Значение слова "EVOLUTION: TIERE EROBERN DAS FESTLAND" найдено в 1 источнике

EVOLUTION: TIERE EROBERN DAS FESTLAND

найдено в "Universal-Lexicon"

Evolution: Tiere erobern das Festland
 
Der Zeitpunkt, ab dem sich die ersten landbewohnenden Tiere entwickelt haben, ist ebenso schwierig zu bestimmen wie der für die Landpflanzen. Auch bei den Tieren handelt es sich dabei zum Teil um eine Frage der Definition — beispielsweise darum, ob man Amphibien als Landbewohner oder als Wasserbewohner ansehen möchte. Doch zumindest zwei Dinge lassen sich festhalten. Die dauerhafte Besiedlung des Festlands durch die Tiere kann unmöglich vor den Pflanzen stattgefunden haben, auch nicht gleichzeitig mit diesen, sondern erst nach ihnen. Da die Tiere sich ausschließlich heterotroph, das heißt von andern Organismen ernähren, benötigen sie zum Leben entweder pflanzliche Nahrung, oder sie erbeuten als räuberische Lebewesen Pflanzenfresser. Aus diesem Grund ist es nicht verwunderlich, dass die ersten Anzeichen tierischen Landlebens mindestens 50 Millionen Jahre jünger sind als die ersten Anzeichen einer Landpflanzenbesiedelung.
 
Der zweite Punkt betrifft die erforderlichen Anpassungen. Wie die Pflanzen mussten auch die Tiere evolutionäre Innovationen hervorbringen, um im Medium Luft leben zu können. Entscheidend ist hierbei die Luftatmung, die in den verschiedenen Tiergruppen, die das Wasser als Lebensraum verließen, zu jeweils ganz andern Konzepten führte. Nahezu ebenso wichtig ist die Fortbewegung.Auch in dieser Hinsicht zeichnen sich die tierischen Landbewohner durch eine erstaunliche evolutionäre »Fantasie« aus.
 
Im Oberdevon entwickelten sich aus der Gruppe der Quastenflosser — die als Fische der andern großen Gruppe der Fische, den Strahlenflossern, unterlegen waren — mit den Amphibien die einfachsten Landwirbeltiere.
 
 Nachzug mit Verzögerung
 
Bereits 1877 erkannte der Berliner Paläontologe Ernst Weiss, dass die tierische Entwicklung der pflanzlichen hinterherhinkte, und zwar im Abstand von 30 bis 50 Millionen Jahren. Möglicherweise handelt es sich dabei um eine Gesetzmäßigkeit in der Natur, denn eine ähnliche Nachfolge gab es auch vor 120 Millionen Jahren, als die erdmittelalterliche Pflanzenwelt aus Nacktsamern wie Nadelbäumen, Cycadeen, Bennettiteen, Ginkgobäumen und Farnen von der modernen Pflanzenwelt der Bedecktsamer in der Mitte der Kreidezeit abgelöst wurde. Auch auf diesen Umbruch in der Pflanzenwelt folgte 50 Millionen Jahre später mit der Radiation, das heißt der schnell sich vervielfachenden Entwicklung neuer Gattungen und Arten, bei den Säugetieren und Vögeln ein ähnlich tief greifender Umbruch in der Tierwelt.
 
Ähnlich wie bei den Pflanzen dürfte die Eroberung des Festlands durch die Tiere kein punktuelles Ereignis gewesen sein. Vielmehr waren es auch bei den Tieren Wasserbewohner, die zunächst zeitweilig den Schritt aufs Land wagten. Bis heute gibt es mit den Amphibien und vielen Insekten Lebewesen, die in beiden Elementen gleichermaßen heimisch sind. Libellen beispielsweise leben als räuberische Larven fünf Jahre im Wasser und nur wenige Sommermonate als geflügelte Insekten in der Luft.
 
Die ersten »Gehversuche« zumindest zeitweilig an Land lebender Tiere sind in den bereits beschriebenen Gesteinen von Rhynie in Schottland dokumentiert. Neben den einzigartig erhaltenen Ur-Landpflanzenresten fand man dort auch chitinöse Reste teils im Süßwasser, teils schon nicht mehr im Wasser lebender kleiner Gliederfüßer (Arthropoden).
 
Vom Kambrium an war das Meer der Lebensraum für Arthropoden, doch spätestens seit dem Unterdevon bildeten sie fast gleichzeitig mit den ersten Ur-Landpflanzen eine »amphibische« Lebensgemeinschaft. Sie ernährten sich von kleinen Algen, Pilzen und zerfallenden Pflanzenteilen und wurden im Oberdevon schließlich selbst Nahrung für die ersten im Brackwasser, dann im Süßwasser und zeitweilig an Land lebenden Wirbeltiere.
 
Die Funde von Rhynie offenbaren eine erstaunliche Vielfalt an Arthropoden-Gruppen. So fand man dort niedere Krebse der Ordnung Phyllopoda — zu ihnen zählen heute die Wasserflöhe —, erste Spinnen (Trigonotarbiden) und Milben sowie mit den Springschwänzen (Collembolen) sogar die ersten flügellosen Insekten. Ähnliche, fast ebenso alte Lebensgemeinschaften (Biozönosen) aus Arthropoden kennt man von Alken an der Mosel und aus oberdevonischer Zeit von Gilboa im US-Bundesstaat New York.
 
Man nimmt an, dass bereits vorher, im oberen Silur die ersten Arthropoden das Festland aufsuchten, doch fossile Belege hierfür fehlen oder lassen sich nicht schlüssig interpretieren. Von einer Eroberung des Lands durch die Arthropoden kann man nicht sprechen, aber ebenso wie erste Pilze zusammen mit den ersten Ur-Landpflanzen in Rhynie auftauchen, haben auch diese kleinen Arthropoden ihren bescheidenen Anteil an den ersten Landpflanzen-Gemeinschaften.
 
Viele wirbellose Stämme haben demgegenüber das Meer niemals verlassen. So leben die Armfüßer (Brachiopoden), die Kopffüßer (Cephalopoden) und die Stachelhäuter (Echinodermen) bis heute ausschließlich marin. Andere Gruppen haben sich zwar an das Süßwasser angepasst, so etwa Einzeller, Muscheln, Schnecken, Krebse, Würmer, einige wenige Süßwasserschwämme, Süßwasserhohltiere und die Süßwassermoostierchen. Aber nur zwei Stämme, die Arthropoden und die Mollusken haben Entwicklungen hervorgebracht, die ganz an ein Leben an Land angepasst sind. Unter den Mollusken waren es diejenigen Schnecken, die sich zu Lungenschnecken (Pulmonata) entwickelt haben, und unter den Arthropoden sind es neben den zu den Höheren Krebsen zählenden Asseln (Isopoda), die Tausendfüßer (Myriapoda), die Insekten und die Spinnen.
 
 Verschiedene Methoden der Luftatmung
 
Die wichtigste Innovation für einen erfolgreichen Landgang der Tiere war die Fähigkeit, Luft zu atmen. Praktisch alle ursprünglichen Tiergruppen, die das Land besiedelten, schlugen dafür eigene evolutionäre Wege ein. So kommt es, dass man bei den Atmungsorganen ausgesprochen viele Beispiele für konvergente Entwicklungen findet.
 
Das Problem der Luftatmung lösten die Arthropoden auf eine ganz spezifische Weise. Sie verfügen mit den Tracheen über röhrenförmige Strukturen, die mit einer Pore in der äußeren Chitinhülle beginnen und den Sauerstoff dann direkt ins Körperinnere zum Gewebe führen. Der Sauerstoff folgt dabei einfach dem Konzentrationsgefälle ins Gewebe, wo er verbraucht wird. Tracheen gab und gibt es bei Insekten, Spinnen, Stummelfüßern (Onychophora) und den Landasseln. Dass die Tracheenatmung in grundverschiedenen Arthropodenstämmen auftritt, ist nur als konvergente Entwicklung vorstellbar. Sie muss zu verschiedenen Zeiten entstanden sein.
 
Die kambrischen Stummelfüßer wie Xenusion und Aysheaia, die im flachen Meerwasser lebten, hatten bestimmt noch keine Luftatmung. Rezente Stummelfüßer, die an der Luft leben, haben wiederum mehrere Tracheen pro Quadratmillimeter. Sie müssen mit dem Wechsel des Lebensraums entstanden sein, mangels fossiler Funde weiß man jedoch nicht wann.
 
Möglicherweise waren die Tausendfüßer die ersten Tiere des Festlands, die Luft atmeten. Die wurmförmigen, meist nur wenige Millimeter großen Gliederfüßer atmen mit paarweise angeord- neten Tracheen, die sich am Beinansatz befinden. Am deutlich abgesetzten Kopf befindet sich ein Paar Fühler (Antennen), das dem der Insekten und Krebse entspricht, also eine homologe Entwicklung darstellt. Heute gibt es von den Tausendfüßern mehr als 10 000 Arten.
 
Die frühesten Funde fossiler Tausendfüßer stammen möglicherweise aus dem Devon oder sogar aus dem oberen Silur. Allerdings geben diese Funde keinen Aufschluss darüber, ob diese Arten bereits Tracheen hatten. Gut interpretierbare Fossilien fand man aus unterkarbonischer Zeit in Schottland und England, aus oberkarbonischer Zeit (Stufe Westfal D) im tschechischen Nýřany (Nürschan) und im baltischen Bernstein (Eozän).
 
 Röhren und Fächer
 
Unter den rezenten Spinnentieren gibt es Arten mit Röhrentracheen und solche mit Fächertracheen. Für die Fächertracheen gibt es einen Erklärungsansatz, wie diese entstanden sein könnten. Dazu muss man sie mit den Atmungsorganen der Schwertschwänze (Xiphosuren), zu denen auch der Pfeilschwanzkrebs Limulus gehört, vergleichen. Er atmet mithilfe von 150 ausgestülpten horizontalen Kiemenblättern an der Hinterseite seiner fünf blattförmigen Extremitätenpaare. Skorpione und Spinnen bilden auf der Hinterseite der embryonalen Gliedmaßenanlagen entsprechende Atmungsorgane aus. Diese sind jedoch nicht aus-, sondern eingestülpt. Gemäß ihrer terrestrischen Lebensweise entstehen daraus die mit Chitin ausgekleideten Atemtaschen und Fächertracheen. Sie verhalten sich zu den Limulus-Kiemen gewissermaßen wie das Negativ zum Positiv. Während bei Limulus die Hinterleibsbeine mit den Kiemen zeitlebens als große Körperanhänge erhalten bleiben, verlagern sich die embryonalen Beinanlagen der Skorpione und Spinnen mit den Fächertracheen in eine tiefe Hautgrube.
 
Neben diesen streng lokalisierten, segmentierten Atmungsorganen gibt es bei den Spinnen auch die Röhrentracheen, die am ganzen Körper zu finden sind. Einige lassen sich aus Fächertracheen ableiten, andere sind aber Neubildungen. So gibt es baumartig verzweigte und unverzweigte Luftröhren. Dünnhäutigen Zwergformen unter den Spinnentieren wie vielen Milben fehlen diese Atmungsorgane ganz.
 
Im Unterdevon der Gedinne-Stufe von Rhynie in Schottland fand man neben den Ur-Landpflanzen auch winzig kleine Spinnen, etwa Palaeocharinus mit den ältesten nachgewiesenen Fächertracheen, und eine erste, Pflanzen fressende Milbe (Protocarus) sowie flügellose Ur-Insekten. 1996 entdeckte man bei einer Untersuchung von geöffneten Sporangien an und in diesen Strukturen winzige Spinnen (Trigonotarbiden), die sich offenbar vom Eiweiß unreifer Sporen und von den Tapetenzellen der Sporangienwand ernährten. Bis zu drei Millimeter große Reste von Spinnen fand man 1991 in Gesteinen des Rheinischen Schiefergebirges, die aus dem Unterdevon der Ems-Stufe stammen. Die Tiere wurden in einer brackig-marinen Umgebung abgelagert. Über etwaige Atemöffnungen geben diese Funde allerdings ebenso wenig Aufschluss wie jene aus karbonischer Zeit, die etwas häufiger sind. Aus dem Oberkarbon gibt es vereinzelt fossile Spinnen, die noch auf dem Laub von Farnbäumen sitzen.
 
Unter den Asseln leben heute nur wenige Arten auf dem Land, etwa die Kellerassel oder die Mauerassel, die man unter Steinen oder in Höhlen findet. Die meisten der rund 1300 rezenten Assel-Arten leben im Meer oder vereinzelt auch als Bohrasseln an Holzpfählen, als Schmarotzer an Fischen oder zwischen Pflanzenresten im Süßwasser. Vereinzelte fossile Reste der zu den Höheren Krebsen (Malacostraca) zählenden Asseln kennt man erst seit dem Oberkarbon, dem oberen Perm und der Trias. Es handelt sich bei den Tieren dieser Funde ausschließlich um Meeres- und Brackwasserbewohner. An Land sind die Asseln wahrscheinlich erst in späterer Zeit gegangen. Belegt sind fossile Landasseln im Bernstein der Dominikanischen Republik aus dem Oligozän.
 
 Schnecken besiedeln das Land im Schneckentempo
 
Erst spät und nur unvollkommen gelang den Schnecken, und unter ihnen den Lungenschnecken, der Landgang. Sogar ihre heutige Lebensweise lässt noch erkennen, dass sich die Schnecken in ihrem neuen Lebensraum schwer taten. So verliert etwa eine Wegschnecke 19 % ihres Gesamtgewichts an Wasser, wenn sie eine Stunde lang im Schatten bei 24 ºC und Windstille umherkriecht. Deshalb halten sich fast alle Schnecken tagsüber unter Steinen, Blättern oder in Löchern auf und kriechen nur bei Regen oder nachts hervor.
 
Schnecken atmen normalerweise über die Haut und über federförmige Kiemen, die mit der Decke der Mantelhöhle verwachsen sein können. Bei den landlebenden Lungenschnecken ist an die Stelle der Kiemen ein verzweigtes Netz von Blutkapillaren im Mantelhöhlendach als »Lunge« getreten. Gleichzeitig verwächst der Rand der Mantelhöhle bis auf ein verschließbares Atemloch mit der Körperwand. Der konvex gewölbte, reich mit Muskelfasern unterlagerte Boden der Lungenschnecke hebt und senkt sich ähnlich wie das Zwerchfell der Wirbeltiere. Beim Senken öffnet sich das Atemloch und das Tier saugt Luft ein. Danach schließt sich das Atemloch wieder. Durch das Aufwölben des Höhlenbodens steigert etwa die Weinbergschnecke (Helix pomatia) den Druck ihres Atemraums um 1/25; dadurch kann sie den Sauerstoff schneller ein- und anschließend das Kohlendioxid leichter wieder ausatmen.
 
Die Gattung Helix existiert seit der Oberkreidezeit. Die ältesten fossil überlieferten Lungenschnecken stammen aus dem oberen Jura. Möglicherweise handelt es sich bei dem Schneckengehäuse der Gattung Dendropupa ebenfalls um eine Lungenschnecke. Dann wäre die Existenz dieser Landbewohner seit dem Karbon belegt. Auf jeden Fall wagten sich die Lungenschnecken erst 70 bis 100 Millionen Jahre nach den Pflanzen aufs Festland.
 
 Die Insekten erobern den Luftraum
 
Die Insekten erschlossen sich nach der Eroberung des Festlands nicht nur den festen Boden, sondern auch den Luftraum. Bereits in der Steinkohlenzeit des Oberkarbons gibt es libellenartige Rieseninsekten mit einer Flügelspannweite von bis zu 70 Zentimetern. Weitere fossile Libellen fand man im Oberjura des Solnhofener Plattenkalks. Sie erlebten dann in der kreidezeitlichen Bedecktsamer-Pflanzenwelt eine erneute Evolution, die nun schon 120 Millionen Jahre anhält. So bilden die rezenten Libellen mit 6000 Arten eine erfolgreiche Gruppe.
 
Auf den bisher ältesten fossilen Insektenflügel stieß man bei einer geologischen Bohrung in der Nähe von Bitterfeld; er stammt aus den obersten Schichten des Unterkarbons. Sogar vollständig fossil erhaltene geflügelte Insekten fand man in den unteren Schichten des Oberkarbons (Namur B) bei Hagen-Vorhalle in Nordrhein-Westfalen. Diese Fluginsekten sind 15 bis 20 Zentimeter groß.
 
Während die flügellosen Ur-Insekten (Springschwänze) und die ersten Spinnen (Trigonotarbiden) fast gleichzeitig mit den Landpflanzen auftreten, sind die geflügelten Insekten erst 70 Millionen Jahre später nachzuweisen. Eine schlüssige Erklärung, wie sich vor 335 Millionen Jahren der Flugapparat der Insekten mit den von Muskeln bewegten Hautausstülpungen an den Brustkörpersegmenten entwickelt hat, fehlt noch.
 
Vielleicht bildeten sich bei den altertümlichen Insekten zunächst flügelartig vergrößerte Hautauswüchse, die gar nicht zum Fliegen dienten, sondern mit denen sich die Tiere Luft in der damals tropischen, feuchtheißen Äquatorregion zufächelten. Fossil sind solche »Kühlungsfächer« indes nicht überliefert. Für diese Deutung spricht allerdings die Art, wie der Insektenflügel bewegt wird und wie die Flugmuskulatur ansetzt. Die Flugmuskeln erstrecken sich über den gesamten Brustabschnitt und setzen nicht direkt an den Flügeln, sondern an den Rücken- und Bauchschilden an. Die dorsoventralen und die Längsmuskeln kontrahieren sich nun beim Flug alternierend. Dadurch verformen sich die Chitinplatten, die wiederum passiv die Flügel mitbewegen. Dank diesem Flugapparataufbau werden die Tracheen gut belüftet.
 
Steinkohlenzeitliche Funde zeigen neben Insekten mit zwei Flügelpaaren, wie sie die heutigen Libellen tragen, auch solche mit einem gelenkig befestigten Vorflügelpaar (Prothorakal-Flügel). Bei gleich alten Funden von Nymphen, dem letzten Entwicklungsstadium der Insekten, kann man an den ersten neun Segmenten des Hinterleibs gut entwickelte Kiementracheen erkennen. Fossile Schaben (Blattodea) sind aus dem Oberkarbon belegt. Ein schwer zu interpretierender Fund eines Insektenkopfs, den man bereits in den unterdevonischen Gesteinen von Rhynie fand, könnte ebenfalls von einer Schabe stammen. Dann würde diese Gruppe sogar zu den Pionieren unter den landlebenden Insekten gehören. Nur von der heute an der Artenzahl gemessen erfolgreichsten Insektengruppe, den Käfern, gibt es auf dem Land noch lange keine Spur. Sie sind erst seit dem Perm fossil belegt.
 
 Zeitalter der Fische
 
Der Schwerpunkt dieses Textes liegt verständlicherweise auf der Entwicklung des Lebens an Land, doch das bedeutet nicht, dass sich in den marinen Lebensräumen während des Devons und des Karbons evolutionär nichts getan hat. Im Gegenteil, die marinen Organismen weiteten während dieser Zeit ihre Lebensräume aus; sie besiedelten nun nicht mehr nur die küstennahen Flachmeere, sondern drangen immer weiter in küstenferne Hochseeregionen vor. Eine besonders stürmische Entwicklung erlebten die Fische. Aus diesem Grund haben manche Paläontologen das Devon auch als das »Zeitalter der Fische« charakterisiert.
 
Im oberen Kambrium und im Ordovizium entwickelten sich mit den Kieferlosen, den Agnathen, die ältesten Wirbeltiere der Erdgeschichte. Gleichzeitig sind die fischartigen Agnathen auch die Vorläufer der Fische. Sie besitzen, wie der Name sagt, keinen Kiefer und ernähren sich von im Wasser schwimmenden Kleinstlebewesen. Mit dem Maul nehmen sie das Wasser auf, filtrieren es und scheiden es über die Kiemen wieder aus. Als Stützachse verfügen sie bereits über ein Skelett aus gegliederten Wirbeln. Aufgrund ihrer unpaarigen Flossen sind sie jedoch nur träge Schwimmer, die in Bodennähe Nährstoffe mit dem Wasser einschlürfen.
 
Im Silur entwickelten sich aus den Agnathen die Knochenhäuter (Placodermi). Ähnlich wie bei den Agnathen sind ihr Kopf und die vordere Rumpfpartie meist mit Knochenplatten besetzt. Diese bildeten eine mächtige Panzerung, weshalb man sie auch Panzerfische nennt. Irgendwann im Devon setzte bei diesen noch ursprünglichen Fischen eine entscheidende Entwicklung ein: Aus dem vorderen Kiemenspaltenpaar entwickelte sich ein Kiefer, außerdem wurden die Flossen paarig. Beide Entwicklungen verbesserten die Überlebenschancen dieser ausschließlich räuberisch lebenden Fische erheblich. Dank der paarigen Flossen wurden sie zu schnellen, gut manövrierfähigen Schwimmern, und mit ihrem Zähne und Schneideplatten tragenden Kiefer konnten sie die Beute gut packen und zerkleinern. Aus den Panzerfischen entwickelten sich im Devon und Karbon die Vorläufer zweier weiterer Fischgruppen: die Knorpelfische, zu denen die Haie und Rochen gehören, sowie die Strahlenflosser, aus denen später die große Gruppe der modernen Knochenfische (Teleostei) hervorgegangen ist.
 
Ebenfalls im Devon, etwa vor 350 Millionen Jahren, tauchte schließlich eine dritte Fischgruppe auf, die der Fleisch- oder Muskelflosser mit den beiden Ordnungen der Quastenflosser (Crossopterygier) und der Lungenfische (Dipnoi). Zunächst vermuteten Paläontologen, die Lungenfische könnten die Stammform der Amphibien und damit der ersten zumindest teilweise an Land lebenden Wirbeltiere sein.
 
Die heutigen, im Süßwasser lebenden Lungenfische, die sich übrigens nur wenig von ihren devonischen Vorfahren unterscheiden und daher als lebende Fossilien gelten können, schaffen es, dank ihrer primitiven »Lunge« Trockenzeiten zu überdauern. Fällt der Fluss oder See, in dem sie leben, über längere Zeit trocken, graben sie sich in den Schlamm ein und schützen sich mit einem schleimigen Kokon vor Austrocknung. Ihre Schwimmblase weist an der Innenseite zahlreiche Falten auf, sodass die Oberfläche stark vergrößert ist. Da die Schwimmblase von einem Kapillarnetz feinster Blutgefäße umschlossen ist, können die Lungenfische auch an der Luft atmen. Diese Fähigkeit schien die Lungenfische als Ahnen der Amphibien zu empfehlen. Doch zahlreiche Unterschiede — etwa bezüglich der Zahnformen beider Gruppen — zeigten deutlich, dass diese stammesgeschichtliche Deutung falsch sein muss. Von den Lungenfischen ausgehend hat sich niemals eine echte landlebende Tiergruppe entwickelt.
 
 Von den Quastenflossern zu den Tetrapoden
 
Bei der zweiten Ordnung der Muskelflosser, den Quastenflossern, wurden die Paläontologen schließlich fündig. Die Quastenflosser bilden zwei Unterordnungen. Die erste sind die Hohlstachler (Coelacanthini). 1938 entdeckte man einen letzten lebenden Vertreter dieser urtümlichen Fischgruppe, den Komoren-Quastenflosser Latimeria chalumnae an der Ostküste Afrikas in der Straße von Moçambique, ein lebendes Fossil aus devonischer Zeit. 1998 wurde ein Vertreter dieser Art auch nördlich der indonesischen Insel Celebes gefangen.
 
Bei den Quastenflossern deutet sich der Umbau der Flossen in die Gliedmaßen der Tetrapoden, mit denen sich diese an Land fortbewegen konnten, bereits an. Die lappige Flosse der Quastenflosser setzt nicht mehr mit der gesamten Breite am Rumpf an, sondern bildet rumpfseitig nur einen Stiel. Schaut man sich den Aufbau der knöchernen Versteifungen im Flosseninnern an, so ist bereits die Längsachse und die Fünfstrahligkeit zu erkennen, die später zu den fünf Zehen führt, die die meisten Vierfüßer auszeichnet. Aufgrund dieser Parallele schienen nun die Hohlstachler die gesuchte Ausgangsform der vierfüßigen Landwirbeltiere zu sein. Doch auch diese Deutung erwies sich als falsch.
 
1931 stießen Forscher einer Grönland-Expedition auf fossile Wirbeltiere aus dem Devon, die sie Ichthyostega nannten. Die Tiere besaßen einerseits einen Fischschwanz, hatten aber anderseits vier Beine. Über die Zahl der Zehen besteht bis heute Unklarheit. Der Schädel dieser Tiere zeigte zum einen ein deutliches Schädeldach, also ein typisches Fischmerkmal. Anderseits waren Nasenöffnungen (Choanen) und ein Nasenrachenraum vorhanden, außerdem besaßen die Tiere paarige Lungensäcke, waren also Luftatmer. Die Wirbelkörper waren stark verknöchert. Das Skelett eignete sich also als tragende Stütze beim Gehen an Land oder im seichten Wasser.
 
Dieser Fund wurde zum Schlüssel für den Ursprung der vierfüßigen Landwirbeltiere (Tetrapoden), und er entschied auch die Frage, aus welcher Quastenflosser-Linie sich diese Tiere entwickelt haben mussten. Denn unter der zweiten Unterordnung der Quastenflosser, sie besitzt nur den zoologischen Namen Rhipidistia, gibt es einige Vertreter, die den Ichthyostega deutlich näher stehen als die Hohlstachler, denen beispielsweise die Nasenrachenöffnungen und die Nasenöffnungen fehlen.
 
So gilt etwa die rhipidistische Gattung Eusthenopteron als Vorläufer von Ichthyostega. Die Zähne beider Gruppen gleichen sich nicht nur in äußeren Merkmalen, sogar ihr Feinbau stimmt überein. Aufgrund des stark gefalteten Zahnbeins gab man den ursprünglichsten Tetrapoden den Namen Labyrinthodontia (Labyrinthzähner). Mit Ichthyostega hatte man das Missing Link zwischen den Quastenflossern und den Tetrapoden gefunden.
 
Die Ur-Amphibien waren aber mit Sicherheit keine Eroberer des Festlands. Vielmehr dienten ihre evolutionären Innovationen wie die Lungenatmung und die Vierfüßigkeit lediglich dem Zweck, Trockenperioden zu überstehen, wie es auch die heute noch lebenden Lungenfische tun. Lungenfische harren allerdings nur passiv aus und müssen auf die nächste Regenzeit warten. Tiere wie Ichthyostega konnten hingegen aktiv neue Gewässer aufsuchen. Sie retteten sich an Land, nicht um darauf zu leben, sondern um neue Feuchtbiotope aufzusuchen. Die Tetrapoden des Oberdevons und des Karbons lebten zwar mit Lungen, aber ihre Larven lebten — und leben bei den rezenten Amphibien bis heute — mit Kiemen im Süßwasser, waren also für einen wesentlichen Teil ihres Lebens Wassertiere. Die Amphibien waren und sind »doppellebig« — genau dies bedeutet auch das griechische »amphibios«.
 
 Der späte Auftritt der Reptilien
 
Die ersten, vom amphibischen Leben unabhängigen Wirbeltiere, die beispielsweise auch ihre Eier auf dem Land legen, sind die Reptilien. Sie dürfen unter den Wirbeltieren gleich in mehrfacher Hinsicht als die wahren Eroberer des Festlands gelten. Sie entwickelten nicht nur alle weiteren Anpassungen, die für ein dauerhaft terrestrisches Leben unabdingbar sind, wie etwa das Keratin-Kleid, das sie vor Austrocknung schützt. Sie prägten mit ihrer Formenvielfalt das tierische Leben mehrerer Perioden bis zur Katastrophe an der Grenze zwischen der Kreide und dem Tertiär. Unter ihnen befinden sich auch die Ausgangsformen der Säugetiere und der Vögel.
 
Die geologisch ältesten Reptilien, die Stammreptilien (Cotylosaurier), treten erstmalig im Oberkarbon und im Perm auf. Ihre eigene stammesgeschichtliche Herkunft ist bis heute nicht befriedigend geklärt. Auf jeden Fall treten die Reptilien ihren »Landgang« erst 100 Millionen Jahre nach dem Auftauchen erster Ur-Landpflanzen an.
 
Prof. Dr. Rudolf DaberSaurier: Warum starben sie aus?
 
Grundlegende Informationen finden Sie unter:
 
Kambrium: Die Lebenswelt im Kambrium
 
Evolution: Pflanzen erobern das Festland
 
Literatur:
 
Erdgeschichte im Rheinland. Fossilien und Gesteine aus 400 Millionen Jahren, herausgegeben von Wighart von Koenigswald und Wilhelm Meyer. München 1994.
 
Die Evolution der Zähne, herausgegeben von Kurt W. Alt und Jens C. Türp. Berlin u. a. 1997.
 Müller, Arno Hermann: Lehrbuch der Paläozoologie. 3 Bände in 7 Teilen. Jena u. a. 2-51985-94.
 Ziegler, Bernhard: Einführung in die Paläobiologie. 3 Bände. Stuttgart 1-51991-98.


T: 37