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ARBEIT: DIE ARBEITSWELT VON MORGEN

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Arbeit: Die Arbeitswelt von morgen
 
Wie aber werden die Arbeitsverhältnisse der Zukunft in den Industrienationen aussehen? Ausgehend von heute absehbaren Trends eröffnen sich folgende Perspektiven: Hauptmotor der Entwicklung bleiben die elektronischen Informations- und Kommunikationstechnologien. Dabei wird insbesondere die Vernetzung auf allen Ebenen der Produktion, der Dienstleistungen und der gesamten Gesellschaft eine Dynamik entwickeln, die einschneidende Veränderungen bei Arbeitsinhalten, Arbeitsabläufen und sozialen Strukturen mit sich bringen wird.
 
Nachdem in den zurückliegenden Jahrzehnten vor allem der Produktionsbereich großen Rationalisierungsschüben unterlag, stehen nun vergleichbare Veränderungen im Dienstleistungssektor an. Eine wachsende Bedeutung haben außerdem alle Arbeitsbereiche, die sich mit Entscheidungen, Entwicklungen und Planungen, mit Wissenschaft und Bildung sowie mit sozialen Tätigkeiten befassen.
 
 Aufbruch in die Wissensgesellschaft
 
Berufe wie Sattler, Hufschmied oder Bürstenbinder, wo sind sie geblieben? Die industrielle Revolution hat sie hinweggefegt.Die heutige Arbeitswelt unterliegt einem ähnlichen Wandel. Zwar sind Prognosen zu einzelnen Berufsbildern mit großer Unsicherheit behaftet, doch lassen sich generelle Entwicklungstendenzen erkennen, die zu einem umfassenden Wandel der Beschäftigtenstruktur führen. Im Auftrag des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit ermittelte die Baseler Prognos AG die Perspektiven für verschiedene Tätigkeitsprofile bis ins Jahr 2010. Die Wirtschaftsforscher sagen voraus, dass Hilfstätigkeiten in fast allen Bereichen zurückgehen, sowohl in der Herstellung als auch im Büro, im Lager- und Transportwesen. Gefragt werden dagegen Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten sein sowie Organisation und Management, Beratung und Betreuung. Auch Publizisten und Künstler sollen zu den Gewinnern gehören.
 
Entscheidende Veränderungen zeichnen sich auch auf makroökonomischer Ebene ab. Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler unterscheiden hier zwischen mehreren Sektoren, deren relative Anteile das Wesen einer Gesellschaft charakterisieren: Während Agrargesellschaften vom primären Sektor bestimmt werden, der Land- und Forstwirtschaft umfasst, ist für Industriegesellschaften das verarbeitende Gewerbe, der sekundäre Sektor, maßgebend. In Dienstleistungsgesellschaften dominieren Handel, Transport, Kommunikation und Dienstleistungen im weitesten Sinne. Dieser tertiäre Sektor wies in der Bundesrepublik zwischen 1976 und 1994 einen Zuwachs von 3,7 Millionen Beschäftigten auf; in der Produktion hingegen gingen im gleichen Zeitraum etwa 900000 Arbeitsplätze verloren.
 
Im Dienstleistungsbereich gewinnt eine weitere Unterscheidung an Gewicht. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung geht davon aus, dass für primäre Dienstleistungen, die der Produktion vor- und nachgelagert sind, zum Beispiel Büro- oder Verkaufstätigkeiten, die Beschäftigtenzahlen stagnieren. Dagegen wird für sekundäre Dienstleistungen, wie Forschung und Entwicklung, Management, Beratung und Information sowie Ausbildung, ein Plus von 1,6 Millionen Arbeitsplätzen erwartet. Nicht der Dienstleistungssektor als Ganzes steht damit auf der Gewinnerseite, sondern Tätigkeiten, die eine hohe Qualifikation, Kreativität, planerische Fähigkeiten und soziale Kompetenz erfordern. Wirtschaftswissenschaftler, wie der Nürtinger Volkswirtschaftler Gerhard Willke, sprechen daher schon von einem quartären Sektor, der die Gesellschaft der Zukunft, die Wissensgesellschaft, kennzeichnen wird. Hoch qualifizierte Tätigkeiten gewinnen also in Zukunft an Bedeutung, während Automaten immer mehr Hilfsarbeiten verrichten oder diese durch elektronisches Vernetzen überflüssig machen.
 
 Workflow: Datenfluss im Produktionsbereich
 
Ein Fünftel aller Arbeitsplätze verschwand in der Automobilindustrie allein von 1990 bis 1995. Den Prognosen zufolge gehen zwar Tätigkeiten im Produktionsbereich weiter zurück, die große Automatisierungswelle hat dieser Bereich jedoch hinter sich. Roboter, numerisch gesteuerte Werkzeugmaschinen und computergesteuerte Walzwerke sind heute in den Betrieben selbstverständlich.
 
Neue Rationalisierungsschübe sind allenfalls von der Sensortechnik zu erwarten, die zunehmend zum Einsatz kommt. In Kombination mit hoch leistungsfähigen Rechnern könnten optoelektronische oder Kraft messende Sensoren, Temperatur- und Entfernungsmesser dazu beitragen, dass weitere Arbeitsgänge automatisiert werden.
 
Wichtiger ist jedoch die anstehende Vernetzung und die Integration verschiedener Schritte der produktiven Prozesskette, wie das Beispiel der Getriebeentwicklung in einer Autofabrik demonstriert: Das Aluminiumgehäuse des Getriebes zeichnen die Ingenieure des Betriebs längst nicht mehr am Reißbrett, sondern mithilfe von CAD-Programmen, die eine dreidimensionale Darstellung am Bildschirm ermöglichen.
 
Die so erstellten Daten sind die Grundlage, nach der ein Formenbauer nun eine Gießform aus Stahl bauen muss. Die fertige Form geht in die Gießerei, wo zunächst Musterteile gegossen und mittels einer digitalen Messmaschine vermessen werden. Stimmen Ist- und Sollwerte überein, kann das Getriebegehäuse in Serie gehen. Nach diesem grundsätzlichen Verfahren wird nicht nur die Mehrheit aller Autoteile hergestellt, auch im täglichen Leben begegnen wir ständig Gegenständen, die eine solche Verfahrenskette durchlaufen haben: von der Zahnbürste über den Legobaustein bis zum Gehäuse eines Monitors oder eines Staubsaugers.
 
Noch muss innerhalb solcher Prozessketten für ein und dasselbe Produkt in jedem Arbeitsschritt ein neues Datenmodell erstellt werden — bei der Konstruktion, beim Werkzeugbau, bei der Programmierung der CNC-Maschinen, bei der Vermessung des Musterteils. Doch die Softwareentwicklung der letzten Jahre ermöglicht es, diese verschiedenen Schritte zu vernetzen und zu integrieren. Daten lassen sich dann von einem Anwenderprogramm zum nächsten übernehmen, wodurch viele aufwendige Zwischenschritte entfallen. Mit Beginn des neuen Jahrhunderts werden zum Beispiel CAD-Programme auf den Markt kommen, die in der Lage sind, auf der Grundlage der CAD-Daten eines Werkstücks ohne großen Aufwand Fräsprogramme für die Maschine zu generieren. Die Festigkeit und andere Merkmale von Bauteilen berechnen Ingenieure und Techniker schon heute am Bildschirm. Bald können sie diese Daten für alle weiteren Produktionsschritte verfügbar machen.
 
Diese Durchgängigkeit von Informationen, auch Workflow genannt, bewirkt entscheidende Änderungen in den Arbeitsinhalten und in der Arbeitsorganisation. Auf allen Ebenen entfallen Routinearbeiten des Programmierens. Die Arbeitsanteile mit kreativen, abstrahierenden, vorausschauenden und planerischen Aufgaben steigen. Die Arbeit der Ingenieure und Konstrukteure gewinnt an Bedeutung, da sie bereits viele nachfolgende Prozesse anstoßen und beeinflussen. Viele Routinetätigkeiten fallen weg und die Arbeit verdichtet sich; die Arbeitsteilung geht in Umkehrung der typisch industriellen »tayloristischen Fließbandtätigkeiten« ebenfalls zurück. Der einzelne Mitarbeiter erzielt eine höhere Produktivität.
 
Natürlich muss die Kontur des Getriebegehäuses weiterhin in den Stahl der Gießform gefräst werden, und auch der eigentliche Gießprozess wird durch den Datenfluss nicht hinfällig. Ebenso wie Menschen immer Nahrungsmittel aus der Landwirtschaft benötigen, müssen reale, physisch vorhandene Gegenstände wie Autos, Zahnbürsten und Fernsehgeräte hergestellt werden. Im Vergleich zur Produktion im engeren Sinne, in der man immer weniger Menschen braucht, erhalten aber Entwicklung, Konstruktion und Arbeitsvorbereitung ein immer größeres Gewicht in der Wertschöpfungskette. »Moderne Informationsverarbeitung erlaubt nicht nur die deutliche Vereinfachung von Aufgaben, sondern auch die Kombination bisher verteilter Funktionen an einem Arbeitsplatz. Damit werden die Abläufe beschleunigt und gleichermaßen rationalisiert«, so fasst der Würzburger Betriebswirtschaftler und Wirtschaftsinformatiker Rainer Thome die wichtigste Entwicklungslinie zukünftiger Produktionstätigkeiten zusammen.
 
 Aufwertung der Arbeit durch vernetzte Dienstleistungen
 
Vernetzung und Integration verändern nicht nur die Produktion an sich, sie bilden in den nächsten Jahren auch den Innovationsschwerpunkt organisatorischer und betriebswirtschaftlicher Prozesse. Ein wahrer Quantensprung in der Softwareentwicklung erlaubt nun, die über- und innerbetrieblichen Inseln des Rechnereinsatzes zu vernetzen. Verschiedene Anwenderprogramme greifen auf denselben Datenbestand zu und ermöglichen so ein abteilungsübergreifendes betriebliches Intranet.
 
Würzburger Wissenschaftler um Thome untersuchten, wie sich eine integrierte betriebswirtschaftliche Anwendersoftware auf produktbezogene Dienstleistungen auswirkt und kamen unter anderem zu dem Schluss, dass Sachbearbeitertätigkeiten um 40 bis 60 Prozent zurückgehen könnten. Wie solche Einspareffekte zustande kommen, veranschaulicht ein weiteres Beispiel aus der Automobilindustrie. Dort haben Verkäufer heute vor allem die Aufgabe, den Kunden zu beraten und dessen Wünsche an das Werk weiterzuleiten. Künftig können sie zudem am Computer prüfen, welche Modelle, Kapazitäten und Materialien zur Verfügung stehen, sodass dem Kunden ohne Rückfragen ein Liefertermin zu nennen ist. Der Verkäufer wächst über die Rolle des Händlers hinaus und setzt mit der Auftragsannahme eine Folge komplexer Prozesse in Gang: Der Computer leitet daraus Daten für die Materialbeschaffung ab; im Einkauf werden entsprechende Bestellungen angestoßen und Daten für die Kapazitäts- und Produktionsplanung weitergeleitet. Die Auftragsabwicklung endet schließlich in der Rechnungsstellung und Fakturierung. Es ist leicht vorstellbar, welche Konsequenzen dies für den gesamten Steuerungs- und Verwaltungsapparat der Unternehmen hat. So entfallen beispielsweise im Bestellwesen einfache Tätigkeiten wie das Schreiben von Bestellungen, die Aufgabe der Einkäufer ändert sich. Geschickte Preisverhandlungen, die Vereinbarung solider Rahmenverträge und die Pflege der Beziehungen zu guten Lieferanten zählen zu den Fertigkeiten, die nun gefragt sind.
 
Auch in unternehmensbezogenen Dienstleistungen wächst demnach der Anteil höher und hoch qualifizierter Stellen, während einfache Tätigkeiten immer mehr wegfallen. In produzierenden Unternehmen erfahren insbesondere die Bereiche Planung und Steuerung, Marketing und Betrieb und — je nach Branche — in großem Umfang auch Forschung und Entwicklung eine Aufwertung. Es findet eine Verschiebung von der operativen Ebene auf die dispositive, arbeitsvorbereitende und »verändernde« Ebene statt. Die zunehmende Bedeutung der Bereiche Marketing und Verkauf wird noch durch eine weitere Entwicklung, nämlich die Individualisierung der Produktpalette, forciert. Nachdem Massenproduktion lange Zeit synonym war mit normierten Größen und Erzeugnissen von der Stange, gibt es nun eine Variantenvielfalt industrieller Erzeugnisse, die persönlichen Wünschen immer weniger Grenzen setzt. Hier ist die Automobilindustrie ebenfalls ein Paradebeispiel. Die EDV-gesteuerte Fertigung ermöglicht es, in einer einzigen Produktionslinie das gleiche Modell mit Benzinmotor oder Diesel, mit Gangschaltung oder Automatikgetriebe zu produzieren. Damit verlagert sich auch die Nachfrage immer mehr zu hoch differenzierten Produkten.
 
 Produkte nach Maß statt von der Stange
 
Dieser Trend lässt sich ebenso in anderen Branchen beobachten. So bietet ein amerikanischer Jeanshersteller seinen Kunden bereits an, innerhalb weniger Stunden und Tage Jeans nach Maß anfertigen zu lassen. In der Textilindustrie wäre es durchaus denkbar, dass keine Konfektion mehr von der Stange angeboten wird, sondern lediglich Puppen, die Stoffmuster und Ausstellungskleidung präsentieren. Eine Verkäuferin zum Beispiel würde die Maße des Kunden nehmen und am PC eingeben. Der Rechner erstellt daraus einen »elektronischen Dummy«, an dem sich nun die Anproben durchführen lassen. Am Ende bekommt der Kunde das fertig genähte Kleidungsstück frei Haus geliefert. Damit ändert sich das Berufsbild der Verkäuferin grundlegend. Sie muss zunehmend als hoch qualifizierte Outfitberaterin agieren und sich Kenntnisse über Stoffeigenschaften sowie Stilkunde aneignen. Außerdem sollte sie in der Lage sein, den jeweiligen Kunden einem Farbtyp zuzuordnen, ihn in seiner Farbwahl zu beraten und schließlich mit »schwierigen« Kunden gut umgehen können. Kundenorientierung ist schon heute das große Schlagwort, das sich zunehmend als Wettbewerbsvorteil erweist.
 
 Kreativität und die Grenzen des Computers
 
Nicht nur die Produktion und der Dienstleistungssektor wandeln sich, die zunehmende »Digitalisierung« erfasst auch die Arbeitsorganisation und die Betriebsführung. Fasziniert von den Möglichkeiten des Computers, hatten Informatiker und Wirtschaftswissenschaftler bereits zu Beginn der 1980er-Jahre die Vision einer rechnergesteuerten Produktion und Betriebsführung entwickelt. Computer-integrated Manufacturing, kurz CIM, sollte die »menschenleere Fabrik« erschaffen — ein Gedanke, der nicht nur Begeisterung auslöste.
 
Entsprechende Projekte scheiterten nicht selten oder sie blieben Insellösungen. Der Versuch, den Betrieben ein komplettes Computerabbild der realen Produktionsabläufe und Prozessketten überzustülpen, war gescheitert. Man hatte nicht bedacht, dass die komplexen Produktionsprozesse der heutigen Zeit auch chaotische Elemente in sich tragen und niemals vollständig voraussehbar, berechenbar und planbar sind. Selbst gute Produktionsplanungssysteme, die sich in der Massenproduktion bewährt haben, sind mit einer Einzelfertigung, beispielsweise im Sondermaschinenbau, überfordert. Auch die Rolle menschlicher Fähigkeiten, wie Kreativität und Spontaneität, Erfahrung und Intuition, Flexibilität, Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit, wurde sträflich vernachlässigt. Diese Eigenschaften konnte der linear arbeitende Computer nicht nachahmen.
 
Aus den Fehlern der Vergangenheit haben die Ingenieure gelernt: Vernetzung findet heute von unten nach oben statt. Sie schafft Durchgängigkeit von Informationen und Daten dort, wo arbeitseinsparende Effekte erreicht werden. Alles, was planbar und vorhersehbar ist, übernehmen Computer. Zugleich hat der Mensch die Möglichkeit, in die Prozesse entscheidend und lenkend einzugreifen und seine spezifisch menschlichen Stärken einzubringen. Ihm bleibt als Aufgabe all das, was nicht planbar und vorhersehbar ist. Die chaotischen, kreativen und kooperativen Elemente rücken ins Zentrum seiner Aufmerksamkeit. Dies erfordert Mitarbeiter, deren Stärken nicht mehr in Routinetätigkeiten, sondern im gestalterischen und planerischen Bereich liegen. Durch die breiten Einsatzmöglichkeiten, die moderne Informations- und Kommunikationstechnologien bieten, müssen die Beschäftigten außerdem zunehmend mit anderen Absprachen halten und kooperieren, auch über den eigentlichen Aufgabenbereich hinaus.
 
 Teamwork und Projektarbeit als Schlüssel zum Erfolg
 
Die neuen Anforderungen an die Mitarbeiter kollidierten bereits in den letzten 20 Jahren mit dem traditionellen Führungsstil der meisten Betriebe. Er war geprägt durch klar fixierte Aufgabenverteilung, rigide Abteilungsgrenzen, genaue Arbeitsplatzbeschreibungen, eine starre Autoritätsgliederung und reglementierte Abläufe. Mit solchen Strukturen lässt sich ein modernes Unternehmen jedoch nicht mehr führen. Der Arbeitswissenschaftler Hans-Jürgen Warnecke stellt in seinem Buch »Die Fraktale Fabrik« fest: »Die jetzt erreichte, schnelle, weltweite Information und Kommunikation lässt uns eine turbulente, komplexe Welt erkennen; ihre Dynamik stellt jede erworbene Position wieder in Frage. Damit sind auch unsere bisherigen Leitlinien für Unternehmensorganisation, Mitarbeiterführung oder Produktionsstrukturen neu zu überdenken.«
 
Eine erste Reaktion auf diese veränderten Bedingungen war, Gruppenarbeit in der Produktion einzuführen. Nicht mehr die Anweisung des Meisters an jeden einzelnen Mitarbeiter leitet den Arbeitsvorgang ein. Vielmehr bekommt eine Gruppe von Arbeitern eine Aufgabe gestellt, die sie in gegenseitiger Absprache gemeinsam zu erledigen hat. Der nächste Schritt in diese Richtung waren nach 1990 die Bemühungen um eine schlanke Produktion, flache Hierarchien und ein schlankes Management. Heutzutage gewinnt die Teamarbeit immer mehr an Bedeutung, was vor allem bei technisch orientierten Führungskräften und Mitarbeitern die Fortentwicklung sozialer Kompetenzen und die Fähigkeit zur Kommunikation erforderlich macht.
 
Durch das Prinzip des Workflows, also der Durchgängigkeit von Daten und Prozessen, steht im Zentrum des Handelns nicht mehr der einzelne Arbeitsgang, sondern das zu erledigende Projekt. »Fallorientiert« bilden alle Beteiligten eines Auftrags ein Team, vom Vertriebsverantwortlichen über die Ingenieure, den Arbeitsvorbereiter, den Einkäufer von Komponenten bis hin zu jenen Facharbeitern, die an diesem speziellen Auftrag arbeiten. Projektarbeit entwickelt sich in den Unternehmen zur vorherrschenden Organisationsform.
 
Für die Führungscrew eines Unternehmens heißt dies, dass der Erfolg des Betriebs nicht mehr allein von möglichst billigen Produktions- und Verteilungswegen abhängt, sondern auch von der möglichst effektiven Gesamtsteuerung des Apparats. Es bedeutet auch, dass Mitarbeiter, denen ein hohes Maß an Eigenständigkeit bei der Erarbeitung von Problemlösungen abverlangt wird, nicht mehr mit althergebrachten patriarchalen Führungsmethoden anzuleiten und zu motivieren sind. Die Diskussion um typisch weibliche Qualitäten in Führungspositionen zeigt, in welche Richtung es geht.
 
 Wandel per Internet: Dienstleistungssektor im Umbruch
 
Auch im eigentlichen Dienstleistungssektor, bei Banken, Handel und Versicherungen und Teilen des öffentlichen Dienstes, sind die bislang geschilderten Prozesse wirksam. Hier spart die Durchgängigkeit von Daten ebenfalls Arbeitsgänge ein und erhöht die Produktivität des einzelnen Mitarbeiters. Dem Dienstleistungssektor steht jedoch ein weiterer dramatischer Umbruch bevor. Noch Anfang der 90er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts prophezeiten Politiker und Wirtschaftswissenschaftler der Dienstleistungsgesellschaft eine große Zukunft, und die Entwicklung der Beschäftigtenzahlen gab dieser These recht.
 
Doch mit Beginn des 21. Jahrhunderts zeichnet sich ab, dass diesem Volkswirtschaftssektor ein gigantischer Rationalisierungs- und Umstrukturierungsprozess bevorsteht, der vor allem durch die weltweiten Vernetzungsmöglichkeiten des Internets und ähnlicher Strukturen getragen wird. Mit Sicherheit kommt es in den nächsten Jahren zu einer mehr oder weniger massenhaften Vernichtung von Arbeitsplätzen, hauptsächlich im Bereich von Banken und Handel. Am Beispiel des Homebanking analysierten Würzburger Wissenschaftler das Rationalisierungspotenzial und kamen zu dem Schluss, dass die vom heimischen Computer über Onlinedienste oder Internet gesteuerten Transaktionen innerhalb von zehn Jahren das übliche Verfahren des Geldtransfers sein werden. Die Kosten pro Buchungsvorgang betragen dabei etwa ein Zehntel dessen, was bei der Abwicklung über eine Filiale anfallen würde. Durch Geldkarten und flächendeckende Auflademöglichkeiten werden auch die Geldautomaten in den Vorräumen der Filialen überflüssig.
 
Zukünftig sind Heimcomputer mit einem Lesegerät für Karten ausgestattet, sodass der Kunde alle gewöhnlichen Bankgeschäfte einschließlich dem Laden der Karte von zu Hause aus ohne irgendeinen Bankangestellten abwickeln kann. Auch Shopping übers Internet funktioniert auf diese Weise. Viele Filialen sind jetzt schon in ihrer Existenz bedroht oder müssen sogar schließen. Die Gewerkschaften befürchten, dass etwa 20 Prozent der Arbeitsplätze im Bankbereich in den kommenden Jahren verloren gehen.
 
Ähnlich sieht es im Handel aus. Der E-Commerce, der elektronische Handel übers Internet, wird als Megatrend der kommenden Jahre bezeichnet. Das Marktpotenzial des elektronischen Geschäftsverkehrs via Internet beziffern Wirtschaftsexperten auf weltweit über 250 Milliarden Euro im Jahr 2001. So bietet das Handwerk zunehmend Onlineproduktkataloge mit Bestellsystem an, und die großen Versandhäuser offerieren elektronische Kataloge, teilweise mit animierter Präsentation der Waren.
 
Große Probleme kommen auf den Bucheinzelhandel, den Musikalienhandel und die Reisebüros zu. Schon heute bietet der Einkauf über das Internet wesentliche Vorteile gegenüber dem herkömmlichen Ladengeschäft: Wie in einer Bibliothek können Kunden Bücher nach Schlagwörtern suchen sowie Inhaltsangaben, Klappentexte und Rezensionen abrufen. CDs lassen sich kurz anspielen, sofern der heimische PC über eine Soundkarte verfügt. Die Ware kommt nach Bestellung frei Haus. Das Reisebüro im Internet kann schließlich durch Video-Einspielungen dem Urlaubswilligen zeigen, was ihn am Zielort erwartet.
 
Ein großes Sterben des Einzelhandels ist vorhersehbar. Klassische Ladengeschäfte können nur überleben, wenn sie in der Lage sind, eine hoch qualifizierte Beratung anzubieten. Auch hier wird die Fähigkeit ausschlaggebend sein, sich auf Kundenbedürfnisse und -wünsche einzustellen. Kundenorientierte Arbeit wird zum Muss.
 
 Telearbeit schafft neue Beschäftigungsformen
 
Die Zeit der Stechkarten geht zu Ende, denn prinzipiell wird nun das Entkoppeln von Betrieb und Arbeitsplatz möglich. Das Maschinenzeitalter konzentrierte die Menschen an zentralen Orten, an denen Fabrikhallen, Maschinen und Anlagen zur Verfügung standen. Heute sind leistungsfähige Datennetze die einzige Voraussetzung für viele Tätigkeiten, besonders im Bereich der Organisation und Informationsverarbeitung. Dies ermöglicht beispielsweise Videokonferenzen über den gesamten Erdball. »Virtuelle Teams« sind denkbar, in denen Fachleute aus der ganzen Welt an einem gemeinsamen Projekt arbeiten. Wirtschaftsexperten sagen der Telearbeit, mobilen Arbeitsplätzen und Satellitenbüros eine große Zukunft voraus. In den USA sind es bereits neun Millionen Menschen, die ganz zu Hause arbeiten und weitere zehn Millionen, die zeitweise im Büro, daheim oder mobil tätig sind. Für Deutschland schätzt die EU-Kommission das Potenzial der Telearbeit auf 800000 Arbeitsplätze. Vorteile sind hierbei, dass den Beschäftigten zum einen eine gewisse Zeitsouveränität zuteil wird und dass sie zum anderen lange Anfahrtswege vermeiden können. Vor allem Frauen sehen Telearbeit als Chance, Beruf und Familie zu vereinbaren.
 
Dem steht jedoch die Gefahr gegenüber, in soziale Isolation zu geraten, nicht mehr am Leben und den Entscheidungen im Unternehmen beteiligt zu werden. Die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen ist nicht immer garantiert, die Aufstiegsmöglichkeiten sind in der Regel schlechter, und eine soziale Absicherung fehlt. Telearbeit fördert auch die Tendenz des Outsourcings, also die Übergabe von Firmenbereichen, die nicht zum Kernbereich gehören, an spezialisierte Dienstleistungsunternehmen. So können Subunternehmen entstehen, die beispielsweise für mehrere andere Firmen Büromaterial zu möglichst günstigen Bedingungen beschaffen — eine Aufgabe, die heute noch in der Regel die Mitarbeiter selbst erledigen.
 
Diese Möglichkeiten der räumlichen Entkopplung verleihen auch dem Globalisierungsprozess eine neue Qualität. Dienstleistungen werden vermehrt in Billiglohnländer verlegt. Ein großes deutsches Personen- und Gütertransportunternehmen lässt heute schon Abrechnungen und Systemprogrammierungen in Indien vornehmen. Produzierende Betriebe eröffnen vermehrt Zweigwerke in der Nähe ihrer Absatzmärkte, die über das hauseigene Intranet an die Mutterbetriebe angebunden sind und so kontrolliert werden. Damit verändern sich nicht zuletzt die Anforderungen an die Beschäftigten. Im globalen Unternehmen der Zukunft sind Mitarbeiter und Manager gefragt, die in hohem Maße mobil, mehrsprachig und interkulturell einsetzbar sind. Auslandserfahrungen werden zu einem Muss für alle mittleren und höheren Führungspositionen.
 
 Neue Arbeitsplätze bei Bildung und Medien
 
Alle geschilderten Entwicklungen wirken rationalisierend — sie kosten Arbeitsplätze. Doch es gibt Bereiche, in denen neue Berufe entstehen und bestehende Tätigkeiten quantitativ und qualitativ an Bedeutung gewinnen. Dies sind in erster Linie Arbeitsplätze, die durch die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien aus der Taufe gehoben wurden und noch werden. So boomt die Nachfrage nach Multimediafachleuten. Den Prognosen zufolge sollen hier bis zu 210000 Menschen Arbeit finden.
 
Um Bildschirmoberflächen von CD-ROMs, Internetseiten und Onlinediensten grafisch zu gestalten, sind Screendesigner gesucht. Computeranimatoren können vermehrt für Film und Fernsehen, Videos und CD-ROMs Bildmaterial schaffen und bearbeiten. Ein riesiges Feld, das weitgehend noch unbestellt ist, bietet die Herstellung von Multimedia-Materialien für alle Bereiche des Bildungswesens und des Lernens. Auch die Informationsbeschaffung entwickelt sich angesichts der Datenflut zu einer wichtigen Dienstleistung. Ein Infobroker oder Onlinerechercheur etwa fischt zu bestimmten Themen die wichtigsten Fakten aus Datenbanken und dem Internet. Ausbildungsstätten und Hochschulen reagieren bereits auf den zukünftigen Bedarf und schaffen eine ganze Reihe von neuen Studiengängen und Abschlussmöglichkeiten.
 
Ein zweiter wachsender Bereich ist die Forschung und Entwicklung sowohl in Unternehmen als auch bei staatlichen oder staatlich geförderten Einrichtungen. So stiegen die Aufwendungen hierfür in der Automobilindustrie seit 1990 um zwei Drittel. Die Fraunhofergesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung erhöhte die Zahl ihrer Mitarbeiter zwischen 1985 und 1995 von rund 3000 auf über 8000. Auch den Entwicklern von Computerkomponenten und -programmen geht die Arbeit in absehbarer Zeit nicht aus.
 
Ebenso steigt der Bedarf an Arbeitskräften wegen der höheren Anforderungen an die Qualifikation der Beschäftigten im Bereich der Aus- und Weiterbildung. Nicht nur die klassischen Lehrer und Ausbilder sind gefragt. Teamarbeit in den Betrieben und die Forderung nach einem neuen Führungsstil verlangen auch Lehrende, die psychosoziale und kommunikative Fähigkeiten vermitteln.
 
Schließlich nimmt der Bedarf an sozialer und gesundheitlicher Betreuung zu. Das Gesundheitswesen zählt seit Jahren zu den Wirtschaftszweigen mit dem höchsten Beschäftigungsanstieg. Mehr als vier Millionen, also nahezu jeder neunte Erwerbstätige, sind heute schon in diesem Sektor tätig. Der medizinische Fortschritt und die immer älter werdende Bevölkerung setzen diesen Trend fort.
 
Die Verdichtung der Arbeit und die Zunahme von Stress und Hektik im beruflichen Alltag lässt die Menschen darüber hinaus nach einem Ausgleich suchen. So boomt die Fitness-, Wellness- und Freizeitbranche und lässt den Bedarf an Kosmetikerinnen, Masseuren und Sportlehrern steigen. In sozialen Dienstleistungen, wie Familienberatung, Kinderbetreuung oder Altenpflege, könnten künftig ebenfalls neue Arbeitsplätzen entstehen. 50000 zusätzliche Kindergärtnerinnen und 200000 Mitarbeiter in der Pflege wären durchaus zu beschäftigen. Allerdings hängen die Beschäftigtenzahlen in diesen Bereichen, die meist der Staat oder gemeinnützige Institutionen tragen, auch davon ab, ob man hier entsprechende finanzielle Mittel zur Verfügung stellt. Als Fazit bestätigt sich dennoch, dass neue Arbeitsplätze vor allem dort entstehen, wo ein großes Maß an Kreativität und sozialen Kompetenzen gefordert wird.
 
Birgit Hummler-Schaufler
 
Weiterführende Erläuterungen finden Sie auch unter:
 
Arbeit: Wertewandel und Bevölkerungsentwicklung prägen die Arbeitswelt
 
Grundlegende Informationen finden Sie unter:
 
Arbeiten in neuen Strukturen
 
Literatur:
 
Arbeit ohne Zukunft? Organisatorische Konsequenz der wirtschaftlichen Informationsverarbeitung, herausgegeben von Rainer Thome. München 1997.
 
Fabrik der Zukunft. Flexible Fertigung, neue Produktionskonzepte und gewerkschaftliche Gestaltung, herausgegeben von Siegfried Bleicher u. a. Hamburg 1988.
 
Für ein attraktives Deutschland in einem weltoffenen Europa. Weltweite Vernetzung, intakte Umwelt, wachsender Wohlstand, Arbeit für alle, bearbeitet von Ludolf von Wartenberg. Köln 21998.
 Giarini, Orio und Liedtke, Patrick M.: Wie wir arbeiten werden. Der neue Bericht an den Club of Rome. Aus dem Englischen. Taschenbuchausgabe München 1999.
 Warnecke, Hans-Jürgen: Die fraktale Fabrik. Revolution der Unternehmenskultur. Taschenbuchausgabe Reinbek 1996.
 Weidig, Inge u. a.: Arbeitslandschaft der Zukunft. Quantitative Projektion der Tätigkeiten. Nürnberg 1998.
 Willke, Gerhard: Die Zukunft unserer Arbeit. Frankfurt am Main u. a. 1999.


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