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EMPFÄNGNISVERHÜTUNG: DIE ANTIBABYPILLE

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Empfängnisverhütung: Die Antibabypille
 
Seit Jahrtausenden träumten Frauen und Männer von einer perfekten Methode, unerwünschte Schwangerschaften zu verhindern. Doch erst am 11. Mai 1960 schien der Traum in Erfüllung zu gehen. An diesem Tag wurde die erste hochwirksame Antibabypille in den USA zum Verkauf freigegeben. Sie enthielt Wirkstoffe, die den Eisprung und damit auch die Empfängnis verhinderten. Die Aussicht, durch die einfache Einnahme einer Pille zukünftig vor Schwangerschaften sicher zu sein, löste weltweit eine große Euphorie aus. Erst später stellte sich heraus, dass auch die Pille nicht das ideale Verhütungsmittel war, als das sie angepriesen wurde. Dennoch hat sie unser Leben grundlegend verändert, weil eine ungewollte Schwangerschaft seitdem kein unvermeidbares Schicksal mehr ist.
 
Die Suche nach geeigneten Verhütungsmitteln wurde bis ins 20. Jahrhundert durch die völlige Unkenntnis der Vorgänge behindert, die zur Entstehung des menschlichen Lebens führen. Nur der Zusammenhang zwischen Geschlechtsverkehr, Samenerguss und Schwangerschaft war bereits 2000 v. Chr. in Ägypten bekannt. Die geschlechtliche Enthaltsamkeit galt deshalb schon früh als beste Verhütungsmethode.Häufig wurde auch der Abbruch des Geschlechtsverkehrs vor dem Samenerguss, der Coitus interruptus, praktiziert. Neben vielen Formen von Magie und, aus heutiger Sicht, wenig Erfolg versprechenden Rezepturen kamen auch Mittel zur Anwendung, die das Eindringen des Samens in die Gebärmutter mechanisch verhindern sollten, zum Beispiel Pessare und das Kondom. Der Vorteil aller dieser mechanischen und »natürlichen« Methoden lag in ihrer Unschädlichkeit, die Wirkung hing dagegen stark von der Disziplin der Anwender und der Verarbeitung des Verhütungsmittels ab, die Handhabung war oft kompliziert und unbequem.
 
 Die Fortpflanzung wird entschlüsselt
 
Ein Medikament zur zeitweiligen Ausschaltung der Fortpflanzungsfähigkeit rückte erst in den Bereich des Möglichen, nachdem in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts Aufgaben und Steuerung des weiblichen Monatszyklus aufgeklärt worden waren. Karl Ernst von Baer beobachtete 1827 zum ersten Mal das Ei eines Säugetiers im Eierstock. In den folgenden Jahrzehnten gelang es verschiedenen Forschern, den Vorgang der Befruchtung des Eis durch einen männlichen Samenfaden, das Spermium, aufzuklären. Gleichzeitig bewiesen sie, dass die weiblichen Eierstöcke in jedem Monatszyklus durch den Eisprung, die Ovulation, spontan ein Ei hervorbringen. Nach der Ovulation wandelt sich die Eihülle in den »Gelbkörper« um, dessen Aufgabe zunächst rätselhaft blieb. Im Jahr 1898 vermuteten John Beard und Auguste Prénant, dass der Gelbkörper einer Schwangeren durch bestimmte Botenstoffe, die Hormone, weitere Eisprünge und damit Schwangerschaften verhindert. Den Österreicher Ludwig Haberlandt brachte diese Theorie 1919 auf den Gedanken, ein ovulationshemmendes Verhütungsmittel aus der Gelbkörpersubstanz zu entwickeln: Das Grundprinzip der späteren Antibabypille war entdeckt. In den 30er-Jahren wurde dann die chemische Struktur der weiblichen Geschlechtshormone, der Östrogene und Gestagene, aufgeklärt, und während des Zweiten Weltkrieges entwickelte Russell Marker ein Verfahren, das Gestagen Progesteron in großen Mengen und billig aus der mexikanischen Yamswurzel herzustellen.
 
Die technischen Voraussetzungen für die Antibabypille waren damit gegeben, aber es fehlte noch an dem festen Willen, ihre Entwicklung gegen scheinbar unüberwindliche religiöse und gesellschaftliche Widerstände voranzutreiben. Erst Anfang 1951 wurde der Biologe Gregory Pincus von der Frauenrechtlerin und Führerin der amerikanischen Geburtenkontrollbewegung Margaret Sanger zur Suche nach einem sicheren und einfachen Verhütungsmittel angeregt. Pincus und seinen Mitarbeitern gelang es schon bald, mit dem aus Progesteron hergestellten Wirkstoff Norethynodrel von der Firma G. D. Searle im Tierversuch den Einsprung und damit die Empfängnis zu verhindern. Für die ersten erfolgreichen klinischen Versuche an 50 Frauen 1954 in Boston gewann Pincus den katholischen Gynäkologen John Rock. Seit 1956 fanden dann umfangreiche Feldversuche mit der Enovid genannten Pille in Puerto Rico, Haiti und Mexiko statt. Das Mittel wirkte bei korrekter Anwendung absolut sicher, aber die Nebenwirkungen waren zunächst unerträglich. Erst der Zufall half weiter: Eine mit synthetischem Östrogen »verunreinigte« Lieferung von Enovid verursachte erheblich weniger Beschwerden. Daraufhin beantragte G. D. Searle 1959 die Freigabe dieser Östrogen-Gestagen-Kombination als Verhütungsmittel. Die Genehmigung wurde am 11. Mai 1960 von der amerikanischen Aufsichtsbehörde erteilt; am 1. Juni 1961 folgte die Zulassung der ersten deutschen Pille »Anovlar« von der Firma Schering. In den folgenden Jahren trat die Antibabypille ihren Siegeszug um die Welt an. Durch die Befreiung des Geschlechtsverkehrs von der Angst vor ungewollter Nachkommenschaft trug die Pille dazu bei, die lustfeindliche Sexualmoral in vielen Ländern zu lockern. Sie ermöglichte den Frauen einen selbstbewussten Umgang mit ihrer Sexualität und half ihnen dabei, den bis dahin fast unausweichlichen Rollen als Hausfrau und Mutter zu entgehen, wenn sie es wünschten. Die wirksame Verhütung durch die Pille machte viele Abtreibungen überflüssig und bremste weltweit das bedrohliche Bevölkerungswachstum. In Deutschland kam es sogar zu einem regelrechten »Pillenknick«: Die Zahl der Geburten ging drastisch zurück.
 
 Krise und Renaissance der Pille
 
Mitten im Erfolg geriet die Pille gegen Ende der 60er-Jahre in eine schwere Krise. Am 25. Juli 1968 verkündete Papst Paul VI. die Enzyklika »Humanae vitae«, in der sämtliche empfängnisverhütenden Mittel verurteilt wurden, weil der Geschlechtsverkehr immer der Fortpflanzung dienen müsse. Nur die Berechnung der unfruchtbaren Tage der Frau, wegen ihrer Unsicherheit spöttisch »römisches Roulette« genannt, wurde den katholischen Eheleuten gestattet. Trotz der scharfen Kritik an dieser Entscheidung hält die katholische Kirche bis heute an der Verdammung der Empfängnisverhütung im Allgemeinen und der Pille im Besonderen fest. Auch von einer ganz anderen Seite, nämlich von Teilen der neuen Frauenbewegung, hagelte es Kritik an der Pille. Sie wurde als männliches Machwerk zur Abwälzung der Last der Verhütung auf die Frauen angeklagt. Viele Frauen empfanden die Einnahme von Hormonen jetzt als einen schweren Eingriff in ihren Körper, zumal durch den Streit um gefährliche Nebenwirkungen wie die Verstopfung von Blutgefäßen und Krebs in den 70er-Jahren eine große Verunsicherung um sich griff. Heute kann diese Krise der Pille als überwunden gelten. Ihre Vor- und Nachteile sind nach 40 Jahren der Anwendung gut bekannt und werden nun gelassener beurteilt. Die schädlichen Nebenwirkungen konnten durch die enorme Reduzierung des Hormongehalts in den modernen »Mikropillen« erheblich verringert werden. Die Pille für den Mann lässt zwar noch auf sich warten, es befinden sich aber inzwischen Erfolg versprechende Präparate in der klinischen Prüfung.
 
In letzter Zeit erhielt die »Pillenfamilie« weiteren Zuwachs: Die »Pille danach« verhindert innerhalb einiger Stunden nach einem ungeschützten Geschlechtsverkehr die Einnistung der befruchteten Eizelle in der Gebärmutter. Die »Abtreibungspille« RU 486 wurde 1988 in Frankreich zugelassen, bleibt aber bis auf weiteres in Deutschland verboten. Die »Potenzpille« Viagra sorgte 1998 weltweit für Furore. Eines haben alle diese »Pillen« trotz ihrer Unterschiede gemeinsam: Als Medikamente eines neuen Zeitalters bekämpfen sie keine Krankheiten mehr, sondern erlauben die Umprogrammierung des Organismus ganz nach unseren jeweiligen Wünschen.
 
Dr. Ralf Bröer


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