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ENGLISCHE MALEREI DES 18. JAHRHUNDERTS: KRITISCHES MENSCHENBILD UND ERHABENE NATUR

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englische Malerei des 18. Jahrhunderts: Kritisches Menschenbild und erhabene Natur
 
Die »Kerzenscheingemälde«, die Joseph Wright of Derby seit den frühen 1760er-Jahren malte, verbinden christliche und mythologische Elemente mit einer neuartigen Popularisierung von Arbeitswelt, Technik und Wissenschaften. Damit verkörpern sie beispielhaft jene Umbruchzeit zwischen Tradition und Moderne, die Europa in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts bestimmte. Besonders in England veränderte die industrielle Revolution, die hier früher als in den anderen europäischen Staaten eingesetzt hatte, die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Strukturen grundlegend.
 
Entschlossen ging man in England von der Handwerksarbeit zur arbeitsteiligen industriellen Massenproduktion über. Neben Darstellungen der typischen Fabrik- und Verkehrsarchitektur fand auch die neue Arbeitswelt Eingang in die Bildthemen. Wenn der Franzose Philippe Jacques de Loutherbourg, der sich 1771 in London als Maler dramatischer Naturszenerien niedergelassen hatte, den Industrieanlagen in seinen Gemälden eine schaurig-grandiose Wirkung verlieh, drückte er sowohl die Dämonisierung als auch die Romantisierung aus, mit denen viele Künstler in England der gewandelten Situation begegneten. Die Darstellung des Menschen in seiner psychischen und moralisch-politischen Haltung angesichts der veränderten Lebensverhältnisse traf auf das Gegenbild zur ausgebeuteten Umwelt, auf »irdische Paradiese«, stimmungs- und gemütvolle Landschaften, in denen die Entzweiung von Mensch und Natur aufgehoben scheint. In beiden Gattungen erlangte die Malerei Englands eine Vorreiterrolle in Europa.
 
Im Zeitalter des Barocks war die englische Malerei noch von Ausländern bestimmt worden, vor allem von dem Flamen Anthonis van Dyck. Noch zu Beginn des 18. Jahrhunderts hatte sich daran wenig geändert. Nach dem aus Lübeck stammenden Hofporträtisten Godfrey Kneller errang der Franzose Jean-Baptiste Van Loo in der Bildnismalerei eine Vormachtstellung, die erst in den 1750er-Jahren der Schotte Allan Ramsay mit gefühlsbetonten, vom französischen Rokoko beeinflussten Porträts brach. Philip Mercier vermittelte den Rokoko-Stil Watteaus auf die Insel. Sein Gemälde »Viscount Tyrconnel mit seiner Familie« (1725/26) begründete hier den Typus des »Konversationsstücks«, Darstellungen kleiner Gruppen von Menschen, die im Gespräch vertieft oder bei einer bestimmten Tätigkeit vereint sind. Etwas später führte Mercier mit dem Kostümbild, dem »fancy picture«, eine weitere Bildgattung in die englische Kunst ein. Für die Verbreitung des französischen Rokokos in England sorgte ferner der Pariser Zeichner Hubert François Gravelot. Jacopo Amigoni und Canaletto importierten die italienische Version dieses Stils. Durch solche Vermittlung fand die englische Malerei Anschluss an die internationalen Strömungen. Monumentale Dekorationszyklen entstanden in England allerdings nur selten; eine Ausnahme bildete hier nur James Thornhill, der Schwiegervater von William Hogarth, etwa mit seinen Wand- und Deckenfresken im Greenwich Hospital in London.
 
So bewegte sich die englische Malerei zunächst in gesamteuropäischen Bahnen, wenn auch nicht immer auf höchstem Niveau. In der Historienmalerei trat beispielsweise nur Gavin Hamilton hervor, der in Rom einer der Mitbegründer des Klassizismus war. Gerade die Historienmalerei war allerdings das Hauptanliegen der 1768 von König Georg II. in London gegründeten »Royal Academy«. Als erster Präsident stand ihr für fast zweieinhalb Jahrzehnte Joshua Reynolds vor, der in einer Reihe von Vorträgen auch ihr Programm entwickelte: Vorbilder der Kunst sollten die klassische Antike und die römische Renaissance sein, an der Spitze der Gattungen der Malerei sollten die Historien stehen, die Form sollte über die Farbe dominieren, welche die zeitlose Idee über bloße Wirklichkeit hinaushebe. Reynolds unterlief die eigene Theorie freilich in den besten seiner Werke, zumeist Porträts, in denen eine subtile Farbigkeit und eine sensible Psychologisierung gegenüber idealisierender Glätte und historisierenden Zitaten vorherrschen. Dies kann man als Auswirkung des Sensualismus verstehen, den der Philosoph John Locke in seinem Hauptwerk »Über den menschlichen Verstand« (»An essay concerning human understanding«, 1689) entwickelt und dem die Sinneswahrnehmung als Basis jeder Wirklichkeitsaneignung gegolten hatte.
 
Das damit geweckte und in vielen späteren Studien weiterverfolgte psychologische Interesse fand seine Entsprechung in der genau beobachtenden englischen Porträtkunst, wie sie auch Thomas Lawrence praktizierte, der nach Reynolds' Tod zu Europas meistgefeiertem Bildnismaler aufstieg. Von einem anderen Gründungsmitglied der Akademie wurden deren Ideale noch weiter ausgehöhlt: 1770 präsentierte der gebürtige Amerikaner Benjamin West der staunenden Öffentlichkeit sein Gemälde »Der Tod des Generals Wolfe«, das die Konvention des Historienbildes mit einer Art Reportage verbindet und in gewagter Modernität Figuren in zeitgenössischen Kostümen zeigt.
 
Am stärksten lehnte William Hogarth die akademischen Normen ab, der in den 1720er-Jahren mit Konversationsstücken im Rokoko-Stil und Versuchen in der Historienmalerei begann. Zur gleichen Zeit propagierte er in Gemälde- und Kupferstichfolgen eine bürgerliche Vernunftmoral, wobei er die erzieherischen Ideale des Mittelstands gegen die des Adels ausspielte. Zusammen mit dem Schriftsteller Henry Fielding betrieb er eine Kampagne gegen den unmäßigen Gin-Genuss; Fieldings Untersuchung über den Zusammenhang von Alkohol, Verbrechen und hoher Kindersterblichkeit und Hogarths Kupferstiche trugen tatsächlich dazu bei, den Gin-Missbrauch einzudämmen. Werbewirksam annoncierte Hogarth seine Grafiken in Zeitungen, darin ebenso modern wie in dem ersten wirklichen Copyright für künstlerische Produkte, das er 1735 im Parlament durchsetzte. Neuartig waren auch die Mittel der Satire, der Vereinfachung und Übertreibung, mit denen er seine Gesellschaftskritik betrieb. Ohne selbst Karikaturist zu sein, bereitete er die englische Karikatur vor, die am Ende des 18. Jahrhunderts die führende Position in Europa einnehmen sollte.
 
Johann Heinrich Füssli, der von 1779 bis zu seinem Tod 1825 in England lebende Schweizer Maler, der mit fantastisch-symbolistischen Werken bekannt wurde, glaubte nicht, dass eine »poetische« Malerei in der auf Realitätsnähe begründeten englischen Kunst Fuß fassen könne. Mit dieser Behauptung irrte er jedoch in zweifacher Hinsicht: Zum einen fand er in William Blake einen Nachfolger, der leidenschaftlich die industrielle Wirklichkeit verteufelte und sich mystisch-visionären Bildern und Illustrationen zuwandte, in denen Michelangelos Figurenwelt ebenso wiederauflebte wie die gotische Schönlinigkeit. Zum anderen existierte in England bereits eine »poetische« Kunst, in der sich die Romantik vorbereitete. Dazu gehörten die neue Begeisterung für die Dichter Dante und Shakespeare, sodann James Macphersons Übersetzungen und Nachdichtungen der Lieder des schottisch-gälischen Sängers Ossian aus dem 3. Jahrhundert, schließlich die melancholischen »Nachtgedanken« Edward Youngs und die Schauerromane in der Nachfolge von Horace Walpoles »The castle of Otranto« (1764) - allesamt gefühlsbetonte Werke, die an Stimmungen appellieren und in ihrer Mittelalterbegeisterung an die neugotische Architektur anknüpfen.
 
Ein Naturempfinden wurde seit etwa 1730 erlebbar im englischen Landschaftsgarten mit seinen weiten Rasenflächen, natürlichen Baumgruppen und künstlichen Ruinenstaffagen. Nachdem Edmund Burke seine »Philosophische Untersuchung über den Ursprung unserer Ideen vom Erhabenen und Schönen« (»A philosophical enquiry into the origin of our ideas of the sublime and beautiful«, 1757) vorgelegt hatte, fand seine Ästhetik des genussvollen Schauderns Eingang in die Gartenkonzepte, aber auch in die Landschaftsbilder eines Loutherbourg. Im 18. Jahrhundert tendierte die englische Landschaftsmalerei indes weniger zu erhabener Überwältigung als zu friedlich-stimmungsvoller Atmosphärik, etwa bei Richard Wilson, Alexander Cozens mit seinen flüchtig anmutenden Wolkenstudien oder seinem Sohn John Robert Cozens, der die sachliche Wiedergabe der Landschaft völlig hinter der poetischen Beschwörung des Gefühls zurückstellte. Am wichtigsten aber wurde Thomas Gainsborough, dessen Figuren malerisch mit der Natur verschmelzen und den Impressionismus vorausahnen lassen. Seine idyllischen, gelegentlich sentimentalen Landschaften fanden in einer Zeit, die vor der agrarischen und industriellen Revolution die Augen schließen wollte, bereitwillige Zustimmung. In der Romantik sollten sich schließlich nach 1800 alle Stimmen gegen die moderne Entfremdung des Menschen von der eigenen und der ihn umgebenden Natur vereinen.
 
Dr. Norbert Wolf
 
Literatur:
 
Bauer, Hermann und Sedlmayr, Hans: Rokoko. Struktur und Wesen einer europäischen Epoche. Köln 1992.
 Hofmann, Werner: Das entzweite Jahrhundert. Kunst zwischen 1750 und 1830. München 1995.
 Keller, Harald: Die Kunst des 18. Jahrhunderts. Sonderausgabe Berlin 1990.


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