BÜRGERFORUM

Bürgerforum,

 

tschechisch Občanské Fórum, AbkürzungOF, politische Sammlungsbewegung in der Tschechoslowakei, gegründet am 19. 11. 1989 u. a. von V. Havel und Jiři Dienstbier (* 1937), fasste verschiedene oppositionelle Vereinigungen und Initiativgruppen zusammen (u.a. die Gruppe Charta 77, das Tschechoslowakische Helsinki-Komitee [gegründet 5. 11. 1988], die »Bewegung für Bürgerfreiheit« [gegründet 15. 10. 1988], Künstlerverbände sowie Vertreter der Kirchen, der unabhängigen Friedensbewegung und Studentenverbände) und entwickelte sich zum Kristallisationskern und Sprachrohr der Demokratiebewegung innerhalb der »sanften Revolution« in der Tschechoslowakei; erzwang im November/Dezember 1989 u. a. durch Massendemonstrationen (v. a. am 20., 21., 24., 25., 26. 11.) und Aufruf zum Generalstreik gegen die Vorherrschaft der KP (27. 11.) die Aufnahme nichtkommunistischer Reformpolitiker in die Regierung (10. 12.; u. a. J. Dienstbier, 1989-92 Außenminister), die Einleitung demokratischer Reformen, den Rücktritt des kommunistischen Staatspräsidenten G. Husák (10. 12.) und die Wahl V. Havels, Sprecher des Bürgerforums, zu seinem Nachfolger (29. 12. 1989 bis 20. 7. 1992). Bei den Parlamentswahlen im Juni 1990 errang das Bürgerforum mit seiner slowakischen Partnerorganisation Öffentlichkeit gegen Gewalt (slowakische Abkürzung VPN) die absolute Mehrheit in der Föderativen Versammlung und wurde Regierungspartei. Nach inneren Auseinandersetzungen im Herbst 1990/Anfang 1991 spaltete sich das Bürgerforum im Frühjahr 1991 in drei selbstständige politische Parteien. Bedeutung bei den Wahlen im Juni 1992 errang nur die rechtskonservative Demokratische Bürgerpartei (tschechische Abkürzung ODS; seit Juni 1992 Regierungspartei in der Tschechischen Republik); die bis 1992 einflussreiche liberale »Bürgerbewegung« (tschechische Abkürzung OH) um J. Dienstbier nannte sich im Oktober 1993 in Freie Demokraten (tschechische Abkürzung SD) um.