschritten, dass man von Desertifikation sprechen kann. Davon sind auch Teile der Meseta und selbst des Ebrobeckens betroffen.
 
Ein wesentlicher Unterschied zu den großen Trocken- und Desertifikationszonen der Erde besteht jedoch darin, dass Maßnahmen zur Rehabilitation des geschädigten Ökosystems in Europa aus klimatischen Gründen erfolgreicher durchzuführen wären.
 
Prof. Dr. Dr. h.c. Horst G. Mensching
 
Grundlegende Informationen finden Sie unter:
 
Desertifikation: Ursachen, Verbreitung, Folgen
 
Desertifikation: Gegenmaßnahmen
 
Literatur:
 
Akhtar-Schuster, Mariam: Degradationsprozesse und Desertifikation im semiariden randtropischen Gebiet der Butana, Republik Sudan. Göttingen 1995.
 Giese, Ernst, u. a.: Umweltzerstörungen in Trockengebieten Zentralasiens (West- und Ost-Turkestan ). Ursachen, Auswirkungen, Maßnahmen. Stuttgart 1998.
 Ibrahim, Fouad N.: Desertification in Nord-Darfur. Untersuchung zur Gefährdung des Naturpotenzials durch nicht angepaßte Landnutzungsmethoden in der Sahelzone der Republik Sudan. Hamburg 1980.
 Mäckel, Rüdiger / Walther, Dierk: Naturpotential und Landdegradierung in den Trockengebieten Kenias. Stuttgart 1993.
 
World atlas of desertification, 2herausgegeben von Nick Middleton u. a. London u. a. 1997.


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