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AB URBE CONDITA: DIE RÖMISCHE GESCHICHTSSCHREIBUNG

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ab urbe condita: Die römische Geschichtsschreibung
 
Die Form der jahrweisen Darstellung von Geschichte, »Annales«, leiteten die Römer von den Holztafeln des Pontifex maximus, des obersten Priesters, ab, der auf ihnen jährlich besondere Ereignisse verzeichnete; es konnte jedoch mit diesem Wort jedes Geschichtswerk bezeichnet werden. Mit der griechischen Bezeichnung »Historia« wurde eher die Darstellung selbst erlebter Ereignisse verbunden. Zunächst boten nur die Epiker zusammenhängende Berichte von römischer Geschichte in lateinischer Sprache. Die Prosadarstellungen waren griechisch abgefasst, bedingt durch das Publikum, an das sich diese Prosa wandte: Als Rom nach dem Ende des zweiten Punischen Krieges seine Macht in den hellenistischen Osten ausdehnte, vertraten römische Senatoren Roms Politik den Griechen gegenüber und bedienten sich dazu der Mittel, die ihnen die zeitgenössische griechische Geschichtsschreibung bot. Ihr erster Vertreter war der Senator Quintus Fabius Pictor, der im zweiten Punischen Krieg als römischer Gesandter nach Delphi geschickt worden war. Diese Senatoren dürften in ihren Werken, die man als ältere Annalistik zusammenfasst, die Gründung Roms ausführlicher, die Jahre der älteren Republik gedrängter, ihre eigene Zeit aber wieder eingehender behandelt haben.
 
Die erste Prosadarstellung römischer Geschichte in lateinischer Sprache ist ein Alterswerk des älteren Cato, der 149 v.Chr. starb; in seinen »Origines« (»Ursprüngen«), folgte er formal den griechischen Werken über Städtegründungen und beschrieb entsprechend die Geschichte italischer Städte, in der Hauptsache aber die von Rom. Dabei schilderte er große Taten als Beweis der Tüchtigkeit des römischen Volkes und nannte deshalb keine Namen. In der sprachlichen Gestaltung schloss er sich jedoch den römischen Epikern an; darin zeigt die römische Geschichtsschreibung auch in der Folgezeit immer eine Nähe zum Epos. Einen Sonderfall stellt Coelius Antipater dar; er verfasste eine - verlorene - Monographie, die nur den zweiten Punischen Krieg zum Inhalt hatte und von Anstößen des Geschehens aus göttlichem Bereich erzählte. Einen ganz anderen Ansatz hatte Sempronius Asellio um 100 v. Chr., den man zum Scipionenkreis rechnet und der von dem griechischen Historiker Polybios beeinflusst unter »Historia« eine Darstellung verstand, die durch rationales Aufzeigen der Gründe und politischen Methoden den Leser belehrt. Ins 1. Jahrhundert v. Chr. gehören die »jüngeren Annalisten«; die Lücken der Überlieferungen aus der Zeit der älteren Republik füllten sie mit Ergänzungen aus, die von den politischen Streitigkeiten ihrer eigenen Zeit geprägt sind.
 
Die ersten als zusammenhängende Texte überlieferten Geschichtsdarstellungen in lateinischer Sprache sind die Schriften des Gaius Iulius Caesar über seinen Krieg in Gallien (»Bellum Gallicum«) und über den Bürgerkrieg (»Bellum civile«). Sie wurden von den Zeitgenossen als »Commentarii« bezeichnet, worunter man den Sachbericht eines Beamten verstand; sie heben sich von der üblichen römischen Geschichtsschreibung durch ihre ausgefeilte Schlichtheit ab; sie können sich aber an für Caesars Interessen wichtigen Stellen zu anspruchsvoller Form erheben. Wenige Jahre nach Caesars Ermordung entstanden die Werke des Sallust, der zur Zeit Caesars seine politischen Erfahrungen gemacht hatte: »Catilinae coniuratio« (»Die Verschwörung des Catilina«) und »Bellum Iugurthinum« (»Der Krieg gegen Jugurtha«) sind von ihm ganz erhalten. Er folgte in Stil und moralischer Bewertung dem älteren Cato. In beiden Monographien zeigt Sallust exemplarisch den krassen Verfall der politischen Moral in Rom.
 
Unter Augustus verfasste dann Livius die 142 Bücher seines Werkes »Ab urbe condita« (»Von der Gründung der Stadt [Rom] an«); davon sind 35 Bücher erhalten, darunter die Darstellung der Frühzeit Roms und des zweiten Punischen Krieges. In klassischer Zurückhaltung bei der Anwendung der überkommenen Stilmittel bietet er eine vielfältige und reiche Darstellung und schuf so das in der Kaiserzeit gültige Standardwerk. Für ihn ist die große römische Geschichte ein Arsenal für »Exempla«, für schlechte, aber vor allem gute Beispiele römischen Handelns, die ihn die moralischen Schwächen seiner Zeit vergessen lassen. Wertmaßstäbe für die späteren Kaiser setzte auf seine Weise auch Augustus mit seinem in schlichtem Stil verfassten Tatenbericht »Res gestae« (»Tatenbericht«).
 
Sehr kritisch steht allerdings später Tacitus den Kaisern gegenüber, obwohl er unter der von ihm begrüßten Herrschaft des Nerva und Trajan schrieb; ihn hat sicher die Erfahrung der Unterdrückung durch Domitian stark geformt. So steht er in seinem Stil und seinen Bewertungsmaßstäben Sallust viel näher als Livius. In seiner ersten Schrift »Agricola« schildert er die Taten seines Schwiegervaters, der als Truppenführer Roms Machtbereich in Britannien großartig erweitert, aber dadurch Domitians Neid und tödlichen Hass erweckt hatte. Tacitus hat damit eine Biographie verfasst, die sich durch ihre politische Zielsetzung von denen des Cornelius Nepos (1. Jahrhundert v. Chr.) und den gelehrten Kaiserbiographien des Sueton (nach 100 n. Chr.) unterscheidet. Des Tacitus »Historiae« sind dem Dreikaiserjahr und den flavischen Herrschern (69-96 n. Chr.), also selbst erlebter Geschichte, gewidmet; in seinem späteren Werk, dessen Titel wahrscheinlich »Annales« lautete, beschrieb er die julisch-claudische Kaiserzeit ab dem Tode des Augustus bis zu Nero (14-68 n. Chr.). Aus seinen in herbem Stil verfassten Werken spricht der römische Senator, der zwar die Ausbreitung und Festigung römischer Herrschaft lobt, aber vor dem Hintergrund alter römischer Werte moralische Verwerflichkeit, besonders bei den Kaisern, grell beleuchtet. In seinem ethnographischen Werk »Germania« werden die Sitten der Germanen mit denen der Römer kontrastiert. In der Tradition des Tacitus steht im 4. Jahrhundert n. Chr. Ammianus Marcellinus. Eine ebenfalls konservative Tendenz weist um 400 n. Chr. die in der Tradition Suetons stehende »Historia Augusta« (»Kaisergeschichte«) auf.
 
Prof. Dr. Hans Armin Gärtner/Dr. Helga Gärtner
 
Literatur:
 
Dihle, Albrecht: Die griechische und lateinische Literatur der Kaiserzeit von Augustus bis Justinian. München 1989.
 Kähler, Heinz: Rom und seine Welt. Bilder zur Geschichte und Kultur, 2 Bände. München 1958-60.
 
Römische Literatur, herausgegeben von Manfred Fuhrmann u. a. Frankfurt am Main 1974.


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