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COMPUTER: NEUE WEGE DER INFORMATIONSVERARBEITUNG

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Computer: Neue Wege der Informationsverarbeitung
 
Im Innern des ersten funktionstüchtigen elektronischen Digitalrechners der Welt mit Namen ENIAC glühten 17 400 Elektronenröhren, von denen alle fünf bis sechs Stunden eine durchbrannte und ausgetauscht werden musste. Die Konstruktion dieses Ungetüms hatte mehr als 750 000 US-Dollar verschlungen; es beanspruchte 80 Quadratmeter Laborfläche für sich und verbrauchte so viel Strom wie ein ganzes Stadtviertel, um 5000 Dezimaladditionen in der Sekunde durchzuführen.
 
Diese Rechenleistung, die damals, 1946, die äußerste Grenze des Machbaren darstellte, wird heute, gut 50 Jahre später, spielend von zigarettenschachtelgroßen Taschencomputern geboten, die für jedermann erschwinglich, leicht zu bedienen und zuverlässig sind und zudem über eine ganze Reihe von Zusatzfunktionen verfügen. Die heutigen leistungsfähigsten Supercomputer wiederum sind fast eine Milliarde Mal schneller als der Urahn aller Elektronenrechner.
 
Diese Zahlen können die explosionsartige Entwicklung, die sich dahinter verbirgt, nur andeuten. Der atemberaubende technische Fortschritt und der rapide Preisverfall, der damit einhergeht, haben seit Mitte der 1980er-Jahre dazu geführt, dass das Spezialistenwerkzeug Computer aus den Laboratorien der Naturwissenschaftler und der Großindustrie heraus in jedes Büro, in die Wohnstuben und in die Kinderzimmer gedrungen ist, um dort eine kulturelle Revolution auszulösen, die nur noch mit der Erfindung des Buchdrucks am Beginn der Neuzeit zu vergleichen ist.In der Folge hat sich unsere Welt derart radikal verändert, dass die kühnsten Fantasien der Science-Fiction-Autoren vergangener Tage dagegen verblassen.
 
Aus dem industriellen Alltag beispielsweise ist der Computer nicht mehr wegzudenken. Was bei Karel Čapek noch 1921 Gegenstand eines »utopistischen Kollektivdramas« war, bevölkert heute in Form des Industrieroboters ganz selbstverständlich in großen Stückzahlen die Werkshallen. Der maschinelle Assistent kann den Menschen von Arbeiten entlasten, die gefährlich, gesundheitsschädlich oder des Menschen unwürdig sind, und er übernimmt Aufgaben, die der Mensch überhaupt nicht durchführen könnte. Vor allen Dingen aber verrichtet er seine Arbeit gleichmütig und pausenlos in einem fort, ohne ein Gehalt zu verlangen und ohne die sonstigen dem Menschen eigenen Bedürfnisse befriedigen zu müssen. Der industrielle Alltag ist kaum mehr ohne ihn vorstellbar, obwohl sein Auftritt im Hinblick auf soziale und ethische Fragen einigen Widerspruch hervorgerufen hat.
 
Der Roboter in der Montagehalle und der Personal Computer auf dem Schreibtisch sind jedoch nur zwei Bausteine weit umfassenderer Planungen, mit denen sich die Industriestrategen beschäftigen. »Computer-integrated Manufacturing« (CIM) lautet die Zauberformel, nach der die Produktion vollständig automatisiert werden soll. Bereits heute simulieren Computer vorab die verschiedenen Phasen der Herstellung eines Bauteils oder Geräts, um etwaige Mängel oder Ineffizienzen im Produktionsprozess finden und beseitigen zu können. Mit zukünftigen Rechnergenerationen wird es möglich sein, ganze Fabriken auf dem Computer virtuell entstehen und wirken zu lassen. Ziel ist es letztlich, sämtliche Informationsflüsse in einem Unternehmen, die gesamte Fertigungs- und Organisationsplanung vom ersten Entwurf eines neuen Produkts und dem Bau der Produktionsanlagen bis hin zur Auslieferung, von Anforderungsprofilen für neue Mitarbeiter bis zur Lohnabrechnung mithilfe des Computers zu erfassen und gezielt zu steuern.
 
Dies ist nur ein Beispiel dafür, wie die »Elektronenhirne« auf breiter Front vorrücken und dabei Plätze einnehmen, die bis vor kurzem nur vom planenden und räsonierenden Menschen ausgefüllt werden konnten. Bisweilen kommt die bange Frage auf, ob die menschliche Intelligenz nicht eines Tages vom Computer erreicht und sogar überholt und der Mensch dann als denkendes Wesen überflüssig werde. Diese letzte Bastion ist aber noch nicht gefallen. Kreativität und Intelligenz sind auch heute noch, zumindest nach Meinung des überwiegenden Teils der Wissenschaftler, ein Privileg, das der homo sapiens nicht an seinen digitalen Zögling abgeben musste. Ob man »noch nicht« sagen muss, oder ob hier eine Grenze vorliegt, die der Mensch niemals überschreiten wird, ist eine der zentralen Fragen des Forschungsgebiets um die »künstliche Intelligenz«. In den 1950er- und 1960er-Jahren, als dieses Gebiet sich zu entwickeln begann, hatte ein Teil der Forscher in der Tat die euphorische Vision, der Mensch, und mit ihm alles natürliche, »biologische« Leben, werde in absehbarer Zeit nur noch eine geduldete Spezies auf einer von überlegenen künstlichen Lebewesen dominierten Erde sein. Diese Anfangseuphorie ist nach einer Reihe von Fehlschlägen und Enttäuschungen einer kühlen Ernüchterung gewichen, die zu einem Rückzug auf eine Reihe eng begrenzter Aufgabenbereiche geführt hat. Selbst dem Laien relativ einfach anmutende Probleme wie das Verstehen gesprochener Sprache oder die künstliche Erzeugung von verständlichen und sinnvollen Sätzen sind noch längst nicht vollständig gelöst. Das große Ziel der künstlichen Intelligenz, die Funktion des menschlichen Gehirns zu verstehen und mit Computern nachzuvollziehen, bleibt eine Herausforderung für die Zukunft.
 
Während die künstliche Intelligenz dabei ist, sich — zumindest vorerst — von ihren kühnsten Visionen zu verabschieden, vollzieht sich die Entwicklung im Inneren des Rechengeräts Computer in einer geradezu naturgesetzlich anmutenden Weise mit der stets gleichen, immensen Geschwindigkeit. »Alle neun Monate halbiert sich der Preis und verdoppelt sich die Leistung auf der gleichen Fläche Silicium«, prophezeite der Gründer der Firma Intel, Gordon Moore, schon in den Fünfzigerjahren, und diese Regel gilt noch heute. Das heißt: Die mikroelektronischen Bauteile werden immer kleiner und immer leistungsfähiger. Dieser Entwicklung setzt die Physik natürliche Grenzen, es ist daher abzusehen, dass bezüglich der Leistungsdichte auf einem einzigen Chip das Ende der Fahnenstange nun doch bald erreicht sein wird. In dieser Situation ist in den letzten Jahren ein Konzept wieder entdeckt worden, das im Prinzip bereits in den 1940er-Jahren bekannt war: Wenn ein einziger Prozessor zu langsam ist, so teile man die Aufgabe, die es zu bearbeiten gilt, auf mehrere Prozessoren auf und lasse diese gleichzeitig daran rechnen. Eine neue Klasse von Supercomputern wird auf diesem Konzept des Parallelrechners aufbauen. Aufwendige Simulationen der Realität, ob die Dynamik eines Gases in einem Gefäß oder die Laufbewegungen der Dinosaurier im »Jurassic Park«, sind ohne diesen Rechnertyp undenkbar, und schon heute spekulieren die Forscher, was alles mit einer noch schnelleren, noch leistungsfähigeren Rechnergeneration möglich wäre.
 
Denn eines ist sich seit den Tagen des »ENIAC« gleich geblieben: Jeder Fortschritt der Computertechnik eröffnet neue Einsichten und neue Möglichkeiten, wirft aber gleichzeitig eine Flut neuer Fragen auf, deren Klärung wieder nach neuen, noch besseren Rechnern verlangt. Ein Ende dieser Spirale ist nicht in Sicht.
 
Prof. Dr.-Ing. Hans-Jürgen Warnecke, München


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