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CHEMIENOBELPREIS 1998: WALTER KOHN — JOHN ANTHONY POPLE

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Chemienobelpreis 1998: Walter Kohn — John Anthony Pople
 
Die beiden Chemiker wurden für ihre Entwicklungen in der Quantenchemie ausgezeichnet.
 
 Biografien
 
Walter Kohn, * Wien 9. 3. 1923; 1952-60 Professor am Carnegie Institute of Technology in Pittsburgh (Pennsylvania), ab 1960 an der University of California in San Diego, 1979-84 Direktor des Instituts für theoretische Physik an der University of California in Santa Barbara, danach dort Professor.
 
John Anthony Pople, * Burnham-on-Sea (England) 31. 10. 1925; 1948-58 Tätigkeit am Trinity College in Cambridge (England), ab 1964 Professor am Carnegie Institute of Technology in Pittsburgh (ab 1967 Carnegie-Mellon University), ab 1993 an der Northwestern University in Evanston (Illinois).
 
 Würdigung der preisgekrönten Leistung
 
Die Quantenchemie gründet auf der Quantenmechanik, die von zahlreichen Physikern, vor allem von Werner Heisenberg (Nobelpreis für Physik 1932) und dem Briten Paul Dirac (Nobelpreis für Physik 1933) entwickelt wurde.Ab 1926 entstanden neue Möglichkeiten, die Art der Wechselwirkung kovalenter Bindungen und die Ursachen der Bindungsenergie besser zu verstehen.
 
Der englische Physikochemiker Gilbert Lewis und der amerikanische Chemiker Irving Langmuir (Nobelpreis 1932) hatten unabhängig voneinander 1916 vorgeschlagen, die kovalente Bindung in Molekülen als Bildung von Elektronenpaaren mit unterschiedlicher Ausrichtung zu erklären. Als die Physiker Walter Heitler und Fritz London das Rätsel der kovalenten Bindung 1927 auf quantenmechanischer Grundlage lösen konnten, war die Quantenchemie geboren.
 
Seitdem sind verschiedene Bindungsmodelle entstanden. Sie gründen alle auf der von Erwin Schrödinger (Physiknobelpreis 1933) entwickelten Wellenfunktion für Elektronen, die ein Maß ist für die Energie und für die Elektronendichte beziehungsweise den wahrscheinlichen Aufenthaltsort eines Elektrons. Der Chemiker Linus Pauling (Nobelpreis 1954, Friedensnobelpreis 1962) erkannte, dass die Verteilung der Elektronenwolke ein Anzeichen dafür ist, wo sich am wahrscheinlichsten Bindungen ausbilden. Die Mehrheit der quantenchemischen Verfahren basieren auf dem Molekül-Orbital-Modell, das unter dem Namen LCAO (Lineare Kombination der Atomorbitale) bekannt geworden ist (Nobelpreis 1981).
 
Die Probleme der Elektronenbindung waren damit nicht wirklich gelöst. Denn die komplizierte Schrödingergleichung hat einen Schönheitsfehler, sie gilt im Grunde nur für ein einzelnes Elektron. Kovalente Bindungen bestehen aber mindestens aus einem Elektronenpaar. Paul Dirac drückte das Problem schon 1929 folgendermaßen aus: »Die grundlegenden Gesetze, die notwendig sind, große Teile der Physik und die gesamte Chemie mathematisch zu behandeln, sind vollständig bekannt. Die Schwierigkeit besteht ausschließlich darin, dass die Anwendung dieser Gesetze zu Gleichungen führt, die zu kompliziert sind, um sie zu lösen.« Zwei Ereignisse änderten zu Beginn der 1960er-Jahre die Situation grundlegend. Walter Kohn stellte eine Theorie zur Beschreibung der räumlichen Verteilung der Elektronen auf und John Pople machte die elektronischen Rechner für die Chemie nutzbar. Die Quantenchemie konnte sich endlich als eigenständiges Forschungsgebiet etablieren; der Schritt zur theoretischen, berechenbaren Chemie war geschafft.
 
 Die Elektronenbindung macht Probleme
 
Ein komplexes Molekül mit allen seinen Teilchen mathematisch zu erfassen, war bis zu der Arbeit von Pople nicht möglich. In vereinfachten Modellen ging man zum Beispiel davon aus, dass die Elektronen unabhängig voneinander auf Orbitalen ihre Bahnen ziehen, nur begrenzt durch den Kern und das gemittelte Feld der anderen Elektronen. In den 1930er-Jahren hatte der englische Mathematiker Douglas Hartree gemeinsam mit dem russischen Physiker Wladimir Fock die HF-Methode zur näherungsweisen Berechnung der Schrödinger'schen Wellenfunktionen und der Energiezustände von Mehrelektronensystemen entwickelt. Es war ihnen gelungen, die prinzipiell für Atome und Moleküle unlösbare Schrödingergleichung zu nutzen, indem sie sie bei Systemen mit n Elektronen in n Gleichungen aufspalteten.
 
Die HF-Methode ist mit sehr hohem Rechenaufwand verbunden. Die kinetische Energie, die Kernanziehung und die Abstoßung der Elektronen untereinander müssen für ein Molekül berechnet werden. Bis zu einer Milliarde Integrale, die auch noch sechsdimensional sind, umfasst unter anderem eine Simulation. Die extreme Komplexität machte sie für numerische Berechnungen ungeeignet. Deshalb ging man in den 1950er-Jahren dazu über, die Wellenfunktionen, die die Bewegung eines Elektrons im gesamten Molekül beschreiben, aufzuspalten. Die Wellenfunktionen der einzelnen Atome konnten wesentlich leichter mit den aufkommenden elektronischen Rechnern bewältigt werden. Als es dann noch gelang, die Wellenfunktionen der Atome durch Gaußfunktionen anzunähern, konnten zum ersten Mal mehratomige Moleküle allein aus den quantenmechanischen Prinzipien heraus berechnet werden. Doch dadurch stiegt der Rechenaufwand wieder stark an.
 
 Ohne Rechner geht es nicht
 
Hier setzte die Arbeit von John Pople ein. Er entwickelte mit seinen Mitarbeitern das Computerprogramm »Gaussian 70«. Es ist einfach zu bedienen und kam deshalb den anwendungsorientierten Chemikern sehr entgegen. Das Programm enthielt eine Reihe von Standardbasissätzen, die eine Standardisierung von quantenchemischen Näherungen ermöglichte. Als es ihm gelang, die Rechenzeit für das Integrieren um bis zu zwei Größenordnungen zu reduzieren, wurde die HF-Methode für die Quantenchemiker interessant.
 
Kohn befasste sich mit dem von dem amerikanischen Physiker Llewellyn Thomas und dem Italiener Enrico Fermi (Physiknobelpreis 1938) 1928 entwickelten TF-Modell, einem Atommodell, bei dem die Elektronenhülle von Mehrelektronenatomen als ein Gas angesehen wird, dessen Elektronen der Fermi-Dirac-Statistik genügen. Es wird nicht die Wellenfunktion, sondern die einfachere Elektronendichte betrachtet. 1964 konnte er zeigen, dass sich die Gesamtenergie eines Moleküls aus der Elektronendichte ableiten lässt. Ein Jahr später entwickelte er ein Gleichungssystem, um die Energiedichte im Grundzustand exakt zu berechnen. Er legte damit den Grundstein für die heute viel eingesetzte Dichtefunktionaltheorie. Sie ist einfacher als die auf der Wellenfunktion gründenden Methoden. Es lassen sich deshalb Systeme aus hunderten von Atomen simulieren und berechnen. Da sich die Elektronendichte nicht bestimmen ließ, entwickelte Kohn einen mathematischen Ausdruck, der sich aus der HF-Methode ergab. Diese so genannte Kohn-Sham-Gleichung wurde jedoch von den Quantenchemikern abgelehnt, da sich die Ergebnisse nicht mit denen anderer Verfahren vergleichen ließen. Als bessere Dichtefunktionale zur Verfügung standen, integrierte Pople den Ansatz in die quantenchemischen Programme — die Gleichung wurde akzeptiert.
 
Die Leistungen der beiden Forscher haben die Quantenchemie revolutioniert. Obwohl der Rechenaufwand mit zunehmender Zahl der Atome in einem Molekül nichtlinear ansteigt, gelingt es, dank der Entwicklungen von Pople und Kohn, molekulare Systeme mit mehr als 100 Atomen zu berechnen. Sogar die Moleküle eines umgebenden Lösungsmittels können miteinbezogen werden.
 
U. Schulte


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