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ENGLISCHE LITERATUR: DER ROMAN DES 18. JAHRHUNDERTS DER MENSCH ZWISCHEN VERNUNFT, MORAL UND BEGEHREN

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englische Literatur: Der Roman des 18. Jahrhunderts - Der Mensch zwischen Vernunft, Moral und Begehren
 
Das 18. Jahrhundert gilt als Anfang der englischen Romankunst. Der Journalist, Regierungsagent und mehrfache Bankrotteur Daniel Defoe, der dem Kleinbürgertum, vor allem jedoch dem Dissent (einer nicht-anglikanischen religiösen Gruppierung) entstammte, wird als der »Vater des Romans« angesehen: Seine Romane, die an Bekehrungsgeschichten, Abenteuererzählungen und Reiseberichte anknüpfen, weisen auf die für die englische Romanentwicklung grundlegende Konvention des Realismus voraus, indem sie mithilfe faktischer Detailangaben eine Illusion der Lebensnähe schaffen. Daneben steht die ständige Selbstprüfung seiner Charaktere am Maßstab puritanischer Normen im Zentrum des Interesses. So wird in »Robinson Crusoe« (1719) die 28-jährige Einsamkeit des Helden auf einer Insel als Strafe für seinen Ungehorsam gegenüber dem Vater angesehen. Denn Robinson verlässt gegen den Rat des Vaters sein Zuhause, da ihm die empfohlene »middle station of life« eines braven Bürgers zu gering erscheint. Mit »Robinson Crusoe« entwirft Defoe die heute vielfach kritisierten Prototypen des frühkapitalistischen Unternehmers und des Kolonisators. Die Faszination des Buches beruht auf dem Mythos des autonomen, von Pragmatismus, Gottvertrauen und Optimismus geprägten Menschen, der als Sieger aus dem Kampf mit Natur und schicksalhaften Widrigkeiten hervorgeht und in Robinson Gestalt gewinnt. In »Moll Flanders« (1721), der Lebensbeichte einer im Newgate-Gefängnis geborenen Diebin, Prostituierten und Polygamistin, wirken die moralisierenden Selbsterforschungen neben der unterhaltsam-pikanten Gesellschaftsschilderung geheuchelt. Es überwiegt der Eindruck, dass Frauen ohne Geld und Namen in einer von ökonomischen Motiven beherrschten Welt ihre Sexualität als Kapital auf dem Heiratsmarkt für einen finanziell und sozial abgesicherten Ehemann kalkuliert einsetzen müssen.
 
Einen diametral entgegengesetzten Romantypus schuf Samuel Richardson mit dem sentimentalischen Briefroman »Pamela« (1740); er entwickelt den Roman aus einer Reihe von moralisch-erbaulichen Musterbriefen, die er durch eine Handlung miteinander verknüpft, und prägt damit das Modell einer subtilen seelischen Selbsterkundung und Selbstwahrnehmung, das Diderot, Rousseau und selbst noch Goethe beeinflusste. Die Geschichte des 15-jährigen Dienstmädchens, das den Annäherungsversuchen seines aristokratischen Herrn trotzt, um den Bekehrten schließlich als Lohn zum Ehemann zu gewinnen, illustriert den Tugendidealismus zeitgenössischer Erbauungsbücher. Doch bereits zu seiner Zeit zog Pamelas Spiel mit dem männlichen Begehren Kritik auf sich, so in Fieldings Burleske »Shamela« (1741) und in seinem Roman »Joseph Andrews« (1742), dem bis zur Lächerlichkeit keuschen Bruder Pamelas. In Richardsons siebenbändigem Werk »Clarissa« (1747-48), dem längsten Roman der englischen Literatur, ist der Heldin kein irdischer Triumph beschieden: Nach der Vergewaltigung durch den amoralischen Wüstling Lovelace lehnt sie eine Ehe mit ihm ab und erwartet in moralischer Überlegenheit ihren Tod.
 
Henry Fielding, der einer verarmten aristokratischen Familie entstammte und in Eton eine klassische Ausbildung genoss, entwarf im Vorwort zu seinem ersten, komisch-realistischen Roman »Joseph Andrews« (1742) eine Ästhetik der neuen Gattung. Sie definiert den Roman als Entwicklungsform des antiken Epos und verschafft ihm dadurch die gesellschaftliche Anerkennung als kompositorische Kunstform. Die Komik der Episoden um den Simpel Joseph Andrews, der sich der Verführungskünste von Frauen aller Klassen - von der aristokratischen Arbeitgeberin bis hin zum Zimmermädchen eines billigen Gasthofes - zu erwehren hat, und um seinen Freund, den Pfarrer Abraham Adams, dessen liebenswerte Weltfremdheit seine Verwandtschaft mit Don Quijote bezeugt, soll den Leser auf die Verstellungskünste und Eitelkeiten der Charaktere stoßen und ihm die unvollkommene Natur des Menschen vor Augen führen. Stärker noch als Joseph Andrews belegt »Tom Jones« (1749) Fieldings Nachsicht gegenüber dem Menschlich-Allzumenschlichen, die ihn von der unerbittlichen Moral Richardsons abhebt. Erotische Eskapaden werden zwar nie ausdrücklich gebilligt, im Rahmen einer großzügigen Moral jedoch als Symptom natürlicher Spontaneität und somit Ausdruck der Unzulänglichkeit der menschlichen Natur gewertet. Der Erzähler kommentiert das Geschehen in beiden Romanen im Sinne einer aufgeklärten Vernunft.
 
Dieses klassische Vertrauen in eine klassenübergreifend gesetzte Vernunft als Maßstab menschlichen Handelns fand ihren letzten literarischen Ausdruck in den Romanen von Jane Austen. Die antithetisch formulierten Titel ihrer ersten beiden Romane »Verstand und Gefühl« (1811) und »Stolz und Vorurteil« (1813) verweisen auf die in allen Austen-Romanen abgehandelte Frage nach der Möglichkeit eines von der Vernunft regulierten, harmonischen Verhältnisses von Verstand und Gefühl. Diesem Ideal stehen Veranlagung, Selbsttäuschungen, mangelnde Bildung und - in seltenen Fällen - intrigierende Bösartigkeit im Wege. Die Hindernisse werden in ausgedehnten Gesprächen von den Charakteren illustriert, diskutiert und am Ende ausgeräumt: Die vernünftig agierenden Heldinnen wie Elinor oder Elizabeth werden - hier behauptet sich das von Richardsons Pamela gesetzte Muster - durch eine Ehe belohnt, in welcher sich Liebe mit finanzieller Sicherheit und gesellschaftlichem Ansehen trifft. Trotz dieser Bestätigung klassischer Harmonievorstellungen weisen die Begrenzung der Handlung auf modellhafte Beziehungen - zwischen wenigen Familien aus dem Landadel oder dem gehobenen Bürgertum - und der Einsatz der von Austen erfundenen »erlebten Rede« auf die Moderne voraus: Die universalen Ordnungsprinzipien der Welt sind nicht mehr relativ einfach zu entschlüsseln, sondern müssen von jedem Einzelnen neu entdeckt werden.
 
Dr. Annegreth Horatschek
 
Literatur:
 
Englische Literaturgeschichte, herausgegeben von Hans Ulrich Seeber. Stuttgart u. a. 21993.
 Schirmer, Walter F.: Geschichte der englischen und amerikanischen Literatur. 2 Bände. Tübingen 61983.


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