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APOLL VON VEJI: DER ETRUSKISCHE TEMPEL UND SEIN TERRAKOTTASCHMUCK

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Apoll von Veji: Der etruskische Tempel und sein Terrakottaschmuck
 
Wie der römische Autor Plinius in seiner Naturgeschichte überliefert (35, 157), sei beim Bau des Kapitolstempels in Rom ein Künstler namens Vulca aus dem benachbarten etruskischen Veji vom König Tarquinius Priscus damit beauftragt worden, das tönerne Kultbild des Jupiter sowie die ebenfalls tönerne Quadriga auf dem First des Tempels auszuführen. Diese anekdotenhafte, ins 6. Jahrhundert v. Chr. zurückgehende Geschichte ist zum einen deshalb interessant, weil sie die Bedeutung etruskischer Künstler für das frühe Rom herausstellt, zum anderen aber auch wegen der hohen Wertschätzung, die dem Material Ton für diese frühe Zeit beigemessen wurde. Und als im Jahr 1916 bei Ausgrabungen in Veji großformatige Tonstatuen gefunden wurden und sie sich als Götterbilder und Firstschmuck eines Tempels erwiesen, war die Begeisterung groß, zumal auch die Zeitstellung, spätes 6. Jahrhundert v. Chr., zur Erbauung des römischen Jupitertempels passte. Die »Werkstatt des Vulca« schien gefunden, Plinius auf das beste bestätigt. Heute, am Ende des 20. Jahrhunderts, nachdem sich der Bestand an archaischer Tonplastik in Rom und Etrurien deutlich vermehrt hat, ist das Urteil der Forschung etwas zurückhaltender, was diese Identifikation betrifft, aber die Wertschätzung für die Vejenter Götterbilder ist davon nicht berührt und ungebrochen.
 
In der Tat gehören die Tonplastiken zu den bemerkenswertesten Kunstleistungen des vorrömischen Italien. In lebensgroßem Format gearbeitet, zierten sie einst den Dachfirst des Tempels im Portonaccio-Heiligtum von Veji. Zu irgendeinem Zeitpunkt vom Tempel abgenommen und in der Nähe des Tempels »bestattet«, haben sie auf diese Weise trotz ihres zerbrechlichen Materials die Zeiten erstaunlich gut überdauert.
 
Die bekannteste unter diesen Statuen ist der »Apoll von Veji«, jene leicht vornübergeneigte, weit ausschreitende Gestalt, deren Gesicht sich durch markante Einzelformen und das »archaische Lächeln«, das heißt die hochgezogenen Mundwinkel, auszeichnet. Angeregt vom spätarchaischen Kunststil Griechenlands, speziell des kleinasiatischen Ionien, kontrastieren die gewölbten Gesichtspartien von Stirn und Wangen sowie das kräftige, gerundete Kinn mit den scharfkantig abgesetzten Einzelelementen von Brauenbögen und Nase, Augen und Mund. Dies sind typisch etruskische Stilmerkmale, wie sie bei zahlreichen anderen Plastiken ab dem späten 7. Jahrhundert wiederkehren, aber beim Apoll zu besonderer Ausdrucksstärke geformt sind. Diese war noch gesteigert durch eine kontrastierende Bemalung, nämlich ein kräftiges Rotbraun für die sichtbaren Körperteile sowie ein helles Gelbweiß für die Kleidung, ein Untergewand und ein scharfkantig gefältelter, über die linke Schulter geworfener Mantel mit braunroten Borten, unter denen sich die Formen des Körpers abzeichnen.
 
Die in Flechten über den Nacken fallenden Haare leiten über zum kräftigen Körper des Gottes, der im Moment des Ausschreitens wiedergegeben ist, mit weit vorgesetztem rechtem Bein. In der Hand des gesenkten, nicht erhaltenen linken Armes ist der Bogen Apolls zu ergänzen. Ziel seines mächtigen Ausschreitens ist vermutlich Herakles, mit dem er sich um die kerynitische Hirschkuh stritt. Auch diese Statue ist - wenn auch ohne Kopf - erhalten und zeigt den entscheidenden Moment des Kampfes, als Herakles seinen Fuß auf das wehrlos auf dem Bauch liegende, schon gefesselte Tier stellt.
 
Weitere Statuen, einige vollständig, wie die Göttermutter Leto mit dem Kind Apoll auf dem Arm, andere als Bruchstücke, wie der besonders qualitätvolle Kopf des Hermes, erlauben den Rückschluss, dass ursprünglich zahlreiche Götter auf dem Tempeldach versammelt waren. Zwar isoliert aufgestellt, standen sie aber doch, wie das Beispiel Apoll/Herakles zeigt, in inhaltlichem Zusammenhang zueinander.
 
Die Sitte, großformatige Statuen auf einem Tempelfirst hintereinander aufzureihen, ist weder bei Griechen noch bei Römern üblich gewesen und hat dementsprechend in der Forschung Verwunderung ausgelöst. Das Ganze wird aber verständlicher, wenn wir bedenken, dass der etruskische Tempelgiebel in seiner Frühzeit nicht geschlossen, sondern offen war und deshalb nicht Träger von figürlichen Darstellungen sein konnte, wie etwa der Giebel des Parthenon in Athen. So spricht viel dafür, dass die Götter auf dem Dachfirst der frühen etruskischen Tempel weitgehend jene Funktion einnahmen, die im griechischen und römischen dem mythischen Geschehen im Tempelgiebel zukam.
 
Ganz schmucklos war allerdings auch der etruskische Tempelgiebel nicht. Da das Gebälk vollständig aus Holz bestand, bedurfte der sichtbare Dachstuhl des Schutzes gegen die Witterung, was durch die Verkleidung mit Tonplatten geschah. Angeregt durch Vorbilder in Griechenland und in dem griechischen Unteritalien haben die Etrusker es auf diesem Gebiet zu großer Meisterschaft gebracht und eine Fülle kunstvoll verzierter Verkleidungsplatten geschaffen. Dazu gehören auch jene als Antepagmente bezeichneten Tonplatten, welche die Stirnseiten der mächtigen Vierkantbalken schützten, auf denen die Last des Firstes und der Dachschrägen ruhte. Das bedeutendste dieser Antepagmente stammt von einem Tempel im Küstenheiligtum von Pyrgi und konnte aus zahllosen Fragmenten wieder zusammengesetzt werden. Es ist in Hochrelief gearbeitet und schildert ein Thema aus der griechischen Mythologie, das sich in Etrurien großer Beliebtheit erfreute: der Kampf der »Sieben gegen Theben«. Unterstützt durch die Hilfe der Götter, gelingt die Einnahme der griechischen Stadt. Während in der Bildmitte der Göttervater Zeus durch seinen Blitz die Entscheidung herbeiführt, geschieht am unteren Bildrand jedoch ein gottloser Frevel: Der Titan Tydeus beißt seinem Gegner Melanippus in den Hinterkopf, um dessen Hirn zu schlürfen. Die Göttin Athene am linken Bildrand erstarrt ob dieses Frevels, war sie doch gerade dabei, Tydeus den Trank der Unsterblichkeit zu bringen. Das um 460 geschaffene, 65 cm hohe Relief ist ikonographisch und kunstgeschichtlich gleichermaßen bedeutsam: Zum einen verbindet es, in typisch etruskischer Darstellungsweise, zwei zeitlich getrennte Szenen eines Mythos - Eroberung und Frevel - zu einem einzigen Geschehen, und zum anderen vereint es die Stilmerkmale der Spätarchaik, wie die Frontalität und die heftige Bewegung der Figuren, mit denen der griechischen Frühklassik, wie sie sich in Frisur und Gesichtstypus der Athene widerspiegelt.
 
Erst in der Spätphase der etruskischen Kunst, im 3. und 2. Jahrhundert, setzte sich auch in Etrurien der Figurengiebel durch, wobei nach wie vor am Material des Tons festgehalten wurde. Ein herausragendes Beispiel ist das Giebelrelief des Tempels von Telamon, das erst kürzlich neu zusammengesetzt werden konnte. Wieder handelt es sich um ein Thema aus der Sagenwelt des frühgriechischen Theben, und erneut ist es ein eher düsteres Geschehen: Im Zentrum unten der erblindete, mit erhobenen Händen um Gnade flehende König Ödipus, über ihm und in den Giebelschrägen wogt der Kampf um den Besitz der Stadt. Doch die Entscheidung ist bereits gefallen, da sich der Anführer Adrastos, König von Argos, mit seinem Viergespann zur Flucht wendet und das Gespann des Sehers Amphiaraos von geflügelten Todesdämoninnen rechts aus dem Giebel heraus und in die Unterwelt geleitet wird.
 
Es mag verwundern, dass die genannten Bildthemen der etruskischen Tempel griechisch sind. Dazu ist einmal zu bemerken, dass dies auch weitgehend auf die römische Kunst zutrifft, zum anderen aber, dass sich die Etrusker schon im 7. Jahrhundert v. Chr. mit der griechischen Mythologie identifizierten. Die griechischen Vorlagen werden aber nicht einfach kopiert, sondern eigenen Vorstellungen angepasst. Im Tempelgiebel von Telamon ist durch das aktive Eingreifen der Todesdämoninnen ein spezifisch etruskisches Element in das Geschehen eingefügt. Auch befanden sich, soweit heute noch feststellbar, die figürlichen Giebelreliefs offenbar vorzugsweise an der Tempelrückseite, sie waren damit weniger für den Besucher des Tempels bestimmt, sondern dem Blick der Götter zugewandt, die von ihren Himmelssitzen aus auf das irdische Geschehen hinabblickten und Einfluss nahmen.
 
Auch im Grundriss wich der etruskische Tempel, der nach Vitruv von der Forschung als »tuskanisch« bezeichnet wird, von den üblichen Formen der griechisch-römischen Antike ab; denn er war breiter als dieser und besaß neben der Cella für das Kultbild noch zwei gleich tiefe, aber schmalere Seitenräume, deren Funktion bis heute kontrovers ist. Vor diesem dreizelligen Kernbau besaß er eine gleich tiefe Vorhalle, die von zwei mal vier Säulen gestützt wurde. Diese Säulen hatten eine profilierte Basis, einen glatten Schaft und ein dem dorischen verwandtes, aber gerundeteres Kapitell, das von Vitruv als »tuskanisch« bezeichnet wird und seit der Renaissance in der europäischen Architektur eine neue Blüte erlebt hat. Dieser spezifisch etruskische Tempeltyp, neben dem in Etrurien allerdings auch andere, dem griechischen verwandtere Tempelformen existierten, besaß keine umlaufende Säulenhalle, dafür meist ein Podium mit zentralem, rampenartigem Treppenaufgang. Aus statischen Gründen waren die Dachschrägen flach und kragten seitlich weit vor. Da der Tempel bis in die Spätzeit hinein aus Holz errichtet war - noch zur Zeit des Augustus kannte Vitruv in Rom drei derartige tuskanische Tempel - muss er besonders bunt und altertümlich ausgesehen haben. Aber seine Wirkung war bedeutend: nicht nur, dass der wichtigste römische Tempel, der des Jupiter Optimus Maximus auf dem Kapitol, ein derartiger tuskanischer Tempel war, auch in den römischen Provinzstädten lebte der etruskische Dreizellentempel im Typus des Capitoliums fort.
 
Prof. Dr. Friedhelm Prayon
 
Literatur:
 
Die Etrusker. Kunst und Geschichte, bearbeitet von Maja Sprenger. Aufnahmen von Max und Albert Hirmer. München 1977.
 
Die Etrusker. Texte vonMauro Cristofani u. a. Stuttgart u. a. 1995.
 Pallottino, Massimo: Etruskologie. Geschichte und Kultur der Etrusker. Aus dem Italienischen von Stephan Steingräber. Basel u. a. 1988.
 Prayon, Friedhelm: Die Etrusker. Geschichte, Religion, Kunst. München 1996.
 Steingräber, Stephan: Etrurien. Städte, Heiligtümer, Nekropolen. München 1981.


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