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BAROCKE MALEREI IN SPANIEN: STILLE EKSTASEN

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barocke Malerei in Spanien: Stille Ekstasen
 
Das 17. Jahrhundert ist das »goldene Zeitalter« der spanischen Malerei, das »Siglo de oro«, das von El Greco und Goya begrenzt wird und in Velázquez gipfelt. Getragen wurde diese Kunst im Wesentlichen von der Kirche, die damit weitgehend nicht nur den Geschmack, sondern auch die Themen bestimmte: So finden sich etwa aus Furcht vor der Inquisition, die als staatliche Einrichtung auch den Kunstbetrieb überwachte, in der spanischen Malerei nur wenige »unzüchtige« mythologische Szenen. Das Bürgertum spielte - anders als in Holland - als Auftraggeber oder Käufer von Kunst kaum eine Rolle. Ein wichtiger Mäzen war dagegen der königliche Hof, den Philipp II. 1561 wegen der Nähe zum Escorial von Toledo nach Madrid verlegt hatte. Der Wunsch, die neue Residenz gebührend auszustatten, verschaffte den Künstlern hier zahlreiche Aufträge - auch noch in einer Zeit des politischen Niedergangs, in der Spanien in den Kriegen gegen England, Holland und Frankreich seine Weltmachtstellung einbüßte.
 
Die spanische Barockmalerei begann in Valencia mit Francisco Ribalta.Vermittelt wohl über Neapel, das in dieser Zeit unter spanischer Herrschaft stand, geriet Ribalta seit etwa 1600 ganz in den Bann der italienischen Hell-Dunkel-Malerei in der Nachfolge Caravaggios. Zur Verbreitung seiner für Spanien neuen religiösen Kunst von hartem Realismus, ja von ungeschönter Hässlichkeit richtete Ribalta in Valencia eine Malerakademie ein, der aber kein dauerhafter Erfolg beschieden war. Sicherlich bedeutender als Ribalta war dessen wichtigster Schüler, Jusepe de Ribera, der seit 1616 als Hofmaler des spanischen Vizekönigs in Neapel lebte und die düstere neapolitanische Spielart der Hell-Dunkel-Malerei begründete. Da Ribera bis zu seinem Tod 1652 nie mehr nach Spanien zurückkehrte, muss man ihn halb der spanischen, halb der italienischen Kunstgeschichte zurechnen.
 
Das Zentrum der spanischen Barockmalerei aber war während des ganzen 17. Jahrhunderts Sevilla. Weltpolitische Bedeutung hatte die Hauptstadt Andalusiens nach der Entdeckung Amerikas erlangt: Hier war zunächst der einzige Umschlagplatz des Überseehandels, auch für Kunstwerke, hier wurde fast das ganze Gold aus den Kolonien umgeschmolzen, hier landeten bei ihrer Rückkehr die Kolonisten, die »Indianos«, mit sagenhaften Reichtümern. In Sevilla - daneben noch in Toledo und Granada - entstand eine eigene Gattung der Malerei, das »Bodegón«: In diesen Küchenstücken, benannt nach dem spanischen Wort für Schenke, werden volkstümliche Genreszenen mit Stillleben niederländischer Provenienz zu einem spezifischen Sittenbild vereinigt; als einer ihrer Begründer gilt Francisco Herrera der Ältere.
 
Der prägende Maler der Schule von Sevilla war in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts Francisco de Zurbarán, dessen Kunst zum Inbegriff des Spanischen in der Malerei dieser Zeit wurde. Zurbarán, ein glühender Verfechter der Gegenreformation, stand vor allem im Dienst glaubensstrenger Mönchsorden. In seinen Bilderzyklen für die Klöster der Kartäuser, Hieronymiten, Dominikaner und Mercedarier stellte er vielfach die Lebensgeschichten von Heiligen dar, die erst im 17. Jahrhundert zu besonderer Verehrung gelangten und für die es deshalb bis dahin kaum eine Bildtradition gegeben hatte. Aus diesem Grund wurde Zurbarán einer der fruchtbarsten Bilderfinder der spanischen Malerei. Daneben malte er auch einige Stillleben; sie zeichnen sich durch ein schlichtes, fast simples Arrangement der Gegenstände aus, die in hellstem Licht ausgestellt werden. Offen für die verschiedensten Einflüsse, auch für die niederländische Malerei, reagierte Zurbarán besonders auf das Hell-Dunkel der Caravaggisten. Hierbei entwickelte er eine unverwechselbare Malweise von herber Strenge in der Menschenauffassung und von intensiver Kraft im Kolorit. Nachdem Zurbarán schon 1634 in Madrid für den König tätig gewesen war, siedelte er 1658 endgültig dorthin über. Er vermochte hier aber kaum Fuß zu fassen, da sich seine allzu harte Hell-Dunkel-Manier inzwischen überlebt hatte.
 
In Sevilla wurde Zurbarán von dem neuen Stern der Malerei dieser Stadt verdrängt: Bartolomé Esteban Murillo konnte für seine Bilder bald schon das zehnfache Honorar Zurbaráns verlangen. Murillo kehrte der Hell-Dunkel-Malerei, in der er ausgebildet worden war, bald den Rücken und schulte sich an Raffael und Correggio, an Rubens und van Dyck. Seit etwa 1650 fand er zu seiner eigenen Malweise, dem »Estilo vaporoso«, dem »duftigen Stil« mit verschwimmenden, manchmal fast schon aufgelösten Konturen, weichen Modellierungen, sanften tonigen Übergängen und einem silbrig goldenen Licht, das zu einem milden, leicht dunstigen Gesamtton führt, zu einer Art Farbschleier. Im Spätwerk gemahnt dieser Stil bereits an das Rokoko. Diese malerischen Mittel erlaubten Murillo, Menschenbilder von stiller, tief empfundener Seelenreinheit und makelloser Herrlichkeit zu schaffen. Insbesondere in seinen Madonnenbildern sah man jahrhundertelang das Ideal der Schönheit schlechthin verkörpert. Noch populärer wurden seine Genreszenen mit Gestalten aus dem einfachen Volk, etwa den engelsgleichen Trauben- oder Melonenessern, in denen er zerlumpte Gassenbuben salonfähig machte.
 
Murillo war in Sevilla, wo er 1660 eine Kunstakademie gründete, der er als Präsident vorstand, die unbestrittene Autorität der Malerei. Ein gewisser Konkurrent war für ihn hier nur Juan de Valdés Leal, ein exzentrischer Maler mit Hang zur Übertreibung, zu einer expressiv skizzierenden Malweise mit unwirklich visionären Farb- und Lichteffekten. Der leidenschaftlichen Exaltiertheit seiner Bilder entsprechen ihre oft ungewöhnlichen, bisweilen skurrilen Themen: Für den heutigen Betrachter wirkt es makaber, wenn in einem Stillleben der Tod als Sensenmann aufdringlich auf die Vergänglichkeit verweist. Mit Valdés ging die Blüte der Schule von Sevilla zu Ende.
 
Die Malereischulen in Toledo und Madrid erlangten nur lokale Bedeutung. Weltrang erreichte in Madrid allein Diego Rodríguez de Silva y Velázquez, der 1599 in Sevilla geboren worden war. Dort hatte er im Atelier seines Schwiegervaters Francisco Pacheco, der mit dem 1649 erstmals veröffentlichten Traktat »El arte de la pintura« eine der wichtigsten kunsttheoretischen Schriften Spaniens hinterließ, seine sieben Jahre lang währende Ausbildung erfahren. 1623 berief ihn Graf von Olivares, der leitende Minister Philipps IV., als einen der sechs königlichen Maler an den Hof nach Madrid, wo Velázquez dann eine steile Karriere machte: 1643 wurde er zum königlichen Hofmaler ernannt, 1652 zum Hofmarschall, 1658 wurde er in den Ritterstand erhoben. Dieser Werdegang war in Spanien einzigartig, weil die Maler hier noch im 17. Jahrhundert nur den gesellschaftlichen Rang von Handwerkern innehatten und meist in überaus bescheidenen materiellen Verhältnissen lebten.
 
Da Velázquez als Hofmaler des Königs Kontakt zu den höchsten Adelskreisen hatte, war er von der Kirche weitgehend unabhängig. Deshalb bekam er nur selten Aufträge für Altarbilder, sondern meist für profane und mythologische Themen, vor allem für Porträts. 1628 begegnete er dem in diplomatischer Mission in Madrid weilenden Rubens. Wohl auf dessen Anregung hin reiste er 1629 nach Italien, wo er 1630 Ribera in Neapel aufsuchte. Eine zweite Italienreise führte ihn zwischen 1649 und 1651 unter anderem nach Venedig und Rom. Hier wurde Velázquez die ehrenvolle Aufgabe zuteil, Papst Innozenz X. zu porträtieren: Das Bildnis, ein eindringliches Charakterporträt, wurde zu einem der Meisterwerke des ganzen Jahrhunderts.
 
Velázquez begann in der für seine Zeit typischen Hell-Dunkel-Manier des internationalen Caravaggismus und bevorzugte zunächst in einer brauntonigen Farbskala das »Bodegón«, eine Gattung, die er selbst mitbegründet hatte. Doch unter dem Eindruck von Rubens und der venezianischen Kunst änderte sich seine Malweise allmählich: Die nun locker aufgetragene, im Spätwerk fast schon »impressionistisch« wirkende Tonigkeit und die flüchtige Pinselführung waren wie geschaffen für schillernde Oberflächen von Stoffen und für atmosphärische Stimmungen. Mit schärfster Beobachtungsgabe fand Velázquez zu einem lebensnahen, wirlichkeitsbetonten Realismus, der auch den religiösen und mythologischen Themen einen Zug distanzloser Alltäglichkeit gab. Zugleich neigte er dazu, seinen Gemälden mehrere Sinnschichten zu geben, die wie ein verschlüsselter Kommentar verstanden werden können. Dieses Denken war getragen von einer unkonventionellen Humanität: So behandelt in dem historischen Ereignisbild der »Übergabe von Breda« der siegreiche spanische Feldherr den unterlegenen niederländischen Kommandanten in nobler Ritterlichkeit wie seinesgleichen und beweist in der Haltung versöhnlicher Menschlichkeit erst die wahre Größe, die einem spanischen Granden ansteht. Den spanischen Hof hielt Velázquez in berühmten Porträts fest, in denen selbst Kinder dem Zwang der steifen Etikette unterworfen scheinen und trotzdem ihre lebendige menschliche Wärme bewahren. Kein Königshaus der Welt bekam je eine solche mit Sympathie gemalte Galerie, in der es weiterlebt!
 
Prof. Dr. Bernhard Schütz
 
Literatur:
 
Bauer, Hermann: Barock. Kunst einer Epoche. Berlin 1992.
 
Die Kunst des Barock. Architektur, Skulptur, Malerei, herausgegeben von Rolf Toman. Köln 1997.
 
Die Kunst des 17. Jahrhunderts, bearbeitet von Erich Hubala. Beiträge von Per Bjurström u. a. Sonderausgabe Berlin 1990.
 
Malerei des Barock, herausgegeben von Ingo F. Walther. Beiträge von Andreas Prater und Hermann Bauer. Köln u. a. 1997.
 Tomlinson, Janis: Malerei in Spanien. Von El Greco bis Goya. Aus dem Englischen. Köln 1997.


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