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BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND: 8. MAI 1985 DER SPERRIGE GEDENKTAG

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Bundesrepublik Deutschland: 8. Mai 1985 - der sperrige Gedenktag
 
Anders als in früheren Jahren wurde 1985 in aller Welt bei Siegern und Besiegten des 2. Weltkrieges dem Jahrestag der deutschen Kapitulation am 8. Mai 1945 besondere Beachtung geschenkt.
 
In der Bundesrepublik sollte sich dieser 40. Jahrestag als »sperriger Gedenktag« erweisen, wie die Wochenzeitung »Die Zeit« eine Artikelserie zum 8. Mai überschrieb. Das durch den Nationalsozialismus gebrochene Geschichtsbewusstsein der Deutschen manifestierte sich in einer Diskussion, in die die unterschiedlichsten Interpretationen dieses historischen Datums eingebracht wurden. Während vonseiten der SPD und der Gewerkschaften der 8. Mai 1945 als Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus bezeichnet wurde, sahen Konservative in ihm den Beginn der Unfreiheit der östlichen Hälfte Europas. Für andere war der 8. Mai vornehmlich das Ende des deutschen Nationalstaats und der Beginn der deutschen Teilung.
 
Belastend für die Beziehungen der Bundesrepublik zu den USA, aber auch zu anderen Ländern wirkten sich in diesem Zusammenhang die Peinlichkeiten bei der Vorbereitung des Staatsbesuchs von US-Präsident Reagan in der Bundesrepublik (Anfang Mai 1985) aus. Der von Reagan zunächst gewünschte Besuch des ehemaligen Konzentrationslagers Dachau wurde von der Bundesregierung für unpassend gehalten.Reagan seinerseits lehnte es ab, am 8. Mai eine Rede in der Bundesrepublik zu halten, und zog es schließlich vor, an diesem Tag vor dem Europäischen Parlament in Straßburg zu sprechen. Schließlich erreichte das Bundeskanzleramt, dass Reagan zusammen mit Bundeskanzler Kohl am 5. Mai den deutschen Soldatenfriedhof in Bitburg in der Eifel besuchte. Als bekannt wurde, dass dort auch SS-Angehörige begraben seien, löste dies einen Sturm der Entrüstung in der amerikanischen Öffentlichkeit aus. Schließlich wurde in das Besuchsprogramm des US-Präsidenten noch ein Besuch im ehemaligen KZ Bergen-Belsen (am Vormittag des 5. Mai) aufgenommen. Den Staatsbesuch selbst absolvierte Reagan nach dem Urteil der meisten Beobachter mit Würde und mit Respekt vor der Vergangenheit.
 
Nach all diesen Beklemmungen wirkte die Rede, die Bundespräsident Richard von Weizsäcker am 8. Mai 1985 im Plenarsaal des Bundestages hielt, in der deutschen und internationalen Öffentlichkeit befreiend. Mit seiner Fähigkeit zur politischen Integration, die nicht zulasten der Eindeutigkeit seiner Aussagen ging, gelang es dem Bundespräsidenten, den geschichtlichen Standort der Deutschen 40 Jahre nach Kriegsende auf eine Art zu bestimmen, die weithin als verbindlich betrachtet wurde.
 
Weizsäcker erklärte: »Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung. Er hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Niemand wird um dieser Befreiung willen vergessen, welche schweren Leiden für viele Menschen mit dem 8. Mai erst begannen und danach folgten. Aber wir dürfen nicht im Ende des Krieges die Ursache für Flucht, Vertreibung und Unfreiheit sehen. Sie liegt vielmehr in seinem Anfang und im Beginn jener Gewaltherrschaft, die zum Krieg führte. Wir dürfen den 8. Mai 1945 nicht vom 30. Januar 1933 trennen.«
 
Der Bundespräsident hob die Bedeutung der Erinnerung hervor, die Versöhnung erst möglich mache. Zur historischen Bedeutung des Jahres 1945 für die Deutschen sagte er: »Es gab keine Stunde Null, aber wir hatten die Chance zu einem Neubeginn. Wir haben sie genutzt, so gut wir konnten. An die Stelle der Unfreiheit haben wir die demokratische Freiheit gesetzt.« Und bezugnehmend auf die deutsche Teilung äußerte Weizsäcker »die Zuversicht, dass der 8. Mai nicht das letzte Datum unserer Geschichte bleibt, das für alle Deutschen verbindlich ist.«


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