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CHINESISCHE PHILOSOPHIE UND RELIGION

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chinesische Philosophie und Religion
 
[ç-]. Die chinesische Philosophie ist durch ihr Grundanliegen, die Stellung des Menschen in der Gesellschaft, und damit auch durch große Wirklichkeitsnähe gekennzeichnet. Dem entspricht die anschauliche Argumentationsweise mit Anspielungen auf historische Geschehnisse sowie Anekdoten und Geschichten. Zusätzlich sprachbedingt ist die Abneigung gegenüber einer deduzierenden, im Chinesischen nicht voll durchführbaren Vortragsart (so fällt es sehr schwer, abstrakte Begriffe von ihren konkreten Entsprechungen zu trennen) und stattdessen die Vorliebe für visuell in Tabellen, grafische Schemata und »Tafeln« darstellbare Kategoriensysteme. Charakteristisch dafür ist das schon früh philosophisch interpretierte Wahrsagebuch Yi-jing (I-ching, I Ging, »Buch der Wandlungen«), das auf einem grafisch symbolisierten, numerologischen System aufbaut und bis zur Neuzeit als eine Art naturwissenschaftliches Axiom jeden Denkens galt. Die darin dokumentierte Überzeugung von einem alles erschaffenden und durchdringenden Wirken zweier Urkräfte, Yin und Yang, die später mit fünf »Agenzien« oder Elementen (Erde, Holz, Metall, Feuer, Wasser) in Beziehung gesetzt wurden, steht letztlich auch hinter der beherrschenden Idee des »Universismus«: Ihr zufolge bilden Mensch und Kosmos eine Einheit, in der jeder Teil auf alle anderen reagiert.
 
Ein philosophisches Denken im engeren Sinn begann mit Konfuzius (* 551, ✝ 479), der sich mit seiner humanistischen, allem Übernatürlichen gegenüber bewusst agnostizistischer Einstellung von der mythologisch-religiösen Sphäre ablöste (Konfuzianismus).Seine Tugendlehre unterscheidet innere »Menschlichkeit« (Ren, Jen) und äußere Gesittung (Li) und führte damit bei seinen Nachfolgern zu unterschiedlichen Akzentuierungen: Mengzi (Meng-tzu, * 372, ✝ 289) begriff die Moralerziehung als Freilegung naturgegebener Anlagen, Xunzi (Hsün-tzu, * 313, ✝ 238) als Zähmung der ursprünglich »schlechten« Natur durch die nach innen wirkenden Sittenregeln. Der konfuzianische Humanismus löste verschiedene Gegenreaktionen aus: Gegen die Vermenschlichung der Natur verteidigte der Taoismus sein Weltprinzip (Dao, Tao), das nicht vom Menschen her erklärbar sei und eine naturnahe, spontane Haltung (Wu-wei, »Nicht-Tun«) verlange. Taoistische Klassiker sind die Textsammlung Zhuang-zi (Chuang-tzu), das dem Laozi (Lao-tzu, Laotse, »Alter Meister«) zugeschriebene Buch Dao-de-jing (Tao-te-ching, Tao-te-king, »Klassiker vom Dao und seiner Kraft«) und die Textsammlung Lie-zi (Lieh-tzu). Im Unterschied zu der im Konfuzianismus je nach sozialer Nähe gestaffelten »Menschlichkeit« (Familienethik) predigte die Schule des Mo Di (Mo Ti, * etwa 480, ✝ etwa 390 v. Chr.) eine utilitaristisch begründete, eher »sozialistisch« ausgerichtete »allgemeine Liebe« (Jian-ai, Chien-ai). Bei Mo Di finden sich auch Ansätze zu einer - später allerdings nicht weiterentwickelten - Logiklehre, die primär als Verteidigung gegen die zuvor entstandene sophistische »Begriffsschule« (Ming-jia, Ming-chia) eingesetzt wurde. Die Schule der Legalisten (Fa-jia, Fa-chia) schließlich (bedeutendste Vertreter Han Feizi, Han Fei-tzu, * um 280, ✝ 233, und Shang Yang, ✝ 338) trat für das Prinzip eines geradezu mystisch aufgefassten Strafrechts ein, das wie ein menschengeschaffenes Naturgesetz die Gesellschaft selbstständig ordnen sollte. Nach einer nur kurze Zeit andauernden Vorherrschaft dieser Schule unter der Qindynastie wurde der Konfuzianismus im 2. Jahrhundert v. Chr. unter der Handynastie zur offiziellen Staatsphilosophie. Er machte aber unter dem Einfluss anderer Philosophien - v. a. der Yin-Yang- und Fünf-Elemente-Schule mit ihren kosmologischen Spekulationen, z. B. bei Dong Zhongshu (Tung Chung-shu, * um 176, ✝ 104), sowie später unter dem Einfluss des Taoismus, der sich zum großen philosophischen Gegenentwurf des Konfuzianismus entwickelte - große Veränderungen durch und brachte zahlreiche Kommentare, ja sogar apokryphe »Klassiker« mit zum Teil prophetischen Inhalt, Chan-wei-Bücher (Ch'an-wei-Bücher), hervor. Hierzu ist auch die »mystische Schule« (Xuan-xue, Hsüan-hsüeh) zu rechnen, die im 3./4. Jahrhundert eine hochtheoretisierte Ontologie erarbeitete (Guo Xiang, Kuo Hsiang, ✝ 312). Sie stand möglicherweise bereits unter indirektem Einfluss des Buddhismus, der seit dem 1. Jahrhundert n. Chr. eindrang, und der chinesischen Philosophie mit einer riesigen Zahl ins Chinesische übersetzter Texte ganz neue Impulse gab. Einflussreich wurden besonders die Schulen Tian-tai (T'ien-t'ai), Hua-yan (Hua-yen), Qing-tu (Ch'ing-t'u, »Reines Land«, d. h. Paradies) und Chan (Ch'an, d. h. Meditation, japanisch Zen); es gab aber auch zahlreiche Mischformen. Aus nationalen und fiskalischen Gründen (Steuerfreiheit der Klöster) seit dem 9. Jahrhundert vom Staat zurückgedrängt, machte sich der Buddhismus im wieder erstarkenden Konfuzianismus jedoch indirekt, z. B. durch die Betonung kosmologischer und ontologischer Fragestellungen, bemerkbar. Unter den verschiedenen Richtungen des Neokonfuzianismus ist einerseits die »realistische« Li-Schule hervorzuheben. Sie wurde u. a. durch Cheng Yi (Ch'eng I, * 1033, ✝ 1108) und Zhu Xi (Chu Hsi, * 1130, ✝ 1200) vertreten und nahm ein ethisch angelegtes Ordnungsprinzip (Li) in der Außen- und Innenwelt an, dem es durch bewusstes »Lernen« an der schriftlichen konfuzianischen Tradition und an der Auseinandersetzung mit der Realität zu entsprechen gelte. Demgegenüber ging die »idealistische« Schule Xin (Hsin), vertreten durch Cheng Hao (Ch'eng Hao, * 1032, ✝ 1085), Lu Jiuyuan (Lu Chi-yüan, * 1139, ✝ 1193), Wang Yangming (* 1473, ✝ 1529), davon aus, dass alle Erkenntnis und moralische Vollendung durch Introspektion im eigenen »Herzen« (Xin, Hsin) gefunden werden könne. Gegen den Neokonfuzianismus erhoben sich seit dem 17. Jahrhundert zunehmend kritische Stimmen, die mit philologischen Argumenten gegen die von ihm verwendeten Texte vorgingen (Dai Zhen, Tai Chen, * 1724, ✝ 1777), damit aber ungewollt die Autorität des Konfuzianismus überhaupt untergruben und so das Eindringen westlicher Gedankensysteme (Kang Youwei, K'ang Yu-wei, * 1858, ✝ 1927, und Liang Qichao, Liang Ch'i-ch'ao, * 1873, ✝ 1929) vorbereiteten. Im 16. bis 18. Jahrhundert war das durch die Jesuitenmission vermittelte westliches Denken nur selektiv und ohne Breitenwirkung aufgenommen worden; seit dem Ende des 19. Jahrhunderts gewann es in politisch und gesellschaftlich anwendbaren Formen (z. B. Sozialdarwinismus, Pragmatismus, Anarchismus) an Bedeutung und drängte seit der vehementen »Vierte-Mai-Bewegung« 1919 den Konfuzianismus und zugleich die gesamte traditionelle chinesische Philosophie in den Hintergrund. Der Marxismus fand erst seit der russischen Oktoberrevolution (1917) weitere Beachtung. Nachdem in den 20er- und frühen 30er-Jahren unter dem Schlagwort »Neues Leben« auch eine nationale Wiederbelebung des Konfuzianismus versucht worden war, die zum Teil in Taiwan noch fortgeführt wird, bestand in der Volksrepublik China seit 1949 das Problem der Bewertung der traditionellen chinesischen Philosophie im Verhältnis zur marxistischen Ideologie beziehungsweise zum »Denken Mao Zedongs«. Die Positionen reichten von ihrer Verteidigung (Feng Youlan, Feng Yu-lan) über ihre Neuakzentuierung (Hou Wailu, Hou Wai-lu) bis zu ihrer totalen Ablehnung (Ai Siqi, Ai Ssu-ch'i). Die während der »Kulturrevolution« (1965/66-6969) unterbrochene Diskussion wurde wieder aufgegriffen und erhielt (wie schon zu Anfang des 20. Jahrhunderts) besonders durch chinesische Philosophiestudenten im Ausland neue Akzente.
 
Die Religion entwickelte sich in China parallel, zugleich aber - als eine Besonderheit - auch gegenläufig zur Philosophie, da der Konfuzianismus, die beherrschende Weltanschauung, prinzipiell eine agnostizistische Haltung einnahm, beim Religiösen höchstens den rituell-ästhetischen Gesichtspunkt akzeptierte und alle anderen Aspekte des Religiösen in den Bereich des Aberglaubens verwies. Am Beginn der historischen Zeit (etwa 16. Jahrhundert v. Chr.) sind jedoch zwei religiöse Bereiche erkennbar, die ihre Bedeutung grundsätzlich immer behielten: 1. die Ahnenverehrung mit der Figur eines »höchsten Vergöttlichten« (Shang-di, Shang-ti) an der Spitze, 2. die Naturverehrung mit dem Glauben an Gottheiten im Umkreis verschiedenster Orte (namentlich Berge und Flüsse) und Dinge (Sonne, Mond und Sterne, Bäume, Steine u. a.), unter denen der Erdgottheit und der Himmelsgottheit besondere Bedeutung zukam. Die Verbindung zur Welt des Übernatürlichen wurde teils durch Orakelpriester, teils durch Schamanen hergestellt. Beide verloren jedoch seit Beginn des 1. Jahrtausends v. Chr. ihre Macht, als der Herrscher selbst wesentliche kulturelle Funktionen (Himmelsopfer) übernahm. Die damit begonnene, dann vom Konfuzianismus aufgenommene und immer weiter vorangetriebene Rationalisierung verhinderte jedoch nicht ein Weiterexistieren der ursprünglich religiösen Vorstellungen unterhalb der Gelehrtenschicht, wo sie besonders durch den Taoismus aufgenommen wurden. Der Taoismus entwickelte darüber hinaus den Glauben an die Möglichkeit eines langen (nicht unbedingt »ewigen«) Lebens, in dem die Menschen zu »Genien« (Xian, Hsien) werden und mit der gleichzeitigen Gewinnung übernatürlicher Fähigkeiten (namentlich des Fliegens) götterähnliche Züge annehmen sollten. Die Bemühungen in der Kunst der Lebensverlängerung wurden im Rahmen des Körper-Yoga (Atemübungen, Diätetik, Sexualpraktiken, Pengzu), der Alchimie (seit dem 3. Jahrhundert n. Chr.) und der Meditation zu realisieren versucht. Der Konfuzianismus erfüllte demgegenüber als »Staatsreligion« seit dem 2. Jahrhundert v. Chr. hauptsächlich kulturelle Funktionen. Er entwickelte anfangs jedoch auch messianische Ideen mit Konfuzius als dem vergöttlichten Welterlöser, möglicherweise unter dem Einfluss des Taoismus, in dem Laozi dieselbe Rolle spielte. Das Eindringen des Buddhismus brachte nicht nur eine Fülle fremder, in Süd- und Zentralasien entstandener Religionsformen nach China, sondern veränderte auch den Taoismus entscheidend, und zwar sowohl nach innen (z. B. systematisierte Himmels- und Höllenvorstellungen) als auch nach außen (Klosterwesen, Kirchenbildung; Zhang Daoling). Der religiöse Taoismus war, obgleich er stets in Konkurrenz zum Buddhismus stand, generell offen gegenüber fremden Religionen und bildete mit ihnen zahlreiche Mischformen. Prinzipiell weniger staatsbejahend als der Konfuzianismus, motivierte er viele »Geheimgesellschaften« und manche religiös, ja sogar endzeitlich ausgerichtete, periodisch auftretende Volkserhebungen, die bis in die jüngere Vergangenheit hinein (»Boxeraufstand«, 1900) eine Rolle spielten. Die für die chinesische Religion charakteristische Mischung von Volksnähe, Wunderglaube und Tendenz zur Rebellion kam selbst noch in der »Kulturrevolution« zum Zuge, die jeglich religiöse Leben unterdrückte. Die neue religiöse Toleranz seit 1977 ist großenteils durch internationale Rücksichtnahme motiviert, sie ist aber auch (wie schon in der Vergangenheit) begrenzt durch Misstrauen gegenüber dem »Fremden«, das staatlicherseits im Religiösen vermutet wird und Kontrolle nötig erscheinen lässt. (Buddhismus, Konfuzianismus, Taoismus)
 
Literatur:
 
Philosophie:
 
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R. Malek: Das Tao des Himmels. Die religiöse Tradition Chinas (1996).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Buddhismus in China
 
chinesische Novelle und chinesischer Roman: Von wahren und übernatürlichen Begebenheiten
 
Daoismus: Mensch und Kosmos
 
kanonische Schriften: Symbol der Tradition
 
Konfuzianismus: Die »fünf menschlichen Beziehungen«
 
Naturwissenschaft im alten China
 


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