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CALLAS: DIE »PRIMADONNA ASSOLUTA«

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Callas: Die »Primadonna assoluta«
 
Über die Rolle der Maria Callas als »Skandalprimadonna« ist mehr geschrieben worden als über die künstlerischen Verdienste der Sängerin, die von vielen als die bedeutendste sängerische Persönlichkeit unseres Jahrhunderts bezeichnet wird. Ihre Liaison mit dem griechischen Reeder Aristoteles Onassis auf dem Höhepunkt ihres künstlerischen Ruhmes katapultierte sie auch in die Schlagzeilen der Boulevardpresse, die genüsslich jeden Schritt der Diva verfolgte. »Die Primadonna assoluta«, so Jürgen Kesting, »stieg ab zur berühmtesten Frau der Welt«.
 
 Lehrjahre
 
Geboren wurde Maria Callas am 2., 3. oder 4. Dezember 1923 in New York als Cecilia Sophia Anna Maria Kalogeropoulos, nachdem ihre Eltern — der Apotheker Georg Kalogeropoulos und Evangelia — wenige Monate zuvor erst von Griechenland nach New York ausgewandert waren. Da die Familie in Amerika bleiben wollte, nahm sie 1926 — dem Jahr der Taufe Marias — den Namen Callas an.Mit sieben Jahren begann Marias musikalische Ausbildung; neben einem Klavier wurde auch ein Grammophon angeschafft sowie — das berichtet die Mutter und bedient damit das Klischee der schicksalhaften Bestimmung ihrer Tochter zum Opernstar — als erste Schallplatte die Arie »Vissi d'arte« aus Giacomo Puccinis Oper Tosca. Maria lernte Klavierspielen und Singen, nahm an Wettbewerben teil und trat von 1934 bis 1937 in Kindershows und Radiosendungen auf. Um die schon damals ehrgeizigen Pläne von Mutter und Tochter, aus Maria einen Star zu machen, in die Wirklichkeit umzusetzen, ging die Mutter Anfang 1937 mit Maria nach Athen zurück, um sie dort Gesang studieren zu lassen. Mit nur 15 Jahren debütierte Maria Callas als Santuzza in einer Studentenaufführung der Cavalleria rusticana von Pietro Mascagni. Bei ihrer zweiten Gesangslehrerin in Athen, Elvira de Hidalgo, kam sie zum ersten Mal mit den Partien des italienischen Belcanto-Repertoires in Kontakt, mit denen sie später Weltruhm erlangte.
 
 Erste Berufserfahrungen
 
1940, während der Kriegswirren, sang Maria Callas ihre erste Partie an der Athener Oper, deren festes Mitglied sie mit nur 17 Jahren wurde. Ihr Vertrag wurde jedoch 1945 von der nunmehr wieder in griechischer Hand befindlichen Theaterleitung nicht mehr verlängert, weil sie während der deutschen Besatzung Hauptrollen übernommen habe, anstatt sich zu verweigern, wie andere griechische Kollegen. Entmutigt kehrte Maria Callas nach New York zurück, um dort bei Agenten, Regisseuren und Theaterleitern vorzusingen. Nach vergeblichen Bemühungen bekam sie überraschend vom Generalmanager der Metropolitan Opera, Edward Johnson, für die Spielzeit 1946/47 ein Angebot für zwei Hauptpartien, die sie jedoch — noch viel überraschender — ablehnte. Die Leonore in Fidelio wollte sie nicht auf Englisch singen, für die Butterfly fühlte sie sich wohl wegen ihrer damals noch sehr üppigen Figur nicht geeignet.
 
 Die italienische und die Weltkarriere
 
Schließlich wurde sie vom künstlerischen Direktor der Arena von Verona, der sich in New York aufhielt, um nach einer Sopranistin für die Titelrolle in Amilcare Ponchiellis La Gioconda Ausschau zu halten, für das Festival von 1947 engagiert. Direkt nach ihrer Ankunft in Verona lernte Maria Callas ihren späteren Ehemann Giovanni Battista Meneghini kennen, einen Fabrikanten und großen Opernliebhaber. Dirigent der Produktion war Tullio Serafin, der auf die Karriere der Callas maßgeblichen Einfluss ausüben sollte. So bot Serafin ihr nach ihrem nicht sehr erfolgreichen Italiendebüt ein Folgeengagement als Isolde und Turandot am Opernhaus in Venedig an — und dort feierte sie nun ihre ersten wirklich großen Erfolge. Schlagartig bekundeten fast alle großen Opernhäuser Italiens Interesse an der jungen Sopranistin. In der Spielzeit 1948/49 kehrte sie nach Venedig zurück, um die hoch dramatische Partie der Brünnhilde in Richard Wagners Walküre zu verkörpern, und hier trat nun die vielleicht entscheidende Wende in ihrer Karriere ein, als sie nämlich innerhalb nur einer Woche die virtuose Belcanto-Partie der Elvira aus Vincenzo Bellinis I Puritani einstudieren musste, um für eine erkrankte Kollegin einzuspringen. Diese und ähnliche Partien der italienischen Oper der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wie Luigi Cherubinis Medea, Bellinis Norma und Gaetano Donizettis Lucia, die Maria Callas zu neuem Leben erweckte, sollten sie bis zum Ende ihrer Laufbahn ständig begleiten. 1950 erhielt sie endlich das lange ersehnte Angebot von der Mailänder Scala. Ihr dortiges Auftreten in einer Aufführung der Aida als Einspringerin für Renata Tebaldi brachte allerdings noch nicht den für ihre Weltkarriere entscheidenden Durchbruch; erst mit der Eröffnungsvorstellung der Spielzeit 1951/52 als Elena in Giuseppe Verdis Sizilianischer Vesper wurde sie zur gefeierten Primadonna der Mailänder Scala, die für die nächsten Jahre der Mittelpunkt ihres künstlerischen Wirkens wurde. In die gleiche Zeit fällt auch die Unterzeichnung eines Exklusivvertrags mit der Plattenfirma EMI — vertreten durch den Produzenten Walter Legge, der eine weitere wichtige Persönlichkeit auf dem Weg der Maria Callas zur künstlerischen Ausnahmeerscheinung war, da er die meisten ihrer zahlreichen Plattenaufnahmen leitete und betreute. Über ein Jahr verhandelte das Ehepaar Meneghini-Callas über die Vertragsunterzeichnung. Ebenfalls in diesen Jahren fasste die Callas den Entschluss, sich einer Abmagerungskur zu unterziehen, und verwandelte sich von einer pummeligen Anfängerin zu einer schlanken, modebewussten und um ihr Aussehen besorgten Diva. Die 1950er-Jahre wurden für Maria Callas zum künstlerischen Höhepunkt ihrer Karriere. Vor allem ihre Produktionen an der Mailänder Scala wurden zum Inbegriff der Ära Callas — Produktionen, bei denen sie mit Dirigenten und Regisseuren wie Herbert von Karajan (in Donizettis Lucia di Lammermoor als Gastspiel, das unter anderem auch die Opernhäuser von Berlin und Wien in Ekstase versetzte), Leonard Bernstein (in Cherubinis Medea und Bellinis La Sonnambula) und vor allem Luchino Visconti (unter anderem in Verdis La Traviata, Donizettis Anna Bolena und Christoph Willibald Glucks Iphigenie auf Tauris) zusammenarbeitete.
 
Neben ihren triumphalen Erfolgen war die Callas jedoch schon früh Gegenstand von Missfallensbekundungen, die einerseits auf die vor allem von ihren Gegnern immer wieder festgestellten Stimmkrisen zurückzuführen sind, andererseits aber auch aus der immerfort höher geschraubten Erwartungshaltung des Publikums an die Diva resultierten. Ihrem Debüt an der Metropolitan Opera in New York mit Bellinis Norma 1956, bei der sie nicht nur die höchste Gage in der Geschichte dieses Opernhauses erhielt, sondern auch dem Direktor des Hauses, Rudolf Bing, den größten Kassenerfolg aller Zeiten bescherte, folgte 1958 ihr Debüt in Paris, das den Anfang ihrer Beziehung zu Aristoteles Onassis markierte und eine Trennung von ihrem Ehemann Meneghini, den sie 1949 geheiratet hatte, unausweichlich werden ließ.
 
In der Folgezeit konnte man Maria Callas immer seltener auf der Bühne oder im Plattenstudio erleben, sie schien sich nun mehr und mehr auf ihre neue Rolle als Mitglied der High Society zu konzentrieren. 1964 setzte Franco Zeffirelli an der Covent Garden Opera in London für die Callas eine letzte Tosca in Szene, mit der sie sich am 5. Juli 1965 schließlich von der Opernbühne endgültig verabschieden sollte.
 
 Vergebliche Suche nach neuen Wegen
 
1969 wagte sie noch einen Neuanfang als Schauspielerin in Pier Paolo Pasolinis Film Medea, dem allerdings nur ein höflicher Achtungserfolg beschieden war. Ebenso wenig konnte ihr Versuch, am Curtis Institute in Philadelphia und an der Juilliard School in New York Meisterkurse abzuhalten, ihr zu einer neuen Existenz verhelfen.
 
Nach einem letzten Ausflug in das Plattenstudio (die Aufnahmen aus dem Jahr 1972 hat die Callas nie zur Veröffentlichung freigegeben) und dem gescheiterten Versuch einer zweiten Karriere als Regisseurin 1973 in Turin wagte sie einen zwar euphorisch aufgenommenen, aber künstlerisch eher fragwürdigen Comebackversuch mit einer Konzerttournee, die in Hamburg begann und die sie mit dem Tenor Giuseppe di Stefano durch die ganze Welt führte. In ihren letzten Lebensjahren sollten sie die Menschen verlassen, die für ihre private und künstlerische Existenz entscheidend waren: Onassis, der 1968 Jacqueline Kennedy geheiratet hatte, und Pasolini starben 1975, im Jahr darauf Visconti. Vollständig zurückgezogen starb Maria Callas am 16. September 1977 in Paris an Herzversagen.
 
Nach ihrem Tod setzte ein immenser Presserummel ein, eine öffentliche Auseinandersetzung um ihre Person, ihr Testament und ihre Todesursache — das Gerücht von einer Vergiftung kursierte — sowie eine Flut von Büchern über ihre Karriere, ihre Kunst und vor allem über ihre Skandale — eine Flut, die 10 Jahre nach ihrem Tod noch einmal einen Höhepunkt erleben sollte. Neben ihrer Mutter, die ihre Ansichten über die Tochter noch zu Lebzeiten Marias veröffentlichte, beteiligten sich auch Meneghini und ihre Schwester Jackie hieran.
 
 Die Belcanto-Renaissance
 
Maria Callas verkörperte neben der Traviata und der Tosca am häufigsten die Partien der Norma und der Lucia — zwei Partien, die dem klassischen italienischen Belcanto-Repertoire entstammen und zu dem die Opern der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts (Gioacchino Rossini, Bellini, Donizetti) sowie die frühen und mittleren Opern Verdis zählen. Maria Callas ist es zu verdanken, dass diese Werke vor dem völligen Vergessen bewahrt wurden. Sie leitete eine Renaissance von Opern ein, die seit Jahren nicht mehr in Italien gespielt worden waren wie Armida und Il Turco in Italia von Rossini, Medea von Cherubini, La Vestale von Spontini, Anna Bolena von Donizetti, Il Pirata von Bellini. (Bei vielen Mitschnitten dieser Aufführungen handelt es sich sogar um die jeweiligen Ersteinspielungen.) Callas' Verdienst hinsichtlich der Wiederbelebung des Belcanto-Gesangsstils bestand zudem darin, dass sie mit einer zur Dramatik fähigen metallischen Stimme Partien singen konnte, die eine virtuose Koloraturtechnik verlangten, was in etwa dem stimmlichen Spagat zwischen Brünnhilde und Königin der Nacht entspräche. Dass die Callas diese Extreme auch tatsächlich in sich vereinigte und es kaum eine Partie gab, die sie nicht singen konnte, brachte ihr bereits 1950 während eines Gastspiels in Mexiko den Ehrentitel einer »Primadonna assoluta« ein.
 
Wenn Werke des italienischen Belcanto-Repertoires seit der Jahrhundertwende und vor dem Auftreten der Callas überhaupt zur Aufführung kamen, wurden die Titelpartien zumeist mit hellen leichten Koloratursopranen besetzt, die dunklerer Farben bzw. überhaupt einer stimmlichen Farbpalette völlig entbehrten, über die aber die Sängerinnen der Uraufführungen sehr wohl verfügten. Außerdem stattete die Callas ihre Partien mit einer psychologisierenden und emotionalisierenden Darstellung aus, die bis dato — wenn überhaupt — nur von Sängerinnen von Verismo-Partien (wie Santuzza in Cavalleria rusticana oder Tosca) bekannt war, die aber wiederum nicht über die virtuosen Belcanto-Fähigkeiten der Callas verfügten.
 
 »Die größte Schauspielerin nach Eleonora Duse« (Visconti)
 
Überhaupt ist vielleicht in der schauspielerischen Leistung der Callas das hauptsächliche Verdienst ihrer künstlerischen Karriere zu suchen. Sie identifizierte sich derart mit den dargestellten Figuren, dass das Publikum mit den Rollenfiguren mitlitt; Maria Callas ließ das Publikum ihre Bühnenemotionen mitempfinden. Und so lässt sich auch der in Kritiken immer ähnlich wiederkehrende Satz verstehen: »Sie singt nicht die Partie der Tosca, sie ist Tosca.«
 
Für viele ist daher ihre Interpretation der Norma, Violetta oder Tosca auch ultimativ geblieben, und es fällt ihnen schwer, andere in diesen Rollen zu akzeptieren. Eine berühmte Kollegin der Callas, Elisabeth Schwarzkopf, zog, nachdem sie die Callas 1951 in Parma in La Traviata erlebt hatte, die Konsequenz: »Es hat keinen Sinn, dass ich diese Rolle je wieder singe.« Nicht nur, dass das Publikum jede Sängerin nach der Callas zwangsläufig an ihr messen musste — vielmehr machte sie alle »Vorgängerinnen im Amt« vergessen und ihr Publikum glauben, der jeweilige Komponist habe die entsprechende Partie für sie geschrieben.
 
 Die »große, hässliche Stimme« (Serafin)
 
Dem Bemühen der Sängerin, das Drama auf die Bühne zu bringen, ihre Figuren emotional zu vermitteln, musste zuweilen auch ihre Stimme bzw. deren Schönklang »geopfert« werden, und sie scheute dabei selbst extreme körperliche Belastungen und Gefahren nicht. Davon, dass ihr Ausdruck und dramatische Wahrheit über konventionelle Schönheit der Stimme gingen, wird schon aus ihren ersten Jahren an der Athener Oper berichtet. Noch zu ihren Lebzeiten gab es bereits die ersten Imitatorinnen, die von dem Glanz der berühmten Diva profitieren wollten, indem sie die von der Callas bewusst um der Dramatik willen eingesetzten Effekte, also lediglich die auf den eigentümlichen Klang reduzierte Stimme, zu kopieren versuchten.
 
 Die Perfektionistin
 
Dem totalen stimmlichen wie darstellerischen Einsatz der Callas entspricht ihre Suche nach Perfektion bei den Proben für Aufführungen wie für Schallplattenaufnahmen. Bei der legendären Aufnahme von Puccinis Tosca musste allein der Satz »E avanti a lui tremava tutta Roma« (»Vor ihm [dem Polizeichef Scarpia, den Tosca gerade erdolcht hat] zitterte ganz Rom«), der nicht einmal gesungen, sondern gesprochen wird, dreißig Minuten lang wiederholt werden, bis die Callas einverstanden war. Ähnlich konsequent war sie auch in der Wahl ihrer Regisseure. Für eine Produktion von Gasparo Spontinis La Vestale 1954 an der Mailänder Scala bestand sie etwa auf dem im Opernbetrieb bisher wenig arrivierten Visconti, mit dem sie daraufhin einige ihrer eindrucksvollsten Aufführungen schuf. Neben der Kongenialität im Beleben theatraler Figuren zeichneten sich Viscontis Inszenierungen durch Bezüge zur bildenden Kunst und zur Theatergeschichte aus. In Bellinis Sonnambula erschien die Callas als Reinkarnation der romantischen Ballerina Maria Taglioni. Und in seiner Traviata-Inszenierung versuchte Visconti, wie er schreibt, »sie ein wenig zur Duse zu machen,. .. ein wenig zur Bernhardt.« Für die — vielleicht mit Ausnahme des Neu-Bayreuther Stils eines Wieland Wagner — verkrusteten Traditionen der Opernregie, der Reduktion des Musiktheaters auf die pure Musik, bedeutete ihre Art der Operndarstellung in gewisser Weise eine Revolution. Callas' »Modernität« hinsichtlich einer eigenständigen Opernregie ging jedoch nur so weit, wie es sich noch um eine emotionale Identifikation mit der darzustellenden Gestalt drehte. Sowie aber eine intellektuelle Auseinandersetzung bzw. eine Abstrahierung des Stoffes gefordert wurde wie in Viscontis Inszenierung der gluckschen Iphigenie 1957, beharrte sie darauf, das Drama der Griechin darzustellen, und wehrte sich gegen Viscontis antirealistische, stilisierende Deutung in den Gewändern von Tiepolo-Gemälden. Auch beim Repertoire beschränkt sich ihre »Modernität« auf die Ausgrabung vergessener Werke; mit Ausnahme einer kleinen Rolle am Anfang ist Maria Callas nie in einer Oper des 20. Jahrhunderts aufgetreten.
 
 Die »Skandalprimadonna«
 
Der stetig wachsende künstlerische Ruhm der Callas ging einher mit einer verstärkten Aufmerksamkeit seitens der Boulevardpresse und der Geburt der Legende von der Skandalprimadonna. Wie kaum ein Opernsänger vor oder nach ihr war Maria Callas — häufig sogar in erster Linie — Person öffentlichen Interesses. Was immer die Sängerin auch tat, es musste publicityträchtig aufbereitet werden. Der Abbruch einer Norma-Vorstellung 1958 in Rom unter Anwesenheit des italienischen Staatspräsidenten wurde zum nationalen Affront stilisiert. »Hat der Riesenkrach der Callas geschadet? Im Gegenteil: Die Schlagzeilen. .. festigten nur die Fama der Skandalprimadonna und schraubten ihren Preis in die Höhe. Diese tolle Frau, die einen Staatspräsidenten sitzen ließ, musste man einfach einmal gehört und gesehen haben, koste es was es wolle.« In das Klischee des laut einer Ausgabe des Spiegel von 1957 »bei weitem launischsten und herrischsten weiblichen Wesens, das seit Kriegsende den Opernintendanten zu schaffen macht« fügt sich auch die zum Duell zwischen der »sanften Taube« und der »Tigerin« aufgeblasene Animosität der beiden Sängerinnen Renata Tebaldi und Maria Callas — berichtet wurde von anonymen Drohanrufen vor den jeweiligen Premieren und bezahlten Claqueuren. Unstimmigkeiten zwischen der Callas und den Intendanten sowohl der Mailänder Scala als auch der Metropolitan Opera führten 1958 zum Bruch mit beiden Häusern, woraufhin die Presse den Mailänder Intendanten Antonio Ghiringhelli mit den Worten »Die Primadonnen gehen, die Scala bleibt« zitierte und die Schlagzeile »Bing feuert die Callas« um die ganze Welt schickte. Ihre Nachtklubbesuche in Begleitung von Onassis und die von der Klatschkolumnistin Elsa Maxwell für die Callas organisierten Feste und Bälle wurden mittlerweile heftiger diskutiert als ihre Bühnenauftritte, und dieses Image sollte die Künstlerin nie mehr ganz loswerden.
 
 Reflexionen über das Phänomen
 
Doch der publizistische Niederschlag des Phänomens Callas blieb nicht auf die Boulevardpresse beschränkt. Neben Ingeborg Bachmann, die eine Hommage an die Sängerin verfasste, findet sich auch in der von Jean-Paul Sartre herausgegebenen Zeitschrift Les Temps Modernes 1959 ein Artikel von René Leibowitz, der »Das Geheimnis der Callas« zu fassen versucht. Auf ganz andere Weise gingen drei Künstler der jüngeren Vergangenheit mit dem Phänomen Callas um; sie erkoren die Sängerin zum Thema von Ballettchoreographien und einem Theaterstück. 1980 hatte Maurice Béjarts Ballett Casta Diva in Paris Premiere, 1983 schuf Reinhild Hoffmann für das Bremer Tanztheater ein Ballett mit dem Titel Callas, und 1995 wurde in Philadelphia Masterclass von Terrence McNally uraufgeführt (deutsche Erstaufführung als Meisterklasse 1996 in München). Die Skandalfama ist verstummt; den Kampf um ihren Nachruhm hat die Künstlerin gewonnen.
 
Clemens Risi
 
Literatur:
 
Stassinopoulos, Arianna: Die Callas. Aus dem Englischen. Taschenbuchausgabe München 1983.
 
Maria Callas. Aufführungen, Performances, hg. v. herausgegeben von Michael Brix. München 1994.
 Alby, Claire und Caron, Alfred: Maria Callas — ihre Stimme, ihr Leben. (a. d. Frz., ) Aus dem Französischen. Bern 21998; mit CD.
 Allegri, Renzo und Roberto:Callas by Callas. Ein Mythos lebt. Aus dem Italienischen. München 1998.
 Kesting, Jürgen: Maria Callas. Taschenbuchausgabe München 1998.
 
Callas. Gesichter eines Mediums. Beiträge von Attila Csampai, Ingeborg Bachman u. a. Sonderausgabe München 1999.
 Galatopoulos, Stelios: Maria Callas. Die Biographie. Aus dem Englischen. Frankfurt am Main 1999.


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