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DIALEKTISCHE THEOLOGIE: »ZWISCHEN DEN ZEITEN«

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dialektische Theologie: »Zwischen den Zeiten«
 
Das Erscheinungsbild der evangelischen Theologie im 19. Jahrhundert entsprach der »Signatur des Zeitalters«. So griff die spekulativ-liberale Theologie die Systementwürfe der idealistischen Philosophie auf, indem sie sich an der These Hegels orientierte: Die Wahrheit, die in der religiösen Vorstellung zum Ausdruck kommt, ist in der höheren Form des Begriffs enthalten, deren sich die Philosophie bedient. Deshalb bemühte man sich um eine Harmonie zwischen Philosophie und Christentum. Religionskritische Töne konnten dabei nicht ausbleiben. Die historisch-kritische Betrachtung wurde sowohl auf die biblischen Texte als auch die gesamte christliche Dogmengeschichte angewendet. Das Christentum wurde den geschichtlichen Religionen zugeordnet und allgemein der geistig-kulturellen Tradition des Abendlandes zugerechnet.
 
Demgegenüber berief sich die restaurativ-konservative Theologie auf das reformatorische Erbe. In ihr fanden auch die individuellen religiösen Erfahrungen der Erweckungsbewegung einen Platz.Biblisches Zeugnis, Bekenntnis des Glaubens und heilsgeschichtliches Denken bestimmten die theologischen Konzepte. Das Auseinanderdriften von wissenschaftlich reflektierter und orthodox-konfessionell geleiteter Theologie wollte die »Vermittlungstheologie« verhindern. Sie suchte nach einem Modell, das beides verbindet: den »eigentümlich christlichen Geist« und das moderne wissenschaftliche Bewusstsein. Die Konzentration auf den christlichen Offenbarungsglauben sollte mit den anstehenden kulturellen Gestaltungsaufgaben verknüpft werden.
 
Diese Einstellung fand ihren Niederschlag in der theologisch-kirchenpolitischen Richtung des »Kulturprotestantismus«. Überkommene Werte, die heranwachsende literarisch-künstlerische und wissenschaftliche Kultur, Fortschrittsoptimismus, nationale Selbstbehauptung wie kulturelles Selbstbewusstsein waren Momente dieser vielschichtigen Richtung. Der Erste Weltkrieg beendete diese Epoche der evangelischen Theologie und Kirche, deren Probleme ungelöst blieben und darum nachwirken sollten. Den Vertretern einer »Christlichen Welt« - so der Titel des zentralen Publikationsorgans des Kulturprotestantismus - schrieb 1920 der junge Pfarrer Friedrich Gogarten ins Stammbuch: »Heute sehen wir Eure Welt zu Grunde gehen. .. (es ist) die Stunde da,. .. wo das Vertrauen auf die Entwicklung und die Kultur den Todesstoß bekommt. .. Müssen wir nun nicht Gottes Wort hören können?. .. Wir stehen vor Gott«. Vor ihm werde alle »Religion« und »Theologie« zunichte. Die »Krise der Kultur« sei unheilbar. Gogarten wollte kein Programm, »wie man es besser machen könnte«; entscheidend war die Frage nach Gott. »Wir stehen zwischen den Zeiten«.
 
Die »Zeit« Gottes hatte der schweizerische Pfarrer Karl Barth im Sinn, als er auf der Tambacher Konferenz religiöser Sozialisten im September 1919 über das Thema »Der Christ in der Gesellschaft« sprach. Sein Anliegen war nicht ein sozial-religiöser Aktionismus, sondern die Bewegung Gottes zum Menschen. Der Epoche des Kulturprotestantismus und des theologischen Liberalismus stand das »Wort Gottes« entgegen. Das geforderte theologische Umdenken brachte Barth in seinem Kommentar zum »Römerbrief« in der zweiten Fassung von 1922 zur Sprache: Gottes schöpferischer Widerspruch, seine Menschwerdung in. Christus, sagte eine neue Zeit an, eine »neue Schöpfung«. In der Synthese der liberalen Theologie von Vernunft und Offenbarung, von Wissen und Glauben, Kultur und Christentum verherrlichte sich der Mensch. Er hob den Unterschied zwischen Gott und Welt auf und richtete sein Erkennen und Handeln auf die geistig-religiöse Daseinsbewältigung. Mit seiner gottlosen Selbstbehauptung verriet er die göttliche Offenbarung. Die Theologie sei auf dem falschen Weg, wenn sie ein Gottesbewusstsein des Menschen voraussetze und religiöse Erfahrung an die Stelle des Wortes Gottes rücke. Das entscheidende Wort über Tod und Leben des Menschen habe Gott selbst gesprochen. Diesem Selbstzeugnis habe die Theologie dialektisch nachzugehen: von der »These«, die Welt als Gottes Schöpfung, über die »Antithese«, Gottes Gericht über menschlichen Stolz und Selbstgerechtigkeit, zum »Triumph der Gnade«. Dem empfangenden Glauben erschließe sich Gott als der »ganz Andere«. Somit erwächst dieser Denkweg aus dem Hören auf Gottes Wort. Er führt nicht zu einer »Synthese«, wie es die Dialektik nahe legt, vielmehr zur aktuellen Verkündigung der Heilsbotschaft: An ihr findet alles Denken sein Maß, und aus ihr ergeben sich durch Analogieschluss auch die ethischen Kriterien für das Handeln.
 
Um Barth entstand eine Arbeitsgemeinschaft von gleich gesinnten jüngeren Theologen. Was sie verband, waren der Gegensatz zur liberalen und kulturprotestantischen Theologie sowie das Interesse an einer biblisch bestimmten Wort-Gottes-Theologie. Ihre Geistesverwandtschaft mit den philosophisch-theologischen Außenseitern des 19. Jahrhunderts, Søren Kierkegaard und Franz Overbeck, war ebenso spürbar wie ihre Nähe zur Kulturkritik der zeitgenössischen expressionistischen Dichtung und zum Protest der Jugendbewegung. Das Publikationsorgan der dialektischen Theologie war die Zeitschrift »Zwischen den Zeiten«. Sachliche Differenzen in grundsätzlichen theologischen Fragen ließen die Arbeitsgemeinschaft auseinander brechen. Gogarten wandte sich Martin Luther zu und bestand auf einer Auseinandersetzung mit der Geistesgeschichte und dem modernen Denken. In seinen Schriften über Gesellschaft und Staat klingen antiliberale Parolen nach. Rudolf Bultmann blieb bei der historisch-kritischen Methode und schlug den Weg einer »kerygmatischen« Theologie ein. Zur Auslegung des »Kerygmas«, des Inhalts der Verkündigung, bediente er sich, an die Existenzphilosophie anschließend, einer »existenzialen Interpretation«. Mit ihr wollte er die Verknüpfung des neutestamentlichen Zeugnisses mit dem damaligen mythischen Weltbild unterlaufen, so sein Programm der »Entmythologisierung« von 1941. Emil Brunner entwarf im Streit mit den zeitgenössischen Weltanschauungen eine »eristische« Theologie, die sich die Technik des Streitgesprächs in polemisch-apologetischer Absicht zunutze machte. Die Vernunft sollte in ihrer Wahrheitssuche durch die christliche Botschaft an ihr Ziel kommen.
 
Barth selbst entfaltete Anfang der Dreißigerjahre seine Einsichten zu einer breit angelegten, mehrbändigen »Kirchlichen Dogmatik«. Seine theologischen Anstöße wurden vielerorts in Europa und Nordamerika besonders in der ökumenischen Bewegung aufgegriffen. Einseitigkeit und Radikalität riefen freilich auch Kritik hervor. Während des Kirchenkampfes von 1933 bis 1945 erwiesen sich sein Aufruf zur kompromisslosen »Theologischen Existenz« und das Drängen auf theologische Entscheidungen, wie sie in der Barmer Theologischen Erklärung von 1934 gegen eine Anpassung des Evangeliums an den Nationalsozialismus gefordert wurden, als wesentliche Hilfe für die Bekennende Kirche. Nach dem Zweiten Weltkrieg blieb die Wort-Gottes-Theologie durch ihr im Kirchenkampf gewonnenes Ansehen zunächst weiterhin wirksam.
 
Prof. Dr. Dr. Erwin Fahlbusch
 
Literatur:
 
Geschichte des Christentums, Band 3: Krumwiede, Hans-Walter: Neuzeit. 17.—20. Jahrhundert. Stuttgart u. a. 21987.
 Lübbe, Hermann: Religion nach der Aufklärung. Graz u. a. 21990.


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