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BIEDERMEIER: DIE ENGE BEHAGLICHKEIT

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Biedermeier: Die enge Behaglichkeit
 
In den Münchner »Fliegenden Blättern« veröffentlichte Victor von Scheffel 1848 die Gedichte »Biedermanns Abendgemütlichkeit« und »Bummelmaiers Klage«. Einige Jahre später bastelte sich daraus ein anderer Autor das Pseudonym »Biedermaier«, unter dem er das kleinbürgerliche Philistertum des Vormärz - der Jahrzehnte vor der Märzrevolution von 1848 - anprangerte.
 
Als nach dem Sturz Napoleons, der 1806 den Handel mit Großbritannien verboten hatte, englische Waren Europa überschwemmten, brachen die während der Kontinentalsperre in Deutschland entstandenen Industrien rasch zusammen. Gleichzeitig leitete Metternich mit dem Wiener Kongress 1815 die Restauration ein: Sein Kampf gegen alle nationalen und liberalen Bewegungen führte mit den Karlsbader Beschlüssen (1819) zur Unterdrückung der Pressefreiheit und zur »Demagogenverfolgung« von Universitätslehrern und Journalisten, die man »revolutionärer Umtriebe« verdächtigte. Die beiden deutschen Großmächte - das Österreichische Kaiserreich und das Königreich Preußen - beharrten auf den alten feudalen und klerikalen Vorrechten; dazwischen züchtete das bunte Gewimmel der Klein- und Kleinststaaten des Deutschen Bundes einen lakaienhaften Krähwinkelgeist.Erst mit der Märzrevolution von 1848 - im gleichen Jahr veröffentlichten Karl Marx und Friedrich Engels ihr »Kommunistisches Manifest« - setzten sich für kurze Zeit parlamentarische Gedanken durch. Im Vormärz jedoch hatte das Bürgertum die großen nationalen und demokratischen Ziele aufgegeben, sich mit untertäniger Bescheidenheit abgefunden und die häusliche Lebenswelt zum Ersatz gewählt. Daher orientierte sich der erst kurz nach 1900 geprägte Stilbegriff »Biedermeier« vor allem an der Möbelkunst und am Kunsthandwerk, an den Blumenstreumustern der Tapeten und an dem zierlich-klar gebauten Mobiliar aus hellen Hölzern.
 
Die »neue Innerlichkeit« bestimmte auch die Malerei der Zeit, die sich weniger in einem klar formulierten Stil als vielmehr in einer geistigen Haltung äußerte. Das Bescheiden-Einfache äußerte sich in unpathetischen Kompositionen von kleinem Format für private Räume, in Darstellungen heimatlicher Landschaften und Städte mit knappem Ausschnitt und figürlicher Staffage, in Porträts und Gruppenbildnissen voll schlichter, unaufdringlicher Würde.
 
Nahtlos ging die Spätromantik ins Biedermeier über. Dies gilt sowohl für die Genreszenen in engen Innenräumen, die Georg Friedrich Kersting malte, als auch für die Landschafts- und Märchenbilder von Ludwig Richter und Moritz von Schwind. Richter, Professor für Landschaftsmalerei an der Akademie in Dresden, verwandelte in Gemälden, die sich bis heute größter Beliebtheit erfreuen - etwa »Der Watzmann« (1824), »Überfahrt am Schreckenstein« (1837) oder »Genoveva in der Waldeseinsamkeit« (1841) -, die frühromantische, ins Kosmische ausgreifende Seelenlandschaft zum »Gartenlauben-Idyll«. Die Natur legt sich in seinen Bildern wie ein liebliches Ornament um den Menschen; stets ist sie gezähmt und heimelig. »Ruhe ist die erste Bürgerpflicht«. Wo fände man sie eher als »draußen« in der Natur? Fremdheit und Ferne würden die abgeschirmte Feierabendwelt stören. »Beschauliches und Erbauliches« und »Fürs Haus« heißen bezeichnenderweise zwei von Richters Grafikserien. Noch populärer wurde der in Wien geborene, seit 1828 in München lebende Schwind mit seinen Fresken in der Münchner Residenz, in der Wartburg über Eisenach und im Wiener Opernhaus sowie mit seinen Märchenzyklen und Gemälden wie dem »Rübezahl« (1851).
 
München war ein Zentrum des Biedermeiers. Hier malte Wilhelm von Kobell mit seinen überschaubaren Landschaften Gegenden, in der ein Städter seinen Sonntagsspaziergang machen könnte, um sich zu zerstreuen. Bereits in seinen Darstellungen von Schauplätzen der Freiheitskriege hatte Kobell friedliche Panoramen dramatischen Szenen vorgezogen. Zum Gesellschaftsporträtisten wurde Joseph Karl Stieler, der die Bildnisse der bayerischen Königsfamilie »privatisierte« und in der Serie der für Ludwig I. entstandenen »Schönen Münchnerinnen« ein braves »gemaltes Serail« ablieferte, wie Heinrich Heine spottete. Der volkstümlichste Münchner Maler des Biedermeiers aber wurde Carl Spitzweg mit seinen versponnenen Bildanekdoten wie dem »Armen Poeten« (1839), die neben aller Idyllik durchaus auch eine Art Karikatur des biedermeierlichen Kleinbürgertums sind. Auch für die skurrilen Themen bediente sich Spitzweg aber besonders in seinen späteren Werken eines freien, fast schon impressionistisch wirkenden Umgangs mit der Farbe.
 
Der wichtigste Repräsentant des Biedermeiers in Wien war Ferdinand Georg Waldmüller. Seine Ölgemälde sind von äußerstem Realismus im Detail bei gleichzeitig fein abgestufter Farbigkeit; dadurch sind sie adäquater Ausdruck des bürgerlichen Wirklichkeitssinns, der nicht nur als Rückzug ins Nahe und Vertraute, sondern auch als neues Interesse an der Realität zu interpretieren ist. Von vergleichbarer zeichnerischer Präzision sind auch die Bilder des Berliners Johann Erdmann Hummel. Bei aller nüchternen Realitätserfassung und Idyllik, die auch heute noch anzusprechen vermögen, bleibt doch das Kleinliche und vielfach Reaktionäre für die Kunst des Biedermeiers kennzeichnend.
 
Dr. Norbert Wolf
 
Literatur:
 
Börsch-Supan, Helmut: Die deutsche Malerei von Anton Graff bis Hans von Marées. 1760—1870. München 1988.
 Busch, Werner: Das sentimentalische Bild. Die Krise der Kunst im 18. Jahrhundert und die Geburt der Moderne. Sonderausgabe München 1997.
 
Europäische Kunst im 19. Jahrhundert, Band 1: Vaughan, William: 1780—1850. Vom Klassizismus zum Biedermeier. Aus dem Französischen. Freiburg im Breisgau u. a. 1990—91.
 Hofmann, Werner: Das entzweite Jahrhundert. Kunst zwischen 1750 und 1830. München 1995.
 Hofmann, Werner: Das irdische Paradies. Motive und Ideen des 19. Jahrhunderts. München 31991.


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