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EUROPA: INTEGRATION ALS ANTWORT AUF DIE ÖSTLICHE HERAUSFORDERUNG

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Europa: Integration als Antwort auf die östliche Herausforderung
 
Das westliche Europa gewann durch die Teilung des Kontinents noch an Motiven für einen engeren Zusammenschluss. Der wirtschaftliche Fortschritt Europas war nicht zuletzt vom Abbau innereuropäischer Handelshemmnisse abhängig, der politische Einfluss der Europäer war umso stärker, je häufiger sie mit einer Stimme sprachen, und auch für die Einbindung der Deutschen brauchte man Europa mehr denn je. Deutschland war geteilt, die Bundesrepublik ein zentrales Mitglied des westlichen Bündnisses. Wenn die Bundesrepublik Deutschland zur Verteidigung des Westens beitragen sollte, musste man sie als gleichberechtigtes Mitglied behandeln; einseitige Kontrollen durch die Siegermächte waren dann nicht mehr möglich. Also brauchte man gemeinsame Regelungen, denen sich alle Europäer unterordneten und die die Westdeutschen davon abhielten, sich um der nationalen Einheit willen auf Kosten des Westens mit der Sowjetunion zu verständigen.
 
 Montanunion und europäische Verteidigungsgemeinschaft
 
Nachdem die französische Regierung lange gezögert hatte, ob sie mit der Einigung Europas auch ohne Beteiligung Großbritanniens beginnen sollte, ergriff Außenminister Robert Schuman im Frühjahr 1950 die Initiative.Beraten von Jean Monnet, dem Chef des französischen Planungskommissariats, schlug er am 9. Mai 1950 die Schaffung einer europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl vor. Nach diesem Schumanplan sollten gemeinsame Regelungen für die Schwerindustrie der beteiligten Länder getroffen werden. Die Montanunion sollte anstelle der bisherigen Kontrollen der Ruhrindustrie treten, die nicht mehr lange aufrechtzuerhalten waren, und zugleich die Modernisierung dieser grundlegenden Industriezweige fördern. Schuman und Monnet waren davon überzeugt, dass sie als Grundlage für eine politische Einigung des Kontinents dienen könnte.
 
In Bundeskanzler Konrad Adenauer fanden sie einen Partner, der das ebenso sah. Gegen Widerstände in der westdeutschen Schwerindustrie setzte er die Beteiligung der Bundesrepublik an der Montanunion durch. Darüber hinaus erklärten auch Italien, Belgien, die Niederlande und Luxemburg ihre Bereitschaft, diesem Zusammenschluss beizutreten. Die britische Regierung lehnte eine Teilnahme ab, nachdem die Franzosen eine Verpflichtung zur überstaatlichen, für alle verbindlichen Organisation verlangt hatten. So kam mit der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), die am 10. August 1952 in Luxemburg ihre Arbeit aufnahm, nur ein »Europa der Sechs« zustande.
 
Unterdessen hatte der französische Ministerpräsident René Pleven am 24. Oktober 1950 vorgeschlagen, eine Europaarmee mit einem europäischen Verteidigungsminister an der Spitze zu bilden. Bei den europäischen Partnern und auch bei den NATO-Verbündeten stieß dieser Plevenplan zunächst auf wenig Begeisterung. Die Deutschen wollten sich auf das Angebot nicht einlassen, weil sie als einziges Teilnehmerland von der gleichzeitigen Mitgliedschaft in der NATO ausgeschlossen bleiben sollten und auch abzusehen war, dass es in einer derart integrierten Armee kaum deutsche Befehlshaber geben würde. Die militärischen Fachleute hielten den Vorschlag für wenig praktikabel; viele wollten auch keine europäische Verteidigungsebene, die die Präsenz der Schutzmacht USA zu beeinträchtigen drohte. Erst als den Verbündeten klar wurde, dass ohne Europaarmee die von ihnen gewünschte Wiederbewaffnung der Bundesrepublik in Frankreich innenpolitisch nicht durchsetzbar sein würde, kam eine Einigung über das Projekt zustande; dabei mussten die Franzosen den Deutschen allerdings stärkere Mitwirkungsrechte zugestehen. Am 27. Mai 1952 wurde der Vertrag über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG) in Paris unterzeichnet. Er sah die Einbeziehung aller Truppen vor, die für die Verteidigung Europas bestimmt waren; an ihrer Spitze sollte ein gemeinsames Kommissariat von neun Mitgliedern und ein Ministerrat stehen. Die Deutschen blieben zwar weiterhin außerhalb der NATO, konnten aber gemeinsame Sitzungen des NATO-Rats mit dem EVG-Ministerrat verlangen.
 
Das war freilich den meisten Franzosen zu viel. Manche beklagten auch, dass die EVG kaum unabhängig vom amerikanischen NATO-Oberbefehlshaber agieren konnte, und viele suchten immer noch nach einer Möglichkeit, die Bewaffnung der Bundesrepublik ganz zu verhindern. So fand der Vertrag im französischen Parlament keine Mehrheit. Der italienische Ministerpräsident Alcide De Gasperi versuchte ihn zu retten, indem er die Schaffung einer Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG) ins Gespräch brachte, die der Verteidigungsgemeinschaft vorgeschaltet werden sollte. Dazu war jedoch die niederländische Regierung nur unter der Bedingung bereit, dass es gleichzeitig eine Wirtschaftsgemeinschaft geben würde. Die Wirtschaftsgemeinschaft wiederum war für Frankreich nicht akzeptabel, folglich blieben die Verhandlungen über die EPG stecken. Wenig später bot sich im Frühjahr 1954 den Franzosen die Möglichkeit, eine eigene Atomwaffe zu bauen — ein Grund mehr, die EVG fallen zu lassen, und gleichzeitig ein Ersatz für die EVG, soweit sie dem Schutz vor Deutschland dienen sollte. Am 30. August 1954 lehnte die französische Nationalversammlung den EVG-Vertrag ab.
 
 Die Verträge von Paris und Rom
 
Für die europäische Einigungsbewegung war diese Obstruktion ein harter Schlag. Das westliche Bündnis profitierte jedoch eher von der Ablehnung Frankreichs, weil alle Beteiligten in Anbetracht der Gefahr des Scheiterns jetzt Konzessionen machten, die sie zuvor immer verweigert hatten. Frankreich akzeptierte die Mitgliedschaft der Bundesrepublik in der NATO, Adenauer gestand ein europäisches Statut für das Saarland zu, das in einer Wirtschaftsunion mit Frankreich verbunden war, Großbritannien und die USA gaben Garantien, ihre Truppen nicht vom europäischen Kontinent abzuziehen. In den Pariser Verträgen vom 23. Oktober 1954 wurde dieses Ergebnis festgeschrieben, gleichzeitig die Westeuropäische Union (WEU) als kollektiver Beistandspakt der Sechs gemeinsam mit Großbritannien aus der Taufe gehoben. Mit dem In-Kraft-Treten der Verträge am 5. Mai 1955 erlangte die Bundesrepublik ihre Souveränität, vier Tage später nahm sie zum ersten Mal an einer Sitzung der NATO teil. Die Einigung der Sechs fand in den Römischen Verträgen vom 25. März 1957 ihre Fortsetzung. Sie beruhten auf einem weiteren Kompromiss: Frankreich akzeptierte jetzt, anders als 1953/54, die Schaffung einer Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG). Allerdings war eine Übergangszeit von 12 bis 15 Jahren bis zu ihrer vollständigen Verwirklichung vorgesehen. Dafür billigten die europäischen Partner die gleichzeitige Bildung einer Europäischen Atomgemeinschaft (EURATOM), die die Einkäufe von spaltbarem Material kontrollieren und die Atomforschung fördern sollte.
 
Großbritannien beteiligte sich weder an der EWG noch an der EURATOM. Nachdem Verhandlungen über die Bildung einer »großen« Freihandelszone aller Länder des westlichen Europas gescheitert waren, sammelte es die Länder, die nicht Mitglied der EWG geworden waren, in einer »kleinen« Freihandelszone — der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA), die am 3. Mai 1960 in Kraft trat. Ihr gehörten neben Großbritannien Dänemark, Schweden, Norwegen, Österreich, die Schweiz und Portugal an. Die EFTA sollte eine wirtschaftliche Diskriminierung der Mitgliedsländer durch die EWG verhindern und eine zukünftige Zusammenarbeit mit den EWG-Ländern vorbereiten.
 
 De Gaulles Idee einer politischen Union
 
Die Verwirklichung der Wirtschaftsgemeinschaft der Sechs kam rascher voran, als ursprünglich zu erwarten gewesen war. De Gaulle, der nach dem Zusammenbruch der Vierten Republik im Mai 1958 wieder die Regierungsgewalt in Paris übernommen hatte, trieb die wirtschaftliche Modernisierung seines Landes energisch voran. Er drängte dazu auf eine zügige Verwirklichung der Zollunion und auf die Schaffung einer gemeinsamen Marktordnung für Agrarprodukte. Unterstützt wurde er dabei von Walter Hallstein, dem ersten Präsidenten der EWG-Kommission in Brüssel, und von Adenauer, der die Westbindung der Bundesrepublik unwiderruflich machen wollte.
 
De Gaulle warb auch für eine politische Union der Sechs. Sie sollte in erster Linie dazu dienen, Europa doch noch eine eigene militärische Kompetenz in der Verteidigung zu verschaffen und die außenpolitische Abhängigkeit von den USA zu überwinden. Seit sowjetische Langstreckenbomber mit Atomwaffen amerikanisches Territorium erreichen konnten, hielt er die amerikanische Garantie, im Verteidigungsfall Atomwaffen gegen die Sowjetunion einzusetzen, nicht mehr für glaubwürdig. Folglich sollte Europa zur Atommacht werden. De Gaulle war bereit, die französische Atomwaffe für europäische Zwecke einzusetzen; langfristig konnte er sich auch vorstellen, dass die übrigen Europäer ebenfalls über Atomwaffen verfügen würden, vielleicht sogar über ein gemeinsames Kommando. Nachdem im Februar 1960 die erste französische Atombombe mit Erfolg gezündet worden war, schlug er den EWG-Partnern am 5. September 1960 vor, einen ständigen Rat der europäischen Regierungschefs zu bilden, der über eine gemeinsame Außen- und Verteidigungspolitik entscheiden sollte. De Gaulles Vorhaben stieß bei Adenauer auf starkes Interesse. Der deutsche Bundeskanzler suchte ebenfalls nach einer Rückversicherung für den Fall, dass die amerikanische Garantie hinfällig werden würde. Zudem wollte er auch einer Verständigung Frankreichs mit der Sowjetunion, die auf Kosten der Bundesrepublik gehen würde, zuvorkommen. Dagegen konnten die Regierungen Belgiens und der Niederlande dem Projekt nur wenig abgewinnen: Sie fürchteten anstelle des amerikanischen Schutzes eine deutsch-französische Hegemonie und wollten, um diese zu verhindern, Großbritannien in den gemeinsamen Markt einbinden. Außerdem tendierte de Gaulle dazu, die bestehenden europäischen Institutionen dem geplanten Ministerrat unterzuordnen, der vorläufig nur einstimmig entscheiden sollte. Die Verhandlungen über das Projekt der politischen Union gestalteten sich entsprechend schwierig. Eine Kommission unter Vorsitz des französischen Diplomaten und Mitarbeiters de Gaulles, Christian Fouchet, erarbeitete bis Ende 1961 einen Kompromissvorschlag, der Chancen hatte, angenommen zu werden. Als de Gaulle dann darauf bestand, dass Garantien für den Erhalt der Strukturen der Montanunion und der Wirtschaftsgemeinschaft gestrichen werden müssten, der belgische Außenminister Paul-Henri Spaak und sein niederländischer Kollege Joseph Luns den Vertrag über die politische Union aber erst nach dem Beitritt Großbritanniens zur EWG unterzeichnen wollten, scheiterten die Verhandlungen. Am 17. April 1962 ging eine Konferenz der sechs Außenminister ohne Ergebnis auseinander. Danach versuchte de Gaulle, das Projekt über eine Zweier-Union zwischen Frankreich und der Bundesrepublik zustande zu bringen. Adenauer zögerte zunächst, willigte dann aber bei einem Besuch in Paris am 21./22. Januar 1963 überraschend in die Unterzeichnung eines Deutsch-Französischen Vertrags über Freundschaft und Zusammenarbeit ein. Dieser verpflichtete die beiden Partner, in der Außen- und Verteidigungspolitik zusammenzuarbeiten. Dazu sollten mindestens zweimal pro Jahr Gipfeltreffen stattfinden, die Außenminister sollten sich alle drei Monate treffen, nachgeordnete Beamte noch häufiger. Außerdem wurde ein Deutsch-Französisches Jugendwerk ins Leben gerufen, das die Verständigung zwischen den beiden Völkern auf eine dauerhafte Grundlage stellen sollte.
 
Das ging allerdings den meisten deutschen Politikern zu weit. Bei der Ratifizierung im Bundestag erzwangen sie, dass der Vertrag um eine Präambel ergänzt wurde, die seiner Verwirklichung de facto einen Riegel vorschob: Die Abgeordneten bekundeten darin ihren Willen, an den engen Bindungen an die USA festzuhalten und sich um eine baldige Aufnahme Großbritanniens in die Gemeinschaft zu bemühen. De Gaulle empfand das zu Recht als Ohrfeige und gab die Hoffnung auf eine baldige Verwirklichung der politischen Union auf. Als Ludwig Erhard im Oktober 1963 Adenauer als Bundeskanzler ablöste, kamen die Bestrebungen zur Schaffung einer gemeinsamen Außen- und Verteidigungspolitik ganz zum Erliegen.
 
 Frankreichs Politik der Unabhängigkeit
 
Fortan betrieb de Gaulle seine Politik der Unabhängigkeit von den USA allein als nationale Politik. Nachdem er die Verhandlungen mit Großbritannien schon im Januar 1963 einseitig für zwecklos erklärt hatte, widersetzte er sich jeder Stärkung der Gemeinschaftsorgane. Als Hallstein das französische Interesse an einer gemeinsamen Marktordnung für Getreide dazu nutzen wollte, die Rechte des Europäischen Parlaments und der Brüsseler Kommission zu stärken, holte der französische Präsident zu einem Gegenschlag aus, der die europäischen Gemeinschaften dauerhaft beschädigte: Am 30. Juni 1965 verließ sein Außenminister Maurice Couve de Murville die Verhandlungen über die Finanzierung des Agrarmarkts, fünf Tage später wies de Gaulle seine Beamten und Minister an, ab sofort nicht mehr an den Sitzungen des Ministerrats teilzunehmen.
 
Die Blockierung der EWG endete mit einem Kompromiss, der ihre Handlungsfähigkeit beeinträchtigte. Auf einer Ministerratssitzung am 28./29. Januar 1966 in Luxemburg mussten die Partner zur Kenntnis nehmen, dass Frankreich nicht bereit war, Mehrheitsentscheidungen im Ministerrat zu akzeptieren. So wurden im Ministerrat Abstimmungen meistens vermieden, die Verhandlungen zogen sich in die Länge und viele Vorhaben blieben mangels Übereinstimmung auf der Strecke. 1967 wurden zwar die drei europäischen Gemeinschaften (EGKS, EWG und EURATOM) unter der Bezeichnung Europäische Gemeinschaften (EG) zusammengelegt, 1968 wurde die Zollunion vorzeitig vollendet. An einen Ausbau der Brüsseler Kommission zu einer europäischen Regierung, die vom Parlament kontrolliert wurde, war jedoch nicht mehr zu denken.
 
Am 7. März 1966 kündigte de Gaulle darüber hinaus den Austritt Frankreichs aus der militärischen Organisation der NATO für Europa an. Frankreich blieb zwar Mitglied des Atlantischen Bündnisses, zog seine Truppen aber aus dem Kommandobereich der NATO zurück und forderte die Verbündeten auf, Stützpunkte auf französischem Territorium zu räumen. Diese kamen der Aufforderung nach, das Hauptquartier der NATO wurde von Paris nach Brüssel verlegt. Auf diese Weise sicherte sich Frankreich seine unabhängige Atomstreitmacht. Gleichzeitig brüskierte es aber seine europäischen Verbündeten. Gemeinsame Positionen der Europäer gegenüber der amerikanischen Vormacht kamen nun erst recht nicht mehr zustande, der Einfluss des westlichen Europas auf den Gang der Weltpolitik blieb entsprechend gering.
 
 KSZE-Konferenz und Europäische Gemeinschaft
 
Unter dieser Selbstblockade der Europäer litt besonders die Politik der Entspannung gegenüber dem Sowjetblock, die die Gefahr eines Kriegs eindämmen und langfristig die Spaltung des Kontinents überwinden wollte. De Gaulle predigte sie mit Leidenschaft. Er nahm Kontakte zu den osteuropäischen Staaten auf und besuchte drei Monate nach Aufkündigung der NATO-Verträge Moskau, um die Freundschaft zwischen »Russland« und Frankreich zu beschwören. Bewirkt wurde damit jedoch nicht viel. Erst die Ostverträge der Bundesrepublik ermöglichten die Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE), die im Juli 1973 in Helsinki zusammentrat und zwei Jahre später mit einer Schlussakte endete, die die Geltung der Menschenrechte für alle Europäer proklamierte. Für das westliche Europa war das ein großer Erfolg, auch wenn er in seiner vollen Bedeutung nicht sogleich wahrgenommen wurde. Nach dem Rücktritt de Gaulles im April 1969 gab Frankreich seinen Widerstand gegen eine Beteiligung Großbritanniens am gemeinsamen Markt auf. Auf der Haager Gipfelkonferenz der Europäischen Gemeinschaften am 1./2. Dezember 1969 beschlossen die Mitglieder daher, Beitrittsverhandlungen mit Großbritannien, Irland, Dänemark und Norwegen aufzunehmen. Als Gegenleistung konnte Frankreich nun die endgültige Finanzierung des Agrarmarkts durch Eigeneinnahmen der Gemeinschaft und einen vagen Grundsatzbeschluss zur politischen Zusammenarbeit durchsetzen. Bis 1980 wollte man zudem eine gemeinsame Währung einführen.
 
Die Europäische Politische Zusammenarbeit (EPZ), die im Anschluss an den Haager Gipfel im Herbst 1970 eingerichtet wurde, begnügte sich mit regelmäßigen Treffen der Außenminister der Gemeinschaften und häufigen Konsultationen außenpolitischer Beamter unter wechselndem Vorsitz. Das war nicht geeignet, eine gemeinsame Außenpolitik herbeizuführen, wie de Gaulle sie im Sinn gehabt hatte; es half aber gelegentlich, europäische Interessen wirkungsvoller zu vertreten. Als die USA Abstriche bei der Entspannungspolitik machen wollten, traten ihnen die Europäer auf der KSZE und ihren Folgekonferenzen als geschlossener Block entgegen.
 
Anders als de Gaulle machte sich sein Nachfolger Georges Pompidou für einen möglichst uneingeschränkten Verbleib amerikanischer Truppen in der Bundesrepublik stark. Da eine Verteidigungsgemeinschaft der westlichen Europäer offensichtlich nicht zustande kam, schien ihm das notwendig zu sein, um die Westdeutschen im westlichen Bündnis zu halten und Frankreich vor sowjetischer Erpressung zu schützen. Er sperrte sich daher gegen Verhandlungen über beiderseitige und ausgewogene Truppenreduzierungen (Mutual Balanced Forces Reductions, MBFR) in Europa, wie sie die Bundesregierung anstrebte. Als diese MBFR-Gespräche im Dezember 1973 in Wien gleichwohl begannen, lehnte er eine Beteiligung Frankreichs ab. Die Verhandlungen mit den Beitrittskandidaten führten unterdessen zur Aufnahme Großbritanniens, Irlands und Dänemarks in die Gemeinschaften zum 1. Januar 1973. Norwegen lehnte das Verhandlungsergebnis und somit den Beitritt in einer Volksabstimmung ab. Die größer gewordene Gemeinschaft legte sich auch neue Handlungsinstrumente zu: Auf dem Pariser Gipfel im Dezember 1974 beschloss man eine Intensivierung der Beratungen der Staats- und Regierungschefs. Als Europäischer Rat trafen sie sich fortan dreimal im Jahr, zum Teil zusammen mit ihren Außenministern und dem Präsidenten der Kommission, um die großen Linien der Politik festzulegen. Außerdem sollten die Abgeordneten des Europäischen Parlaments in Zukunft direkt von der Bevölkerung gewählt werden — eine Vereinbarung, die im Juni 1979 zum ersten Mal angewandt wurde. Nach dem Wahlsieg der Labour Party im Februar 1974 stellte Großbritannien seine Beteiligung an der Gemeinschaft noch einmal infrage. Die Regierung Wilson verlangte Subventionen für strukturschwache Regionen und eine Reduzierung der finanziellen Leistungen Großbritanniens für die Gemeinschaft. Den Kompromiss, der dabei erzielt wurde, billigten die Briten in einem Referendum am 5. Juni 1975. Die Gemeinschaft richtete einen Regionalfonds ein, mit dem die Entwicklung zurückgebliebener Regionen in den Mitgliedsländern gefördert werden sollte. Darüber hinaus entwickelte sie Aktivitäten in der Industriepolitik, der Forschungs- und Technologiepolitik, der Umwelt- und Energiepolitik und schließlich auch der Bildungs- und Kulturpolitik.
 
Die stärkste Ausweitung erfuhr die Gemeinschaft in den Siebzigerjahren auf dem Gebiet der Währungspolitik. 1972 wurde zunächst eine »Währungsschlange« geschaffen: Die Regierungen verpflichteten sich, ihre Währungen um nicht mehr als 2,25 Prozent voneinander abweichen zu lassen. Nach der drastischen Erhöhung der Ölpreise, die die arabischen Länder während des Jom-Kippur-Kriegs mit Israel 1973 vornahmen, ließ sich diese Verpflichtung jedoch nicht mehr aufrechterhalten. Nachdem Frankreich die »Schlange« 1976 zum zweiten Mal hatte verlassen müssen, kam das System praktisch zum Erliegen. Als man in einem zweiten Anlauf im Dezember 1978 das Europäische Währungssystem (EWS) beschloss, wurden daher stärkere Sicherungen zur Wahrung der Gemeinsamkeit eingebaut: Wieder galt die Vereinbarung, die Währungen nicht um mehr als 2,25 Prozent voneinander abweichen zu lassen; sie war jedoch diesmal mit der Verpflichtung verbunden, auf den Geldmärkten zu intervenieren und Maßnahmen zur Konsolidierung des Haushalts zu ergreifen, wenn sich die eigene Währung diesem Grenzwert annäherte. Auf diese Weise wurden die Mitgliedsländer angehalten, ihre Wirtschafts- und Währungspolitik einander anzunähern.
 
Das EWS trat zum 13. März 1979 in Kraft. Von den mittlerweile neun Mitgliedsländern der EG beteiligte sich nur Großbritannien nicht; als Ländern mit besonders schwachen Währungen wurden Italien und Irland größere Währungsabweichungen zugestanden. Mit dem EWS war die Einführung der europäischen Währungseinheit ECU (European Currency Unit) verbunden. Sie bestand aus festen Anteilen der meisten Währungen der EWS-Staaten (Währungskorb), die der Wirtschaftskraft des jeweiligen Landes entsprachen. Der ECU diente nicht nur als Rechnungseinheit für den Haushalt der Gemeinschaft, sondern auch als Referenzgröße für die Bemessung der nationalen Währungen.
 
 Die doppelte EG-Erweiterung
 
Nach dem Ende der autoritären Regime in Griechenland, Portugal und Spanien Mitte der Siebzigerjahre stellten auch diese Staaten Beitrittsanträge. Sie sorgten für neuen Konfliktstoff, weil sich damit die Zahl der strukturschwachen Regionen noch einmal beträchtlich auszuweiten und das wirtschaftliche Gefälle innerhalb der Gemeinschaft weiter zuzunehmen drohte. Auf der anderen Seite war den Politikern in der Gemeinschaft aber auch die Verpflichtung bewusst, für eine Stabilisierung der Demokratie in den südlichen Ländern zu sorgen. Die Verhandlungen mit Griechenland wurden im Mai 1979 abgeschlossen, der Beitritt erfolgte zum 1. Januar 1981. Mit Portugal und Spanien dauerte der Prozess der Einigung deutlich länger, vor allem weil Frankreich und Italien eine Gefährdung von Landwirtschaft und Weinbau auf sich zukommen sahen. Zum 1. Januar 1986 traten nun auch Portugal und Spanien der Gemeinschaft bei.
 
Indessen machten nicht nur die Beitrittsgesuche der südlichen Länder Schwierigkeiten. Die anhaltende Wirtschaftskrise seit dem Ölpreisschock von 1973/74 ließ allenthalben die nationalen Egoismen wieder stärker hervortreten und schränkte die Handlungsfähigkeit der Gemeinschaft ein. Die reiche Bundesrepublik weigerte sich, den ärmeren Mitgliedsländern stärker unter die Arme zu greifen, Großbritannien verlangte nach dem Wahlsieg Margaret Thatchers 1979 eine abermalige Reduzierung seiner Beiträge. Für Verdruss sorgte auch die horrende Überproduktion der Landwirtschaft, die durch die von der Gemeinschaft subventionierten Garantiepreise befördert wurde. Infolge der Rückschritte in der Entspannungspolitik, die sich seit der sowjetischen Intervention in Afghanistan Ende 1979 abzeichneten, verschärfte sich auch die latente Spannung zwischen Frankreich und der Bundesrepublik.
 
Immerhin zog Frankreichs Staatspräsident François Mitterrand daraus den Schluss, dass verstärkte Anstrengungen unternommen werden mussten, um die Deutschen wieder stärker in die Gemeinschaft einzubinden. Mit der Zeit setzte sich auch die Einsicht durch, dass die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die durch die Neuordnung der Märkte und die wachsende Konkurrenz aus dem Fernen Osten entstanden waren, nur gemeinsam bewältigt werden konnten. Mitte der Achtzigerjahre wurde so nicht nur der Konflikt um die Süderweiterung beigelegt, auch die übrigen Konfliktfelder wurden schrittweise entschärft. Die britischen Nettozahlungen wurden in drei Schritten reduziert. Die Überschüsse in der Agrarproduktion wurden abgebaut — durch die Einführung von Milchquoten, die Senkung der Garantiepreise und die Förderung von Flächenstilllegungen. Frankreich gab seine sozialistische Reformpolitik zugunsten eines weiteren Verbleibs im Europäischen Währungssystem auf und aktivierte die sicherheitspolitische Zusammenarbeit im Rahmen der Westeuropäischen Union und des Deutsch-Französischen Vertrags.
 
Vor allem aber wurden eine Stärkung der Gemeinschaftsorgane und eine Verbesserung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Gemeinschaft in Angriff genommen. Bundeskanzler Helmut Kohl, dem die europäische Verankerung der Bundesrepublik ähnlich wichtig war wie zuvor Adenauer, schloss sich hier den französischen Initiativen an; die britische Premierministerin Margaret Thatcher folgte mit Blick auf die wirtschaftlichen Notwendigkeiten notgedrungen, wenn auch immer wieder bremsend, nach. Bei einem Treffen des Europäischen Rats in Luxemburg im Dezember 1985 einigte man sich auf ein Maßnahmenpaket, das die Integration in mehrfacher Hinsicht vorantrieb: Bis zum 31. Dezember 1992 sollten alle verbliebenen rechtlichen und sonstigen Handelshindernisse in der Gemeinschaft so weit beseitigt werden, dass ein tatsächlich ungehinderter Binnenmarkt entstehen könnte. Dazu verpflichtete sich der Ministerrat, in ausgewählten Bereichen zur Mehrheitsentscheidung zurückzukehren. Das Parlament erhielt das Recht, Gesetzesvorlagen zu ergänzen und beim Beitritt neuer Mitglieder mitzusprechen.
 
Darüber hinaus wurden die Zuständigkeiten der Gemeinschaft, die in den letzten Jahren immer größer geworden waren, nun auch offiziell erweitert. Umweltpolitik, Forschungs- und Technologiepolitik wurden vertraglich fixiert. Die Gemeinschaft erhielt den Auftrag, sich um den Abbau der regionalen Unterschiede zu bemühen, den sozialen Dialog zu fördern und Arbeitsbedingungen zu vereinheitlichen. Hinsichtlich der Wirtschafts- und Währungsunion, die von Frankreich gefordert wurde, blieb es aufgrund des Widerstands der Bundesrepublik und Großbritanniens bei dem Versprechen, dass man sie schrittweise verwirklichen wolle; welche Regeln für sie gelten sollten und wann sie durchgeführt werden sollte, blieb offen.
 
Alle diese Vereinbarungen wurden in einem gemeinsamen Vertrag niedergelegt, der die bestehenden Gemeinschaftsverträge ergänzte und zum Teil auch abänderte. Diese Einheitliche Europäische Akte (EEA) wurde am 28. Februar 1986 unterzeichnet. Nach der anschließenden Ratifikation in den Mitgliedsländern trat sie zum 1. Juli 1987 in Kraft. Jacques Delors, Präsident der Kommission seit 1985, unternahm energische Anstrengungen, die Verwirklichung des Dokuments sicherzustellen — insbesondere die Vollendung des Binnenmarkts, die jetzt große Aufmerksamkeit erfuhr.
 
Obwohl die EEA hinter den Erwartungen vieler Beteiligter zurückblieb, war damit die schleichende Krise der Gemeinschaft überwunden. Sie hatte nun die doppelte Erweiterung bewältigt und war damit zu einem grundlegenden Bestandteil der staatlichen Organisation in Europa geworden; an ihr richteten sich auch diejenigen Länder aus, die der Gemeinschaft noch nicht angehörten. Das sich die Europäer in der zunehmend internationalen Wirtschaftskonkurrenz behaupten konnten, war unlösbar mit der Europäischen Gemeinschaft verknüpft. Damit wurde sie auch zu einer Ebene, die für das Alltagsleben ihrer Bürger unmittelbare Bedeutung gewann. Indem sich die Mitgliedsländer definitiv auf eine europäische Zukunft hin orientierten, verschwand der Nationalstaat zwar nicht aus der Geschichte, sein Fortbestehen wurde aber von der Existenz einer starken europäischen Gemeinschaft abhängig.
 
Prof. Dr. Wilfried Loth
 
Weiterführende Erläuterungen finden Sie auch unter:
 
Europäische Union: Die Weiterentwicklung der Integration
 
Grundlegende Informationen finden Sie unter:
 
europäische Einigungsbewegung: Die Idee des vereinten Europas
 
Literatur:
 
Kleßmann, Christoph: Zwei Staaten, eine Nation. Deutsche Geschichte 1955-1970. Bonn 21997.
 
Reden der deutschen Bundespräsidenten Heuss, Lübke, Heinemann, Scheel, eingeleitet von Dolf Sternberger. Ausgewählt von Heinrich SprengerMünchen u. a. 1979.


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