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DUFAY, JOSQUIN, LASSO, PALESTRINA: DIE STELLUNG DES KOMPONISTEN

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Dufay, Josquin, Lasso, Palestrina: Die Stellung des Komponisten
 
Die Komponisten des 15. und 16. Jahrhunderts, von Jugend an intensiv musikalisch geschult, wirkten zumeist als Kapellsänger an Höfen und Kathedralen. Besondere Positionen wie die Ausbildung von Kapellknaben oder die Leitung einer Kapelle blieben ein Teil dieser Berufspraxis. Komponieren kam gewissermaßen hinzu als eine Tätigkeit, deren Bedingungen durch die Liturgie oder durch spezielle Anlässe weitgehend vorgegeben waren. Umfang, Stil und Form musikalischer Werke bedurften also im Allgemeinen keiner besonderen Verabredungen; Wünsche von Auftraggebern, wie beim Bau eines Doms oder Palasts, beim Entwurf eines Standbildes oder Porträts, spielten kaum eine Rolle.
 
Der Herkunft und sozialen Stellung nach unterschied sich der Komponist der Renaissance von anderen Künstlern. Als Gelehrter und Angehöriger des geistlichen Standes nahm er den Handwerkern gegenüber, zum Beispiel den Malern, eine privilegierte Stellung ein. Er gehörte zur Hierarchie der Kirche und war, wenn er leitende Funktionen innehatte, über Pfründen materiell abgesichert. Auf der anderen Seite wurden auch bedeutende Musiker der Renaissance, wie andere große Künstler, zunehmend unter den zeittypischen Aspekten eines individuellen Schöpfertums betrachtet. Ihre Fähigkeit, Besonderes und Unverwechselbares zu schaffen, hob sie über andere Menschen empor und spiegelte sich in allgemeiner Bewunderung und anhaltendem Ruhm.
 
Die erste Musikerpersönlichkeit solchen Ranges war Guillaume Dufay. Um 1400 in oder bei Cambrai geboren und an der dortigen Kathedrale gründlich ausgebildet, trat er früh in den Dienst der Malatesta in Pesaro. Von 1428 bis 1433 war er Sänger der päpstlichen Kapelle und stand zu mehreren Höfen Norditaliens in engen Beziehungen, vor allem zu dem der Herzöge von Ferrara. Von 1435 bis 1437 befand er sich wieder im Dienste des Papstes, der wegen eines Aufstands in Rom nach Florenz und Bologna ausgewichen war. 1436 entstand die berühmte Motette »Nuper rosarum flores« zur Weihe des Florentiner Doms nach dem Kuppelbau durch Brunelleschi. Daneben hatte er intensive Kontakte zum Hof von Savoyen. Seine dortige Anstellung als »Conseiller« und »Maistre de chapelle« in den 50er-Jahren gab ihm jedoch die Freiheit zu ausgedehnten Reisen. Trotz der höfischen Tätigkeiten blieb die Bindung an den geistlichen Stand und die heimische Region erhalten. Dies bezeugen längere Aufenthalte im Norden, der Titel »Kaplan des Herzogs von Burgund«, verschiedene Präbenden, zum Beispiel in Brügge, und ein Kanonikat in Cambrai, wo Dufay ab 1458 bis zu seinem Tod 1474 lebte, geehrt und geachtet als geistlicher Würdenträger sowie als herausragender Komponist und Initiator einer neuen, neuzeitlichen Musik.
 
Zwei Generationen später verkörperte Josquin Desprez geradezu paradigmatisch den Künstlertypus der Renaissance. Auch er stammte aus dem flämischen Raum, ging früh nach Italien, wirkte unter anderem in Mailand, Rom und Ferrara, komponierte für den französischen Hof und lebte ab etwa 1505 als Probst der Kollegiatskirche Notre Dame in Condé-sur-l'Escaut. Doch nicht die biographischen Details, sondern das Modellhafte, das die Zeit in Josquins Musikertum sah, stellt ihn in den Kontext eines neuen Welt- und Menschenbildes und führt zu einer bis dahin unbekannten Wertschätzung seiner Person und seines Werkes. Er konnte es sich leisten, Ludwig XII. durch die Vertonung eines Psalmtextes an ein Pfründeversprechen zu erinnern oder - so berichtet eine Anekdote - ein Stück zu schreiben, in dem der nicht sehr musikalische König in seiner Stimme stets nur einen und denselben Ton zu singen hatte. Ercole I. holte ihn nachFerrara, obwohl er vertraulich erfahren hatte, »dass Josquin besser komponiert, aber er tut es nur, wenn es ihm passt, nicht wenn ein anderer es wünscht. Und er verlangt 200 Dukaten Gehalt, während Isaac für 120 annehmen wird«. Castiglione und Rabelais rühmten ihn in ihren literarischen Werken. Und Luther nennt ihn bewundernd »der Noten Meister, die habens müssen machen, wie er wolt; die andren Sangmeister müssens machen, wie es die Noten haben wöllen«.
 
In theoretischen Abhandlungen wie dem »Dodekachordon« (1547) des Henricus Glareanus werden Josquins Kompositionen als Muster angeführt, und der stilistische Einfluss seiner Musik ist noch Jahrzehnte nach seinem Tod spürbar. Sein Werk war in zahlreichen Handschriften verbreitet, und zu den frühesten Notendrucken (bei Petrucci in Venedig) gehören drei Sammlungen seiner Messen (1502, 1505, 1514). Sein Gesamtschaffen - Messen, Motetten und weltliche Werke - kann man, erstmals bei einem Komponisten so deutlich, in eine Früh-, eine Reife- und eine Spätphase gliedern, wobei das individuell Charakteristische der Spätwerke ebenfalls zum ersten Mal so eindeutig angesprochen werden kann.
 
Kennzeichen der Musik Josquins sind die absolute Beherrschung des kontrapunktischen Satzes, die prägnante Gliederung der Linien, die überzeugende Disposition großer Formen und die vom Wort, von der Deklamation und Sinngebung des Textes ausgehende musikalische Erfindung. Vor allem in dieser Verbindung von satztechnischer Meisterschaft und intensiver Wortausdeutung ist das Neue und Zukunftweisende seiner Kunst zu sehen, aber auch in der Synthese von Linearität und Klangwirkung, von frankoflämischer polyphoner Tradition, der er entstammte, und renaissancehafter Klarheit und Sinnenfreude des mediterranen Geistes, denen er schöpferisch begegnete.
 
Wiederum zwei Generationen später erreichte die frankoflämische Stilepoche ihre letzte, vollendete Ausprägung in den beiden gleichrangigen, aber sehr unterschiedlichen Komponisten Lasso und Palestrina. Bezeichnend für Orlando di Lasso ist sein universales Künstlertum, die Beherrschung aller damaligen Stile, Techniken und Gattungsprinzipien. Lasso wurde 1532 in Mons im Hennegau geboren, war dort Sängerknabe, kam früh nach Sizilien, Mailand, Mantua und Neapel und wurde 1553 Kapellmeister der Kirche San Giovanni in Laterano in Rom. Nach kurzem Aufenthalt in Antwerpen wirkte er ab 1556 bis an sein Lebensende zunächst als Tenorist, ab 1563 als Kapellmeister der Herzöge von Bayern in München, unternahm jedoch häufige Reisen nach Flandern, nach Frankreich und immer wieder nach Italien.
 
Giovanni Pierluigi da Palestrina lebte ausschließlich in Rom und seiner Umgebung. Er wurde 1525 (oder Anfang 1526) in Palestrina beiRomgeboren, war Chorknabe an Santa Maria Maggiore in Rom, ab 1544 Organist und Kapellmeister in seiner Vaterstadt und wurde 1551 Kapellmeister an der Cappella Giulia der Peterskirche. Papst Julius III. berief ihn 1555 in die Cappella Sistina. Doch wurde er, weil er verheiratet war, unter dem strengeren Paul IV. wieder entlassen. Er ging als Kapellmeister an die Laterankirche, war von 1561 bis 1566 an Santa Maria Maggiore tätig, wirkte als Musiklehrer am Collegium Romanum, von 1567 bis 1571 als Kapellmeister bei Kardinal Ippolito II. d'Este und ab 1571 bis zu seinem Tod 1594 wieder an der Peterskirche.
 
Lasso und Palestrina fassen die Stilentwicklungen des 15. und 16. Jahrhunderts zu einem Höhepunkt zusammen, Lasso eher im Blick auf den Reichtum europäischer Gattungspraxis, Palestrina im Sinne einer vollendeten Beherrschung polyphoner Vokaltechnik. Beiden gemeinsam ist die bewundernswerte Kunst adäquater Textdarstellung, bei Lasso mit einer Tendenz zu expressiver Sprachlichkeit, bei Palestrina zu ausgewogener Sinninterpretation. Dementsprechend steht im Zentrum von Lassos Schaffen die Komposition von etwa 1200 Motetten oft sehr eindrucksvoller Wortausdeutung. Außerdem schrieb er 70 Messen, viele italienische Madrigale, französische Chansons und deutsche Chorlieder jeweils ganz individueller Prägung. Palestrina dagegen komponierte hauptsächlich geistliche Werke, über 100 Messen und über 500 Motetten. An ihnen hat sich das Stilideal vokaler Kirchenmusik gebildet, das mit der Forderung nach Balance und Synthese aller Elemente - Sprachnähe und Satzreinheit, Linie und Klang, prägnante Gliederung und organisches Strömen, Stimmenvielfalt und einheitliche Wirkung - seitdem unter der Bezeichnung »Palestrinastil« zum Muster und Kanon strengen Komponierens geworden ist.
 
Prof. Dr. Peter Schnaus
 
Literatur:
 
Heinemann, Michael: Giovanni Pierluigi da Palestrina und seine Zeit. Laaber 1994.


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