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CHINA: VOM MASSENPROTEST DER 20ERJAHRE ZUR JAPANISCHEN INVASION

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China: Vom Massenprotest der 20er-Jahre zur japanischen Invasion
 
Kriegsherren, Nationalisten und Kommunisten
 
Der Erste Weltkrieg bedeutete keinen besonders tiefen Einschnitt in der Geschichte Chinas. China profitierte vom Kriegsgeschehen in Europa insofern, als es ihm einen Industrialisierungsschub ermöglichte. Nach Kriegsende sahen besonders die USA und Großbritannien keinen Anlass, das alte System der ungleichen Verträge abzubauen. Japan baute in den Zwanzigerjahren in den Vertragshäfen, den treaty ports, nicht nur eine umfangreiche Industrie auf, sondern zeigte sich auch politisch endgültig als größte nationale Bedrohung der innerlich zerrissenen chinesischen Republik.
 
Widersprüchliche Tendenzen kennzeichneten diese Zwanzigerjahre. Einerseits war die Entwicklung auf den Weltmärkten für die chinesische Exportproduktion günstig, andererseits setzten sich die langfristigen Krisentendenzen weiter fort, vor allem wurde das Land als Folge eines ungebremsten Bevölkerungswachstums zunehmend knapper. Die Verwüstungen, die durch die fortwährenden Kriege zwischen den warlords verursacht wurden, lähmten die Landwirtschaft.Die Regime der warlords zogen junge, arbeitsfähige Männer und hohe Steuern ohne Gegenleistung aus den Dörfern ab.
 
Der Aufstieg des Militärs führte zu Umschichtungen in der ländlichen Oberschicht, die Kriegsherren und ihre Trabanten bildeten eine neue herrschende Klasse, die der eingesessenen Honoratiorenschicht übergeordnet war. Viele von diesen zogen sich in die relative Sicherheit der großen Städte, vor allem in das in Teilen von Ausländern kontrollierte Schanghai, zurück. Der Grundherr, dem der Bauer traditionell Respekt zollte und von dem er Schutz erhielt, wurde in vielen Gebieten durch den anonym die Pacht eintreibenden Büttel ersetzt; damit verschlechterte sich das soziale Klima auf dem Lande.
 
Die Ausschaltung der Kommunisten
 
Schauplatz dramatischer Ereignisse in dieser Zeit war vor allem Schanghai, das zur bevölkerungsreichsten Metropole Asiens und zum Experimentierfeld für Kulturkontakte aller Art geworden war. Die in der Vierter-Mai-Bewegung 1919 entstandene Protestdynamik, als Studenten gegen die Benachteiligung Chinas bei den Versailler Friedensverhandlungen demonstrierten, erlahmte nicht. Im Mai 1925 löste die Erschießung einiger chinesischer Demonstranten eine neue, gewaltige Welle antiimperialistischer Streiks und Boykotts aus. Die junge Kommunistische Partei Chinas (KPCh) konnte sich nun durch geschickte Organisationsarbeit 1925 erstmals eine Massenanhängerschaft unter den Arbeitern, darunter viele Frauen, die 80 Prozent des Personals in der Textilproduktion stellten, verschaffen. Mittlerweile hatte Sun Yatsens Kuo-min-tang im südchinesischen Kanton eine eigene Machtbasis errichtet. Von dort aus brach 1926 Sun Yatsens Nachfolger, der junge General Chiang Kai-shek, zu seinem »Nordfeldzug« gegen die Kriegsherren auf. Sein Ziel war, China im Sinne des verstorbenen »Vaters der Nation«, so Sun Yatsens Beiname, wieder zu vereinigen. Mit Chiang Kai-sheks Elitearmee zogen die Politkommissare der KPCh, die auf Druck sowjetischer Berater ein Bündnis mit der Kuo-min-tang eingegangen war. Als die Truppen der Nationalarmee durch Süd- und Mittelchina vordrangen, ging ihnen eine Welle teils spontaner, teils von KPCh-Agenten angezettelter Bauernerhebungen voraus.
 
Diese Bauernrevolten waren in der Programmatik von KPCh und Kuo-min-tang allerdings nicht vorgesehen. Die KPCh hing weiterhin der orthodox-marxistischen Lehre an, dass die Revolution vom Industrieproletariat der Städte auszugehen habe. Die Kuo-min-tang fand ihrerseits viel Unterstützung unter nationalistisch gesinnten Grundbesitzern, in deren Augen die Bauern als politische Subjekte bedeutungslos waren. Die Agrarrevolten von 1926/27, die der KPCh angelastet wurden, trugen zur Entfremdung zwischen den beiden Bündnisparteien bei. Chiang Kai-shek konnte auf breite Unterstützung in seiner eigenen Partei ebenso wie auf die Hilfe der einheimischen Hochfinanz und der Unterwelt bauen, als er am 12. April 1927 die Allianz mit der KPCh aufkündigte und einen antikommunistischen Terror entfesselte, der in Schanghai seinen Anfang nahm und sich auf ganz China ausweitete.
 
 Chiang Kai-shek und die Kuo-min-tang
 
Im Frühjahr 1927 begann in China ein Bürgerkrieg, der sich bis 1949 hinzog. Von Schanghai aus setzte Chiang Kai-shek seinen »Nordfeldzug« fort. Peking wurde im Juni 1928 eingenommen. Als der warlord der Mandschurei Ende Dezember seine Loyalität mit Chiang Kai-shek erklärte, war die Einigung Chinas formal zwar abgeschlossen, in Wirklichkeit jedoch konnte von einer Wiedervereinigung keine Rede sein. Die »Nationalregierung«, eine Einparteienherrschaft der Kuo-min-tang, die Chiang Kai-shek bereits im April 1927 in Nanking errichtet hatte, kontrollierte anfangs gerade einmal ein Drittel des Landes. Zahlreiche warlords hatten während des »Nordfeldzugs« vor Chiang Kai-shek kapituliert, ohne sich jedoch entwaffnen und entmachten zu lassen. Sie wurden einfach zu Provinzgouverneuren ernannt und so de facto im Besitz ihrer Herrschaftsgebiete bestätigt. Erst durch mehrjähriges nahezu pausenloses Kriegführen gelang es Chiang Kai-shek, bis 1936 seine Autorität auf den Süden und Westen Chinas auszudehnen.
 
1931 besetzte Japan die an Ressourcen reiche Mandschurei, verwandelte sie in eine Kolonie und dehnte von ihr aus seinen Einfluss allmählich auf ganz Nordchina aus. Auch Chinas internationale Lage wurde von Japans imperialen Absichten bestimmt. Großbritannien und die stärkste Macht im Pazifik, die USA, hatten den Raub der Mandschurei — die bis dahin bedrohlichste Verletzung der Versailler Ordnung — nicht verhindert und Japan später kaum mehr als verurteilt. Sie selbst hielten weiter an den Kernbestimmungen der alten ungleichen Verträge fest: Die rechtliche Immunität von Ausländern galt weiterhin, und Chinas Wirtschaftszentrum, die Innenstadt von Schanghai, stand unverändert unter der Kontrolle einer Regierung des internationalen big business. Eine langsame Annäherung an die Forderungen des gemäßigten Nationalismus hatte jedoch schon kurz nach Errichtung der Nankingregierung begonnen. Mit sozialkonservativen Nationalisten wie Chiang Kai-shek und seinen oft im Westen ausgebildeten Kollegen, die ausländisches Eigentum respektierten und die Notwendigkeit einer starken westlichen Präsenz in China anerkannten, ließ sich viel eher zu einer Einigung gelangen als mit den radikalen Antiimperialisten, die vor 1927 den Ton angegeben hatten.
 
Die Führer der Nankingregierung, patriotisch in ihrer Gesamteinstellung, waren nicht die »Kettenhunde des Imperialismus«, als die sie von der kommunistischen Propaganda damals und später verunglimpft wurden; ihr Regime war vielmehr ein Produkt der ersten Phase der chinesischen Revolution von 1911. Die Staatspartei Kuo-min-tang war gemessen an den von Sun Yatsen formulierten Grundsätzen nach rechts gerückt, verleugnete aber die Lehren ihres Gründers nicht. Das Regime Chiang Kai-sheks hatte die Modernisierung Chinas auf seine Fahnen geschrieben und knüpfte in mancher Hinsicht dort an, wo die Qingdynastie ihre Reformbemühungen schon vor der Abdankung des letzten Kaisers 1911 abbrechen musste.
 
Zur Demokratisierung Chinas trug das Regime aber nichts bei, verstand es sich doch als eine Erziehungsdiktatur im Sinne Sun Yatsens. Die Meinungs- und Pressefreiheit wurde stärker eingeschränkt, die Universitäten wurden schärfer überwacht als unter den Kriegsherren, denen ein wohlorganisierter Staatsapparat für solche Zwecke gefehlt hatte. Das innenpolitische Hauptziel der Nankingregierung war die Stärkung von Staat und Militär. Dazu orientierte man sich an einer Reihe recht unterschiedlicher Vorbilder: an Japan, dem faschistischen Italien, der stalinistischen Sowjetunion und dem nationalsozialistischen Deutschland. Der Spielraum für privates Unternehmertum wurde im Vergleich zu den Zwanzigerjahren stark eingeschränkt. Die Bourgeoisie war von der Kuo-min-tang, die sie anfangs unterstützt hatte, bald enttäuscht. Der Lage auf dem Land schenkte man im Machtbereich der Nankingregierung wenig Aufmerksamkeit, Missbräuche des Pachtwesens wurden allenfalls auf dem Papier korrigiert; an eine Bodenreform wurde nicht gedacht. Chiang Kai-shek verließ sich vorwiegend auf seine militärische Macht und kümmerte sich wenig um die Popularität seines Regimes. Die Kommunisten bekämpfte er gewaltsam, ohne nach den Ursachen für ihren Rückhalt bei Teilen der Bevölkerung zu fragen.
 
 Der Lange Marsch
 
Nach der großen Niederlage von 1927 in den Städten zog sich die KPCh in entlegene Gebiete des inneren China zurück und rekrutierte den Grundstock einer eigenen Armee unter Banditen, Deserteuren und Landlosen. Zwei Persönlichkeiten verdankte die KPCh in dieser Phase ihr Überleben und die Anfänge ihres Wie- deraufstiegs: Zhu De, früher General in Diensten eines warlords, erkannte die Hilflosigkeit einer Partei ohne Bajonette und wurde zum Organisator der Roten Armee. Mao Zedong kritisierte als Erster in der KPCh die Theorie der Kommunistischen Internationale (Komintern) von der »führenden Rolle der Arbeiterschaft« und erklärte schon 1926 die Bauernfrage zur »zentralen Frage der nationalen Revolution«. Er gab zwar niemals den Führungsanspruch des von der Partei vertretenen »Proletariats« auf, erkannte aber, dass das Schicksal der Revolution auf dem Land entschieden werden würde.
 
Die erste Gelegenheit für Mao Zedong, diese Einsichten in die Praxis umzusetzen, ergab sich, als die KPCh zwischen 1929 und 1934 in der zentralchinesischen Provinz Jiangxi territoriale Herrschaft in einem ländlichen Gebiet von der Größe Brandenburgs erlangte, in dem etwa sechs Millionen Menschen lebten. Hier konnte die Partei erstmals zivile Staatsorgane entwickeln und ihre Vorstellungen von sozialer Gerechtigkeit mit den Erfordernissen des Überlebens in einer feindlichen Umwelt in Einklang bringen. Die Partei besaß nun die Macht, gegen »ausbeuterische Grundherren« vorzugehen. Wer aber gehörte zu dieser Kategorie? Wie sollte mit diesen Leuten umgegangen werden? An wen und wie sollte enteignetes Land umverteilt werden? Würde unter dem Sozialismus privater Handel zulässig sein? Diese und andere Fragen wurden zwischen den Flügeln der Partei kontrovers diskutiert. Die tatsächliche Politik folgte einem Zickzackkurs zwischen entgegengesetzten Extremen. Schon jetzt machte man auch die Erfahrung, dass die Partei niemals ganz auf die Zusammenarbeit mit »fortschrittlichen« Kräften in der jeweiligen örtlichen Elite verzichten konnte. Um als Faktor der nationalen Politik Erfolg zu haben, musste die KPCh mehr sein als eine Kampforganisation der Dorfarmut. Revolutionärer Rhetorik zum Trotz erkannten Mao Zedong und seine Mitstreiter: Einwurzelung und Ausbreitung des Kommunismus in China ließen sich nicht durch revolutionäre Brachialaktionen, sondern nur durch ein feines, von Ort zu Ort jeweils anders gesponnenes Geflecht lokaler Bündnisse sicherstellen.
 
Die Weltwirtschaftskrise, die 1929 begann, kam der KPCh entgegen, da sie eine Zunahme des Massenelends in großen Teilen des Landes nach sich zog. Die KPCh konnte nun als Partei der Opfer auftreten. Auch von der japanischen Aggression konnte sie profitieren. Ihre Basisgebiete lagen fernab vom japanischen Expansionsgebiet im Norden. So war es erst einmal nur eine Propagandageste, als die »Chinesische Sowjetrepublik« in Jiangxi Japan nach seiner Besetzung der Mandschurei den Krieg erklärte. Die Botschaft war jedoch klar: Während die Nankingregierung teils aus einer realistischen Einsicht in die eigene militärische Schwäche, teils aus dem Glauben, die Kommunisten seien ein schlimmerer Feind als die Imperialisten, Japan nur zögernd entgegentrat, präsentierte sich die KPCh als die einzige kompromisslos das Vaterland verteidigende Kraft. Chiang Kai-shek konnte auf Dauer eine rebellische Enklave mitten in China nicht dulden. Dank eines riesigen Truppenaufgebots und einer neuen Umzingelungstaktik nahm er 1934 das kommunistische Basisgebiet in den Würgegriff. Die Kapitulation der ausgehungerten Bewohner war nur eine Frage der Zeit. Im Morgengrauen des 16. Oktober 1934 verließen 86000 Männer und 35 Frauen das schon erheblich geschrumpfte Restgebiet. 50000 bis 60000 davon waren Soldaten, die übrigen hohe Parteifunktionäre und Lastenträger. Der später legendäre Lange Marsch hatte begonnen. Die Sieger hielten ein blutiges Strafgericht über die Zurückgebliebenen.
 
370 Tage nach dem Aufbruch erreichten Mao Zedong und 8000 weitere Überlebende nach unsäglichen Gefahren und Strapazen den Norden der Provinz Shaanxi. Nach über 9000 km zu Fuß über Berge und Flüsse, durch Sümpfe und die Gebiete feindseliger Minderheitenvölker waren sie zunächst in Sicherheit. Ende Dezember verlegte die Parteiführung ihren Sitz in das Städtchen Yan'an. Chiang Kai-shek war ihnen aber auf den Fersen und zog bereits zehnfach überlegene Verbände zusammen. Nach 1927/28 und 1934 schien 1935/36 zum dritten Mal das letzte Stündlein des Kommunismus in China geschlagen zu haben.
 
Chiang Kai-sheks Übermacht nutzte ihm wenig, denn er missverstand die Zeichen der Zeit. Mittlerweile war die antijapanische Stimmung in China derart gewachsen, dass selbst einige unter Chiang Kai-sheks Truppenführern die Politik, erst die Kommunisten zu vernichten und dann den Japanern Widerstand zu leisten, missbilligten.
 
Im Xi'an-Zwischenfall vom Dezember 1936, als eigene Truppenteile meuterten, wurde Chiang Kai-shek unter Druck dazu gebracht, seine Aktionen gegen die KPCh einzustellen. Im Juli 1937 entschloss er sich endlich, den Japanern militärisch entgegenzutreten. Der acht Jahre dauernde Chinesisch-Japanische Krieg, in China »Antijapanischer Widerstandskrieg« genannt, begann. Angesichts der Invasion der Kaiserlich Japanischen Armee wurde der Bürgerkrieg zwischen Kuo-min-tang und KPCh einstweilen zugunsten einer nationalen Einheitsfront auf Eis gelegt.
 
Prof. Dr. Jürgen Osterhammel, Freiburg
 
Weiterführende Erläuterungen finden Sie auch unter:
 
China: Der chinesische Bürgerkrieg
 
Grundlegende Informationen finden Sie unter:
 
China: Die erste Kulturrevolution 1916 bis 1919
 
Literatur:
 
Bartke, Wolfgang: Die großen Chinesen der Gegenwart. Ein Lexikon 100 bedeutender Persönlichkeiten Chinas im 20. Jahrhundert. Frankfurt am Main 1985.
 Ch'en, Jerome: China and the West. Society and culture 1815-1937. London 1979.
 Chevrier, Yves: La Chine moderne. Neuausgabe Paris 1992.
 Fairbank, John K.: Geschichte des modernen China. 1800-1985. Aus dem Englischen. München 21991.
 Osterhammel, Jürgen: China und die Weltgesellschaft. Vom 18. Jahrhundert bis in unsere Zeit. München 1989.
 Osterhammel, Jürgen: Shanghai, 30. Mai 1925. Die chinesische Revolution. München 1997.
 
The rise to power of the Chinese Communist Party. Documents and analysis, herausgegeben von Tony Saich. Armonk, N. Y., 1996.
 Spence, Jonathan D.: Chinas Weg in die Moderne. Aus dem Amerikanischen. München u. a. 1995.
 Spence, Jonathan D.: Das Tor des Himmlischen Friedens. Die Chinesen und ihre Revolution 1895-1980. Aus dem Englischen. Taschenbuchausgabe München 1992.


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