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FANTASTISCHEN VIER, DIE: DIE DEUTSCHEN HIPHOPPIONIERE

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Fantastischen Vier, Die: Die deutschen Hip-Hop-Pioniere
 
Die Fantastischen Vier, Smudo, Dee Jot Hausmarke, And.Y und Thomas D, feierten 1999 ihr zehnjähriges Bestehen und konnten stolz auf eine Dekade zurückblicken, die sie — was den deutschsprachigen Raum angeht — musikalisch entscheidend mitgeprägt haben. Nachdem sie im Verbund mit Andreas Laskers »Bear Music Factory« mit ihrer ersten Erfolgssingle »Die da!?!« 1992 den Hip-Hop in deutscher Sprache salonfähig und zum Verkaufsschlager gemacht hatten, wurde das von ihnen entwickelte Konzept mit einer großen Anzahl neuer, mit den Erfindern konkurrierender Bands von der Musikindustrie umgesetzt und in klingende Münze verwandelt. Die Fantastischen Vier blieben dabei jedoch nicht als »One-Hit-Wonder« auf der Strecke, sondern entwickelten sich im Gegenteil beständig weiter. Als Personen des öffentlichen Lebens fest im Bewusstsein der deutschen Bevölkerung verhaftet, avancierten sie im Laufe der Jahre immer mehr zu den »grauen Eminenzen« des Genres. 1999 legten die Fantastischen Vier, die »Großväter« des deutschen Hip-Hop, mit »4:99« ein dementsprechend reifes Album vor.
 
 Hip-Hop auf Deutsch?
 
Mitte der Achtzigerjahre herrschte in Deutschland — zumal in ländlichen Gegenden — uneingeschränkt der amerikanische Mainstreamrock, der vom Musikvideosender MTV in die Haushalte transportiert wurde.Eine bahnbrechende musikalische Entwicklung, wie sie seit Anfang des Jahrzehnts New Yorker Künstler wie die Sugarhill Gang, Grandmaster Flash oder Melle Mel vorangetrieben hatten, wurde von weiten Bevölkerungsteilen in Deutschland nicht sonderlich ernst genommen, zumindest nicht als Anregung verstanden, in dieser Richtung selbst tätig zu werden. Eine Ausnahme bildeten vier junge Männer im Stuttgarter Raum, die — anfangs sogar unabhängig voneinander — begannen zu rappen, zu scratchen, zu mixen, sich als DJs zu versuchen und damit die Tradition der schwarzen Tanzmusik im eigenen »Ländle« fruchtbar zu machen. Smudo (Michael Bernd Schmidt; * 6. März 1968 in Offenbach) und Andy (Andreas Rieke; * 17. November 1967 in Stuttgart), zwei befreundete Computerspezialisten und Anhänger der Hip-Hop-Kultur, hatten sich — mit der Unterstützung von Thomas D. (Thomas Dürr; * 30. Dezember 1968 in Ditzingen) — bereits ab 1986 als »Terminal Team« engagiert. 1987 trafen die drei auf den Discjockey Dee Jot Hausmarke (Michael Beck; * 11. Dezember 1967 in Stuttgart), der damals noch unter dem Namen »Burger B.« Platten auflegte. Im Juli 1988 traten die vier jungen Hip-Hopper das erste Mal gemeinsam auf, und nachdem sie immer mehr eigenes Material in ihrer Muttersprache zusammengetragen hatten, zogen sie die logische Konsequenz, sich jetzt auch einen deutschen Namen zu geben. Als »Die Fantastischen Vier« gaben sie im Juli 1989 ihr Bühnendebüt.
 
 Na klar!
 
Eine mehrmonatige USA-Reise von Smudo und Thomas D. hatte 1988 den Zweck gehabt, die soziokulturellen Umstände besser kennen zu lernen, die der amerikanischen Rap- und Hip-Hop-Kultur ihre Nahrung gaben. Sie kehrten mit der nüchternen Erkenntnis zurück, dass Rassismus, Armut, Arbeitslosigkeit und Gewalt zwar in den USA den Gettoalltag prägten, in Deutschland und insbesondere im Musterländle Baden-Württemberg aber kaum sinnvoll problematisiert werden konnten, da ein realer Hintergrund einfach fehlte. Also blieb nur eines übrig: die eigene Lebenswelt zum Thema zu machen. Die vier Musiker hatten das Glück, in dem findigen Geschäftsmann und damaligen Schallplattenhändler Andreas »Bär« Läsker einen Partner zu finden, der über Erfahrungen im Business und gute Kontakte zur Musikindustrie verfügte. Durch sein Engagement kam es innerhalb kurzer Zeit zu einem Plattenvertrag zwischen den noch gänzlich unbekannten Fantastischen Vier und der zu Sony gehörenden Plattenfirma Columbia, und 1991 kam die erste Single, »Hausmeister Thomas D.« (Bezug nehmend auf dessen Brotberuf), auf den Markt, gefolgt von der LP »Jetzt geht's ab« und den Singles »Mikrofonprofessor« sowie »Frohes Fest«. Diese ersten Gehversuche blieben kommerziell gesehen relativ erfolglos, und Musikjournalisten belächelten die damals noch recht naive »Gute-Laune-Musik« und etwas unbeholfene Reimkunst des Quartetts. Immerhin, Auftritte im Vorprogramm von Rap-Superstars wie Ice-T und De La Soul sorgten dafür, dass eine breitere Öffentlichkeit mit der engagierten Arbeit der vier in Berührung kam. Richtig los ging es jedoch 1992 mit der nächsten Single. »Die da!?!«, ein so cleveres wie eingängiges Pop-Liedchen (mit dem »Wer ist sie?«-Sample aus dem Film »Krieg der Sterne«), schoss auf Platz 2 der deutschen Hitparade und sorgte mit über 350 000 abgesetzten Exemplaren für ein Sensation: Im Alleingang hatten die vier (oder besser fünf) den deutschen Hip-Hop als feste Größe im heimischen Showbusiness etabliert.
 
 Vier gewinnt — Käufer und Konkurrenz
 
Mit diesem irrsinnigen, alle Erwartungen übertreffenden Erfolg traten die Stuttgarter Rapper eine Lawine los, die über die gesamten neunziger Jahre auf das deutsche Publikum niedergehen sollte. Insbesondere mit dem Rödelheimer Rap-Kollektiv erwuchs den Schwaben eine starke Konkurrenz, und ein medienträchtiger Schlagabtausch (verbal und künstlerisch) spaltete nicht nur die Hip-Hop-Gemeinde in zwei Lager, sondern sorgte auch allseits für Umsatzsteigerungen. Hatte »Die da!?!« dem deutschen Hip-Hop den Weg geebnet, kamen Nachfolgeprodukte wie Sabrina Setlur oder Oli P. zunehmend seichter und nichtssagender daher. Die Fantastischen Vier zeigten jedoch bereits mit der zur Single gehörenden LP »Vier gewinnt«, dass ihnen der Zweck nicht die Mittel heiligte und sie alles andere als einfache Gegner waren. Insbesondere Thomas D., der gern als der »Philosoph« der Band gehandelt wird, legte aufwendig strukturierte und wortgewaltige Texte vor, und die zweite Singleauskopplung »Saft« beschäftigte sich existenzialistisch-nüchtern mit dem Thema Liebe, die — auf das Wesentliche reduziert — als nicht viel mehr als ein Austausch von Körperflüssigkeiten bloßgestellt wurde. Die nächste LP, »Die vierte Dimension«, wurde 1993 von vielen als Versuch angesehen, dem ernsthaften und nicht in erster Linie auf Verkaufszahlen schielenden Ansatz verstärkt zu folgen, und verkaufte sich auch dementsprechend schlechter. Doch die Singleauskopplungen »Zu geil für diese Welt« und »Tag am Meer« belegten nicht nur den musikalischen Einfallsreichtum der Gruppe, sondern auch ihren gewandten Umgang mit der deutschen Sprache. 1994 fusionierten die vier — auf der Suche nach Neuem — mit der Frankfurter Schwermetall-Gruppe Megalomaniax und veröffentlichten die Gemeinschaftsarbeit »Megavier«. Smudo engagierte sich erstmals bei dem Großprojekt der Jazzkantine, das im selben Jahr ebenfalls eine Platte vorlegte. Die nächste LP der Fanta 4, wie die Gruppe mittlerweile nicht nur im heimatlichen Schwabenland genannt wurde, erschien 1995. »Lauschgift« enthielt mit »Sie ist weg« erneut eine äußerst erfolgreiche Single, auf der erstmals Michi Beck alias Dee Jot Hausmarke prominent den Sprechpart übernommen hatte. Auch aufgrund des dazugehörigen Videos (Regie: Ralf Schmerberg) erreichte die Single die Spitzenposition der deutschen Charts. Eine weitere Singleauskopplung, »Populär«, war nicht ganz so erfolgreich, doch diese Nummer, eine nachdenklich-zynische Thematisierung des Star- und Tourneealltags, bewies, dass die Gruppe von ihren Vorbildern gelernt hatte, und musste den Vergleich mit amerikanischen Größen nicht mehr scheuen. Die Tournee, die das Album »Lauschgift« begleitete, geriet indessen zum Triumphzug, und die Liveaktivitäten der Gruppe wurden festgehalten und 1996 als Doppel-CD (bzw. Dreifach-Album) »Live und direkt« veröffentlicht.
 
 Solo und mit Freunden
 
Dann wurde es — was eigene musikalische Aktivitäten angeht — stiller um die Fantastischen Vier. Sie gründeten ihr eigenes Plattenlabel »Four Music«, das 1997 erfolgreiche neue Acts wie den Freundeskreis lancieren konnte. Smudo trat zunehmend als Sprachrohr der Gruppe auf und etablierte sich außermusikalisch als Talkgast und Kolumnist in der deutschen Medienlandschaft. Als späte Ehrung ihrer aufrechten Bemühungen wurde Smudo und Thomas D., den beiden hauptamtlichen Stimmen der vier, in diesem Jahr auch die Ehre zuteil, mit dem legendären Bassisten und Sänger Bootsy Collins für dessen jüngste LP das »Home of da freaks« zu besingen. Thomas D., Exfrisör, hatte seit jeher am ehesten als Blickfang der Gruppe gedient und legte 1997 sein Album »Solo« vor, bei dem er auf die Hilfe seiner Fanta-Kollegen verzichtet, dafür aber auf die Unterstützung prominenter (Nina Hagen, Die Ärzte) und weniger bekannter deutscher Künstler (Good Men Gone Bad, Udo Schöbel) zurückgegriffen hatte. Nach dem großen Erfolg dieser Platte (mit dem Bekenntnis »Ich schwör, ich wär« gern wieder Frisör«) geriet im Oktober 1997 seine Wohnungsauflösung zu einem medienträchtigen Spektakel. Er versteigerte seinen Hausrat und machte sich von Stuttgart aus auf den Weg durch die Bundesrepublik. Für Schlagzeilen sorgte er aufgrund seiner Affäre mit Jenny Elvers, der »deutschen Pamela Anderson«. Auch Mädchenschwarm Michi Beck versuchte es einmal alleine und veröffentlichte 1998 sein Album »Weltweit«. Er arbeitet nach wie vor auch bundesweit erfolgreich und begehrt als DJ (oft im Verbund mit seinem Partner DJ Thomilla). Erst 1999 erschien mit dem Album »4:99« wieder eine Gemeinschaftsarbeit der vier. Anlässlich ihres zehnjährigen Bestehens und angesichts des Jahrtausendwechsels legten sich die ehemaligen Teeniestars mächtig ins Zeug und bewiesen mit Singles wie »Mit freundlichen Grüßen«, »Le Smou« und »Buenos dias messias« nicht nur Reife und Größe, sondern mit »Michi Beck in hell« auch, dass Spaß und Ironie zwei wichtige Faktoren im Hip-Hop und eben auch in ihrer Arbeit sind.
 
 Diskographie
 
Jetzt geht's ab (1991)
 
Vier gewinnt (1992)
 
Die vierte Dimension (1993)
 
Megavier (1994)
 
Lauschgift (1995)
 
Live und direkt (1996)
 
Solo (Thomas D.; 1997)
 
Weltweit (Hausmarke; 1998)
 
4:99 (1999)
 
Literatur:
 
Müller, Andrea: Die Fantastischen Vier. Die Megastars des deutschen Rap. Düsseldorf 21996.
 Niemczyk, Ralf: Die Fantastischen Vier. Die letzte Besatzermusik. Die Autobiographie. Köln 21999.


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