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BYZANTINISCHE LITERATUR: ROMANE UND HELDENLIEDER

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byzantinische Literatur: Romane und Heldenlieder
 
Der überwiegende Teil der byzantinischen Literatur ist in mehr oder weniger strengen Formen der Hochsprache geschrieben. Dieses Sprach- und Stilideal hat sich in den ersten nachchristlichen Jahrhunderten unter Rückgriff auf die große Zeit der altgriechischen Kultur im 5. und 4. Jahrhundert v. Chr. entwickelt und ist mit geringen Veränderungen bis zum Ende des Reiches und zum Teil sogar darüber hinaus verbindlich geblieben. Die sich parallel dazu aus der Gemeinsprache (Koine) entwickelnde Volkssprache wurde hingegen für lange Zeit in den meisten Bereichen der Literatur nicht verwendet. Ausnahmen davon bilden einige Heiligenviten und Chroniken sowie vereinzelte wörtliche Zitate aus Liedern oder Akklamationen - bei bestimmten zeremoniellen Anlässen zum Teil spontan verfasste Huldigungs- oder Schmähtexte. Erst in der Dichtung des 12. Jahrhunderts gab es zunächst einzelne Versuche, volkssprachliche Elemente in die Dichtersprache zu integrieren oder ganz in einer Sprache zu dichten, die der Volkssprache nahe stand, aber ein gewisses Maß an Stilisierung aufwies. Nur mit dieser Einschränkung ist es gerechtfertigt, bei diesen literarischen Erzeugnissen von »volkssprachlicher« Dichtung zu sprechen.
 
Im 12.Jahrhundert tauchte eine literarische Gattung wieder auf, die seit der ausgehenden Antike verschwunden war: der Roman. Roman bedeutet für die Antike und Byzanz Liebesroman. Ein füreinander bestimmtes Paar wird durch äußere Schicksale voneinander getrennt und findet erst nach mannigfachen Abenteuern und Anfechtungen am Ende zueinander. Auch in den 800 Jahren vor dem 12. Jahrhundert hatte es fiktionale erzählende Literatur gegeben: fantasievoll geschriebene Heiligenviten, hagiographische Romane. Im 12. Jahrhundert aber wurden nach dem Vorbild der antiken Romane neue Werke geschrieben. Vier dieser Romane sind uns erhalten: »Rhodanthe und Dosikles« desTheodoros Prodromos, »Drosilla und Chariklis« des Niketas Eugenianos, »Aristandros und Kallithea« des Konstantinos Manasses (nur teilweise erhalten) und »Hysmini und Hysminias« des Eustathios Makrembolites. Nur einer von ihnen ist wie die Romane der Antike in Prosa verfasst, die anderen in Versen. Sprachlich bewegen sich diese Romane noch in der Sphäre der Hochsprache.
 
Das ändert sich jedoch mit dem 14. Jahrhundert: Aus dieser Zeit sind fünf originäre Romane erhalten sowie Adaptionen westlicher, meist italienischer Vorbilder. Die Romane sind in einer Dichtersprache verfasst, die als »volkssprachlich« bezeichnet werden kann. In zunehmendem Maße findet sich diese Sprache seit dem 14. Jahrhundert auch in anderen Dichtungsgattungen, etwa in allegorischen und lehrhaften Gedichten, historischen Gedichten und Verschroniken.
 
Komplizierter liegen die Verhältnisse in der Differenzierung zwischen Hoch- und Volkssprache bei den Heldenliedern. Diese sind für uns fast nur noch in der Großform des zwischen den Gattungen Epos und Roman stehenden, in verschiedenen Versionen überlieferten Werkes »Digenis Akritis« greifbar, das wahrscheinlich um die Mitte des 12. Jahrhunderts entstanden ist. Das Werk schildert das abenteuerliche Leben des mit historischen und märchenhaften Zügen ausgestatten Helden dieses Namens, das stark geprägt ist durch die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Byzantinern und Arabern im 9. und 10. Jahrhundert. Offenbar gehen ihm einzelne epische Heldenlieder voraus, die allerdings nicht überliefert sind. Das einzige Lied dieser Art, dessen handschriftliche Überlieferung zwar nicht bis ins 12., so doch wenigstens bis ins 15. Jahrhundert zurückreicht, ist das »Armuris-Lied«, das in den historischen Raum des 9. Jahrhunderts gehört und möglicherweise auf die Eroberung der Festung Amorion 838 durch die Araber anspielt. Alle anderen Lieder mit vergleichbarer Thematik kennen wir nur aus mündlich überlieferten Versionen, die im 19. und im 20. Jahrhundert aufgezeichnet worden sind. Die verschiedenen Versionen des »Digenis Akritis«, die älteste Handschrift stammt aus dem 14. Jahrhundert, gehören auch verschiedenen Sprachebenen an. Ob die ursprüngliche Form in der Hoch- oder der Volkssprache oder aber in einer Mischsprache verfasst war, aus der dann die erhaltenen volkssprachlichen und hochsprachlichen Versionen hervorgegangen sind, ist ungeklärt.
 
Prof. Dr. Diether R. Reinsch
 
Literatur:
 
Beck, Hans-Georg: Geschichte der byzantinischen Volksliteratur. München 1971.
 Hunger, Herbert: Die hochsprachliche profane Literatur der Byzantiner. 2 Bände. München 1978.


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