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ALEXANDRIA UND PERGAMON

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Alexandria und Pergamon
 
Die Rivalität zwischen den neuen Zentren der griechischen Welt wurde auch auf dem Felde der Kultur und Wissenschaft ausgetragen; ersichtlich war das an den großen Bibliotheken in Alexandria, Pergamon, Antiochia, der Hauptstadt des Seleukidenreiches, und Pella (Makedonien). Schon im 6. Jahrhundert v. Chr. schmückten in Griechenland fürstliche Herren wie Polykrates von Samos und Peisistratos von Athen ihren Hof mit der Anwesenheit von Dichtern und mit Sammlungen von Büchern. Bibliotheken für die tägliche Arbeit hatten später auch die Philosophenschulen in Athen. Auf Anraten von Demetrios von Phaleron, eines Aristotelesschülers, richtete König Ptolemaios I. im Jahre 280 v. Chr. in Alexandria das Museion, eine Art Akademie, ein, das die Wissenschaften jener Zeit in ihrer ganzen Breite umfasste. Einer der Leiter war der Universalgelehrte Eratosthenes von Kyrene. Die Mitglieder waren vom König berufene, ausgewiesene »Philologoi«, das heißt Gelehrte in verschiedenen Wissenschaftsbereichen; er gewährte ihnen ein steuerfreies Gehalt, Wohnung und Verköstigung.Freilich war es im Gegensatz zu den freien athenischen Philosophenschulen, die als Vorbilder gedient hatten, eine Einrichtung von des Monarchen Gnaden, es lag ja auch ganz nahe am Königspalast, sodass der Skeptiker Timon von Phleius die Mitglieder des Museion mit Vögeln vergleichen konnte, die, in einen Käfig eingesperrt, gefüttert werden und sich endlos streiten.
 
Dem Museion war eine große Bibliothek zugeordnet; sie wurde von Ptolemaios II. in der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts besonders erweitert. Geplant war, in dieser Bibliothek nicht nur die gesamte Literatur der Griechen zu sammeln, sondern die aller Völker -, allerdings in griechischer Übersetzung; in diesem Zusammenhang wurde auch die hebräische Bibel übersetzt; so entstand die nach den 72 daran beteiligten Männern benannte »Septuaginta«. Der Erwerb der Bücher wurde mit allen Mitteln betrieben, es sollen 490 000 Buchrollen zusammengekommen sein; sie wurden nach einem wohl überlegten System bibliothekarisch erfasst. Der uns durch seine Dichtungen bekannte Kallimachos war als Bibliothekar unter Ptolemaios II. tätig; aus seiner Arbeit erwuchsen viele gelehrte Werke, darunter eine nach Orten gegliederte Zusammenstellung der Seltsamkeiten in aller Welt - diese Mirabilienliteratur war noch im Mittelalter sehr beliebt. Vor allem aber verfasste er in 120 Büchern einen Katalog aller in der Bibliothek vorhandenen Schriften; die Autoren, zu denen er kurze Biographien schrieb, ordnete er den großen Literaturgattungen zu und untergliederte ihre Werke weiter nach Arten, zum Beispiel Götterhymnen, Jungfrauenchöre, Siegeslieder und anderes. Er schuf damit nicht nur ein ausführliches Inventar der Bibliothek, sondern auch eine literatursystematisch und alphabetisch geordnete Darstellung der griechischen Literatur. Für die Tradition der griechischen Texte war es weiter von großer Bedeutung, dass sich an der Bibliothek wirkende Fachgelehrte, so Zenodot für das Epos, Alexandros Aitoleus für die Tragödie und Lykophron für die Komödie, systematisch darum bemühten, von den damals oft unterschiedlich überlieferten Texten eine verbindliche, neue Ausgabe herzustellen. Sie wandten bei der Entscheidung über die Echtheit der vorgefundenen Textformen nicht nur Textvergleiche, die Frage nach Parallelbelegen, sondern auch literaturästhetische Kriterien an und athetierten, das heißt erklärten auch solche Zusammenhänge für unecht, von denen sie meinten, sie entsprächen nicht der sonstigen Ausdrucksweise, den Tendenzen und dem Niveau des Autors.
 
So tilgte Zenodot im 18. Gesang der »Ilias« die Beschreibung des Schildes des Achill, ein für unser Verständnis zentrales Stück dieses Epos, weil solche Beschreibungen sonst nicht vorkommen. Aristophanes von Byzanz und Aristarch von Samothrake, zwei andere alexandrinische Gelehrte, ließen die »Odyssee« im 23. Gesang mit der Wiedervereinigung von Odysseus und Penelope enden, obwohl Odysseus dort noch nicht wieder ganz als König auf Ithaka etabliert ist; die beiden ließen sich wohl von hellenistischer Sentimentalität leiten, wie sie in den griechischen Romanen in der Wiedervereinigung der Partner zum Ausdruck kommt. Trotzdem sind ihre Textausgaben für die moderne Textkritik nicht wegzudenkende Voraussetzung. Die Früchte ihrer Arbeit an den Autoren und ihren Werken fassten sie in Kommentaren (»hypomnemata«) zusammen; die in diesen enthaltene Gelehrsamkeit wurde seit der römischen Kaiserzeit in Auswahl weiter tradiert und schließlich seit der Spätantike weiter verkürzt in der Form von Einzelerklärungen rings um den Text geschrieben; überwiegend in dieser Form sind antike Texterklärungen (Scholien) auf uns gekommen.
 
In der Tradition hellenistischer Gelehrsamkeit steht im 2. Jahrhundert v. Chr. Dionysios Thrax; er verfasste das erste Grammatiklehrbuch. Platon, Aristoteles und vor allem die Stoiker in ihrer Lehre von der Dialektik (der Methode kritischen, logisch konsequenten Denkens) hatten schon nach den Teilen des Satzes gefragt. Dionysios Thrax baute seine Lehre von den Lauten, beginnend mit Silben und Wörtern, bis hin zu den Satzteilen auf und nahm dabei das in der Regel bei Dichtern und Prosaschriftstellern Gesagte als Norm; eine Syntax bot er nicht, wohl weil er die Fügung der Wörter, Satzteile und Sätze als Gegenstand der Rhetorik betrachtete.
 
Am nächsten kommt der alexandrinischen die von den Herrschern von Pergamon später als rivalisierendes Unternehmen gegründete, von Eumenes II. um 200 v. Chr. besonders geförderte Bibliothek mit ihren 200 000 Buchrollen. Der Wetteifer der beiden Bibliotheken um noch nicht erfasste Texte war groß und rief auch Fälschungen auf den Plan. Wie die alexandrinische stand auch die pergamenische Bibliothek ganz nahe am Königspalast; auch hier fanden sich bekannte Gelehrte verschiedener Wissenschaftszweige zusammen, allerdings waren sie nicht eng zusammengeschlossen wie ihre Kollegen in Alexandria, der Zugang zur Bibliothek war freier. Auch hier bemühte man sich um die Erfassung der Literatur und die Herstellung verbindlicher Texte, doch wich man in der Methode von den Alexandrinern ab. Diese waren von aristotelischen Ansätzen bestimmt, und für sie galt als Kriterium der Echtheit einer Textstelle der Beleg durch Parallelstellen, die Analogie. Dagegen herrschten in Pergamon stoische Ansichten vor, wie sie dort Krates Mallotes vertrat. Die Stoiker sahen vor allem in homerischen Texten verborgenes philosophisches, auch naturwissenschaftliches Wissen, das sie mithilfe ihrer die Texte gleichnishaft auslegenden Methode herausarbeiteten. Deshalb waren sie auch an ungewöhnlichen Textinhalten interessiert und ließen sie unter dem Gesichtspunkt der »anomalia«, »Unebenheit«, gelten.
 
Zum Glück wurden die in den Bibliotheken erarbeiteten Textausgaben und gelehrten Erklärungen, wenn auch nur in Auswahl, durch Abschriften weiter verbreitet und so zum Teil erhalten; denn die großen Bibliotheken, nicht nur die von Alexandria und Pergamon, wurden gerade wegen ihrer Nähe zu Herrschersitzen bei Kämpfen in der römischen Kaiserzeit völlig zerstört. Seit Kaiser Konstantin I.(4. Jahrhundert n. Chr.) gab es jedoch in Konstantinopel eine klassische und eine Patriarchats-Bibliothek, wo man in byzantinischer Zeit das antike literarische Erbe zu retten versuchte. Daneben wurden immer stärker die christlichen Klöster zum Hort der literarischen Tradition der Antike.
 
Prof. Dr. Hans Armin Gärtner und Dr. Helga Gärtner
 
Literatur:
 
Dihle, Albrecht: Die griechische und lateinische Literatur der Kaiserzeit von Augustus bis Justinian. München 1989.


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