Значение слова "SYNTAX: GLIEDERUNG VON SÄTZEN" найдено в 1 источнике

SYNTAX: GLIEDERUNG VON SÄTZEN

найдено в "Universal-Lexicon"

Syntax: Gliederung von Sätzen
 
Unsere Anlagen zum Lernen einer Sprache sind in dem Sinne spezifisch, dass Satzteile, Sätze und Texte aller Sprachen als lineare Folgen von Wörtern zu betrachten sind. Eine Eigentümlichkeit dieses Aufbaus ist die Grammatikalität der Sätze. Es gibt keine Sprache, die von allen möglichen Wortfolgen ohne Einschränkung Gebrauch macht. In sämtlichen Sprachen kommt nur bestimmten Ausdrücken Bedeutung und eine kommunikative Funktion zu und anderen nicht. Die Sprachen unterscheiden sich jedoch in ihren Prinzipien der Auswahl. Dabei sind Ausdrücke grammatisch (korrekt), wenn sie den einer Sprache eigentümlichen Bauprinzipien genügen, ansonsten sind sie ungrammatisch. Die Wissenschaft vom Aufbau grammatischer Ausdrücke einer Sprache aus Wörtern heißt Syntax.
 
 Die Grammatikalität sprachlicher Ausdrücke
 
Man kann sich einen Begriff von der Grammatikalität machen, indem man beliebige Folgen beispielsweise der vier Wörter Ilse, oder, Peter sowie tüftelt bildet und sie daraufhin überprüft, welche im Deutschen als grammatisch gelten und welche nicht.Es überrascht, wie wenige Folgen diesen Test bestehen. Darunter sind Sätze wie tüftelt Ilse oder Peter (als Frage), Teile von Sätzen wie Ilse oder Peter und Folgen von Sätzen wie Ilse tüftelt Ilse tüftelt. Andere Folgen wie oder Peter oder tüftelt hingegen bestehen den Test eindeutig nicht. Was auf den ersten Blick so einfach erscheint, ist letztlich sehr kompliziert: Das Testergebnis hängt nicht vom Kriterium der Wahrheit oder Falschheit ab, denn die Grammatikalität des Satzes Ilse tüftelt ist unabhängig davon, ob Ilse wirklich tüftelt. Zugleich fällt die Grammatikalität eines Ausdrucks nicht mit seiner Sinnhaftigkeit oder Verständlichkeit zusammen. So verletzen einerseits Ausdrücke wie Ilse oder Ilse nicht die Regeln der Syntax, obwohl sie kaum sinnvoll zu nennen sind. Andererseits kommen im tatsächlichen Sprachgebrauch Ausdrücke wie tüftelt Ilse oder. .. vor, die zwar nicht grammatisch sind, aber unschwer beispielsweise im Sinne der Frage nach Ilses Beschäftigung verstanden werden können. Es ist daher unzutreffend, grammatische Ausdrücke kurzerhand mit den im Alltag festzustellenden gleichzusetzen.
 
Die abstrakte Beherrschung der syntaktischen Regeln nennt der amerikanische Linguist Noam Chomsky (sprachliche) Kompetenz; die praktische und unter Umständen etwa durch ein begrenztes Gedächtnis, mangelnde Konzentration oder Ablenkung gestörte Ausübung der Kompetenz, die zu unvollständig oder ungrammatisch gebildeten Sätzen führen kann, bezeichnet er als Performanz. Damit lässt sich die angedeutete Diskrepanz zwischen Grammatikalität und Verständlichkeit von Ausdrücken als Spannung zwischen Kompetenz und Performanz fassen.
 
 Die generative Grammatik Noam Chomskys
 
Chomsky hat in den 1950er-Jahren die Frage nach dem mathematisch-kombinatorischen Gesetz aufgeworfen, das hinter unserer grammatischen Kompetenz steht, und damit eine Revolution in der Linguistik ausgelöst. Er hat dabei nicht nur eine neue Begrifflichkeit geschaffen und überraschende Einsichten gewonnen, sondern auch der Forschung eine neue Richtung gewiesen.
 
Die von ihm entwickelten Systeme nannte Chomsky Phrasenstrukturgrammatiken. Am besten macht man sich das Funktionieren einer solchen Grammatik an einem einfachen Beispiel klar, etwa an einer Art Spielzeuggrammatik der Sätze über dem Vokabular Ilse, oder, Peter und tüftelt:
 
1) S → S + K + S (S = Satz; K = Konjunktion)
 
2) S → NP + VP
 
3) NP → NP + K + NP
 
4) NP → N (N = Nomen, Substantiv)
 
5) VP → VP + K + VP
 
6) VP → V (V = Verb)
 
7) N → Ilse
 
8) K → oder
 
9) N → Peter
 
10) V → tüftelt
 
Die Pfeil- oder Ersetzungsregeln der Form X → Y sind der Mathematik entlehnt. Sie zeigen, wie beispielsweise der Ausdruck Peter tüftelt gebildet wird, indem zunächst ein Satzganzes (S) entsprechend der Regel 2) durch eine Nominalphrase (NP) und eine Verbalphrase (VP) ersetzt wird und diese wiederum entsprechend der Regeln 4) und 9) beziehungsweise 6) und 10) weiter substituiert werden. Analog erzeugt man andere Sätze.
 
Diese simple Syntax generiert nur grammatische Ausdrücke und keine ungrammatischen. Darüber hinaus enthält sie die Regeln 1) S → S + K + S und 3) NP → NP + K + NP, die rekursiv genannt werden, weil die zu ersetzenden, links des Pfeils stehenden Symbole S beziehungsweise NP in der Ersetzung rechts des Pfeils wiederkehren. Solche rekursiven Regeln erzeugen beliebig lange Ausdrücke, beispielsweise beliebig lange oder-Koordinationen wie Peter oder Ilse, Peter oder Ilse oder Peter, Peter oder Ilse oder Peter oder Ilse. Damit erzeugt diese Grammatik unendlich viele Sätze, genauer: Sie erzeugt alle grammatischen Sätze über dem Vokabular Peter, oder, Ilse und tüftelt.
 
Ursprünglich hegte man die Hoffnung, mit solchen Grammatiken alle Ausdrücke natürlicher Sprachen wie der englischen oder deutschen vollständig generieren zu können, stieß dabei jedoch bald auf große Schwierigkeiten, die bis heute noch nicht gänzlich ausgeräumt sind. Man ahnt etwas von ihnen, wenn man schon für diese einfache Beispielsyntax einräumen muss, dass sie nur auf Aussagesätze der Form Subjekt — Prädikat ausgelegt ist.
 
Die hierarchischen Strukturen der mit Phrasenstrukturgrammatiken erzeugten Sätze natürlicher Sprachen können als »Bäume« abgebildet werden. Die Blätter dieser (nach unten wachsenden Bäume) sind die Wörter. Die Symbole an den Ästen und Zweigen vertreten syntaktische Kategorien. Diejenigen unmittelbar über den Wörtern stehen für die Wortarten. An den höheren Verzweigungen haften Symbole für Phrasen oder Satzglieder. Die Wurzel des Baumes bildet das Symbol S für die Kategorie Satz.
 
Die traditionelle Grammatik kennt neben Wortarten und Phrasen oder Satzgliedern Begriffe wie Subjekt, Prädikat, Adverbial oder Akkusativobjekt. Ihre Unterscheidung ist notwendig, weil ein und derselbe Ausdruck, beispielsweise die Nominalphrase den ganzen Tag, in Sätzen wie Ilse tüftelt den ganzen Tag ein Adverbial sind, in Sätzen wie Ilse verdirbt den ganzen Tag hingegen das Akkusativobjekt. Diese syntaktischen Kategorien beruhen also nicht auf dem inneren Aufbau der Ausdrücke, sondern auf deren Einbettung in einen Satz, weshalb sie auch funktionale Kategorien genannt werden.
 
 Grammatische Verwandtschaft
 
Ein bedeutendes syntaktisches Problem stellen grammatische Verwandtschaften zwischen Sätzen dar, beispielsweise zwischen Aussagesatz, Passivsatz und Fragesatz. Die einfachste Regel zur Bildung von Ja-Nein-Fragen aus einem Aussagesatz wie Der Sänger traf den Ton könnte folgende sein: Bewege das dritte Wort (traf) an den Satzanfang! Das würde im Falle dieses Satzes zwar genügen, aber bei dem Satz Der große Sänger traf den Ton zu dem falschen Ergebnis *Sänger der große traf den Ton führen. Die Regel darf sich also nicht auf die bloße Reihenfolge der Wörter beziehen, sondern muss wenigstens die Wortart berücksichtigen. So könnte sie zum Beispiel verlangen, das erste Verb des Satzes an den Satzanfang zu stellen. Aber auch das wäre falsch, denn dann würde aus Der Sänger, der den Ton getroffen hat, ist verschwunden nicht der grammatisch korrekte Satz Ist der Sänger, der den Ton getroffen hat, verschwunden? entstehen, sondern der ungrammatische Satz *Hat der Sänger, der den Ton getroffen, ist verschwunden?*. Hier bildet zwar ein Verb den Satzanfang, aber das falsche. Richtig wäre die Forderung, das Verb des Hauptsatzes an den Satzanfang zu stellen. Das Verb des Hauptsatzes kann nur an der syntaktischen Struktur des gesamten Satzes erkannt werden. Regeln zur Bildung eines Fragesatzes aus einem entsprechenden Aussagesatz nannte Chomsky Transformationen. Sie spielten in der frühen Phase der von Chomsky begründeten Syntaxforschung eine dominierende Rolle und gaben dieser Richtung den Namen, unter dem sie bekannt wurde: Transformationsgrammatik (TG). Ein wesentliches Ergebnis der früheren Diskussion war die Strukturabhängigkeit. Transformationen beruhen weder auf der bloßen Wortfolge noch allein auf der Wortart, sondern auf der gesamten syntaktischen Struktur der Sätze. Aber nicht nur die Transformation von Aussagesätzen zu Fragesätzen ist strukturabhängig, sondern beispielsweise auch die Transformationen zur Bildung von Relativsätzen und Passivierungen. Dies gilt darüber hinaus nicht nur für das Deutsche, sondern für alle Sprachen: Chomsky hat mit der Strukturabhängigkeit ein universales Prinzip aller Grammatiken entdeckt.
 
 Spracherwerb und Universalgrammatik
 
Die mathematische Präzisierung der Syntax ebnete den Weg zu der Einsicht in die ungeheure Komplexität der Sprache. Chomsky hat erkannt, dass Sprachen wesentlich komplexer sind, als bisher stets stillschweigend angenommen worden ist. Insbesondere hat er entdeckt, was er Platos Rätsel genannt hat: nämlich den Kontrast zwischen der hohen mathematischen Komplexität der Sprache und der Leichtigkeit, mit der Kinder sie erlernen. Dieser Kontrast war es, der Chomsky zu der Annahme eines angeborenen Vermögens zur Erlernung der Sprache gedrängt hat. Das Vermögen, aufgrund einer relativ beschränkten und zufälligen Auswahl grammatischer und sogar ungrammatischer Sätze mühelos das vollständige und korrekte Regelwerk der Syntax zu erwerben, verdanken Kinder nicht ausschließlich ihrer Umgebung, sondern es beruht auch — zumindest teilsweise — auf einer Anlage, unwillkürlich die richtigen Regeln in die gehörten, teilweise unkorrekten Sätze hineinzulesen. Mit dieser Annahme hat sich Chomsky gegen den seinerzeit vorherrschenden Behaviorismus gewandt, der davon ausging, dass wir unsere sprachlichen Fähigkeiten ausschließlich aus unserer Umgebung beziehen.
 
 Die Valenzgrammatik
 
Die generative oder transformationelle Grammatik und eine Reihe anderer Modelle sind selbstverständlich zu einem großen Teil Weiterführungen der traditionellen Grammatik, die wiederum auf der antiken Tradition fußt. Seit dem Altertum hat man Sätze prinzipiell in Subjekt und Prädikat geteilt. Die Subjekt-Prädikat-Dichotomie war bis zum Ende des letzten Jahrhunderts in Linguistik, Logik und Philosophie unbestritten und hat sich auch in der von Chomsky begründeten Schule erhalten.
 
Eine ganz andere Richtung schlug die Theorie der Valenzgrammatik ein, die besonders in der französischen und deutschen Linguistik lange diskutiert worden ist. Sie geht auf den Logiker Gottlob Frege und auf den Linguisten Lucien Tesnière zurück. Im Jahre 1891 hat Frege sich von der 2000-jährigen Tradition abgewendet und den Begriff des Prädikates verallgemeinert. Er sah in Prädikatsausdrücken unvollständige — in seinen eigenen Worten ungesättigte — Sätze und meinte damit, dass manche Prädikate zur Ergänzung zu einem Satz ein Subjekt benötigten (Ilse tüftelt), andere ein Subjekt und zwei Objekte, zum Beispiel ein dativisches und ein akkusativisches (Peter gibt seinem Sohn einen Brief). Entsprechend unterschied Frege Prädikate verschiedener Stellenzahl. Als Prädikat ist tüftelt 1-wertig, lobt 2-wertig und gibt 3-wertig. In Verallgemeinerung dieses Gedankens sind sogar 0-wertige Prädikate angenommen worden, zum Beispiel lateinisch pluit »es regnet« oder japanisch samui »es ist kalt«. (0-wertige Prädikate benötigen kein Subjekt oder Objekt, um zu Sätzen zu werden, und sind deshalb selbst schon Sätze). Im Deutschen ist das nicht möglich, weil Witterungsimpersonalia wie es ist kalt, es regnet und vergleichbare Ausdrücke stets das Scheinsubjekt es verlangen. Allerdings gibt es im Deutschen passivische Sätze wie Heute wird getanzt ohne Subjekt oder Objekt.
 
Freges Verallgemeinerung ist heute in der Logik vollkommen anerkannt und hat die Ausdruckskraft logischer Sprachen bedeutend erweitert. Die Anwendung der Valenztheorie auf natürliche Sprachen ist jedoch nicht problemlos. Sie beschreibt Zahl und Art der Ergänzungen von Prädikaten. Diese benötigen fast alle ein Subjekt, das heißt eine Ergänzung im Nominativ. Nur wenige Prädikate verlangen stattdessen eine Ergänzung im Dativ (mir ist übel). Daneben gibt es Ergänzungen in allen Kasus, Präpositionalergänzungen und Satzergänzungen. Loben verlangt ein Akkusativobjekt, gehören ein Dativobjekt und erinnern entweder ein Genitivobjekt (Ilse erinnert sich ihrer Glanzzeit) oder eine Präpositionalergänzung (Ilse erinnert sich an ihren Hund) und sagen benötigt entweder ein Akkusativobjekt (Sie sagt kein Wort) oder ein Satzobjekt (Sie sagt, er will nicht).
 
Die Krux der Valenztheorie aber liegt darin, dass sie die verschiedenen Grade der Notwendigkeit von Ergänzungen nicht erklären kann: Einige Ergänzungen, wie zumeist eben das Subjekt, das ohnehin aufgrund seiner Kongruenz mit dem Prädikat eine Sonderrolle spielt, sind zwingend erforderlich. Hierzu gehören auch das Dativobjekt in Sätzen wie Die gehört nämlich meinem Vater oder das Präpositionalobjekt in Die Donau mündet in das Schwarze Meer. Andere Ergänzungen dagegen sind fakultativ. Möglich sind die Ausdrücke Peter verkauft das Buch und Peter verkauft das Buch seinem Bruder, unter bestimmten Umständen sogar Peter verkauft, aber sicher nicht Peter verkauft seinem Bruder. Umgekehrt erhöht der Akkusativ des Inhalts oft die Stellenzahl intransitiver Verben, wie das Beispiel Ich habe einen guten Kampf gekämpft zeigt. Schließlich erscheint es oft künstlich oder gar unmöglich, zwischen Ergänzungen des Prädikats und adverbialen Angaben zu unterscheiden, sodass sich zum Beispiel bei Nominalphrasen wie den ganzen Tag ein Kontinuum zwischen notwendigen Ergänzungen (Helga verdirbt den ganzen Tag), fakultativer Ergänzung und Adverbiale (Helga trödelt den ganzen Tag) ergibt, ohne dass eine klare Abgrenzung erkennbar wäre.
 
Prof. Dr. Volker Beeh
 
Weiterführende Erläuterungen finden Sie auch unter:
 
Semantik: Bedeutungen von Wörtern und Sätzen
 
Literatur:
 
Chomsky, Noam: Thesen zur Theorie der generativen Grammatik. Aus dem Englischen. Weinheim 21995.


T: 42