Значение слова "AUFKLÄRUNG: DAS FRANZÖSISCHE THEATER VOM KLASSISCHEN DRAMA ZUM BÜRGERLICHEN THEATER" найдено в 1 источнике

AUFKLÄRUNG: DAS FRANZÖSISCHE THEATER VOM KLASSISCHEN DRAMA ZUM BÜRGERLICHEN THEATER

найдено в "Universal-Lexicon"

Aufklärung: Das französische Theater - Vom klassischen Drama zum bürgerlichen Theater
 
Das Theater ist vielleicht nicht diejenige Gattung, der man aus heutiger Sicht die größte Bedeutung im aufgeklärten 18. Jahrhundert zuerkennen möchte. Gleichwohl herrschte damals (nicht nur) in Frankreich eine regelrechte Theaterbegeisterung, die sich unter anderem in der stetigen Zunahme der Zuschauerzahlen, der Anzahl der Stücke, der festen Theatertruppen und Aufführungsorte zeigte, aber auch in der Veränderung des zuvor fast rein aristokratischen Publikums, in dem nun, in Übereinstimmung mit der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung, das Bürgertum an Einfluss gewann. Bei den Autoren erfreute sich das Theater ebenfalls großer Beliebtheit, ein Erfolg auf der Bühne war oft erstrebenswerter und wichtiger als in anderen Gattungen. Kennzeichnend für die Theaterentwicklung war einerseits das Fortbestehen der klassischen Tragödie und Komödie, die sich allerdings allmählich veränderten: Sie wurden unter dem Einfluss der Vernunft realitätsnäher gestaltet, moralisiert und emotionalisiert, die erzieherische Absicht im Hinblick auf das veränderte Publikum mit der unterhaltenden verknüpft. Andererseits kamen neue Formen und Genres des Theaters auf, die größtenteils dem veränderten Weltbild der Aufklärung Rechnung trugen. Dass auch bei den Aufklärern die Form klassisch regelgerecht bleiben konnte, bewies der bedeutendste Tragödiendichter des Jahrhunderts: Voltaire. Die wichtigsten Erneuerer, die noch heute auf den Spielplänen zu finden sind, waren Marivaux und Beaumarchais.
 
Am Ende der Herrschaft Ludwigs XIV., in einem theaterfeindlichen Klima, emanzipierte sich die Komödie allmählich vom Einfluss Molières. Der vor allem als Romancier bekannte Alain René Lesage beispielsweise schuf 1709 mit »Turcaret«, einer Satire auf den geldfixierten Emporkömmling, eine Komödie, die den Einfluss der Lebensbedingungen auf den dargestellten Konflikt ins Visier nimmt. Prosper Jolyot Crébillon verletzte in seinen Schauertragödien die klassische Regel der »Bienséances«, der mäßigend wirkenden Schicklichkeiten und Angemessenheiten, wenn er in seiner Tragödie »Atrée et Thyeste« (1707) Thyeste das Blut seines ermordeten Sohnes vorsetzen lässt. Durch solche Horroreffekte wollte er, nach eigenen Aussagen, den Zuschauer »durch den Schrecken zum Mitleid führen«. Gegen Crébillon musste sich Voltaire mit seinen formal klassischen Tragödien, die aufklärerisches Gedankengut transportieren, auf der Bühne durchsetzen. Schon in seinem Ödipus-Drama aus dem Jahr 1718 wird der Fatalismus des griechischen Stoffes gemildert und mit Angriffen auf herrschaftliche Willkür angereichert. »Zaïre« verbindet den Aufruf zur religiösen Toleranz mit einem damals beliebten orientalischen Ambiente, während »Mahomet« Intoleranz und Fanatismus angreift. Wie unterschiedlich die Aufklärer in ihren Positionen sein konnten, zeigt indessen der Theaterstreit von 1758 zwischen Jean-Jacques Rousseau und den Enzyklopädisten: Obwohl zuvor selber Autor von Theaterstücken, lehnte Rousseau nun das Theater als Brutstätte des Lasters, als der Natur des Menschen schädliche Ausdrucksform der Kultur ab. Dies führte zum endgültigen Bruch mit den kulturoptimistischen Aufklärern, die auf die erzieherische und volksbildende Wirkung des Schauspiels bauten.
 
Pierre Carlet de Chamblain de Marivaux, dessen scheinbar leichte Komödien vor allem die Liebe in all ihren Spielarten, Verirrungen und Konflikten thematisieren, profitierte von der Liberalisierung des Kulturlebens in der Zeit der »Régence« Philippe II., Herzog von Orléans (1715-23). Die Rückkehr der 1697 ausgewiesenen Theatertruppe der »Comédie-Italienne«, die unter ihrem Leiter Luigi Riccoboni seine Stücke aufführte, ermöglichte Marivaux den unmittelbaren Kontakt mit der italienischen Tradition der »Commedia dell'Arte«, die seine Komödien stärker beeinflusste als die französische, von Molière geprägte »Comédie«. In seinen teils allegorischen, teils sozialkritischen Stücken, vor allem jedoch in seinen Liebeskomödien stellte er die genau und einfühlsam analysierte Psychologie der Figuren in den Mittelpunkt der Handlung. »Das Spiel von Liebe und Zufall« (1730) gilt als Marivaux' Meisterwerk. Wie auch in anderen Stücken des 18. Jahrhunderts sind die Dienerfiguren aufgewertet; aus eher traditionellen Elementen wie der Liebesprobe mit Kleidertausch zwischen Herr und Diener entwickelt sich ein mehrdeutiges Rollenspiel um Liebe und Stolz, Standesgrenzen und Eigenliebe, das zuerst dem Zufall, dann dem Mutwillen der Liebe zu verdanken ist. Die gesellschaftlichen Schranken werden, wenngleich deutlich zurückhaltender als später bei Beaumarchais, erschüttert. Die Psychologisierung der Komödie, die die innere Entwicklung der (jungen) Hauptpersonen im Prozess der Selbstfindung beim Erwachen der Liebe in den Mittelpunkt des Interesses rückt, weist auch der Sprache eine wichtige Rolle zu. Diese nuancenreiche und vieldeutige, verschleiernde oder enthüllende, kommunikative und zur Selbsterkenntnis führende Sprache, die von Marivaux höchst subtil konstruiert wurde, ist als Stil des »Marivaudage« seitdem bewundert, teilweise auch lächerlich gemacht worden.
 
Die Innovationen der ersten Jahrhunderthälfte wurden von Denis Diderot in theoretischer und praktischer Form aufgegriffen und weiterentwickelt. Schon in seinem erotischen Roman »Die indiskreten Kleinode« polemisierte er gegen das klassische französische Theater, gegen dessen Regelwerk mit den künstlichen »drei Einheiten« von Ort, Zeit und Handlung, dem er die (menschliche) Natur als Vorbild gegenüberstellt. In der Folgezeit entwarf Diderot mit seinen Stücken »Der natürliche Sohn« (1757) und »Der Hausvater« (1758) sowie in theoretischen Texten eine Poetik des bürgerlichen Trauerspiels, das unter der Bezeichnung »Drame« zwischen den traditionellen Gattungen der Tragödie und der Komödie steht und ernsthafte Absichten verfolgt: Der Zuschauer sieht sich malerischen Bildern des bürgerlichen Alltags (»tableaux«) gegenüber, die ihn erbauen, bewegen und moralisch zur Tugend - als Stärke des Bürgertums gegenüber dem Adel - erziehen sollen. Damit er sich in den Personen auf der Bühne wiedererkennen kann, müssen diese seinen Stand repräsentieren. Die Ständeklausel, nach der nur hoch gestellte Personen in der Tragödie auftreten können, wurde also überwunden. Hatten Diderots Theaterstücke auch nicht den erhofften Erfolg beim Publikum - die bürgerlichen Dramen von Michel-Jean Sedaine (»Der Philosoph, ohne es zu wissen«) und Louis-Sébastien Mercier (»Der Schubkarren des Essighändlers«) illustrierten seine Absichten in geeigneterer Weise -, so wirkte seine Theorie doch maßgeblich auf die Entwicklung des europäischen Theaters, beispielsweise auf Lessing, der Diderots Stücke übersetzte und sich in seiner »Hamburgischen Dramaturgie« mit Diderots Überlegungen beschäftigte.
 
Beaumarchais bediente sich in seinen Erfolgskomödien »Der Barbier von Sevilla« (1775) und »Der tolle Tag oder Figaros Hochzeit« (1785) aus dem reichen Wort-, Gesten- und Charakter-Inventar der Komödie und verschärfte die schon zuvor angesprochene Adelskritik zur Infragestellung des alten politischen Systems. Der tüchtige dritte Stand in Gestalt des Dieners Figaro ist seinem Herrn geistig und moralisch überlegen, ermöglicht ihm zunächst die Eroberung der Geliebten und verteidigt danach erfolgreich die eigenen Heiratspläne gegen die Begehrlichkeiten des unmoralischen und unzeitgemäßen Grafen Almaviva. Im vorrevolutionären Frankreich war die notdürftig durch das spanische Ambiente verschleierte Gesellschaftskritik brisant und der Erfolg auch durch ein Aufführungsverbot des Königs nicht aufzuhalten, sowenig wie die fortschreitende Emanzipation des Bürgertums.
 
Ludger Scherer
 
Literatur:
 
Alt, Peter-André: Aufklärung. Stuttgart u. a. 1996.
 
Französische Literaturgeschichte, herausgegeben von Jürgen Grimm. Stuttgart u. a. 31994.
 Köhler, Erich: Vorlesungen zur Geschichte der französischen Literatur, herausgegeben von Henning Krauss, Band 5: Aufklärung. Stuttgart 1984—87.
 Stackelberg, Jürgen von: Das Theater der Aufklärung in Frankreich. Ein Abriß. München 1992.


T: 70