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CHINESISCHE PLASTIK: GRABFIGUREN, GOTTHEITEN UND DÄMONEN

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chinesische Plastik: Grabfiguren, Gottheiten und Dämonen
 
Von den frühesten Zeiten bis zum 1976 gebauten Mausoleum für Mao Zedong haben die Chinesen den Gräbern ihrer Herrscher außergewöhnliche Aufmerksamkeit geschenkt. Schon im 12. Jahrhundert v. Chr. konstruierten die Shang-Könige gigantische Anlagen. Ihr Glaube an ein Leben nach dem Tod bewog sie dazu, Dutzende von Menschen und Pferden mit sich ins Grab nehmen. Der Brauch setzte sich auch in den folgenden Jahrhunderten fort. Die 215 m langen Gruben einer Grabanlage des 6. Jahrhunderts v. Chr. in der Hauptstadt des Staates Qi in Nord-China enthielten die Skelette von mehr als 600 Pferden. Im Grab des Herzogs Jing von Qin (✝ 537 v. Chr), ist der Schacht mit Rampen 287 m lang. Man hat die Skelette von 166 Männern und Frauen gezählt, die zusammen mit dem Herzog begraben worden waren. Damals hatte in China allerdings bereits eine Entwicklung begonnen, die die Gräber schließlich fundamental veränderte. Wirkliche Menschen und Pferde wurden allmählich durch Figuren von Menschen und Pferden ersetzt. Frühe Beispiele aus Holz tauchen im 6. Jahrhundert auf. Dann folgten Änderungen in der Konstruktion. Die frühen Gräber sind eigentlich nur Gruben.Im 5. Jahrhundert v. Chr. beginnen jedoch einige Gräber den Wohnungen von Lebenden zu ähneln. Ein Beispiel dafür ist das Grab des »Marquis Yi von Zeng« (✝ 433 v. Chr.) mit vier aus hölzernen Balken gefügten Kammern, die untereinander durch kleine Türen verbunden sind. Eine Kammer stellt die Audienzhalle dar und enthält ein prächtiges Glockenspiel mit 64 Glocken. Da man die Gräber Wohnungen anglich, gab man auch tönerne Modelle der Gegenstände hinein, die der Grabherr im Leben gebraucht hatte, wie Öfen, Haustiere und Kornspeicher. Die Grabbeigaben in Form von Figuren statt wirklicher Menschen, das Auslegen des Grabes als Wohnung und das Ausstaffieren mit Gebrauchsgegenständen machen ein Grab zu einem Modell der Wirklichkeit. Das Grab repräsentiert, idealisiert und verewigt die Realität des Lebens auf Erden.
 
Wirkliche Menschen wurden jedoch noch bis zur Zeit des ersten Kaisers von China, der von 221 bis 210 v. Chr. regierte, den Herrschern als Grabbeigaben mitgegeben. Der erste Kaiser war einer der mächtigsten Männer der chinesischen Geschichte und wohl auch der Weltgeschichte. Zunächst war er nur König des Lehensstaates Qin, vernichtete dann aber in dem Bürgerkrieg, der das Ende der Zhou-Dynastie markierte, rücksichtslos alle anderen Lehensstaaten und einigte 221 v. Chr. das Reich. Sich selbst nannte er Qin Shi Huangdi(»Erster Gottkaiser von Qin«). Das von ihm begründete Imperium hatte mehr als zwei Jahrtausende - bis hinein in unser Jahrhundert - Bestand. Die 1974 entdeckte Nekropole des ersten Kaisers repräsentierte einen Palast; die Hauptgrabkammer unter dem Hügelgrab enthielt einen Nachbau des Universums mit den mit Quecksilber dargestellten Flüssen des Reiches unterm Sternenzelt. Gruben stellten kaiserliche Ställe dar; es gab Bronzemodelle der kaiserlichen Karossen und das Modell einer ganzen Armee mit Terrakottasoldaten und Terrakottapferden, die hölzerne Wagen zogen. Aber nicht alles war ein Nachbau. Die Terrakottakrieger hielten echte Waffen in ihren Händen, einzelne Gruben bargen sogar die Skelette von wirklichen Vögeln und Pferden, und auch die Gräber von Adeligen und Zwangsarbeitern wurden in dieser riesigen Grabanlage entdeckt.
 
Der spektakulärste Fund ist jedoch die Armee von über 7000 lebensgroßen Kriegern. Alle Details der Kleidung, der Rüstungen und der Gesichter sind mit Sorgfalt in Terrakotta modelliert, sodass die Soldaten wie echt erscheinen. Ihre Lebensnähe wirkte noch überzeugender durch die ursprünglich kräftige Bemalung. Aber warum entschied sich der Kaiser für Tonsoldaten statt für wirkliche Soldaten?
 
Nüchterne Ratgaber mögen den Kaiser daran erinnert haben, dass Waffen und Wagen unter der Erde nicht mehr zu benutzen sind, und dass Männer und Pferde zu begraben eher verschwenderisch ist als fromm. Auch mögen menschliche Regungen ins Spiel gekommen sein. Der große Humanist Konfuzius hatte sich bereits über die Praxis der Mitbestattung von Lebenden beklagt und sich selbst als Agnostiker bezeichnet, was das Jenseits betrifft. Andererseits gab es auch noch im 3. Jahrhundert v. Chr. Menschenopfer. Historischen Berichten zufolge war der erste Kaiser ein grausamer, größenwahnsinniger Herrscher, der Handwerker und Arbeiter lebendig in einer Grabkammer einschließen ließ, nachdem sie ihr Werk vollendet hatten. Möglicherweise wäre er auch nicht davor zurückgeschreckt, 7000 Soldaten zu opfern, wenn er überzeugt gewesen wäre, dass dies der beste Weg war, ihn in seinem Grab zu beschützen. Dennoch entschieden sich die Hersteller der Armee für Ton, der, soweit wir wissen, bis dahin noch nie für lebensgroße Plastiken benutzt worden war. Sie hatten ihre Gründe: Sie wollten, dass die Armee haltbar war, sie wollten sie innerhalb einer vernünftigen Zeitspanne fertig stellen, und die Armee musste echt aussehen.
 
Qin Shi Huangdi war besessen von dem Verlangen nach Unsterblichkeit. Seine postume Residenz sollte auf ewig bestehen und bedurfte daher auch immer währenden Schutzes. Er und seine Berater waren archäologisch wohl schon genügend bewandert, um zu wissen, dass der menschliche Körper zerfällt und vergeht, sogar in fest verschlossenen Gräbern. Tonfiguren würden haltbarer sein als Menschen aus Fleisch und Blut, aber auch haltbarer als Holzfiguren. Die Geschichte hat gezeigt, dass die Entscheidung richtig war. Die Armee existiert noch - jedenfalls bisher. Die Tonfiguren zerbrachen zwar, als 206 v. Chr., schon bald nach ihrer Fertigstellung, eine Feuersbrunst in der Nekropole wütete, aber sie verbrannten nicht. Auch lösten sie sich nicht in dem Wasser auf, das in ihr unterirdisches Versteck sickerte.
 
Die Arbeiter konnten ihren Termin halten - jedenfalls fast. Obwohl der Kaiser alle Anstrengungen unternahm, das Elixier der Unsterblichkeit noch zu Lebzeiten zu finden, gingen die Hersteller der Armee kein Risiko ein. Sie füllten drei von vier Schächten der unterirdischen Garnison mit Figuren, was zeigt, dass sie sich selbst nur eine paar Jahre gegeben hatten, um alles zu vollenden. Ton war das am besten geeignete Material dafür. Die großen Ebenen Nordchinas sind über weite Strecken mit bis zu 300 m dicken Lössschichten bedeckt. Ton tragender Löss war also von jeher in grenzenlosen Mengen vorhanden und stets zu Ziegeln und Gefäßen geformt worden. Zur Zeit des ersten Kaisers gab es noch mehr Wald als heute. Dennoch war es billiger und einfacher, Holz zum Brennen zu nehmen als zum Schnitzen. Ton kann schneller in eine bestimmte Form gebracht werden, und man benötigt dazu keine Metallwerkzeuge. Ton eignet sich auch zur Arbeitsteilung. Wenn die Handwerker des Kaisers versucht hätten, Tausende von lebensgroßen Figuren aus Holz zu schnitzen, wäre das nicht nur bei weitem mühsamer gewesen, sie wären vielleicht auch nicht fertig geworden.
 
Schließlich eignet sich Ton bestens für eine realistische Gestaltung. Allerdings hat vor der Ausgrabung nie eines Menschen Auge die Kolonnen so gesehen, wie sie heute auf Fotos und im Museum der Terrakottaarmee vor Ort zu sehen sind. Auch der Kaiser selbst hat seine Totenarmee nie als ganze erblickt, denn zunächst musste die unterirdische Anlage gebaut und überdacht werden, und erst dann wurden die Figuren nach und nach in die dunklen Gänge hineingestellt. Es genügte also offensichtlich, dass die lebensechte Armee überhaupt existierte. Dennoch konnte sie nur in dem Maß ihre magische Funktion erfüllen, als sie echt erschien. Wir wissen aus der späteren Geschichte religiöser Skulptur in China, dass gestalterischer Realismus und magische Wirkung Hand in Hand gingen. Wenn eine Armee von Tonsoldaten als Kampftruppe überzeugen wollte, musste zum einen die Zahl der Männer beträchtlich sein und der einer wirklichen Armee nahe kommen. Andereseits war Vielfalt vonnöten, wenn die Figuren mehr sein sollten als leblose Puppen. Es gelang den Herstellern der Armee, beide Ziele zu erreichen.
 
Sie entwickelten ein Produktionssystem, das es erlaubte, die Figuren aus Versatzstücken aufzubauen. Indem sie standardisierte vorfabrizierte Teile wie Beine, Torsen, Arme, Hände und Köpfe mit ihren Einzelteilen in immer neuen Kombinationen zusammenfügten und mit Hand nacharbeiteten, gelang es ihnen, eine enorme Zahl von sich unterscheidenden Figuren herzustellen. Auch konnten sie die Produktion so rationalisieren, dass mit dem zur Verfügung stehenden Material und innerhalb der gegebenen Zeit die vom »Ersten Gottkaiser« gestellte Aufgabe erfüllbar war: eine magische Armee zu schaffen, die sein Grab auf immer beschützen würde.
 
Auch in späterer Zeit gab man den Toten Figuren von Menschen und Tieren mit ins Grab. Insbesondere in der Tang-Zeit wurden diese nach dem Brand kalt bemalten oder glasierten Tonfiguren seriell in sehr hoher Qualität hergestellt.
 
Zu den wichtigsten Aufgaben der chinesischen Bildhauer nach der Han-Zeit zählte jedoch die Verfertigung buddhistischer Heilsgestalten. Oft meißelten sie sie in Kulthöhlen aus dem anstehenden Fels heraus. Einige dieser Anlagen enthalten zehntausende vollplastischer Figuren und Reliefs; teilsweise gehörten auch Buddha-Figuren in riesenhafter Größe dazu. Außerdem stellten die Handwerker auch Stelen mit Reliefskulpturen her, die von frommen Gläubigen gestiftet und im Kloster aufgestellt wurden.
 
Die chinesische Plastik besteht in der Regel aus Terrakotta, Messing, Holz oder Stein. Beispiele aus Eisenguss, wie etwa die berühmte Figur vor dem Schrein von Jin bei Taiyuan (Provinz Shaanxi) sind seltener, obwohl der Eisenguss in China mindestens seit dem 6. Jahrhundert v. Chr. bekannt ist.
 
Prof. Dr. Lothar Ledderose
 
Literatur:
 
Jenseits der großen Mauer. Der 1. Kaiser von China und seine Terrakotta-Armee. Museum am Ostwall, Dortmund, 12. August bis 11. November 1990, herausgegeben von Lothar Ledderose und Adele Schlombs. Gütersloh u. a. 1990.
 Watson, William: China. Kunst und Kultur. Ins Deutsche übertragen von Ruth Herold u. a. Farbphotographien von Jean Mazenod u. a. Freiburg im Breisgau u. a. 21982.


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