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AFRIKANISCHE RELIGIONEN.

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afrikanische Religionen.
 
Im heutigen Afrika leben fremde und einheimische Religionen. Einige der fremden Religionen, wie Islam und Christentum, missionieren »heidnische« Afrikaner, andere, wie hinduistische Religionen oder der Sikhismus, suchen kaum Konvertiten. Missionare verzeichnen beachtliche Erfolge: viele Afrikaner sind Muslime oder Christen. Missionierende Religionen haben auch ungewollte Reaktionen verursacht: religiöse Proteste und Religionsmischung. Proteste gegen das Christentum und gegen die Weißen fielen häufig zusammen. Religionsmischung ist das Ergebnis afrikanischer Versuche, Christentum und Islam heimisch zu machen.
 
 Grundzüge
 
Afrikaner nennen traditionelle Religionen »Weg unserer Väter«, was bedeutet, dass ihr Glaube allein für die Nachfahren bestimmter Stammeseltern gilt, denen Sprache, Geschichte und Kultur gemeinsam sind. Solche Religionsgemeinschaften können ganze Völker sein oder lediglich Sippen.
 
»Die« afrikanischen Religionen kann es folglich nicht geben: Schon die Geographie bewirkt Unterschiede zwischen Stadt und Dorf, Gebirge und Flussdelta, Grasland und Regenwald; die Umwelt prägt die Lebensform, die wiederum mit Lebensart und Religion eng verzahnt bleibt.Auch längst Vergangenes mag bis heute wirksam sein: ehemalige Feinde oder Freunde als Nachbarn; aufgezwungene oder gewollte fremde Religiosität. Seher verkünden Neues, Reformatoren lenken zurück zum Echten und Alten. In Einzelheiten unterscheiden sich einheimische Religionen auf einer Skala von »ganz ähnlich« bis »ganz und gar anders«.
 
Es lassen sich charakteristische Merkmale finden, die so gut wie allen jenen Religionen gemeinsam sind:
 
1) Sie werden geprägt von religiösem Tun, von Weisung und Gesetz. Ein Bekenntnis zu bestimmten Glaubenssätzen spielt dagegen keine Rolle; es handelt sich um Religionen ohne Dogmatik. Darin gleichen sie außerafrikanische Religionen wie dem Hinduismus.
 
2) Ihre Lehre bleibt Priesterwissen, esoterische Theologie. Insofern gleichen sie den Mysterienreligionen anderer Kulturen. Afrikanische Priester haben bislang erst wenige Weiße der Einweihung in ihre Geheimnisse für würdig befunden. Was diese etwa von den Religionen der Dogon, Yoruba oder Zulu berichten, enthüllt eine religiöse Systematik, die an Komplexität außerafrikanischer Theologien nicht nachsteht.
 
3) Afrikaner sind anderen Religionen gegenüber tolerant; fremden Glauben sehen sie nur als anders an. Diese Haltung folgt aus ihrer Exklusivität: Zu ihrer Religion gehört, wer zum Stamm gehört. Konvertiten sind höchst selten; es gibt keine Mission. Insofern gleichen die afrikanischen Religionen Volksreligionen wie der chinesischen oder der japanischen.
 
4) In afrikanischen Kulturen hält man Religion nicht für eine Privatsache: Sie ist Angelegenheit der Gemeinschaft. Diese umschließt Lebende und Tote: Ahnen werden tief verehrt, sogar angebetet.
 
Die Ahnenkette verbindet die gegenwärtige Generation über den Gründer des Stammes mit dem Schöpfer. Ahnen stehen in Gottes Dienst, geben ihren Familien Leben und Kraft, schenken Kinder, gute Ernten und wachen über Sitte und Sittlichkeit der Lebenden, deren Verhalten sie belohnen oder bestrafen. Sie reden mit den Lebenden in Träumen und durch Visionen. Die Lebenden lieben und verehren ihre Ahnen; viele Afrikaner gedenken zuerst der Ahnen, bevor sie etwas essen oder trinken. Sie feiern Feste für sie und mit ihnen, sprechen zu ihnen, erstatten Bericht, nennen ihre Preisnamen, bitten um Segen.
 
5) Neben Sittenwächtern rechnen die Gläubigen auch mit Mächten, die europäischen Beobachter »Götter« nennen. Sie herrschen über bestimmte Bereiche wie Feldfrüchte, Tierarten, Krankheiten. Auch dingliche Machtträger sind wichtig. Weiße haben diese früher »Fetische« genannt; heute spricht man von »Medizin«; man könnte sie auch »Sakramentalien« nennen, geweihte Gegenstände, die Schutzbedürftiges konsekrieren. Schließlich verehren sie eine höchste Macht. Viele Afrikaner stellen sie sich nicht als Person vor, trotzdem reden Weiße von afrikanischen »Hochgöttern«.
 
Offen bleibt, ob die Trennung von »Ahnen« und »Göttern« auch für Afrikaner triftig ist. Zwar folgern die meisten, dass über unterschiedliche Funktionen unterschiedlicher Gruppen auch verschiedener Schutzmächte wachen: jeweils andere für Familien, Sippen, den Stamm oder die Menschheit. Doch erscheint z. B. die weibliche Personifikation der Erde oder die männliche des Eisens als »Stammesgott«, obschon kein Afrikaner meint, Erde und Eisen gingen nur den eigenen Stamm etwas an. Sogar der Schöpfer der Menschheit wird oft mit dem Urahn des Stammes gleichgesetzt.
 
Afrikanische Priester sehen, wie Machtvolles zusammenhängt, wie sich verschiedene außergewöhnliche Kräfte in alle Seinsbereiche hin verzweigen: von übermenschlichen Wesen zu bestimmten Menschen und weiter zu Exemplaren der Tier-, Pflanzen- und Mineralienwelt. Dieses Phänomen nannten Weiße, in Unkenntnis traditionell-afrikanischer Systematisierung, Animismus.
 
6) Geordnetes Tun, Sittlichkeit und Riten bilden eine Brücke zwischen Menschenwelt und Übermenschlichen. Die Gläubigen empfinden Ehrfurcht, die sie in Gebeten und Opfern zum Ausdruck bringen. Die Jenseitigen lenken die Irdischen zum Heil, indem sie durch Medien und Orakel oder in Träumen zu ihnen reden.
 
7) Heil und Unheil bleiben nicht verborgen und sind kein Mysterium, das erst im Jenseits offenbar wird. Darum richten Afrikaner ihr Interesse nicht auf Himmel und Hölle; Heil und Unheil sind hier, sichtbar, erfahrbar.
 
8) Diesseitig bleibt auch das Böse. Die Sünde wächst mit Gelüsten wie Geltungsdrang, Neid, Hab- oder Rachgier, befriedigt von Individualisten wider die Gemeinschaft. Meist dienen dabei Zauberei und Hexerei als Mittel.
 
 Neuere Entwicklung
 
Solange die alte Ordnung ungestört funktionieren konnte, herrschten traditionelle religiöse Werte unangefochten. Mit den Weißen kam die Unsicherheit. Die alte Ordnung bietet noch heute Gewissheit und Geborgenheit. Aber ihr treu bleiben heißt konservativ und im materiellen Sinn ärmlich bleiben. Die Orientierung an den Weißen hat negative Konsequenzen. Zwar bleibt das Wesen der Weißen oft unbegreiflich, doch sie haben Erfolg und Geld. Ihr Vorbild und ihre Schulen machen Afrikaner zu Individualisten. Eine Folge waren Landflucht, Großstadtelend, Abhängigkeit von Vorgesetzten aus fremden Stämmen oder von Weißen. Das Ergebnis sind Korruption, Angst und Misstrauen; denn gegenüber Fremden kann die eigene Stammesreligion nicht allzu viel ausrichten.
 
In solcher Lage bieten afrikanische Propheten Rettung, und dies im Allgemeinen nicht nur Stammesbrüdern; ihnen ist jedermann willkommen. Sie wollen christliche Propheten sein, werden jedoch von den meisten Missionaren nicht als christlich anerkannt.
 
Von der Bibel zieht Afrikaner besonders das Altes Testament an, weil vieles wie etwa Beschneidung, Vielehe und Sozialstruktur an afrikanische Traditionen erinnert. Dort fand man auch das Modell des Propheten. Afrikanische Propheten sind Männer oder Frauen, von Gott berufen und von ihm mit Macht ausgestattet, wie sie weiße Missionare offensichtlich nicht besitzen; die Propheten können durch Handauflegen oder mit geweihtem Wasser und Öl Kranke heilen, Angst fortnehmen, Richter, Prüfer und Vorgesetzte gewogen machen, Feindselige abschrecken. Es gibt viele tausend Propheten in allen Teilen Afrikas. Oft stehen sie frommen Gemeinden vor.
 
Religiöser Protest begann nach 1890: Damals verlangten schwarze Christen schwarze Kirchenobere anstelle der weißen. Als sie nichts erreichten, verbanden sie sich mit schwarzen Kirchenführern aus den USA und trennten sich von ihren weißen Missionaren. Ihre neuen Kirchen nannten sie »äthiopisch«, weil Äthiopien länger christlich war als Europa. Ein weiterer Höhepunkt war um 1940 erreicht, als afrikanische Nationalisten die Religion der Weißen ablehnten, den »Schwarzen Gott Afrikas« verehren und eigenen Idealen folgen wollten. Heute bemüht man sich um Afrikanisierung christlicher Gottesdienste und Gemeindeordnungen. Auch Christen helfen inzwischen mit, Traditionen ihrer »heidnischen« Väter als Folklore zu erhalten. Andere Afrikaner fordern von ihren afrikanischen Regierungen die gleichen öffentlich-rechtlichen Privilegien für ihre traditionellen Religionen, wie sie islamischen und christlichen Gemeinden seit jeher gewährt werden.
 
Literatur:
 
K. Schlosser: Propheten in Afrika (1949);
 
African ideas of god, hg. v. E. W. Smith (London 1950);
 E. Dammann: Die Religionen Afrikas (1963);
 B. G. M. Sundkler: Bantupropheten in Südafrika (a. d. Engl., 1964);
 
African systems of thought, hg. v. M. Fortes u. G. Dieterlen (London 1965);
 
Spirit mediumship and society in Africa, hg. v. J. Beatty u. J. Middleton (London 1969);
 L. P. Mair: Magie im Schwarzen Erdteil (a. d. Engl., 1969);
 
Les Religions africaines comme source de valeurs de civilisation, Colloque de Cotonou (Paris 1972);
 E. B. Idowu: African traditional religion (London 1973);
 J. S. Mbiti: A. R. u. Weltanschauung (a. d. Engl., 1974),
 J. S. Mbiti: Introduction to African religion (New York 1975);
 H.-J. Greschat: Westafrikan. Propheten (1974);
 P. E. Ofori: Black African traditional religions and philosophy. .. bibliographic survey (Nendeln 1975);
 H. W. Turner: Bibliography of new religious movements. .. (Boston, Mass., 1977);
 G. Chesi: Susanne Wenger. Ein Leben mit den Göttern (1980);
 I. Okpewho: Myth in Africa (Cambridge 1983);
 Vusamazulu Credo Mutwa: Indaba (a. d. Engl., 1983);
 J. W. Sempebwa: African traditional moral norms. .. (St. Augustin 1983).


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