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DÄNEMARK, NORWEGEN: NEUAUFBAU IM NORDEN

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Dänemark, Norwegen: Neuaufbau im Norden
 
In Dänemark kam es Anfang Mai 1945 zu einem Kompromiss zwischen den »alten« Politikern, die 1940 die Besetzung des Landes durch deutsche Truppen notgedrungen akzeptiert hatten, und den Vertretern der Widerstandsorganisationen, die 1943/44 zu einer starken Kraft geworden waren. Die Vertreter des Widerstands traten gleichberechtigt in eine Übergangsregierung ein, an der das ganze Spektrum der politischen Kräfte einschließlich der Kommunisten beteiligt war. Ministerpräsident wurde erneut der Sozialdemokrat Vilhelm Buhl, das Außenministerium übernahm mit John Christmas Møller ein Repräsentant des Widerstands. Nach der Kapitulation der deutschen Truppen am 4. Mai 1945 stellte die Übergangsregierung die rechtsstaatliche Ordnung wieder her und bemühte sich erfolgreich um die Anerkennung Dänemarks als alliierte Macht.
 
 Die Regierungen Kristensen und Hedtoft
 
Mit den Wahlen vom 30.Oktober 1945 verlor die Widerstandsbewegung jedoch an Einfluss. Ideologische und politische Differenzen innerhalb des Widerstands trugen dazu bei, dass sich die Wähler jetzt wieder stärker an den traditionellen Parteien orientierten. Die Sozialdemokraten verloren Stimmen an die Kommunisten. Die Regierung wurde daraufhin allein von den beiden liberalen Parteien gebildet, die zusammen über einen Parlamentssitz mehr verfügten als die Sozialdemokraten. Ministerpräsident wurde Knud Kristensen von der liberalen Venstre-Partei.
 
Als Kristensen zwei Jahre später seine Sympathien für eine Angliederung Südschleswigs mit seiner dänischen Minderheit erkennen ließ, entzogen ihm die Radikalen ihr Vertrauen. Neuwahlen im November 1947 brachten den Kommunisten erhebliche Verluste, die Sozialdemokraten holten wieder auf und konnten infolgedessen wieder an die Spitze der Regierung zurückkehren. Ministerpräsident Hans Hedtoft gelang es jedoch nicht, eine Koalition mit einer der beiden liberalen Parteien zustande zu bringen, und er regierte fortan mit einem sozialdemokratischen Minderheitskabinett.
 
In den erstenWochen nach der Kapitulation der Deutschen wurden 40000 Dänen wegen des Verdachts auf Kollaboration und der Beteiligung an Kriegsverbrechen verhaftet. Knapp zwei Drittel der Internierten wurden nach ersten Verhören wieder freigelassen, die anderen mussten sich in regulären Verfahren verantworten. Dabei wurden häufig wenig Belastete streng bestraft. An 46 Dänen wurden Todesurteile vollstreckt, 3000 erhielten Haftstrafen zwischen vier Jahren und lebenslänglich. Wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der Besatzungsmacht wurde nur wenig geahndet, und die Politiker, die während der deutschen Besatzung Verantwortung getragen hatten, wurden generell vom Vorwurf des Landesverrats freigesprochen.
 
Da die wirtschaftliche Ausbeutung durch die Deutschen lange nicht das Ausmaß erreicht hatte, das sie in Frankreich oder Norwegen angenommen hatte, konnten die Kriegsfolgen relativ zügig bewältigt werden. Die Industrieproduktion erreichte schon 1946 wieder die Vorkriegshöhe. Industrialisierung und Aufbau eines Sozialstaats wurden gleichmäßig gefördert und kamen seit dem Eintreffen der Hilfen aus dem Marshallplan 1948 auch deutlich voran. Dabei bremsten die bürgerlichen Parteien im Parlament allerdings den Reformeifer der sozialdemokratischen Minderheitsregierung. Außenpolitisch bestand bei den Dänen zunächst großes Interesse an einem Bündnis der skandinavischen Staaten. Nachdem sich Norwegen jedoch Anfang 1949 für eine Bindung an den Westen entschieden und Schweden ein bloßes Zweierbündnis mit Dänemark abgelehnt hatte, optierte auch die Regierung Hedtoft für eine Beteiligung an der Gründung des nordatlantischen Bündnisses. Sie wurde dabei von den bürgerlichen Oppositionsparteien unterstützt.
 
 Norwegen
 
In Norwegen gelang der Übergang von der deutschen Besatzung zur Nachkriegszeit wie in Dänemark ohne bewaffneten Kampf. Während Reichskommissar Josef Terboven und der prodeutsche Flügel der Nationalen Sammlung den Endkampf wollten, sah das Oberkommando der deutschen Wehrmacht das besetzte Land in den letzten Kriegswochen nur noch als mögliches Verhandlungsobjekt zur Vermeidung einer bedingungslosen Gesamtkapitulation an, die die Kapitulation gegenüber der Sowjetarmee einschloss. Das Kollaborationsregime unter Vidkun Quisling löste sich Ende April/Anfang Mai 1945 praktisch auf. Nach der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht am 8./9. Mai 1945 besetzten britische und exilnorwegische Truppen das Land; die deutschen Soldaten mussten sich in Internierungslager begeben. Am 7. Juni 1945 kehrte König Håkon VII. aus dem britischen Exil zurück. Zwei Wochen später wurde eine Übergangsregierung gebildet, in der alle bedeutenden Parteien vertreten waren, auch die Kommunisten. Ministerpräsident wurde Einar Gerhardsen, der Vorsitzende der Arbeiterpartei. In den Wahlen vom 8. Oktober 1945 errang die Arbeiterpartei die absolute Mehrheit der Mandate. Gerhardsen konnte jetzt eine Regierung ohne Koalitionspartner bilden. Bei der zweiten Nachkriegswahl im Oktober 1949 wurde sie eindrucksvoll bestätigt.
 
In den ersten Wochen nach der Befreiung wurden etwa 92000 Norweger verhaftet, die der Kollaboration verdächtigt wurden. Verfahren wurden dann aber nur gegen 49000 Personen eröffnet; sie blieben umstritten und führten zu manchen Ungerechtigkeiten. Quisling und 24 weitere besonders kompromittierte Kollaborateure wurden hingerichtet, 72 Handlanger der Besatzungsmacht zu lebenslanger Haft verurteilt. Knut Hamsun, der mit dem Prestige des Literatur-Nobelpreisträgers für die Quisling-Partei geworben hatte, kam mit einer hohen Geldstrafe davon. 1948 setzte ein Prozess schrittweiser Strafmilderung ein, die kategorische Ablehnung der Kollaborateure hielt jedoch weiter an.
 
Im Übrigen konzentrierte die Regierung Gerhardsen ihre Bemühungen auf den Aufbau des Wohlfahrtsstaats. Sie konnte dabei auf Planungen aus der Zeit vor dem Krieg zurückgreifen. Politiker, die im britischen Exil gewesen waren, brachten aber auch Vorstellungen der dortigen Labour Party in die Diskussion ein. Eine forcierte Industrialisierung des bislang noch weitgehend agrarisch geprägten Landes schuf gleichzeitig die Voraussetzungen für die Finanzierung der wirtschaftlichen Sicherheit. Außenpolitisch entsprach dem eine politisch-militärische Hinwendung zu Großbritannien, die 1948/49 in das gemeinsame Engagement im Rahmen der atlantischen Allianz mündete. Eine stärkere Zusammenarbeit der nordischen Länder, wie sie die schwedischen und dänischen Nachbarn wünschten, wurde zwar auch diskutiert, kam aber demgegenüber nicht zum Zuge.
 
Prof. Dr. Wilfried Loth
 
Literatur:
 
Srant, Paul: Die politischen Säuberungen in Westeuropa am Ende des Zweiten Weltkrieges. Aus dem Französischen. Oldenburg u. a. 1966.


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