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BAKTERIEN: DIE UNSICHTBAREN ERREGER

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Bakterien: Die unsichtbaren Erreger
 
Bakterien sind winzige, einzellige Lebewesen, ein halbes bis einige wenige Tausendstel Millimeter groß. Sie vermehren sich durch Querteilung. Dass viele von ihnen ansteckende Krankheiten verursachen, erscheint selbstverständlich, ist aber, historisch besehen, eine noch recht junge Erkenntnis. Sie datiert aus dem 19. Jahrhundert. Zwar hatten einzelne Forscher schon vorher mit einfachen Mikroskopen das gesehen, was man heute als Bakterien bezeichnet. Sie erklärten es jedoch völlig anders.
 
Antony van Leeuwenhoek, ein niederländischer Tuchhändler und Naturforscher, sah schon im 17. Jahrhundert »Animalculae«, also kleine Tierchen. Er sah, beschrieb und zeichnete Mikroorganismen, von denen einige eindeutig als uns bekannte Bakterien zu identifizieren sind. Die »levende dierkens« (lebende Tierchen) waren für ihn aber schlicht Kuriositäten. Damit sich solche und andere Beobachtungen als Bakterien im modernen Sinn begreifen ließen, bedurfte es einer Reihe von Forschungen über ihre Eigenschaften und Funktionen. Diese erst legten Bakterien in ihren Unterschieden und Gemeinsamkeiten zu anderen Lebensformen fest und beschrieben ihre Bedeutung.
 
 Die Biologie des Lebens: Urzeugung, Gärung und Fäulnis
 
Begreift man Bakterien als lebende Krankheitserreger, die Krankheit sowohl im Körper erzeugen als auch auf andere Körper übertragen können, so war die bis ins 19.Jahrhundert gängige Vorstellung der Urzeugung eines der entscheidenden Probleme: Wenn Mikroorganismen durch Urzeugung, also spontan immer neu aus dem Nichts oder aus beliebiger Materie entstehen, ist es unmöglich, ihre Verbreitung etwa durch Desinfektion verhindern zu wollen. Zwar gab es auch damals Forscher, die der Ansicht waren, dass Mikroorganismen durch Wachstum und Vermehrung nur aus ihresgleichen hervorgehen, aber erst mit der Einführung effektiver Methoden der Sterilisierung gelang es, dies nachzuweisen: Mikroorganismen entstehen nur dort, wo bereits andere vorhanden sind. Die entscheidenden Arbeiten auf diesem Gebiet legte der französische Chemiker Louis Pasteur 1860 vor. Es gelang ihm, das Innere von Gefäßen völlig keimfrei zu halten. Solange diese abgeschlossen blieben, trat keine durch Mikroorganismen verursachte Fäulnis ein, was nach der Urzeugungstheorie hätte passieren müssen. Damit bewies Pasteur zugleich, dass Fäulnis und die auch von ihm untersuchte Gärung etwa von Wein Prozesse biologischer Natur sind, dass also lebende Organismen daran beteiligt sein müssen.
 
Pasteurs Erkenntnis bedeutete, dass nun bestimmte Mikroorganismen für bestimmte Prozesse verantwortlich gemacht werden konnten, und ermöglichte die effektive Kontrolle von Gärung und Fäulnis, Letztere durch Sterilisierung. Sein Name verbindet sich noch heute mit der Sterilisierung der Milch durch Erhitzen, dem Pasteurisieren. Zwei wichtige Aspekte hatten jedoch für Pasteur zunächst nur wenig Bedeutung: Er arbeitete mit Kulturen und nicht mit isolierten Mikroben. Der Erzeugung und Kontrolle der Wirkungen, die sie verursachen, galt sein Hauptaugenmerk, und erst spät befasste er sich mit der Frage des Zusammenhangs von Mikroben und Krankheit.
 
 Bakterien und Krankheit
 
Unter einem anderen Aspekt untersuchten Botaniker und Mediziner seit den 1840er-Jahren dieselben Phänomene und machten dabei von mikroskopischen Beobachtungen Gebrauch. Im Laufe der Zeit entstand hier die Theorie, dass Mikroorganismen ebenso wie andere Lebewesen auch spezifische Arten bilden und dass unterschiedliche Krankheiten als Wirkung je unterschiedlicher Mikroorganismen aufzufassen sind. Mithilfe technisch enorm verbesserter Mikroskope versuchte man einzelne von ihnen sichtbar zu machen und in Spezies zu klassifizieren. Der Botaniker Ferdinand Julius Cohn unterschied 1872 Bakterien nach ihrer äußeren Form in Kugeln (Kokken), Stäbchen (Bakterien), Fäden (Bazillen und Vibrionen) und Schrauben (Spirillen).
 
Das Neue war dabei nicht der Gedanke, dass Kleinstlebewesen Krankheiten verursachen. Die Vorstellung lebender Ansteckungsstoffe, eines »Contagium vivum«, hatte vielmehr eine lange Tradition: Der Jurist Agostino Bassi begann ab 1807 einen mikroskopischen Pilz als Ursache der »Seidenraupenkrankheit« zu identifizieren. Der Mediziner Jakob Henle diskutierte 1840 das Problem lebender Krankheitserreger und formulierte rein theoretisch die notwendigen Schritte zum Nachweis solcher Erreger. Henles Kriterien erwiesen sich in der Tat als die entscheidenden. Er forderte erstens die Isolierung eines bestimmten Erregers aus dem erkrankten Gewebe eines Organismus, zweitens dessen Fortzüchtung außerhalb des Körpers, um die Konstanz der Art dieses Erregers zu beweisen, und drittens die erneute Erzeugung der Krankheit mittels der Kulturen des Erregers im Experiment.
 
Der Mediziner Robert Koch erbrachte ab 1876 diesen Nachweis: Leistungsfähige Mikroskope ermöglichten es, die Bakterien besser zu sehen. Durch das Anfärben mit neuartigen synthetischen Farbstoffen, den Anilinfarben, ließen sich die Bakterien von köpereigenem Gewebe klar unterscheiden. Reinkulturen auf festen Nährmedien wie Gelatine oder gekochter Kartoffel anstelle der bislang üblichen flüssigen Nährmedien waren die Voraussetzung für fotografische Aufnahmen, mit denen sich die Ergebnisse seiner Arbeit dauerhaft dokumentieren und rasch verbreiten ließen. Die Züchtung der Bakterien in Reinkultur, in Kulturen also, die aus einer einzigen Zelle entstanden, war dabei der logisch entscheidende Schritt. Solange man, wie bis dahin üblich, bakterienhaltiges Gewebe auf Versuchstiere verimpfte, konnten die Bakterien, anstatt Ursache der Krankheit zu sein, ebenso gut eine schlichte Begleiterscheinung darstellen.
 
Der erste komplette Nachweis einer bakteriellen Krankheitsverursachung gelang Koch 1876 beim Milzbrand, einer Viehseuche. Koch dokumentierte vollständig den Lebenszyklus des Bacillus anthracis und konnte auch die Krankheitsverursachung durch dieses Bakterium zweifelsfrei belegen. Ab 1880 gelang es dann einer rasch wachsenden Gruppe von Forschern binnen zweier Jahrzehnte, die Erreger praktisch aller wichtigen Seuchen der Zeit zu identifizieren. Koch selbst steuerte 1882 und 1883 die Erreger der Tuberkulose, das Mycobacterium tuberculosis, und der Cholera, das Vibrio cholerae, bei. Die Rasanz dieser Entwicklung war neben der verbesserten Technologie und der rasch wachsenden Zahl von Bakteriologen auch auf eine letztlich einfache und stringente Methodik zurückzuführen. Diese erinnert noch deutlich an die von Henle 1840 formulierten Kriterien und ist unter dem Begriff der kochschen Postulate bekannt geworden. Ihr logischer Kern ist der Dreischritt Isolieren, Kultivieren und Inokulieren, also Verimpfen.
 
Dass Bakterien Infektionskrankheiten verursachen, war also um 1890 klar, wenn auch nicht unumstritten. Tatsächlich war damit ein Modell entwickelt, dass auch für unser Denken über Krankheit noch grundlegend ist; mikrobiologische Organismen, seien sie nun Bakterien, Viren oder Parasiten, werden als notwendige Ursachen von Krankheiten angesehen. Ohne Vibrio cholerae kann es keine Cholera geben, ohne das HI-Virus kein Aids.
 
Erstaunlich ist, dass dieses Modell auf einer im Vergleich zu unserem heutigen Wissen sehr schmalen Basis formuliert wurde. Um 1890 herum wusste man im Grunde nur, dass Bakterien Krankheiten verursachen, wie sie es tun, war weitgehend unbekannt. Die hierzu notwendigen Forschungen über den Stoffwechsel der Bakterien, ihre Wirkung auf Körperzellen und die Antwort des körpereigenen Immunsystems steckten noch in der Kinderschuhen oder lagen gar in ferner Zukunft. Auch waren um 1890 praktisch nur krankheitserregende Bakterien bekannt, und die Einsicht, dass viele von ihnen nützliche Bewohner unseres Körpers sind, ohne die zum Beispiel die Verdauung nicht funktionieren kann, wäre den Zeitgenossen sehr ungewöhnlich erschienen.
 
Dr. Christoph Gradmann


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