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LITURGISCHE BEWEGUNG UND LAIENBEWEGUNGEN: IMPULSE ZUR GEISTLICHEN ERNEUERUNG DES KATHOLIZISMUS

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liturgische Bewegung und Laienbewegungen: Impulse zur geistlichen Erneuerung des Katholizismus
 
Die »heilige Mutter Kirche«, repräsentiert durch Person und Amt des Papstes in der römischen Zentrale, beansprucht in der katholischen Kirche das Monopol für Lehre (Dogma) und Gottesdienst (Kultus). Ihre vornehmste Sorge gilt der Rechtgläubigkeit ihrer Glieder und der verbindlichen Ordnung für Anbetung und Akte der Verherrlichung Gottes. Deshalb setzte sie dauerhafte Normen für Begegnung und Umgang mit dem Göttlichen. Mit Anweisungen zum gottesdienstlichen Leben bestimmte und regelte sie die kultische Antwort auf die in. Christus ergangene Gottesoffenbarung. In solch geordneten Bahnen blieb ihren »Kindern« wenig Spielraum für ein eigenständiges Glaubensleben. Doch in die gläubige Laienwelt kam im 20. Jahrhundert Bewegung, angestoßen durch die gesellschaftlichen und politischen Erschütterungen der Zeit.
 
Auf dem belgischen Katholikentag in Mecheln 1909 propagierte der Arbeiterseelsorger Lambert Beauduin das aktive Mitfeiern des »einfachen Volkes« im Gottesdienst. Dieser »Geburtsstunde« der »Liturgischen Bewegung« waren - noch aus einem romantischen Kulturverständnis heraus - vereinzelt Bestrebungen vorausgegangen, neben Latein auch die jeweiligen Landessprachen als Kultsprache zuzulassen. So legte 1884 der Benediktiner Anselm Schott ein lateinisch-deutsches »Messbuch der Heiligen Kirche« vor, volkstümlich als »der Schott« bezeichnet. Zwei Jahre zuvor war ein französisches Volksmessbuch erschienen. In Frankreich hatte es sich das Benediktinerkloster Solesmes zur Aufgabe gemacht, die überlieferten liturgischen Formen neu zu beleben. Auch in anderen Klöstern, etwa Maredsous und Beuron, ließ man sich von dem Interesse leiten, die »Epoche des Stillstandes« zu beenden.
 
Die Anregungen zur liturgischen Erneuerung nahm zunächst die katholische Akademikerschaft auf. Seit 1913/14 entwickelte sich die Abtei Maria Laach in der Eifel zu einem wissenschaftlichen Zentrum für gottesdienstliche Reformen. Dass die Liturgische Bewegung über die elitären Kreise hinaus ein größeres Echo fand, verdankte sie der Verknüpfung mit der katholischen Jugendbewegung; sie machte sich die Losung einer »aktiven Teilnahme« der Laien am Gottesdienst zu Eigen. Die erste »Gemeinschaftsmesse« wurde 1921 gefeiert. Doch erst 1947 öffnete sich auch das päpstliche Lehramt, wenngleich mit Vorsicht und nur begrenzt, den neuen liturgischen Anliegen. Gesamtkirchlich wirksam wurden diese dann in den theologischen und praktischen Grundsätzen zur Erneuerung des Gottesdienstes, die das zweite Vatikanische Konzil in seiner Liturgiekonstitution 1963 formulierte. Ihr folgte die Revision der gottesdienstlichen Riten und Bücher, die Liturgiereform, die den zeitgenössischen kulturellen und gesellschaftlichen Wandel beachtete. Die Muttersprache und die »Eigenart und Überlieferung der Völker« sollten nunmehr einen Platz im Gottesdienst finden.
 
In der modernen Kirchenarchitektur führten die zwanzig liturgischen Reformansätze zu einer neuen Bewertung von Funktion und Form. Unter der Leitidee »Die Liturgie ist die Bauherrin« entstanden vielerorts bauliche Pilotprojekte, die Glaubenseinsicht mit technischem Wissen und Können in Einklang zu bringen suchten, so zum Beispiel die Betonkirche Notre Dame von Raincy bei Paris oder Le Corbusiers Wallfahrtskirche Notre-Dame-du-Haut bei Ronchamp. Dazu gehören auch zahlreiche Gemeindezentren, die mit ihrer räumlichen Gestaltung dem Erfordernis »aktiver Teilnahme« der Gläubigen, der Kommunikation wie der Komtemplation genügen.
 
In zeitlicher und sachlicher Nähe zur liturgischen Neuorientierung verlief die Bibelbewegung. Sie wuchs freilich nicht »von unten«. Pius X. erklärte 1907: »Heute besitzt die Bibelfrage eine so große Bedeutung wie vielleicht niemals zuvor.« Die Reformation hatte die Bibel als einzige Autorität in Glaubens- und Lebensfragen geltend gemacht. Luthers deutsche Bibelübersetzung war zu einem evangelischen Volksbuch geworden. Dem setzte das päpstliche Lehramt seinen Wahrheits- und Herrschaftsanspruch entgegen. Es behauptete für sich die irrtumsfreie Auslegung der Heiligen Schrift. Bibelausgaben und -übersetzungen durften nur nach amtlicher Prüfung gedruckt werden. Bibelgesellschaften wurden verboten, wissenschaftliche Bibelstudien überwacht; den Laien war die Bibellektüre untersagt. Nachdem mit den Dogmen des ersten Vatikanischen Konzils 1870 festgesetzt worden war, dass nicht die Bibel, sondern die Kirche die maßgebende Quelle der Wahrheit sei, änderte sich nun das Verhältnis zur Bibel. Die private Bibellektüre wurde nicht länger mit lehramtlichem Misstrauen bedacht. Im Ersten Weltkrieg verteilten katholische Militärseelsorger handliche Bibelübersetzungen. Seit den Zwanzigerjahren kamen vermehrt billige Bibelausgaben in den Landessprachen und Kommentarwerke - »für das Leben erklärt« - auf den Markt, die sich an ein breites Publikum wandten. Bibelwerke und -institute förderten die Bibelkenntnis des Kirchenvolks.
 
Das zweite Vatikanische Konzil machte sich dann die Anliegen der Bibelbewegung zu Eigen; es ermöglichte eine gemeinsame evangelisch-katholische Bibelausgabe. Die katholische Bibelwissenschaft griff die historisch-kritischen Auslegungsmethoden auf und erreichte allmählich internationales Niveau. Obschon Pius XII. 1943 in der Enzyklika »Divino afflante Spiritus« (= Durch den göttlichen Beistand des Geistes) die »Freiheit der Bibelforschung« gewährt hatte, wurde diese gelegentlich durch lehramtliche Maßnahmen behindert. Obgleich Bibelverbreitung und -studium als nützlich erachtet und offiziell gefördert wurden, verblieb die authentische Interpretation der Bibel aber letztlich in der Hand des kirchlichen Lehramts.
 
Das »Wiedererwachen des Laientums« in der katholischen Kirche setzte bereits Mitte des 19. Jahrhunderts ein. Ähnlich wie im Protestantismus entstanden zahlreiche katholische Vereine mit unterschiedlichen Zielen. Bedeutsam wurde seit 1848 der »Piusverein«, der vor allem mit seinen »Katholikentagen« auf sich aufmerksam machte. »Erringung der religiösen Freiheit und Förderung christlicher Gesinnung« waren seine Leitgedanken. Eine breite Wirksamkeit entfaltete seit 1890 der »Volksverein für das katholische Deutschland«, der sich der politischen, sozialen und religiös-kulturellen Bildungsarbeit widmete. Um die Jahrhundertwende regte sich ein neuer Geist. Die Kritik an der zeitgenössischen Kunst, besonders der des Jugendstils, und der bürgerlichen Kultur spiegelte die neuromantische Jugendbewegung, die sich um 1896/97 zu organisieren begann. Ihre Ideale für ein neues Leben waren Einfachheit und Wahrhaftigkeit. Unter den katholischen Jugendbünden wurde der »Quickborn« zur stärksten Gruppe. Der »Quickborn« nahm die Impulse der Liturgischen Bewegung auf und pflegte ab 1919 auf Burg Rothenfels am Main das bündische Leben. Die geistlichen Erfahrungen beschrieb ihre führende Gestalt Romano Guardini als ein »Erwachen der Kirche in den Seelen«.
 
Eine andere Form der Laienaktivität erwuchs aus dem katholischen Vereinswesen, »Katholische Aktion« genannt. Eingebettet in weltliches Leben wollte sie in eigenständiger Weise für eine zeitgemäße Kirche tätig sein. Pius XI. griff 1922 steuernd ein. Er machte der Katholischen Aktion die »Teilnahme am hierarchischen Apostolat« zur Aufgabe. Die Zusammenarbeit zwischen Laien und Hierarchie blieb jedoch spannungsvoll. Die Ungleichheit von Klerus und Laien sowie die Gegensätze zwischen Kirche und moderner Welt wirkten sich hier aus. Das zweite Vatikanische Konzil bemühte sich, dem veränderten Bewusstsein der Laien in der Kirche gerecht zu werden. Die »Teilnahme« wurde zu einem beauftragten »Mitwirken« an der Heilssendung der Kirche aufgewertet und nutzbar gemacht. Mit der Einführung des »Laienapostolats« wurde erstmals der bislang den Mitgliedern der kirchlichen Hierarchie vorbehaltene Begriff »Apostolat« auch offiziell auf Laien bezogen und dem Laien die Fähigkeit zu selbstständigem apostolischem Wirken bestätigt.
 
Prof. Dr. Dr. Erwin Fahlbusch
 
Literatur:
 
Daiber, Karl-Fritz: Religion unter den Bedingungen der Moderne. Die Situation in der Bundesrepublik Deutschland. Marburg 1995.
 Karrer, Leo: Aufbruch der Christen. Das Ende der klerikalen Kirche. München 1989.
 Lübbe, Hermann: Religion nach der Aufklärung. Graz u. a. 21990.


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