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HÖREN: WAHRNEHMUNG VON SCHALLWELLEN

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Hören: Wahrnehmung von Schallwellen
 
Die Nervenzellen, die im Hörnerv Erregungen zum Gehirn leiten, haben verschiedene Bestfrequenzen, sind aber sonst vom gleichen Typ. In der weiteren Hörbahn bis zum Großhirn ist das anders. Es gibt dort zwar auch noch Nervenzellen vom Typ der Hörnervenzellen, die meisten aber sind spezialisiert. Die einen melden Anfang und Ende eines Reizes mit jeweils einem oder wenigen Aktionspotenzialen, andere beantworten nur den Anfang und sind danach gehemmt. Es gibt Nervenzellen, die einen Reiz mit einer Folge von kurzen Salven beantworten. Die ersten Nervenzellen, die auf die Reize beider Ohren reagieren, befinden sich in den oberen Olivenkernen im Stammhirn. Von hier an reagieren alle Nervenzellen der Hörbahn auf Reize in beiden Ohren.
 
Nervenzellen des linken Großhirns beantworten überwiegend Schallreize, die von rechts kommen, und werden durch solche von links gehemmt. Die Nervenzellen des rechten Großhirns reagieren entsprechend auf Reize von der jeweils anderen Seite. Viele Zellen der zentralen Hörbahn beantworten einfache Tonreize überhaupt nicht. Sie reagieren nur noch auf spezielle Merkmale der akustischen Reize wie Änderungen der Frequenz, der Amplitude oder bestimmte Kombinationen von Reizmerkmalen. Diese Nervenzellen sind Spezialisten für die komplizierten Eigenschaften der natürlichen akustischen Reize.
 
 Hören und Lernen
 
Die Anordnung der Nervenfasern verändert sich nicht von ihrem Ursprung im Ohr bis zur Großhirnrinde.Benachbarte Nervenzellen im Gehirn melden die Erregungssignale benachbarter Sinneszellen der Schnecke und sind somit cochleotop geordnet (cochlea, lateinisch: Schnecke; topos, griechisch: Ort). Weil die Frequenzen im Ohr nach dem Ortsprinzip codiert werden, ist die cochleotope Anordnung gleichzeitig eine tonotope, das heißt eine Anordnung der Nervenzellen nach der Tonhöhe, die sie melden. Auf der Großhirnrinde gibt es nebeneinander mehrere akustische Felder, die verschiedene Aspekte der Wahrnehmung parallel verarbeiten. Die Eigenschaften der Nervenzellen in diesen Großhirnrindenfeldern wurden mit Mikroelektroden bei verschiedenen Säugetierarten erforscht. Es gibt Unterschiede zwischen den Arten, aber die grundsätzlichen neurophysiologischen Befunde sind vergleichbar: Zellen mit gleicher Bestfrequenz liegen nebeneinander und sind in Streifen angeordnet.
 
Diese Ordnung lässt sich auch mit der FDG-Methode nachweisen. FDG steht für Fluoro-2-Desoxyglucose, einen dem Blutzucker (Glucose) verwandter Stoff. Dieser Zucker wird radioaktiv markiert und in das Blut injiziert. Dann werden die Tiere mit einem einfachen Reiz mit nur einer Frequenz beschallt. Die Nervenzellen, die darauf mit vielen Aktionspotenzialen reagieren, brauchen für ihre Natrium-Kalium-Pumpe viel Energie. Zur Deckung des Bedarfs nehmen sie verstärkt Glucose und damit auch mehr FDG auf, das im Gegensatz zur Glucose nicht abgebaut werden kann. Die Hirnareale, in denen sich FDG anreichert, lassen sich nach dem Tod der Tiere mit der Autoradiographie nachweisen. Das Gehirn wird dazu in Scheiben geschnitten und mit einem Röntgenfilm bedeckt, auf dem die radioaktive Strahlung eine Schwärzung erzeugt, die vermessen wird. Das Verfahren zeigt nach jedem Experiment alle Hirngebiete, die bei der gewählten Reizfrequenz reagiert haben.
 
Untersuchungen mithilfe des FDG-Verfahrens bei einer Rennmaus führten zu einer neuen Erkenntnis. Die Großhirnrinde ändert sich, wenn die Rennmaus etwas lernt. In dem Experiment lernten die Tiere einen Ton als Ankündigung eines darauf folgenden kleinen elektrischen Reizes an den Füßen zu erkennen. Nach nur 100 Wiederholungen des akustisch-elektrischen Reizpaares war das Muster der tonotopen Streifen im Gehirn ein wenig verschoben. Das bedeutet: Lernvorgänge können die Großhirnrinde so verändern, dass dort andere Nervenzellen den Reiz beantworten als vor dem Lernen. Die beobachteten Veränderungen im Gehirn blieben aus, wenn die akustischen und elektrischen Reize in unabhängiger Folge geboten wurden. In diesem Fall konnten die Rennmäuse den akustischen Reiz nicht als Vorläufer des elektrischen erkennen und darum auch nicht lernen. Der Versuch verbessert die Kenntnisse über das Hören und Lernen sowie über die Plastizität, das heißt Veränderbarkeit der neuronalen Ordnung im Gehirn.
 
Signale wurden bereits als physikalische Größen definiert, denen eine Nachricht zugeordnet ist. Das eben besprochene Experiment gibt einen Hinweis darauf, wie eine Zuordnung dieser Art im Nervensystem zustande kommen kann. Der elektrische Reiz wird durch den Lernvorgang dem Tonreiz zugeordnet. Der Tonreiz wird so zum Warnsignal für den elektrischen. Das zeigt sich darin, dass im Großhirn nach dem Lernen andere Zellen auf den Reiz reagieren als vor dem Lernen.
 
 Hören und Sprechen
 
Die größten Anforderungen an das Gehör und die Lernfähigkeit stellt die menschliche Sprache. Viele Linguisten legen heute ihrer Forschung die Idee einer universellen Grammatik aller Sprachen zugrunde. Obwohl Sprachen gelernt werden müssen, sollen sie nach dieser Vorstellung doch eine gemeinsame Wurzel haben. Dafür spricht, dass Menschen eine natürliche Anlage für die Sprache haben. Schon als Babys, lange bevor sie sprechen können, erlernen sie die Phoneme, das heißt die Sprachlaute der Muttersprache. Auch das spätere Sprechenlernen ist an ein bestimmtes Entwicklungsstadium gebunden. Menschen sind wohl von der Natur programmiert, die Muttersprache zu lernen. Nur wenige Menschen können später noch eine Fremdsprache so perfekt sprechen lernen wie die Muttersprache. Die Schwierigkeit betrifft weniger das Sprechen als vielmehr das Hören. Japanische Kinder können den Unterschied zwischen »l« und »r« besser hören als Erwachsene. Sprechenlernen ist auch Hörenlernen.
 
Schon im 19. Jahrhundert kannten die Neurologen Sprachstörungen, die nach Hirnverletzungen und Schlaganfällen auftreten. Sie wussten auch, dass die linke Großhirnhälfte zur Beherrschung von Sprache intakt sein muss. Verletzungen des »Broca-Areals« beeinträchtigen das Sprechen und Verletzungen des Wernicke-Areals das Verstehen von Sprache. Seit 1960 kamen dazu die berühmten Untersuchungen des Nobelpreisträgers Roger Sperry, der zeigte, dass Split-Brain-Patienten, bei denen die Verbindungen zwischen den beiden Großhirnhälften unterbrochen sind, sprachlich nur die Vorgänge ausdrücken können, die sich in ihrer linken Großhirnhälfte abspielen. Sie reagieren auf Sprache auch mit der rechten Großhirnhälfte. Was dort geschieht, bleibt ihnen aber unbewusst.
 
Die Kenntnisse wurden verfeinert, als sich herausstellte, dass die elektrische Reizung bestimmter Großhirnareale zur Sprachverwirrung führen kann. Schließlich wurde gezeigt, dass einige linksseitige Sprachfelder des Großhirns nur beim Hören von Sprachen, die die Versuchsperson verstehen, aktiv sind. Viele Beobachtungen sprechen dafür, dass Säuglinge angeborenermaßen zwischen Sprache und nichtsprachlichen akustischen Signalen unterscheiden können.
 
 Hören mit zwei Ohren
 
Fast alles, was wir hören, können wir bereits mit nur einem Ohr wahrnehmen, auch die Richtung und Entfernung zur Schallquelle. Für folgendes Experiment sind beide Ohren nötig. Eine Versuchsperson hält die Enden eines Gummischlauches an die Ohren und der Versuchsleiter klopft mit einer Stricknadel auf den Schlauch. Die Versuchsperson hört einen Knacklaut, der scheinbar aus einer bestimmten Richtung kommt. Wenn beide Ohren genau gleich reagieren (was nicht bei allen Menschen zutrifft), ruft das Klopfen auf die Mitte des Schlauches die Illusion hervor, das Geräusch komme genau von vorne oder von hinten. Bei einer Verschiebung der Klopfstelle zur Seite glaubt die Versuchsperson schon bei einem Weglängenunterschied zu den beiden Ohren von ungefähr einem Zentimeter, die Geräuschquelle läge nicht mehr in der Richtung, in die die Nase weist, sondern ungefähr drei Winkelgrade daneben. Dieser einfache Versuch gibt einen überraschenden Einblick in die Erregungsverarbeitung im Gehirn. Die Schallgeschwindigkeit in Luft beträgt 340 Meter pro Sekunde. Bei einem Weglängenunterschied von einem Zentimeter wird das eine Ohr ungefähr 30 Mikrosekunden (μs) früher gereizt als das andere (1 μs = 0,000 001 Sekunden). Diese Zeit ist gering im Vergleich zur Dauer eines Aktionspotenzials. Wie kann das Gehirn eine so kurze Zeit erkennen, wenn die eigenen Signalbausteine mehr als hundertmal langsamer sind?
 
Bei seitlichem Reizeinfall liegt das eine Ohr im Schallschatten, sodass der Reiz dort abgeschwächt ist. Der Schalldruck kann so hinter dem Kopf um bis zu 30 dB abgeschwächt sein. Versuchspersonen lokalisieren die Schallquelle dann auf der lauteren Seite. In einer Variante des eben beschriebenen Versuchs wird ein Ohr etwas früher gereizt, sodass die Schallquelle auf dieser Seite zu liegen scheint. Sie wandert wieder zurück und zur Gegenseite, wenn der Reiz am anderen Ohr verstärkt wird. Im Gehirn werden demnach beide Reizparameter, Zeit- und Schalldruckdifferenz, ausgewertet. Im oberen Olivenkern wurden bei Säugetieren Nervenzellen gefunden, die bei bestimmten Reizzeitdifferenzen reagieren, und andere, die Intensitätsdifferenzen beantworten. Außerdem gibt es Nervenzellen, die auf beides reagieren, wie es zur Erklärung des zuletzt genannten Kompensationsexperimentes notwendig ist.
 
Die Hörnervfasern können nur bei tiefen Frequenzen jede Schwingung der Basilarmembran mit einem Aktionspotenzial beantworten. Mit steigender Frequenz lassen sie zuerst wenige, dann immer mehr Schwingungen aus. Bis hinauf zu ungefähr 5 kHz entstehen die Aktionspotenziale aber immer in einer bestimmten Phasenlage der Schwingung. Bei einer Frequenz von 1 kHz dauert eine Schwingung eine tausendstel Sekunde. Wenn die Aktionspotenziale zu einem bestimmten Zeitpunkt in dieser kurzen Periode entstehen, kann der zeitliche Schwingungsverlauf mit großer Genauigkeit gemeldet werden, insbesondere, wenn viele parallele Fasern jeweils andere Schwingungen mit einem Aktionspotenzial beantworten. Diese Art der Codierung durch viele parallele Nervenfasern könnte auch zur Frequenzanalyse im Gehirn genutzt werden, wenn dafür nach der Frequenzanalyse im Innenohr noch Bedarf sein sollte.
 
Prof. Dr. Christoph von Campenhausen
 
Grundlegende Informationen finden Sie unter:
 
Hören: Akustische Signale und Maßstäbe
 
Ohr: Bau und Arbeitsweise
 
Literatur:
 
Hellbrück, Jürgen: Hören. Göttingen u. a. 1993.
 Helmholtz, Hermann von: Die Lehre von den Tonempfindungen. Braunschweig 61913. Nachdruck Hildesheim u. a. 1983.
 Jourdain, Robert: Das wohltemperierte Gehirn. Wie Musik im Kopf entsteht und wirkt. Aus dem Englischen. Heidelberg 1998.


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