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CHINAS FRÜHE HOCHKULTUR: ZHOUDYNASTIE

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Chinas frühe Hochkultur: Zhoudynastie
 
Der Sieg über die Shang war gleichzeitig die Geburtsstunde der langlebigsten chinesischen Dynastie, der Zhoudynastie (11. Jahrhundert-256/249 v. Chr.), deren früheste Periode wegen ihrer im Westen gelegenen Hauptstadt Hao als Westliche Zhoudynastie (11. Jahrhundert-771 v. Chr.) bezeichnet wird.
 
Den siegreichen Invasoren stellte sich das Problem, das eroberte Land, das im Vergleich mit ihrer Heimatdomäne eine riesige Ausdehnung hatte, ganz unter Kontrolle zu bringen und vor allem zu halten. Ein dauerndes militärisches Gewaltregime kam nicht in Betracht, da die Sieger nicht in der Lage gewesen wären, die hierzu notwendige Zahl von Soldaten auf Dauer bereitzustellen. Auch bei ihnen bestand die Masse der Kämpfer aus Leuten, die eigentlich in der Landwirtschaft benötigt wurden. Statt dessen besann man sich bald auf die Möglichkeit, Blutsverwandte mit der Verwaltung und Führung der hinzugewonnenen Städte und Landesteile zu betrauen. Auf dieselbe Art wurden aber auch andere Mitkämpfer und ihre Sippen belohnt, die sich im Heerbann der Zhou an der Eroberung beteiligt hatten.Lokale Führungseliten des untergegangenen Shangreichs blieben dann im Amt, wenn sie sich rechtzeitig auf die Seite der Sieger geschlagen hatten.
 
In Ansätzen war diese Weise der Herrschaftsausübung auch in der Shangzeit praktiziert worden, wie überhaupt der Dynastiewechsel zunächst keine grundsätzlichen politischen und wirtschaftlichen Umwälzungen brachte. In den Folgejahren entwickelten die neuen Herren jedoch die Einsetzung von regionalen Machthabern systematisch zu einem Regierungsinstrument, das sie flächendeckend auf ihr Land anwendeten. Es besteht unter westlichen Sinologen weitgehendst Einigkeit, das solcherart eingeführte politische System als Lehensfeudalismus zu bezeichnen. Insbesondere in der Frühzeit der Dynastie fand die offizielle Investitur, in der Verwandte und loyale Gefolgsleute belehnt wurden, im hauptstädtischen Ahnentempel der Zhou unter Vorsitz des Königs statt. Die Feudalherren wurden eingesetzt, um über eine Stadt oder mehrere Städte samt Bevölkerung, einschließlich mehr oder weniger großem Umland, zu herrschen und »als Schilde des Zhouherrscherhauses zu dienen«. Sie waren verpflichtet, den königlichen Anweisungen zur Verwaltung ihrer Lehen Folge zu leisten, und hatten in Form von Naturalabgaben Tribut zu entrichten.
 
Über die Zeremonie der Belehnung sowie über die Einsetzung hoher Amtsträger am Zhouhof, deren existentielle Absicherung ebenfalls mit der Zuweisung von Ländereien samt dort ansässiger Bevölkerung einherging, berichten zahlreiche Epigraphen auf Bronzegefäßen. Den Brauch, Bronzen mit ausführlichen Aufzeichnungen zu versehen, zunächst immer eingegossen, ab etwa dem 5. Jahrhundert v. Chr. dann meist eingraviert, hatte es in der Shangzeit noch nicht gegeben. Diese Bronzen überreichte der König gemeinsam mit anderen kostbaren Dingen wie etwa Streitwagen, Jadegegenständen und Pferden als Geschenke an seine neu ernannten Gefolgsleute.
 
Bronzegefäße, an deren kultischer Bedeutung sich nichts geändert hatte, wurden zunehmend auch zu Statussymbolen. Ihre Qualität und Quantität spiegelten unterschiedliche Ränge der Eigentümer in der feudalen Sozialhierarchie. Auch bei Bestattungen wurde dieser Hierarchie Ausdruck verliehen, da König, Herzog, Fürst, höchste Amtsträger bei Hof und führende Offiziere unterschiedlich große Sätze von Bronzegefäßen als Grabbeigaben erhielten, die mit abnehmendem Rang kleiner wurden.
 
Als der eigentliche Architekt des Reiches, der für eine Konsolidierung der Zhouherrschaft sorgte, wird im allgemeinen Zhougong gepriesen, der sieben Jahre als tatkräftiger, weiser und selbstloser Regent - er widerstand der Versuchung, den Thron zu usurpieren - die Geschicke des Landes lenkte. Konfuzius lobte seine »bewunderungswürdigen Fähigkeiten.«
 
Zhougong gab auch den Auftrag für die Gründung der östlichen Hauptstadt Chengzhou, der späteren Kaiserstadt Luoyang, die zeitparallel mit Hao, dem Königssitz während der Westlichen Zhoudynastie, bestand. Durch eine in Baoji (Provinz Shaanxi) gefundene, 1976 publizierte Bronzeinschrift auf einem Zun-Trinkgefäß wurde bestätigt, dass er damit ein Anliegen seines verstorbenen älteren Bruders Wuwang erfüllte. Laut Bronzeepigraph hatte der König seine Absicht, die neue Stadt aus strategischen Gründen anzulegen, dem Himmel schon kurz nach Eroberung das Shangreiches in einem Bericht kundgetan. Der Siedlungskomplex diente als vorgeschobener Stützpunkt, um das ehemalige Kerngebiet der untergegangenen Shangdynastie besser im Blick halten zu können. Teile der hier ansässigen Bevölkerung, vor allem aber zahlreiche störrische Mitglieder der entmachteten Shangaristokratie wurden, unter Androhung von Tod oder Deportation in entlegene Landesteile, zum Aufbau von Chengzhou gezwungen. Nach Abschluss der Arbeiten wurden sie im Bereich der neuen Stadt angesiedelt.
 
Zhougong allein setzte im Namen des unmündigen Thronfolgers von den damals insgesamt etwa 130 im Land amtierenden Feudalherren 71 in ihre Lehen ein. Welch bedeutende Rolle zu dieser Zeit die Blutsverwandtschaft spielte, wird dadurch ersichtlich, dass von den 71 Ernannten 53 von den Ji, der Herrschersippe der Zhoudynastie, gestellt wurden. Die wichtigsten Feudallehen waren Qi und Lu im heutigen Shandong und Jin im Süden der heutigen Provinz Shanxi. Sie dehnten sich in den nachfolgenden Zeiten kräftig aus und entwickelten sich zu den mächtigsten Stützen der Zhoukönige außerhalb ihrer Domäne im Einzugsgebiet des Wei He.
 
Zhougong leistete für die Festigung der Zhouherrschaft auch insofern unschätzbare Dienste, als er es verstand, Teile der Shangaristokratie zu gewinnen. Er machte den populären Qi zum Lehensherrn von Song mit der Stadt Shangqiu als seinem Fürstensitz (in etwa identisch mit Shangqiu im Nordosten der heutigen Provinz Henan). Das war das Heimatgebiet der frühen dynastischen Shang und der Zi-Sippe gewesen, bevor man die Hauptstadt nach Yin bei Anyang verlegt hatte. Qi war ein Bruder des letzten Shangmonarchen, hatte aber den Hof schon zu dessen Lebzeiten fluchtartig verlassen. Wegen einiger sehr ungnädig aufgenommener Vorhaltungen fürchtete er um sein Leben, wohl nicht ganz zu Unrecht, wenn es nur zu einem Bruchteil mit den Zhou Xin nachgesagten Greueltaten aus nichtigerem Anlass seine Richtigkeit hatte. Die Weitsicht Zhougongs wurde auch dadurch unterstrichen, dass er die Belehnung ausdrücklich mit dem Hinweis versah, dass Qi nun ordnungsgemäß seine Ahnen aus der Zi-Sippe mit Opfern versorgen konnte. Diese zu Dankbarkeit verpflichtende Großmut ersparte den besiegten und damit eigentlich rechtlosen Nachkommen der Zi-Sippe die Schmach, ihre Ahnen unversorgt lassen und ihren sehr gefürchteten Unmut erdulden zu müssen.
 
Der Herrschaftsbereich der Zhou
 
Der durch Feudallehen gekennzeichnete Herrschaftsbereich der Zhoumonarchen erstreckte sich bald über die gesamte Nordchinesische Ebene sowie große Teile der Lössregionen im hügeligen Nordchina, aber auch über ausgedehnte Gebiete im Süden, die sich etwa zwischen den Flüssen Han Shui und Huai He, nördlich des Jangtsekiang, befanden. Nach einer Schätzung des amerikanischen Sinologen Herrlee G. Creel, einem intimen Kenner der Zhoudynastie, war diese Fläche um einiges größer als diejenige von Frankreich, Belgien und Holland zusammengenommen. Zwar erhoben die Könige ihren Herrschaftsanspruch auf das gesamte Territorium, eigentlich ja sogar auf »alles, was unter dem Himmel ist«, doch klafften zwischen den Lehen, die klein wie eine Stadt mit ein wenig Umland und groß wie ein Flächenstaat mit einigen hundert Quadratkilometern sein konnten, erhebliche territoriale Lücken, sozusagen Niemandsland. Es waren Areale, die zum Teil von widerborstigen »Barbaren« besiedelt waren, sowie Berggebiete, Ödland oder nicht verfestigte Landstriche, die sich agrarisch nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand nutzen ließen. Durch derartige Widrigkeiten waren sie als Lehen ungeeignet, selbst wenn sie sich im Herzen des Reiches befanden. Erst in späterer Zeit verschwanden diese herrenlosen Gebiete allmählich, als benachbarte Feudalherren sie unter sich aufteilten.
 
Ebenfalls kaum unter der Kontrolle der frühen Zhoukönige und ihrer Vasallen waren viele Peripheriebereiche im Norden und Nordwesten des Reiches, die zum Teil fließend in Gebiete übergingen, die von nomadischen Völkern beansprucht wurden. Wie auch schon in der Shangzeit drangsalierten die beweglichen Nachbarn durch räuberische Überfälle die chinesischen Ackerbauern. Sie waren wegen ihrer hohen Mobilität ein schwer besiegbarer Gegner, und es gelang nur manchmal nach langen Anpassungsphasen, sie als Gefolgsleute dauerhaft an das Reich zu binden. Feindliche, aber sesshafte Völker im Binnenland, die wie viele der Huai Yi (»Barbaren vom Fluss Huai He«) nicht zum Shangstaat gehört und auch lange Zeit die Zhouherrschaft nicht anerkannt hatten, waren demgegenüber als zumindest mittelbar an der Kultur der »Zentralebene« partizipierende Nachbarn leichter zu integrieren.
 
In der Westlichen Zhouzeit hatten die Könige gegenüber ihren Lehensnehmern, die schließlich auf etwa 170 anwuchsen, eine starke Stellung. Gegebenenfalls konnte sie ihrem Willen mit einem mächtigen Heer Nachdruck verleihen, das sie jederzeit in ihren Stammlanden am Wei He rekrutieren konnten. Rückgrat ihres Militärs wie auch der Heere ihrer Vasallen war, ähnlich wie in der Shangzeit, die »Vielzahl der Menschen«, die nun aber in den Quellen »shuren« (die Menschenscharen) heißen. Es gab kein stehendes Heer, sondern fast nur Milizen. Die Soldaten waren im Zivilleben üblicherweise abgabenpflichtige Bauern, die jedoch manchmal sogar über Jahre an Feldzügen, vor allem in Grenzgebieten, teilnehmen mussten.
 
Nur ein sehr kleiner Teil der Truppe, insbesondere das Offizierskorps, versah ständig Militärdienst, wobei sie für Ordnungsaufgaben und den persönlichen Schutz des Himmelssohns oder ihres Lehensfürsten eingesetzt wurde. Innerhalb der Streitkräfte kam den »shi« (Angehörige des niederen Adels), meist entfernteren Seitenlinien der Fürstenhäuser ohne Land, eine ständig zunehmende Bedeutung zu. Unter ihnen rekrutierte man die Kämpfer, die für den vermehrten Einsatz von Streitwagenverbänden notwendig waren. Sie stellten in der Regel die Soldaten, die mit den relativ teuren Lederpanzern und Bronzehelmen ausgerüstet waren. Für jeden Streitwagen brauchte man sieben von ihnen, um die seitliche Deckung zu gewährleisten und drei, welche die eigentliche Besatzung bildeten: den Lenker in der Mitte, Bogenschütze und Lanzenkämpfer an den Außenseiten. Unterstützt wurden die aus jeweils fünf Streitwagen bestehenden Einheiten durch die drei- bis fünffache Zahl an namenlosen Soldaten, die als zusätzlicher Schutz und zur Sicherung des Nachschubs eingesetzt werden mussten. Wenn Städte angegriffen wurden, verschob sich das Zahlenverhältnis zwischen den Adeligen und den »Menschenscharen« ganz erheblich. Es kamen fast nur »shuren«, zu denen auch die mit Lanzen bewaffneten »zhuangnü« (starke Frauen) gehörten, bei der Verteidigung zum Einsatz.
 
Als Beispiel für die enorme, militärisch glaubwürdig untermauerte Autorität des Königs gegenüber seinen Lehensnehmern während langer Perioden der Westlichen Zhoudynastie mag ein Vorfall aus der 1. Hälfte des 9. Jahrhunderts v. Chr. dienen. Ai, der Fürst des weit entfernten, am Bohai gelegenen Lehensstaates Qi, war angeblich ein derartig verkommenes Subjekt, dass der amtierende Zhoukönig Yi ihn zur Strafe exekutierte. Dies geschah in der für das alte China recht typischen Form des Totkochens in einem großen Bronzekessel. Per Dekret setzte der Himmelssohn überdies den fürstlichen Nachfolger für Qi ein. Alles geschah, ohne dass man in dem Lehensstaat, der damals schon zu den mächtigsten zählte, auch nur versucht hätte, Gegenwehr zu leisten oder auf die königlichen Entscheidungen Einfluss zu nehmen.
 
 Fähige Könige werden rar
 
Im allgemeinen verbindet man mit der Westlichen Zhouzeit den Höhepunkt des chinesischen Lehensfeudalismus. Bei genauerer Betrachtung muss man diese Einschätzung auf die ersten 100-200 Jahre der Dynastie beschränken. Der Geschichtsschreiber Sima Qianbetont des öfteren in seinem »Shi-ji«, dass nach etlichen fähigen Königen farblose und ungeeignete Nachfolger die Dynastie schwächten. Hinzu kamen zahlreiche Kriegszüge gegen die räuberischen Völker der Rong und Di im Norden, die nicht selten mit chinesischen Niederlagen endeten. Die Zeiten des zweiten Zhoukönigs Wenwang, der einmal in einer einzigen siegreichen Schlacht gegen die »Nordbarbaren« über 13 000 Gefangene machen konnte, waren lange vorbei.
 
Wie es scheint, wuchsen die Vorbehalte gegen die Herrscher aus der Ji-Sippe. Einer fand bei einer Inspektionsreise durch seine Lehensgebiete im Süden den Tod im Fluss Han Shui, einem der größten Nebenflüsse des Jangtsekiang. Gemäß dem »Di wang shi ji« (Genealogische Aufzeichnungen über Kaiser und Könige) aus dem 3. Jahrhundert n. Chr. sollen ihm Einheimische, die ihm aus nicht näher erläuterten Gründen übel gesonnen waren, zum Queren des breiten Flusses angeblich ein präpariertes Boot übergeben haben. Es war ausschließlich mit wasserlöslichem Leim gebaut worden. Just als sich der Monarch und sein Gefolge in der Mitte des reißenden Stromes befanden, zerfiel es in seine Bestandteile, und alle versanken in den Fluten.
 
Die wachsenden Ressentiments gegen die Zhoudynastie brachen unter der Herrschaft des Königs Li offen hervor. Im berühmten Jahr 841 v. Chr., dem frühesten sicheren und unbestrittenen Jahresdatum in der chinesischen Geschichte, wurde der als tyrannisch und ausbeuterisch gegeißelte Monarch von der aufgebrachten Bevölkerung der Hauptstadt davongejagt. Vorher hatte er versucht, seine schwindende Macht mit Terrormethoden zu stabilisieren. Er stellte einen mit seherischen Gaben ausgestatteten Experten ein, der angeblich alle die Adeligen und Untertanen ausfindig machen konnte, die schlecht über den König sprachen. Wie dieser das im einzelnen bewerkstelligte, wird nicht mitgeteilt, doch alle, die er denunzierte, wurden sofort umgebracht. Das Ergebnis war, dass die Feudalherren die Hauptstadt mieden und sich die Menschen auf der Straße nur noch mit Blicken verständigt haben sollen. Nach der Vertreibung übernahmen zwei Minister vierzehn Jahre lang die Regentschaft, ehe der besser geratene Sohn des Tyrannen, der 828 v. Chr. im Exil gestorben war, inthronisiert wurde.
 
Im Laufe der Zeit hatten es Könige, die bei weitem nicht das Format der Dynastiegründer aufwiesen, zugelassen, dass die Vasallen zur ihrer Investitur nicht mehr in der Metropole erschienen. Statt dessen wurden ihnen die entsprechenden Urkunden nebst den obligatorischen teueren Geschenken in den Lehen selbst überreicht. Zweifelsohne waren aber auch Macht und Selbstbewusstsein einzelner Feudalfürsten erheblich gewachsen. Sie bemühten sich, ihren Staaten ähnliche Verwaltungs- und Organisationsstrukturen zu geben, wie sie in der Zhoudomäne anzutreffen waren. Der Unterschied war nur, dass in einem Lehen statt des Monarchen ein Blutsverwandter oder eine genehme Persönlichkeit aus einer anderen aristokratische Sippe an der Spitze stand. »Daifu« (hohe Würdenträger, manchmal auch mit Aftervasallen übersetzt) sowie andere Amtsträger assistierten bei der Verwaltung der unterschiedlich großen Lehen. Der oberste Lehensnehmer, meist ein Fürst, verehrte im Ahnentempel, der sich stets in seinem städtischen Regierungssitz befand, seine eigenen verblichenen Vorfahren sowie lokale Gottheiten.
 
Es konnte in einer Gesellschaft mit einem streng patriarchalisch strukturiertem Sippensystem (»zongfa«) nicht ausbleiben, dass sich in den Feudalstaaten die Ansicht durchzusetzen begann, die Nachfolge nach dem Tod eines Fürsten müsse automatisch auf dessen Sohn übergehen. Der ursprüngliche Anspruch der Zhoukönige auf eine Investitur allein nach ihrem Willen wurde durch das konkurrierende Prinzip der Erblichkeit aufgeweicht, ehe es in den nachfolgenden Jahrhunderten schließlich zur bloßen Bestätigung einer vollendeten Tatsache verkam. Die Nachfolgefrage wurde zu einer internen Angelegenheit der Feudalstaaten.
 
Der Abstieg der Westlichen Zhou
 
Der Weg, eigene Interessen ohne Rücksicht auf den obersten Lehensgeber durchzusetzen, war vorgezeichnet. Die Erosionsprozesse, die kontinuierlich die Macht des amtierenden Königshauses unterhöhlten, fanden einen gewissen Höhepunkt in den 70er Jahren des 8. Jahrhunderts v. Chr. König You (»der Düstere«), dessen Machtantritt im Jahre 781 v. Chr. von einem Zhouprinzen im Rückblick mit der Bemerkung kommentiert worden war: »Der Himmel hatte kein Erbarmen mit den Zhou«, erwies sich als kraftloser, vermutlich psychisch gestörter Herrscher ohne Fortune. Er war zu allem Überfluss auch in besonderem Maße mit Einfällen von Fremdvölkern an den Reichsgrenzen konfrontiert und geriet in eine aussichtslose Lage, als es dem Fürsten von Shen gelang, gegen ihn eine feindliche Allianz schmieden. In ihr fanden sich Shen und sein kleiner Nachbarstaat Zeng (beide südlich vom heutigen Luoyang in Henan gelegen) zusammen, vor allem aber gehörten die gefürchteten und schlagkräftigen Quan-Rong-»Barbaren« dazu.
 
Ironischerweise hatte der Zhouherrscher den Fürsten von Shen ehedem speziell als »Unterstützung für die Zhou« und als »Schutzwall« gegen unbotmäßige Nachbarn im Süden und Südwesten eingesetzt. Auslöser für den bewaffneten Konflikt waren Auseinandersetzungen um den legitimen Thronfolger. Zum Nachfolger von König You war offiziell der älteste Sohn seiner Hauptgemahlin auserkoren worden, die wiederum eine Tochter des Fürsten Shen war. Der Monarch erlag jedoch den Reizen seiner Lieblingskonkubine Bao Si so gründlich, dass er sie wider die guten Sitten an die Stelle seiner eigentlichen Gemahlin setzte und vor allem auch noch ihren gemeinsamen Sohn zum neuen Thronerben bestimmte.
 
Die traditionelle Geschichtsschreibung lässt kein gutes Haar an dieser Femme fatale, der die Hauptschuld am Untergang der Westlichen Zhoudynastie angelastet wird. Angeblich war es zum Leidwesen des Königs nicht möglich, sie zum Lachen zu bringen. Schließlich soll er auf die Idee gekommen sein, die Signalfeuer entzünden zu lassen, die den Lehensherren eine gefährliche Invasion von »Barbaren« anzeigten und sie zum sofortigen Erscheinen samt ihrer Heere verpflichtete. Bao Si, durch ihren Sippennamen Si als Abkömmling des ehemaligen Herrscherhauses der Xia ausgewiesen, fand den Fehlalarm sehr lustig und lachte, sodass der Gemahl ihr dieses Vergnügen des öfteren bereitete. Als dann der Fürst von Shen und seine Verbündeten anrückten, entfachte man zwar die Signalfeuer, doch die Hilfe der Feudalherren blieb aus. Die Metropole Zongzhou bzw. Hao wurde erobert und vollständig zerstört. Sämtliche Reichtümer des Herrscherhauses und der Stadt wurden geplündert; alles, was transportabel war, nahmen die Quan-Rong auf ihrem Rückmarsch in die heimatlichen Gefilde mit. Der König war bei den Kämpfen erschlagen worden, ebenso wie sein nachgeschobener Thronfolger.
 
Nach dem Tod von König You, in dessen Gestalt einiges vom Topos des schlechten letzten Herrschers aufscheint, fand die Westliche Zhoudynastie 771 v. Chr. ihr Ende. Chaotische Zeiten brachen an, als gleich zwei Könige zu Nachfolgern ernannt wurden und in verschiedenen Städten ihr Amt antraten. Pingwang (König Ping), der verschmähte, aber eigentlich legitime Thronfolger, residierte in Shen, dem Lehen seines Großvaters. Yuchen, ein anderer Sohn des getöteten Zhoukönigs, auch Xiwang genannt, hatte seinen Sitz in Xi, einem nicht identifizierbaren Ort nahe oder im kleinen Lehensstaat Guo, der im Grenzbereich der heutigen Provinzen Shanxi und Shaanxi am Hwangho lag. Der »legitimere« Prätendent hatte die mächtigeren Fürsten, vor allem von den damals bedeutsamsten Lehensstaaten Jin und Lu, auf seiner Seite, aber auch das im Westen gelegene Qin, dessen Herrschersippe später einmal den ersten Kaiser des Einheitsreiches stellen sollte. Mit Hilfe seiner treuen Vasallen verlegte Pingwang seine Residenz nach Chengzhou am Hwangho, dessen Bau seinerzeit Zhougong befohlen hatte.
 
Erst zehn Jahre später, eine andere Quelle sagt 20 Jahre, gelang es dem Fürsten Wen von Jin, den lästigen Gegenkönig zu töten. Damit wurde dem Grundsatz wieder Geltung verschafft, den Konfuzius später so formulierte: »Ebenso wie der Himmel keine zwei Sonnen hat, sollte das Volk keine zwei Könige haben.«
 
 Die Östliche Zhouzeit
 
Mit dem Einzug König Pings in die neue Hauptstadt im Osten Chengzhou begann offiziell die Östliche Zhoudynastie (770-256/249 v. Chr.). Man unterteilt sie traditionell in die Chun-qiu-Zeit (770/722-481 v. Chr.) und die Zhan-guo-Zeit (481-221 v. Chr.) Die Bezeichnungen für beide Perioden rühren von berühmten Werken, deren Berichtszeiträume zusammengenommen annäherungsweise mit der Östlichen Zhouzeit übereinstimmen. Das »Chun-qiu« (die Frühlings- und Herbstannalen) listet in einer Art Telegrammstil die wichtigsten Ereignisse auf, die sich während der Regierungszeit von zwölf Fürsten des Feudalstaates Lu (im südwestlichen Teil der heutigen Provinz Shandong) von 722- 481 v. Chr. zugetragen haben. Gemeinsam mit seinen Kommentaren »Gong-yang«, »Gu-liang« und vor allem »Zuo-zhuan«, die alle aus der späteren Zhouzeit stammen und erheblich umfangreicher als das eigentliche »Chun-qiu« sind, wurde der Korpus zu einer äußerst ergiebigen Quelle. Sie unterrichtet uns, über die Geschichte von Lu hinaus, über praktisch alle bedeutsamen Vorgänge im damaligen Zhoureich.
 
Das zweite namensspendende Werk ist das »Zhan-guo ce« (die Pläne der Streitenden Reiche), eine Sammlung von 497 historischen Erzählungen und Anekdoten, die insbesondere wegen ihres glänzenden literarischen Stils zu allen Zeiten mit viel Lob bedacht worden ist. Sie beziehen sich auf die Zeit von 481- 221 v. Chr. Der im 1. Jahrhundert v. Chr. lebende Liu Xiang stellte das Opus zwar erst in seiner Zeit zusammen, doch kursierten viele der historisch nicht immer verlässlichen Erzählungen schon Ende des 3. Jahrhunderts v. Chr. in den Kreisen der damaligen Intelligenz.
 
König Ping, der seinen Sitz in Chengzhou gewählt hatte, um zwischen sich und den unberechenbaren und bedrohlichen »Barbaren« im Westen und Norden eine größere Distanz zu haben, unternahm mit der Verlegung einen fatalen Schritt. Ohne es zu wissen, setzte er sich an die Spitze eines Marsches, der das einst starke und wehrhafte Königshaus der Zhou unaufhaltsam in seine machtpolitische Bedeutungslosigkeit führte. Die neue Königsdomäne um die Hauptstadt, territorial ein Bruchteil der bisherigen Stammlande, lag eingekeilt und im Grunde nicht erweiterungsfähig inmitten von Feudalstaaten. Im Gegensatz zu ihrem obersten Lehensherrn konnten die meisten benachbarten Vasallen ihre Herrschaftsgebiete, die von Anbeginn ohnehin alle größer waren als die Königsdomäne, ständig ausdehnen. Dies geschah durch Inbesitznahme von Randgebieten und Landstrichen, die von »Barbaren« bevölkert waren, und durch Erschließung bislang ausgesparter, herrenloser Gebiete. Dies geschah aber auch zunehmend durch Einverleibung kleinerer Lehen, deren ehemalige Herren fortan, wollten sie überleben, die Befehle ihrer mächtigeren Nachbarn zu befolgen hatten.
 
Betrachtet man den gesamten Zeitraum der Chun-qiu-Zeit, so blieben von den 148 unterschiedlich großen Lehensgebieten zu Beginn dieser Periode an deren Ende kaum mehr als etwa ein Dutzend übrig. In der Zhan-guo-Zeit gab es schließlich nur noch fünf bis sieben große Flächenstaaten, ehe sie im Laufe des 3. Jahrhunderts v. Chr. alle durch den Teilstaat Qin von der Landkarte getilgt wurden.
 
Die Konsequenzen aus der Hauptstadtverlegung: Verarmung
 
Der Abstieg der Östlichen Zhoudynastie zeichnete sich schon beim Ableben ihres ersten Monarchen ab. Die Wirtschaftskraft der Königsdomäne war so schwach, dass man Bittgänger in den Staat Lu, zu dem man besonders innige Verbindungen hatte, schicken musste, um einen Zuschuss für die Beerdigungskosten zu erhalten. Unbestreitbar ist allerdings, dass königliche Begräbnisse seit jeher mit sehr hohen Ausgaben verbunden waren. Im Falle der schon seit den 1930er Jahren bekannten Gräber von Jincun (nördlich von Luoyang), die Li Xueqin erst vor kurzem als Königsgräber der Östlichen Zhouzeit identifizieren konnte, dürfte dies nicht anders gewesen sein. Zwar waren sie, wie die meisten alten aristokratischen Ruhestätten, beraubt worden, doch lässt allein schon die Monumentalität dieser T-förmigen Gräber, kaum weniger gewaltig als die der kreuzförmigen Pendants in der Shangzeit, die aufwendigen und kostspieligen Erdarbeiten für die Aufnahme des gewaltigen Sarkophags bzw. der hölzernen Grabkammer erkennen.
 
Abgesehen von den reinen Bauarbeiten an den Gräbern müssen die Beisetzungszeremonien, die sich über längere Zeiträume hinzogen - man denke nur an die standesgemäße Bewirtung der zahllosen Gäste, die vielen Opfer und vor allem an die sehr kostspieligen Grabbeigaben - Unsummen verschlungen haben. Insolvenz anlässlich eines derartigen Staatsakts war sicherlich ein Novum in der chinesischen Geschichte, doch blieb sie kein Einzelfall, da die verfügbaren Mittel der Zhou stets knapp bemessen blieben. Nach dem Tod von König Huan (719-697 v. Chr.) musste sieben Jahre gespart werden, ehe man es sich leisten konnte, ihn mit dem vorgeschriebenen Pomp und Ritual in ein adäquates Grab zu senken.
 
Auch die großmütige Überlassung von Kriegsbeute, wie dies der Fürst Wen des Teilstaates Jin nach einer siegreichen Schlacht gegen den Südstaat Chu im Jahre 632 v. Chr. freiwillig praktiziert hatte, änderte auf Dauer nichts an der chronisch schwachen Wirtschaftsbasis der Zhoudomäne. Für die Könige gab es spätestens seit dem Verlassen ihrer Stammlande im Einzugsgebiet des Wei He keine Möglichkeit mehr, die Vasallen zu regelmäßigen Abgaben zu verpflichten oder ihnen eine bestimmte Politik vorzuschreiben. Die Zhou waren nicht mehr in der Lage, als Gehorsam einfordernde Ordnungsmacht aufzutreten. Ihnen fehlte die nötige Hausmacht mit einer überlegenen Armee, um ihren Ansprüchen Nachdruck verleihen zu können.
 
Gleichwohl blieb der König eine repräsentative, durch das Mandat des Himmels beglaubigte oberste Instanz, der allein es vorbehalten war, zum Wohl des gesamten Reiches die unverzichtbaren Kulthandlungen zugunsten von »tian« zu zelebrieren oder die Nachfolge von Fürsten, wenn auch nur nachträglich, zu legitimieren. Oft gelang es dem Zhoukönig nur mühsam, die Aura von Würde und Erhabenheit aufrecht zu erhalten, die den Himmelssohn immer umgeben sollte. Wenn nötig, wurden hierfür auch protokollarische Finessen eingesetzt. Als der Monarch einmal unter Missachtung der Etikette von dem ihm eigentlich sehr gewogenen Fürsten von Jin zu einem Treffen mehrer Feudalstaaten in Heyang (nördlich von Luoyang) einbestellt worden war, hieß es offiziell, dass sich der König just an jenem Ort auf die Jagd begeben habe. Eine Absage hätte er sich nicht leisten können.
 
 Der Verfall der Zentralgewalt und der Aufstieg der Feudalstaaten
 
Nicht mehr in Schranken gehalten von einer achtungsgebietenden starken Zentralgewalt, arbeitete, wie oben schon thematisiert, jeder der Teilstaaten emsig daran, sein Einflussgebiet zu erweitern. Im 7. Jahrhundert v. Chr. intensivierten die größten von ihnen ihre Bemühungen um eine Vormachtstellung, notdürftig kaschiert durch die offizielle Begründung, man wolle die hilfebedürftigen Zhoukönige gegen aggressive andere Teilstaaten in Schutz nehmen. Verschiedene politische Bündnisse wurden geschlossen und zahllose Kriege wurden untereinander geführt, letztendlich mit dem überraschenden, für die Zhou günstigen Ergebnis, dass ihr Herrscherhaus bis in die Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. Bestand hatte. Die geringe Hausmacht der Zhou war 367 v. Chr. zu allem Überfluss noch einmal geschwächt worden, als im Gefolge von Thronfolgestreitigkeiten die Hälfte des ohnehin schon kleinen Domänenterritoriums verlorenging. Aber auch dieses Missgeschick änderte nichts an ihrer Weiterexistenz, die durch den Ehrgeiz und die Neidgefühle der Vasallen abgesichert war. Kein Teilstaat gönnte dem anderen, den Platz des Herrscherhauses einzunehmen.
 
Parallel zum Verfall der Macht der Könige begann in der Chun-qiu-Zeit eine Verlagerung aller wichtigen politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen und Aktivitäten in die einzelnen Teilstaaten. Unter diesen waren Chu im Süden, Qi und Yan im Bereich vom Bohai und von Shandong, Jin in der Region des heutigen Shanxi - nach seiner Aufteilung im Jahre 453 v. Chr. seine drei Nachfolgestaaten Han, Wei und Zhao - und Qin im Gebiet des Wei He die wichtigsten. Die partikularistischen Entwicklungen fanden in verschiedenerlei Form ihren Niederschlag.
 
Schon im 8. Jahrhundert v. Chr. leistete sich der Staat Chu gegenüber dem Zhoukönig den Affront, seine Herrscher als Könige (»wang«) zu bezeichnen, ein Titel, den sich die Fürsten der anderen Teilstaaten erst etwa im 4. Jahrhundert v. Chr. anmaßten. Chu hatte immer eine gewisse Sonderstellung eingenommen, da seine Herrscher selber die Macht errungen hatten und keine vom Himmelssohn belehnten Vasallen waren. Auch wenn dieses Gemeinwesen im Süden eine gewisse politische Selbständigkeit besaß und man die Oberherrschaft der Zhou freiwillig anerkannt hatte, war Chu doch der Lebensart und Kultur der »zhong guo« (Staaten in der Mitte, das heißt der Zhoulehensstaaten) verpflichtet und bemühte sich, von diesen als einer der ihren anerkannt zu werden. Nur nebenbei sei in diesem Zusammenhang auf die allenthalben hochgeschätzten »Chu-ci« (Elegien von Chu) verwiesen, die zumindest teilweise von dem 290 v. Chr. gestorbenen Chu-Adligen Qu Yuan verfasst worden sind.
 
Offenbar besaßen die Chuherrscher jedoch ein ausgeprägtes Selbstwertgefühl, das sie sogar mit ihrer Herkunft kokettieren ließ. So meinte der Herrscher Xiong Tong im Jahre 702 v. Chr., er sei zwar ein »Südbarbar«, doch könne er angesichts von Mord und Totschlag unter den Feudalfürsten für den Zhouhof von Nutzen sein. Als Gegenleistung forderte er die Aufwertung seiner Stellung durch Verleihung der Prinzenwürde. Als ihm das verweigert wurde, griff er kurz danach zur Selbsthilfe, und zwar mit Hinweis auf das von ihm und seinen Vorfahren bisher Erreichte, wobei er nicht vergaß, seine Verdienste zur Befriedung und Anpassung der »Barbaren« im Süden, Man und Yi, herauszustreichen. »Ich ehre mich eben selbst«, sprachs »und setzte sich dann selber als König Wu ein«, wie es bei Sima Qian heißt. Der Himmelssohn stand dem machtlos gegenüber, ebenso wie später, als dieses Beispiel auch unter den anderen Teilstaaten Schule machte. Chu war während der Chun-qiu-Zeit das am stärksten expandierende Reich, dessen wechselvolle Geschichte es nötig machte, mehr als sechsmal die Hauptstadt zu verlegen. Chu sog im Laufe der Auseinandersetzungen 45 kleinere Staaten und Lehen im Gebiet des mittleren Jangtsekiang, an den Flüssen Han Shui und Huai He in sich auf. Gleichzeitig brachte es die hier ansässigen Man und Yi stärker mit der Kultur der Zentralgebiete in Verbindung. Es entstand eine Kultur mit vielen Besonderheiten, auf die manche Zeitgenossen aus dem Norden ein wenig überheblich herabblickten, von deren Großartigkeit wir uns jedoch heute durch zahlreiche Bodenfunde ein eigenes Bild machen können.
 
In Chu wurden erstmals die bis zum heutigen Tage in China üblichen »xian« (Kreise) als Verwaltungseinheiten etabliert. Der Chuherrscher ernannte für ihre Leitung jeweils die Amtsträger. Der Teilstaat Jin folgte diesem Beispiel später und schuf außerdem »jun« (Regierungsbezirke) in Regionen, die man von den »Nordbarbaren«, den Di, erobert hatte. Diese Art von Verwaltungseinheiten, die auch in der politischen Lehre des im 4. Jahrhundert v. Chr. lebenden Denkers und Politikers Shang Yang propagiert und im Feudalstaat Qin erprobt wurden, dienten später dem ersten historischen Kaiser Chinas, Qin Shi Huangdi (221-210 v. Chr.), als Modell für die administrative Gliederung seines neuen Einheitsreiches.
 
Diesen von Chu und Jin initiierten organisatorischen Maßnahmen schlossen sich im Laufe der Zhan-guo-Zeit noch viele andere Staaten an. Nach den Untersuchungen Li Xueqins wird dieser Trend nicht zuletzt auch durch die sehr zahlreichen archäologischen Funde der Siegel unterstrichen, die damals von den Beamten der »Kreise« und »Regierungsbezirke« geführt worden waren. Man kann darin wichtige Vorboten für eine absichtliche Lockerung der Feudalstrukturen sehen. Die Landesherren erkannten allmählich, dass sie ihre zu großen Flächenstaaten herangewachsenen Herrschaftsgebiete mit Hilfe von Aftervasallen, die ihre Ämter automatisch an ihre Söhne weitergeben wollten, organisatorisch oft nur unzureichend zu durchdringen und wirtschaftlich zu nutzen vermochten. Hier drohte im Kleinen, was im Großen durch die Verselbständigung der Teilstaaten gegenüber dem Zhoukönigshaus längst eingetreten war: Schwächung der jeweiligen regionalen Zentralmacht.
 
Diese Erkenntnis wurde aber anfänglich nur sehr zögerlich in die Tat umgesetzt, indem man vorsichtig daran ging, entgegen den feudalen Traditionen auf eine Verwaltungsstruktur mit abrufbaren Beamten hinzuarbeiten, das heißt die erbliche Beamtenaristokratie durch eine Beamtenbürokratie zu ersetzen. Bezeichnenderweise wurde damit meist in neu hinzueroberten Randgebieten der Teilstaaten begonnen, in denen es noch keine auf ihre Besitzstandswahrung erpichte Aristokratie mit erblichen Ämtern gab.
 
 Wirtschaft und Handel: Das Eisen
 
Große Auswirkungen auf die Wirtschaft und mittelbar auf das gesamte politische System hatte die Erfindung des Eisengusses. Das bisher älteste Stück, ein 1978 in einem Grab bei Lingtai (nordwestlich von Xi'an) gefundener Dolch mit Eisenklinge und Bronzegriff, datiert aus dem 8. Jahrhundert v. Chr. Er ist eher ein Einzelstück, ebenso wie einige aus Meteoriteisen gefertigte Schneiden an bronzenen Yue-Ritualäxten der ausgehenden Shangzeit (12./11. Jahrhundert v. Chr.), die vor einigen Jahren im Kreis Gaocheng (Provinz Hebei), Kreis Pinggu (bei Peking) und Kreis Jun (Provinz Henan) gefunden wurden. Erst im 6./5. Jahrhundert v. Chr. drangen aus Eisen hergestellte Gegenstände in alle wichtigen Lebensbereiche vor. Die früheste zuverlässige schriftliche Erwähnung von Eisen stammt im übrigen aus dem Jahre 513 v. Chr., als der Staat Jin seine Rechtssatzungen auf einem eisernen Ding-Gefäß einprägen ließ.
 
Einen besonders hohen Standard und ein von Zeitgenossen viel beachtetes Produktionsvolumen erreichte die Eisenherstellung im Teilstaat Qin. Einschlägige Hinweise finden sich in dem schwer zu datierenden »Mozi«, einem Werk, in dem überwiegend die Ideen des im 5. Jahrhundert v. Chr. lebenden Mo Di - er war der früheste geistige Rivale des Konfuzius - niedergelegt sind. Viele der Erörterungen zum Eisen sind eingebettet in das Kapitel über den Verteidigungskrieg, dessen Niederschrift in der Zhan-guo-Zeit erfolgte, wie durch neue Grabfunde von entsprechend beschrifteten Bambustäfelchen belegt werden konnte. Die Vorfahren des schon oft genannten Geschichtsschreibers Sima Qian hatten nach seiner eigenen Auskunft Verbindung zur Eisenfertigung, da sie als Beamte in Qin mit deren Beaufsichtigung befasst waren. Schließlich wurden in neuerer Zeit zahlreiche archäologische Funde gemacht, welche die führende Rolle, die Qin in der Eisenproduktion und Weiterverarbeitung innehatte, unterstrichen.
 
Der Guss von Eisengerät, der auch in anderen Teilstaaten, wie dem ansonsten weniger in Erscheinung tretenden Yan am Bohai, ein beachtliches Niveau erreichen konnte, erfolgte in der Regel mit Hilfe von Ton- oder Metallformen. Die große Nachfrage nach Werkzeugen und Gebrauchsgegenständen aus dem widerstandsfähigen, dabei aber wegen der günstigen Rohstofflage relativ billig produzierbaren Gusseisen führte bereits im 4./3. Jahrhundert v. Chr. zur Massenfertigung von Artikeln. Man bediente sich dabei des Stapelgusses und des Kokillengusses.
 
Bei der zuerst genannten Gusstechnik wurden gleiche Einzelformen aus Ton übereinandergestapelt und durch ein gemeinsames Eingussloch über einen Verbund von Gusskanälen mit geschmolzenem Eisen gefüllt. Über ein technisch günstig plaziertes kleines Loch entwich die verdrängte Luft. Auf diese Weise entstanden bei einem einzigen Arbeitsgang gleich mehrere Gegenstände. Nach dem Erkalten musste man sie durch Zertrümmern der aufeinander stehenden Tonformen nur noch freilegen und die nun störenden Gießkanäle abschlagen. Diese Technik war ursprünglich beim Bronzeguss entwickelt worden, bei dem sie auch weiterhin, wie etwa bei der Herstellung von Münzen, angewandt wurde. Vorgefertigte Metallmodelle von den erwünschten Gegenständen, die man in den noch weichen Ton der Gussformen vor deren Trocknen und Brennen drückte, erlaubten nicht nur die Produktion fast identischer Stücke, sondern auch eine sehr zügige Herstellung der zu stapelnden Gussformen.
 
Beim Kokillenguss benutzte man aus Weißeisen gefertigte, wiederverwendbare hohle Gießformen aus zwei Teilen. Um die mit flüssigem Eisen zu füllende Hohlform samt ihrer Hilfsöffnungen zu erhalten, mussten die Hälften bündig zusammengefügt und beim Einfüllen der Schmelze kurzfristig mit Zangen und/oder Klammern zusammengepresst werden. Nach wenigen Minuten klappte man die Kokille dann wieder auseinander, um das noch sehr heiße, jedoch schon erstarrte Gussstück zu entnehmen. Damit eine Verbindung des flüssigen Metalls mit der Eisenform vermeiden wurde, beschichtete man die Kokillenhälften vor jedem Guss mit einer hauchdünnen, feuerfesten Lage aus Trennsand.
 
Wahrscheinlich wurde mit dieser Technik eine noch höhere Produktivität als beim Stapelguss erreicht, insbesondere wenn einfache Formen gefragt waren wie bei der Produktion von Pflugscharen, Spaten, Sichelblättern, Hacken, Rechen und anderem Gerät zur Bodenbearbeitung. Gegenüber allen bislang in der Landwirtschaft verwendeten Produktionsmitteln hatten sie wesentlich höhere Standzeiten und waren belastungsfähiger. Zusammen mit dem ebenfalls Ende der Chun-qiu-Zeit vermehrt aufkommenden Einsatz von Rindern für die Feldarbeit erhöhten sich allgemein die Bodenerträge. Man ritzte in den Gebieten mit Regenfeldbau nicht mehr nur den Boden, sondern pflügte tiefgründig. Nach einer Feststellung von Xun Kuang, auch Xunzi (Meister Xun) genannt, dem im 3. Jahrhundert v. Chr. lebenden kritischen konfuzianischen Denker, der lange Zeit in den Diensten der Feudalstaaten Qi und Chu stand, wurden die Felder nun auch gedüngt. Dadurch erzielte man bei den Getreidearten in manchen Gebieten bereits zwei Ernten pro Jahr.
 
 Privatbesitz und Handel
 
In der Landwirtschaft betätigten sich zunehmend kleine Gutsbesitzer, die aus den unteren Schichten der Aristokratie stammten. Es waren weitläufige Mitglieder von fürstlichen Seitenlinien und von anderen wichtigen Sippen, deren Zahl im Einklang mit dem natürlichen Bevölkerungswachstums ebenfalls ständig zunahm. Nicht mehr alle konnten mit lukrativen Sublehen oder erblichen Ämtern versorgt werden. Die Angehörigen dieser wachsenden Gesellschaftschicht fasste man unter dem Oberbegriff »shi« zusammen. Sie fanden ab und an ihr Auskommen als abrufbare Beamte in neu eingerichteten »Kreisen« oder »Regierungsbezirken«, weitaus öfter jedoch in der Armee. Für ruhmreiche Taten, die zu vollbringen die ständigen Kriege in der Chun-qiu- und Zhan-guo-Zeit die beste Gelegenheit boten, erhielten sie dann von ihren Fürsten ein Stück Land zur Bestellung geschenkt. Ihre Gegenleistung bestand darin, einen Teil der Ernte als Bodensteuer abzuliefern.
 
Lu war nach den Quellen der erste Teilstaat, der diese Regelung 594 v. Chr. verbindlich einführte. Darüberhinaus mussten die mit unterschiedlich großen Feldern bedachten Bauern oder Gutsbesitzer jährlich eine bestimmte Zahl von Arbeitstagen für öffentliche Arbeiten erbringen, eine Sonderform der Steuer, die auch im späteren kaiserlichen China Bestand hatte. Die Anlage und Instandhaltung von Straßen und Brücken, die Errichtung von Stadtwällen und Grenzbefestigungen als Schutz der Staaten voreinander oder gegen Fremdvölker, der Bau von Bewässerungs- und Schiffskanälen (vornehmlich in der Zhan-guo-Periode) und andere personalintensive Arbeiten waren die zu erledigenden Aufgaben, aber auch Kriegsdienst für den Fürsten. Vermutlich waren noch viele der neuen Güter so groß, dass man, statt selber den Pflichten nachzukommen, Leibeigene, die nach wie vor fest an die Scholle gebunden waren, dafür abordnen konnte.
 
Die höhere Produktivität in der Landwirtschaft, die oben schon behandelt wurde, war ein wichtiger Faktor, der landesweit den Weg für den käuflichen Erwerb von Grund und Boden freimachte. Das »Lü-shi chun-qiu«, das einmal als Enzyklopädie des im 3. Jahrhundert v. Chr. angesammelten Wissens charakterisiert wurde, und andere Quellen berichten von Leuten aus verschiedenen Teilstaaten, die schon im 5. Jahrhundert v. Chr. ganz erpicht auf Landerwerb waren. »Wenn Zhao Gua [ein nicht näher bekannter Mann aus dem niederen Adel] Geld hatte, dann kaufte er Felder und Wohnhäuser.«
 
Der langjährige Minister Shang Yang, der als der eigentliche »Macher« gepriesen wird, welcher dem Teilstaat Qin zu seiner ökonomischen und militärischen Größe und Überlegenheit verhalf, institutionalisierte die neue Entwicklung, indem er ein Gesetz zum Erwerb und zur Veräußerung von Feldern formulierte. In dem Maße, wie allenthalben der Kauf und Verkauf von Grund und Boden zunahm, verlor die bis dahin übliche feudale Vergabe von Land, das ja immer nur zur Nutzung und streng genommen nur auf Lebenszeit überlassen wurde und nicht verkauft werden konnte, an Bedeutung. Im »Guanzi«, einer der umfangreichsten politisch-philosophischen Schriften für die Chun-qiu- und Zhan-guo-Zeit, einem zugleich heterogenen Werk, dessen verschiedene Teile aus der Zeit zwischen dem 4. und 1. Jahrhundert v. Chr. stammen, findet sich eine recht modern anmutende These: Der Privatbesitz von Land sei notwendig, um das Wohlergehen des Volkes und damit die Prosperität des Staates zu erreichen.
 
Ein anderes bedeutsamer werdendes Element im Wirtschaftsgefüge der verschiedenen Reiche waren die Kaufleute. Als »gu« (ansässige Händler) traf man sie auf den Märkten, die es in allen großen Städten und Siedlungen gab; als »shang« (reisende Kaufleute) waren sie auf den Flüssen und den Straßen unterwegs. Einige Abschnitte des ausgedehnten Wegenetzes, das alle wichtigen Orte verband, datierten aus dem 2. Jahrtausend v. Chr., doch waren es vor allem die Aktivitäten der Landesfürsten der Zhouzeit, die nicht zuletzt auch aus militärstrategischen Gründen für seine Verdichtung sorgten. Die Dimensionen der in Pisétechnik unter Einmischung von Kies und Geröll angelegten Straßen variierten, mehrere Streitwagen breit in den Städten und in ihrer unmittelbarern Nähe bis hin zu einfachen Wegen in den entlegeneren Regionen. Im »Shi-jing« heißt es lobend zu den Straßen der Hauptstadt: »Die Straßen von [Cheng]zhou sind glatt wie ein Schleifstein und gerade wie ein Pfeil, auf sie setzen die Edlen ihren Fuß, und das einfache Volk wirft einen Blick auf sie.«
 
Auf den lokalen Märkten waren Luxuswaren wie Perlen und Pelze, kostbare Bronzegegenstände und Schnitzereien aus Jade und Elfenbein, Seidenstoffe und Lackarbeiten für die Oberschicht ebenso zu haben wie Haushaltswaren, Dörrfleisch, Salz und Kleidungsstücke aus Leinen für jedermann. Die ganze Vielfalt des Angebots reichte sogar bis hin zu Prothesen in Schuhform für Leute, denen wegen eines Verbrechens ein Fuß abgehackt worden war. Diese schlimme Verstümmelungsstrafe, die bereits auf Orakelknochen der Shangzeit erwähnt wurde, war im Küstenstaat Qi Ende des 6. Jahrhunderts v. Chr. angeblich so oft vollzogen worden, dass die normalen Schuhe auf dem Markt der Hauptstadt Linzi billig, die Ersatzfüße wegen der regen Nachfrage aber teuer geworden waren. Dieser Hinweis in den Quellen diente auch als Seitenhieb auf die gesetzlichen Regelungen, die im 7. Jahrhundert v. Chr. von dem Minister Guan Zhong, einem Vorläufer der Legisten, wie weiter unten noch näher ausgeführt wird, initiiert worden waren.
 
Zu den Teilstaaten, die am meisten vom florierenden Handel profitierten, gehörte das besagte Qi. Seine Bevölkerung erreichte, ebenso wie die des Binnenstaats Jin, nach den Angaben im »Mozi« im 5. Jahrhundert v. Chr. schon einige Millionen Menschen. Qis wichtigste Handelsgüter waren Meersalz, das in Salzgärten an seiner Küste gewonnen wurde, und die Erzeugnisse seiner Webereien. Nach dem »Guanzi« hatte der schon genannte Guan Zhong, der als oberster Minister auch die Wirtschaftsgeschicke von Qi bestimmte, die Idee, ein Staatsmonopol auf lebenswichtige Güter zu schaffen. Dazu zählte in erster Linie das Salz. Für das Privileg, das Salz gewinnen und veräußern zu dürfen, mussten die Unternehmer an den Staat sehr hohe Abgaben entrichten. Dadurch erzielte der Landesfürst automatisch und unsichtbar aus jeglichem Handel mit dem unverzichtbaren Lebensmittel sichere Einnahmen, ohne dass er sich dem Vorwurf aussetzen musste, ein profitsüchtiger Mensch zu sein. Mit diesem Vorwurf hatten die Händler zu leben. Staatsmonopole, die man später zeitweilig unter anderem auch auf Eisen- und Holzprodukte sowie Alkohol ausdehnte, blieben im gesamten traditionellen China eine gern genutzte Einnahmequelle.
 
 Die Sonderstellung der Bronze
 
Neben etlichen anderen Teilstaaten hatte auch der Südstaat Chu mit seiner weit entwickelten Metallgewinnung und -verarbeitung, vor allem Bronze, Eisen und Gold betreffend, regen Anteil am Handel. Erwähnt werden müssen in diesem Zusammenhang auch die erlesenen Bronzewaren, mit denen sich die südlich von Shandong entlang der Küste gelegenen Staaten von Wu und Yue einen besonderen Namen gemacht hatten. Jedoch muss die Verhüttung von Kupfer- und Zinnerzen, beginnend in der Chun-qiu-Zeit, vor allem in Chu erhebliche Dimensionen erreicht haben. Gestützt auf eine Auswertung entsprechender Bodenfunde kommt Li Xueqin in einer neuen Untersuchung zu einem überraschenden Ergebnis. Entgegen allen bisher scheinbar verbürgten Annahmen wurde die einst so kostbare Bronze in größeren Quantitäten, vor dem Siegeszug des Eisens, zumindest im Süden für den Guss von einfachen Landwirtschaftsgeräten wie etwa Sicheln, Erntemessern oder Jätehacken verwendet. Offensichtlich lohnte sich ihr Erwerb trotz eines hohen Preises. Mit ihnen ließen sich aufgrund größerer Arbeitseffizienz und Haltbarkeit letztlich höhere Erträge erwirtschaften als mit den zwar wesentlich billigeren, aber dafür weniger leistungsfähigen und leichter vergänglichen Produktionsmitteln aus Stein, Bein und Holz.
 
Durch neuere Funde wissen wir im übrigen auch, dass Bronze in der Palastarchitektur eine Rolle spielte. Bronzene Konstruktionsverbindungen und Beschläge wurden zur Sicherung, Verstärkung und Verblendung von stumpf aufeinandertreffenden Holzbalken aufgenagelt. Abgesehen vom genannten profanen Gebrauch wurde Bronze natürlich auch weiterhin für sakrale Zwecke im weitesten Sinn, Grabbeigaben und Waffen verwendet.
 
Das 5. Jahrhundert v. Chr. gilt allgemein als eine Zeit, in der die chinesische Bronzekunst einen Höhepunkt erreichte. Einen beachtlichen Anteil an dieser Einschätzung hatte ohne Zweifel die filigrane Schönheit von Kunstwerken, die nun mit Hilfe der Cire-perdue-Technik, auch Wachsausschmelzverfahren genannt, produziert wurden. Dabei entsprach der spätere Bronzegegenstand exakt der in Wachs vormodellierten Form. Die neue Technik bereicherte die Bronzekunst um zusätzliche ästhetische Genüsse, doch erlebten auch die im bewährten und verfeinerten Teilformenguss hergestellten Gefäße und Gegenstände eine künstlerische Blüte. Besonders beeindruckend sind hier die mit herrlichen Silber- und Goldeinlagen, zum Teil auch mit Türkisen und anderen Halbedelsteinen verzierten Bronzen. Einige besonders schöne Artefakte mit Edelmetallintarsien, wie ein kleiner Bronzetisch und einige Tierplastiken, erbrachten die 1978 abgeschlossenen Ausgrabungen im Kreis Pingshan in Hebei. Sie waren in dem von dem »Barbarenvolk« der Baidi gegründeten Teilstaat Zhongshan (südwestlich des heutigen Peking, im nördlichen Hebei) hergestellt worden, der zwischen 414 und 296 v. Chr. existierte. Sie belegen ebenfalls, zusammen mit den anderen reichhaltigen Funden, in welch kurzer Zeit sich die Eliten in Zhongshan der materiellen Kultur und dem Kunstgeschmack der »Staaten in der Mitte« geöffnet hatten.
 
Das hohe technische Niveau bei den Bronzearbeiten wurde unter anderem auch durch vergütete Oberflächen als Korrosionsschutz unterstrichen. Davon profitierte nicht zuletzt die Herstellung hochglanzpolierter Spiegel aus Bronze, deren Rückseiten oft reichhaltig mit Phönixen, Drachen, geometrischen Figuren und Blumenmustern dekoriert waren. Sie waren schon im 2. Jahrtausend v. Chr. in Gebrauch, und ihnen blieben die schönheitsbewussten Käufer in China bis in das 18. Jahrhundert n. Chr. treu. Erst dann kamen Glasspiegel in Mode. Ähnlich wie bronzene Gürtelhaken und Schnallen wurden Bronzespiegel landesweit auf den Märkten zu heiß begehrten Objekten.
 
Höchster Gunst erfreuten sich auch die Waffen aus Yue, dem Küstenstaat an der Bucht von Hangzhou, der 473 v. Chr. seinen Konkurrenten Wu annektiert hatte, ehe er selbst im Jahre 334 v. Chr. von Chu erobert wurde. Seine unvergleichlichen Bronzeschwerter hatten Schneiden, die schärfer als die von Eisenschwertern waren. Für manche Prunkstücke wurden bisweilen angeblich gleich mehrere Städte samt Bewohnern als Gegenwert geboten. Der horrende Preis verdeutlicht, dass der übliche lokale oder zwischenstaatliche Handel mit derartigen Luxusgütern sicherlich wenig zu tun hatte. Vermutlich wurden auch viele andere sehr kostbare Dinge, die uns als Grabbeigaben überliefert sind, in fürsteneigenen Werkstätten mit Zwangsarbeitern, wohl meist Straf- oder Kriegsgefangenen, produziert, und zwar zum ausschließlichen Gebrauch des Landesherrn.
 
Die Charakterisierung der ausgehenden Chun-qiu- und beginnenden Zhan-guo-Periode als eine Blütezeit in der Anfertigung von Bronzen, sowohl in handwerklicher als auch in künstlerischer Hinsicht, trifft in erster Linie für die Teilstaaten zu. In der Zhoudomäne setzte, parallel zum politischen Niedergang, ein regelrechter Verfall der Bronzekunst ein. Grabbeigaben bezeugen, dass grobe, unbearbeitete Gussnähte sowie Verschiebungen im Dekor der Gefäße durch nachlässig zusammengefügte Teilformen durchaus keine Seltenheit waren.
 
 Geld
 
Um den Handel über das Niveau der bis in das Neolithikum zurückreichenden einfachen Naturaltauschwirtschaft zu heben, waren Tuchstücke in genau festgelegten Größen, unter anderem ca.1,85 m auf ca.0,58 m, und die Gehäuse der schon erwähnten Kaurischnecken die ersten Schritte in Richtung auf Tauschmedien. Kaurischneckengehäuse sollten sich, zumindest in entlegenen Inlandgebieten, als äußerst langlebiger Geldersatz erweisen, den Marco Polo noch Ende des 13. Jahrhunderts n. Chr. in Yunnan, an der Grenze zu Birma, antraf. Es sei dahingestellt, ob die Kaurischnecken in der Shang- und Westlichen Zhouzeit wirklich die vielfältigen Funktionen von Geld erfüllten. Sicher ist jedoch, dass sie, zu kurzen doppelten Schnüren aufgefädelt, einen hohen Wert besaßen, bei generösen Schenkungen den Besitzer wechselten und als Grabbeigaben, vielleicht zur Finanzierung des Lebensunterhalts im Jenseits, geschätzt waren. Sicher ist auch, dass weder die bunten Kaurischneckengehäuse noch die genormten Tuchstücke ein wirklicher Anreiz für den Handel waren, der in der Östlichen Zhouzeit in bislang unbekanntem Umfang aufblühte. Diese Funktion fiel dem Metallgeld zu, dessen Produktion und Verwendung bereits in der Chun-qiu-Zeit im Binnenstaat Jin und in der Zhoukönigsdomäne begann, das aber erst in der Zhan-guo-Zeit eine allgemeine Verbreitung und Akzeptanz erfuhr.
 
In den Feudalstaaten wurden unterschiedliche Vorlieben für verschieden gestaltete Münzen entwickelt. In Chengzhou und seinem Hinterland, in Jin und seinen Nachfolgestaaten Han, Wei und Zhao dominierten Bu-Münzen in mehreren Wertstufen, miniaturisierte Nachbildungen der eigenwilligen chinesischen Spaten, daher auch als »Spatengeld« bezeichnet. In den nördlichen Küstenstaaten Qi und Yan hatte man sich für Dao-Münzen entschieden, kleine Imitate von Messern, daher auch »Messergeld« genannt, die ebenso wie das »Spatengeld« jeweils etwa 5-20 cm lang und zwischen 1-5 cm breit waren.
 
In Chu liefen bis etwa 4 g schwere, aus Bronze gegossene kleine Münzen um, in denen einige Forscher die Nachbildungen von Kaurischnecken sehen. Besser bekannt sind sie als »yibi qian« (Ameisennasengeld), ein Spitzname, den sie wegen ihrer Oberflächengestaltung schon in der Songdynastie (960-1279) erhalten hatten. Darüberhinaus wies das Hartgeldsystem von Chu eine Besonderheit auf, die es von allen anderen Teilstaaten unterschied. Es gab Goldmünzen aus wenige Millimeter starken Goldblechen, in die mit meist viereckigen Prägestempeln chinesische Zeichen eingeschlagen waren, die in der Regel Auskunft über den Herstellungsort gaben. Eine solche Goldmünze wurde entweder als Einzelstück ausgegeben, oder in ein entsprechend größeres Stück Goldblech wurden bis zu etwa 18 mal neben- und untereinander die genannten Prägestempel geschlagen, um so eine höhere Nennwerte zu produzieren. Der genaue Wert musste allerdings durch Auswiegen ermittelt werden.
 
Im Staat Qin schließlich kursierten ab dem 4. Jahrhundert v. Chr. runde Bronzemünzen mit einem kleinen quadratischen Loch in der Mitte und der eingegossenen Aufschrift »ban liang« (1/2liang). Die Angabe bezeichnete das Gewicht der Münze, nämlich ca. 8 g, die nach der Reichseinigung zum überall gültigen Zahlungsmittel wurde.
 
Die Zuordnung der verschiedenen Münztypen zu bestimmten Teilstaaten besagt nur, dass sie dort jeweils dominierten, aber nicht, dass sie dort alleiniges Zahlungsmittel waren. Die Gebiete der Hartgeldtypen überschnitten sich einerseits recht großflächig. Andererseits gossen die meisten Teilstaaten zusätzlich zu den von ihnen favorisierten Münzarten auch andere, wenn auch in kleineren Mengen. So fertigten zum Beispiel Chu und Qin auch »Spatenmünzen«. Runde Geldstücke, zum Teil mit rundem statt quadratischem Mittelloch, wurden in vielen Staaten wie in Yan und Qi mit ihrer »Messergeld«-Währung oder in Wei und Zhao mit ihrem »Spatengeld« produziert. Mit Blick auf die Herstellung, Zirkulation, Aufbewahrung und Handlichkeit boten runde Münzen wohl die meisten Vorteile, ein Umstand, der ihre relativ weite Verbreitung schon vor der Reichseinigung durch Qin Shi Huangdi (221 v. Chr.) erklärt. Runde Bronzemünzen mit einem mittigen quadratischen Loch blieben im traditionellen China bis zum Ende Qingdynastie (1644-1911/12) das wichtigste Zahlungsmittel im Alltagsleben.
 
Wie es scheint, wurde in der Zhan-guo-Periode Metallgeld, egal in welcher Form, nahezu überall akzeptiert, wobei sich feste »Wechselkurse« etablierten. Abgesehen von den Kaufleuten profitierten auch die Fürsten vom Handel, da die Geldwährung die Erhebung von Markt- und Wegezöllen erleichterte. Allerdings blieb es dabei, dass die von den Bearbeitern des Bodens erhobenen Abgaben, die Haupteinnahmequelle aller Feudalstaaten, als Naturalsteuern eingefordert wurden. Auch die im Dienst der Fürsten stehenden Amtsträger wurden mit Getreide und anderen Naturalien entlohnt, sehr selten erhielten sie Geldvergütungen.
 
Prof. Dr. Klaus Flessel, Erlangen
 
Weiterführende Erläuterungen finden Sie auch unter:
 
Chinas frühe Hochkultur: Hundert Schulen
 
Hochkultur: Annäherung an einen umstrittenen Begriff
 
Grundlegende Informationen finden Sie unter:
 
Chinas frühe Hochkultur: Shangstaat
 
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