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AFRIKANISCHE KULTUREN: KÖNIGREICHE UND STAMMESKULTUREN IN SCHWARZAFRIKA

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afrikanische Kulturen: Königreiche und Stammeskulturen in Schwarzafrika
 
Das Königtum hat in Afrika eine lange Geschichte. Doch ist aufgrund der Schriftlosigkeit der traditionellen afrikanischen Kulturen nur wenig über seine Entstehungszeit bekannt. Lediglich über Nordostafrika - ungefähr die Gebiete der heutigen Staaten Ägypten, Sudan, Äthiopien und Eritrea - liegen genauere Kenntnisse vor: Der altägyptische Staat mit seinen Dynastien begann in der ersten Hälfte des 3. Jahrtausends v. Chr.; die erst in unseren Tagen (1974) mit der Absetzung Kaiser Haile Selassis von Äthiopien beendete Dynastie (»salomonische Dynastie«) führte ihren Stammbaum auf den jüdischen König Salomo ins 10. Jahrhundert v. Chr. zurück, und wir kennen beispielsweise das napatanische Reich Nubiens mit den Zentren Napata am vierten Nilkatarakt (9. - 4. Jahrhundert v. Chr.) und Meroe zwischen dem fünften und sechsten Nilkatarakt (ab 6. Jahrhundert v. Chr.), das selbst von 270 v. Chr. bis 350 n. Chr. Hauptstadt im meroitischen Reich Nubiens war.
 
Über das eigentliche Schwarzafrika, den Teil Afrikas südlich der Sahara, liegen zunächst nur indirekte schriftliche Zeugnisse vor: ab dem 10. Jahrhundert aus der Hand arabischer (muslimischer) und ab dem 15./16. Jahrhundert europäischer (christlicher) Reiseschriftsteller oder Missionare.Einige der afrikanischen Königreiche bestanden bis ins 19. Jahrhundert. So etwa das Reich Urozwi, das bis 1820 existierte. Die Rozwi hatten im 17. Jahrhundert Monomotapa (im heutigen Simbabwe), die Hauptstadt des Mitte des 15. Jahrhunderts von den Shona gegründeten Reiches Monomotapa übernommen - die Ruinen der Stadt weisen möglicherweise bis ins 8. Jahrhundert zurück. Andere bedeutende Reiche entstanden erst im 19. Jahrhundert. Berühmt wurde etwa das Reich des Zulu-Königs Chaka (vermutlich * 1787, ✝ 1828), der, ausgehend von einem kleinen Häuptlingstum, mithilfe einer neuen Kriegstechnik (Stoßspeer und neue Schlachtordnung) ein neues Reich schuf. Einige Berühmtheit in Europa erlangten Ende des 19. Jahrhunderts auch das Königreich Buganda unter König Mutesa I. und Ruanda mit seiner herrschenden Adelsschicht der Tutsi.
 
Die meisten großen afrikanischen Königreiche befinden sich bis heute in den Savannen nördlich und südlich des großen äquatorialen Waldgebietes. Nur wenige Reiche entstanden direkt im Waldgebiet selbst, wie etwa das Reich der Kuba und der Kongo in der heutigen Demokratischen Republik Kongo (früher Zaire), die Reiche der Edo und Yoruba in Nigeria oder das Reich der Ashanti im Süden des heutigen Ghana. Diese Reiche befanden sich zwar in unmittelbarer Nachbarschaft zu großen Waldgebieten, benötigten aber, um größere Vorräte speichern zu können, große Anbauflächen für lagerfähige Nahrungsmittel. Nur auf einer solchen Grundlage konnten sie Städte mit Handwerkern, Beamten, Soldaten und einem Hofstaat unterhalten. Solche Anbauflächen für lagerfähiges Getreide und haltbare Feldfrüchte wie Hirse und Reis und Erdnüsse bieten die Savannen.
 
In den Waldgebieten siedelten und siedeln auch heute noch meist Jäger- und Sammlervölker sowie Brandrodungsbauer mit nur ansatzweise ausgebildeter Speicherwirtschaft. Im feuchten Tropengebiet werden vor allem Knollenfrüchte wie Yams, Maniok und Süßkartoffel angebaut, die alle nicht lange gelagert werden können. Die Wildbeuter und Brandrodungsbauer leben fast immer in kleinen Gruppen. Zu den Wildbeutern gehören vor allem die Pygmäen im zentraläquatorialen Urwald und die Buschleute im südlichen Afrika. Ihre Sozialeinheit ist die Jagdschar, die vom tüchtigsten Jäger angeführt wird. Die Brandrodungsbauer leben in Verwandtschaftverbänden, die häufig matrilinear (in der Erbfolge der mütterlichen folgend), teilweise aber auch patrilinear (der väterlichen Linie folgend), ausgerichtet sind; die Verwandtschaftsbeziehungen zählen hier nach der mütterlichen oder der väterlichen Linie. Vielfach gibt es auch bereits Anfänge einer sozialen Schichtung mit einem politischen Oberhaupt, einem Häuptling, an der Spitze. Als Berater stehen dem Häuptling jedoch nur die Klanältesten zur Seite. Über eine Ordnungsmacht verfügt er im Gegensatz zu den Königen nicht.
 
Je größer der politische Apparat ist, desto zahlreicher sind die Abgaben der Untertanen. Wildbeuter leisteten noch keine Abgaben und die Untertanen der Häuptlinge nur gelegentlich. Erst in den großen Reichen sind Abgaben und Leistungen streng reglementiert. Sie reichten jedoch nicht immer aus, um die Bedürfnisse der Herrscher zu befriedigen. Zwischen 1600 und 1900 wurden die Armeen der afrikanischen Reiche so vergrößert, dass sie mit den üblichen Abgaben der Untertanen nicht unterhalten werden konnten. Den Herrschern bot sich mit dem Sklavenhandel eine willkommene Einnahmequelle. Gefangen und verkauft wurden in der Regel Angehörige fremder Völker.
 
Die traditionelle politische Macht eines afrikanischen Königs war religiös begründet. Er legitimierte sie durch seine direkte Verbindung zum Urahnen. Die seltenen absolutistischen Herrscher wie der Zulu-König Chaka oder der König von Dahome verdankten ihre Macht mehr ihrer eigenen Durchsetzungskraft als einer institutionalisierten Herrschaftsform. Die Macht der schwarzafrikanischen Könige war in vielfacher Weise begrenzt. Die meisten Könige galten und gelten zum Teil auch noch heute als sakrale Könige. Sie waren auf mythisch-magische Weise eher Repräsentanten ihres Volkes als Herrscher mit großen politischen Machtbefugnissen. Die politische Macht übten der Hofstaat und die Minister aus. Auch die Königinmutter verfügte in einigen Reichen über sehr viel Macht. Der sakrale Herrscher selbst jedoch galt als das Königreich im Kleinen. Was dem König widerfuhr, geschah dem ganzen Königreich und umgekehrt. Wurde der König krank, siechte das ganze Reich dahin; war er unfruchtbar, wurden auch Felder, Tiere und Menschen des Reiches unfruchtbar. Die Bedeutung der afrikanischen Königreiche nimmt allerdings seit etwa einem Jahrhundert ständig ab. Die Kolonialmächte haben die Könige und ihren Hofstaat vielfach benutzt, um auf deren Untertanen leichteren Zugriff zu haben. Nicht selten wurden die Herrscher zum verlängerten Arm der Kolonialherren. Dafür erhielten sie als Lohn Privilegien. Gleichzeitig höhlte man jedoch ihre traditionelle politische Macht aus. Sie durften keine Kriege mehr führen, keine Todesstrafe verhängen, und sie unterstanden in allen wichtigen Angelegenheiten — etwa in Grenzfragen — den Kolonialherren. Ein König, der sich den Anordnungen der Kolonialmacht widersetzte, verlor in der Regel sein Amt; die Europäer inthronisierten in diesem Fall einen willfährigen Nachfolger. Damit war jedoch das Königtum als sakrale Institution hinfällig, denn die Verbindung zum mythischen Urahnen - und damit die Legitimation der Königsherrschaft - war abgebrochen.
 
Nach 1960, als die Kolonien verschwanden und moderne unabhängige Staaten in Afrika entstanden, hatten deren neue Führer noch weniger Interesse als die Kolonialmächte, die Könige mit ihrer noch verbliebenen Macht zu erhalten, da sie mögliche Konkurrenten im Kampf um die Macht darstellten. Sie konnten keinen Staat im Staate dulden, denn nur ausnahmsweise, wie beispielsweise in Ruanda und Burundi, deckten sich die Grenzen des alten Königreiches mit denen des modernen Staates. Dennoch konnten sich die Königreiche in Afrika halten. Die Rechte der Herrscher sind zwar im Vergleich zu früher eingeschränkt, aber der Prunk hat sich oft noch erhöht. Er wird öffentlich zur Schau gestellt — nicht selten auch vor Touristen —, um an frühere Zeiten zu erinnern.
 
Prof. Dr. Josef Franz Thiel
 
Literatur:
 
Benin. Kunst einer afrikanischen Königskultur. Die Benin-Sammlung des Museums für Völkerkunde Wien, bearbeitet von Armand Duchâteau. Neuausgabe München u. a. 1995.
 Broszinsky-Schwabe, Edith: Kultur in Schwarzafrika. Geschichte — Tradition — Umbruch — Identität. Köln 1988.


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