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AFRIKA: TRADITIONELLE RELIGIONEN, CHRISTENTUM UND ISLAM

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Afrika: Traditionelle Religionen, Christentum und Islam
 
Verschiedene Formen traditioneller Religionen, Christentum und Islam sowie eine ganze Reihe aus Christentum und Islam hervrogegangenen Religionsgemeinschaften prägen das religiöse Leben in Afrika. Die einzelnen Ausprägungen der traditionellen Religion sind eng mit der Wirtschaftsweise verknüpft. Jäger und Sammler haben eine andere Religion und andere Gottheiten als Pflanzer, Hirtenvölker oder städtische Kulturen. Die traditionellen Religionen in Afrika kennen einen Schöpfergott, der für die Existenz aller Kreaturen zuständig ist. Er mischt sich jedoch kaum in das Alltagsleben ein. In der Zeitspanne zwischen Geburt und Tod walten untergeordnete Mächte wie Ahnen, Geister und Fetische.
 
Ein Berufspriestertum gibt es nur in den großen Reichen oder für fest umrissene Aufgaben. Die meisten Opferrituale werden von den Familienältesten vollzogen, vor allem solche, die sich an die Ahnen richten. Da Sakrales und Profanes im traditionellen afrikanischen Denken eine Einheit bilden, bedürfen auch Handlungen, die nach europäischem Verständnis als profan gelten - wie etwa das Vorbereiten einer Pflanzung - einer religiösen Zeremonie. Im Mittelpunkt dieser Religionen steht die Existenzsicherung, die eng mit dem höchsten Wesen verbunden wird.So ist zum Beispiel für die Pygmäen, die als Jäger und Sammlerinnen im zentralafrikanischen Urwald leben, ihr Gott Tore der personifizierte Urwald. Sie betrachten den Wald als ihren Vater, der ihnen alles gibt, was sie brauchen. Die sesshaften Pflanzer dagegen sind auf die Fruchtbarkeit der Erde angewiesen. Diese wird dann auch als »Mutter Erde« personifiziert. Die Hirten wiederum richten ihre Bitten an den »Vater Himmel«, da für sie der vom Himmel gespendete Regen für die grünen Weiden existenzsichernd ist.
 
Neben diesen unterschiedlichen Vorstellungen von der Hauptgottheit findet man jedoch in ganz Afrika den Glauben an ein Weiterleben nach dem Tod. Der Tod ist keine unüberwindliche Barriere zwischen Diesseits und Jenseits. Das Sterben ist nur ein Übergangsritus, den man vollziehen muss, um zum Ahnen oder zur Ahnin werden zu können. Drüben - im »anderen Dorf« — geht das Leben in einer anderen Seinsweise weiter. Wer in seinem Leben Sklave war, wird es auch im jenseitigen Dorf sein, wer König oder Häuptling war, wird es dort ebenfalls sein. Die Ahnen gehören weiterhin zur Familie. Sie besitzen das Land, ihre Nachkommen sind die Nutznießer. Aus diesem Grund kann nach altem afrikanischem Recht Land niemals veräußert werden. Der Urahn eines Klans — vor allem eines herrschenden Klans — kann manchmal so weit in übermenschliche Sphären entrückt sein, dass er kaum vom Schöpfergott unterschieden werden kann. Der Schöpfergott der Kongo heißt beispielsweise Nzambi, ein Name, der in den ältesten Berichten aus der Zeit des beginnenden 16. Jahrhunderts auch stets im Zusammenhang mit dem Königtum auftaucht. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass es sich hier vielleicht um einen Urahn des Königs handelt.
 
In diese afrikanische Welt wirken. Christentum und Islam seit Jahrhunderten ein. Das Christentum erreichte Nordafrika und speziell Ägypten noch zur Zeit der Apostel; im 4. Jahrhundert gelangte es nach Äthiopien. Im Unterschied zum abendländischen. Christentum gehört Äthiopien der monophysitischen Kirche an, die sagt, dass in. Christus nur eine Person und Natur eine ist. Die abendländische Kirche spricht dagegen von einer Person und zwei Naturen in. Christus — einer menschlichen und einer göttlichen. Vom 6. bis zum 16. Jahrhundert gab es christliche Königreiche auch in Nubien. Als einziges christliches Reich überdauerte Äthiopien die Islamisierung Nord- und Ostafrikas, die im 7. Jahrhundert einsetzte. Im restlichen Nord- und Ostafrika existieren zwar noch christliche Bevölkerungsgruppen; das Christentum hat jedoch keinen größeren Einfluss mehr.
 
Zu einer zweiten Verbreitung dieser Religion kam es im Lauf der Kolonialisierung Afrikas. Die Portugiesen unter Heinrich dem Seefahrer verfolgten im 15. Jahrhundert zwar handfeste ökonomische und politische Interessen, aber offiziell wurden immer die Verbreitung des christlichen Glaubens und die Suche nach dem Reich des Priesters Johannes als Gründe für die Afrikafahrten angeführt. Ihre größten Missionserfolge feierten die Portugiesen 1491, als sich sowohl der Oba von Benin als auch der Mani Kongo, der König des Königreiches Kongo, und sein Sohn taufen ließen. Die Beweggründe der beiden Könige waren in erster Linie ökonomischer und machtpolitischer Natur. Im Vordergrund standen auch für sie der Handel mit den Portugiesen und die Vereinheitlichung der Weltanschauung ihrer Untertanen und Vasallen. 1512 erklärte König Afonso I. im Kongo das Christentum zur Staatsreligion. 1518 wurde Henrique, der Sohn des Königs, in Rom zum ersten schwarzen Bischof konsekriert (geweiht). Gut ein Jahrhundert später zerfiel die Mission jedoch wieder. Aus dieser Zeit gibt es religionsgeschichtlich sehr interessante Kruzifixe und Heiligenstatuetten, in denen sich ein tiefer Synkretismus von traditionellen religiösen Ideen und christlichem Glaubensgut manifestiert, wie etwa in den zweigeschlechtlichen Kruzifix-Darstellungen. Die geringen Missionserfolge der Portugiesen in Angola und Moçambique erklären sich unter anderem auch dadurch, dass sie in ihrer Missionstätigkeit neben der Glaubensverkündigung stets auch nationale und politische Interessen berücksichtigen mussten.
 
In den meisten Ländern Schwarzafrikas setzte die eigentliche christliche Missionsbewegung erst im 19. Jahrhundert ein. Man war allerdings vor allem bestrebt, die Kirchen Europas nach Afrika zu verpflanzen. So gab es bis zum Zweiten Weltkrieg keine ernsthaften Bemühungen, eine christliche afrikanische Kunst ins Leben zu rufen, der Klerus blieb fast ausschließlich weiß, die Kirchenmusik europäisch. Die Kirche der Buren in Südafrika hielt die Afrikaner sogar für unwürdig, Vollmitglieder zu werden. Eine Folge dieses Verhaltens ist sicherlich die Existenz von mittlerweile 6000 bis 8000 christlichen Kirchen in ganz Afrika — 3000 allein in Südafrika. Die Fluktuation ist groß. Es ist auch nicht leicht zu sagen, ob es sich bei all diesen Kirchen um traditionelle Bewegungen mit christlichen Anleihen handelt oder doch eher um neue christliche Kirchen, die versuchen, eine afrikanische Form des Christentums zu leben.
 
Der Islam breitete sich schon bald nach seiner Entstehung auf der arabischen Halbinsel (um 610 n. Chr.) bis nach Afrika aus. An der Westküste des Roten Meeres gab es schon in vorislamischer Zeit arabische Niederlassungen, sodass sich hier sehr früh islamische Gemeinden bilden konnten, die dann ab dem 11. Jahrhundert sogar bis nach Äthiopien missionierten. Weiter im Süden erreichten islamische Gruppen vor Ende des 7. Jahrhunderts die afrikanische Ostküste und landeten um 1150 an der Sambesimündung. Am stärksten wirkte jedoch der Islam vom Norden her auf Schwarzafrika ein. Kairo war bereits 641 von islamischen Truppen erobert worden, Tripolis 647. Im heutigen Marokko bildeten sich Berber-Königreiche, die 711 die Iberische Halbinsel eroberten und im 11. Jahrhundert nach Westafrika vorrückten. Zu diesem Zeitpunkt erreichten die islamischen Eroberungszüge auch das Königreich Bornu-Kanem am Tschadsee.
 
Die islamischen Ankömmlinge waren am Aufbau der Heere und der Verwaltung einiger großer westafrikanischer Königreiche wie Gana, Mali und Songhai beteiligt. Mit den Koranschulen entfaltete sich auch die Schriftkultur in Afrika. Eine besondere Rolle bei der Ausbreitung des Islam in Schwarzafrika spielten die religiösen Bruderschaften der Derwisch-Orden, die durch ihre volksnahe Frömmigkeit und ihr karitatives Engagement beträchtlichen sozialen und politischen Einfluss hatten. Vor allem im 19. Jahrhundert kam es dann auch zu kriegerischen Auseinandersetzungen um den »rechten Glauben«. Der von dem Reichsgründer Osman dan Fodio (* 1745, ✝ 1817) aus dem beiderseits des Senegal lebenden Volk der Tukulor - einem Angehörigen des stark mystisch ausgerichteten -Derwisch-Orden der Kadirije, geführte heilige Krieg richtete sich in erster Linie gegen die zu wenig orthodoxen Muslime. Ungläubige wurden nicht mit Gewalt bekehrt. Da er jedoch gleichzeitig für ein islamisches Recht im Namen der sozialen Gerechtigkeit eintrat, traten große Teile der Bevölkerung der Hausa-Staaten in der Folge zum Islam über. Das von Osman dan Fodio gegründete Reich Sokoto erstreckte sich über große Teile der heutigen Staaten Nigeria, Niger, Kamerun und der Zentralafrikanischen Republik. 1851 führte der Tiganije-Derwisch El-Hadj Omar Seydu Tall (* 1797, ✝ 1864) gleichfalls einen heiligen Krieg, um sowohl Ungläubige zu bekehren als auch gläubige Muslime zu Anhängern des Tiganije-Ordens, zu dessen Hauptlehre die Unterwerfung unter die bestehende Regierung gehört, zu machen. Beide Ordensrichtungen existieren in Westafrika bis heute und sehen sich in einer antifundamentalistischen Tradition stehend.
 
Der Islam besitzt in Afrika eine eigene besondere Ausprägung und fügt sich seit Beginn der islamischen Missionierung leicht in die bestehenden Sozialstrukturen ein. Das Vordringen der christlichen Missionare im 19. Jahrhundert brachte jedoch die islamische Mission zum Stocken. Verschiedenen afrikanischen Statistiken zufolge gibt es heute in Gesamtafrika fast gleich viele Christen wie. Etwa 45 % nominellen. Christen stehen danach etwa 42 % nominelle Muslime gegenüber, wobei der Norden stärker islamisch, der Süden stärker christlich geprägt ist. Übertritte von einer Religion zur anderen sowie von einer Glaubensgemeinschaft zur anderen sind jedoch nicht selten. Außerdem findet man bei den Anhängern sowohl des Christentums als auch des Islams weiterhin oft Elemente der traditionellen Religionen. Besonders auffallend ist dies bei den vielen verschiedenen christlichen Kirchen und bei der Vermischung christlicher und traditioneller Elemente in den heute existierenden afroamerikanischen Kulten, deren Mitglieder einen regen Austausch zwischen Westafrika und Amerika pflegen. Ähnlich synkretistische Strömungen können auch im Islam beobachtet werden.
 
Ähnliches geschieht auch in dem vor allem in Westafrika verbreiteten Mamiwata-Kult, in dem die Verehrung einer europäisch anmutenden weiblichen Meeresgottheit im Mittelpunkt steht. Der Kult, in dem sich vorkoloniale und moderne Elemente mischen, ist vermutlich schon in der Kolonialzeit entstanden. Zur Blüte und Verbreitung gelangte er in Westafrika ab den Fünfzigerjahren des 20. Jahrhunderts. Der Göttin Mamiwata zu Ehren finden reiche Festessen mit europäischen Gerichten statt. Die Mitglieder des Mamiwata-Konvents stellen in den rituellen Trancen oft Europäer und Europäerinnen dar — meist in überzeichneter Weise. Die Altäre für die Göttin sind vor allem mit Objekten aus dem Leben einer europäischen Frau geschmückt — von Schminkutensilien über Topfpflanzen und Christbaumkugeln bis hin zu Erinnerungsfotos. Manchmal können auch Elemente aus anderen Kulturen dazukommen, wie etwa Abbildungen hinduistischer Gottheiten. Die Offenheit gegenüber fremden Kulturelementen ist charakteristisch für diesen Kult.
 
Prof. Dr. Josef Franz Thiel
 
Literatur:
 
Broszinsky-Schwabe, Edith: Kultur in Schwarzafrika. Geschichte — Tradition — Umbruch — Identität. Köln 1988.
 Fisseha, Girma und Raunig, Walter: Mensch und Geschichte in Äthiopiens Volksmalerei. Innsbruck 1985.
 
Die Gärten des Islam, herausgegeben von Hermann Forkl u. a. Ausstellungskatalog Linden-Museum, Stuttgart. Stuttgart u. a. 1993.
 Kramer, Fritz W.: Der rote Fes. Über Besessenheit und Kunst in Afrika. Frankfurt am Main 1987.


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