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AFRIKAS ERFORSCHUNG: AUFBRUCH INS INNERE DES DUNKLEN KONTINENTS

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Afrikas Erforschung: Aufbruch ins Innere des dunklen Kontinents
 
Ein abweisender Kontinent
 
Obgleich das Vordringen der Portugiesen nach Afrika seit Beginn des 15. Jahrhunderts den neuzeitlichen Aufbruch Europas in die außereuropäische Welt eröffnete, sollte der »dunkle« Kontinent gleichwohl noch eine geraume Zeit im Windschatten umfassenderer europäischer Expansionsbestrebungen verbleiben, hatten doch Amerika und Asien der westlichen Nachfrage nach wertvollen Metallen und Handelsgütern mehr zu bieten. Die Portugiesen beschränkten sich daher auf wenige Vorstöße ins Innere Afrikas. Interessiert waren sie allein an Gold und, nachdem der Goldhandel zurückging, am »schwarzen und weißen Elfenbein«. So blieb ihr »Geschäft« mit Afrika ganz überwiegend auf die Sklavenausfuhr von den Küstenstützpunkten aus beschränkt.
 
Das gleiche vorrangige Interesse am Sklavenhandel bestimmte die afrikanischen Aktivitäten der anderen europäischen Expansionsnationen, die seit dem Beginn des 17. Jahrhunderts Handelsstationen an den Küsten Afrikas errichteten und um ihren Anteil am lukrativen Dreieckshandel, dem Austausch europäischer Waren gegen Sklaven und deren Weiterverkauf in Amerika gegen Zucker, Rum, Tabak und andere Güter, bemüht waren. Zwischen der Senegal- und der Nigermündung entstand eine Kette von portugiesischen, spanischen, holländischen, englischen, französischen, schwedischen und dänischen Forts, die ihre Kanonen weniger gegen Afrikaner als gegen die europäischen Konkurrenten richteten. Im Landesinnern blieben die Weißen vom guten Willen der einheimischen Herrscher abhängig, der durch Tribute, Pachtzinsen und Geschenke erkauft werden musste. Ihrerseits erwarteten die afrikanischen Potentaten von den technisch überlegenen Ankömmlingen militärische Hilfe gegen innenpolitische Gegner und äußere Feinde, aber auch die Aufwertung des eigenen Prestiges und Unterstützung bei der Verfolgung expansionistischer Absichten.
 
Zu den Mitbewerbern um die Gunst der Afrikaner gehörten schließlich auch die Brandenburger, die mit der Gründung von Groß-Friedrichsburg im Gebiet des heutigen Ghana am 1. Januar 1683 und der Anlage weiterer afrikanischer Stationen sowie dem Erwerb eines Teils der Antilleninsel Sankt Thomas am Dreieckshandel zwischen Europa, Afrika und Amerika teilnahmen. Da sich Brandenburg-Preußen jedoch außerstande sah, seine überseeischen Besitzungen und Unternehmungen wirksam gegenüber den großen seefahrenden Nationen zu schützen, verkaufte Friedrich Wilhelm I. die afrikanischen Gebiete 1717 »für 7200 Dukaten und 12 Mohren« an die Holländer, während die Dänen Preußens Anteil an der westindischen Insel Sankt Thomas einschließlich der Faktorei kurzweg beschlagnahmten.
 
Die Gründe dafür, warum sich Afrika so lange als unattraktiv und abweisend darbot, waren vielfältiger Art. An erster Stelle ist zweifelsohne die Natur des Landes mit seinen großen Wüsten — im Norden die Sahara und im Süden die Kalahari — sowie mit dem für Mensch und Tier schier undurchdringlichen Tropenwald im Äquatorialbereich zu nennen. Eine starke Brandung, Riffe, ständiger Nebel aufgrund der Staubstürme aus den Wüsten und nur wenige natürliche Häfen erschwerten eine Landung. Zwar durchzogen große Flusssysteme auch Afrika, aber manche waren wegen zahlreicher Stromschnellen nur streckenweise, andere nur saisonal befahrbar. Die späteren Entdecker und Forscher mussten daher riesige Entfernungen zu Fuß zurücklegen. Nur im Norden waren Kamel und Pferd, im Süden der Reitochse und der Ochsenwagen zu gebrauchen. Das entscheidende Hindernis stellte jedoch das afrikanische Klima mit seinen Tropenkrankheiten wie der Malaria und dem Gelbfieber dar. Im Übrigen war der Handel mit Sklaven, Pfeffer, Elfenbein und Gold so gut von den Afrikanern organisiert worden, dass die Europäer keinen Grund besaßen, ins fieberverseuchte Hinterland vorzudringen und die Feindschaft der afrikanischen Zwischenhändler herauszufordern. Erst nachdem sich seit den 1840er-Jahren die Chininprophylaxe durchsetzte, verlor Afrika allmählich seinen Schrecken als das »Grab des weißen Mannes«. Nur im klimatisch zuträglicheren Süden hatten die Niederländer seit 1652 eine Siedlungskolonisation begonnen.
 
Entsprechend ungenaue geographische Vorstellungen existierten noch um die Mitte des 18. Jahrhunderts von Afrika. Nicht selten lebten auf den zeitgenössischen Karten, abgesehen von den genauer bekannt gewordenen Küstenbereichen, die antik-mittelalterlichen Anschauungen fort, und fiktive Gewässer und Gebirge — wie die berühmten »Mondberge« als Ursprung der Nilquellen — überdeckten die tatsächlich weißen Flecken. Ebenso wusste man nichts Genaueres von den Afrikanern selbst und ihrem Leben. Auf den Schiffen der holländischen Ostindischen Kompanie reisende Schriftsteller wie Andreas Josua Ultzheimer, Samuel Brun, Michael Hemmersam und Wilhelm Johann Müller zeichneten überdies ein von europäischem Überlegenheitsbewusstsein gegenüber den »Kindern Hams« bestimmtes Bild, während selbst christliche Gelehrte die Einrichtung der Sklaverei theologisch und sozial rechtfertigten.
 
 »Handel und Christentum«
 
Ein Wandel im Hinblick auf den vergessenen Kontinent vollzog sich in den 1780er-Jahren; er ging von der in Großbritannien sich vehement artikulierenden Antisklavereibewegung — eine der gewaltigsten Massenbewegungen der Neuzeit überhaupt — aus. Mit der Gründung des Komitees für die Abschaffung des Sklavenhandels fand der in Presse, Parlament und Schrifttum ausgefochtene Kampf zur Ächtung von Sklavenhandel und Sklaverei seine organisatorische Umsetzung. Politisch und christlich-humanitär motivierte Philanthropen wie Granville Sharp, Thomas Clarkson und William Wilberforce trugen maßgeblich dazu bei, dass 1807 der britische Sklavenhandel und 1833 die Sklaverei im britischen Herrschaftsbereich abgeschafft wurden.
 
Dieser Einsatz fiel mit dem großen Missionsaufbruch des erweckten Großbritannien zusammen. Ein biblisch-christlich fundiertes Auserwähltheits- und Überlegenheitsgefühl sowie ein aus Kulturoptimismus und Fortschrittsgläubigkeit zusammengefügter Aktivismus zeichneten die Antisklavereibewegung aus, die nicht zuletzt die Missionierung der »armen Schwarzen«, der »Söhne Hams«, zu ihrem Programm machte.
 
In der praktischen Umsetzung ihrer christlich-humanitären Ziele setzte diese mittelständische, freihändlerisch orientierte Bewegung auf einen — gegenüber dem Unrecht des Sklavenhandels — »gerechten Handel« (legitimate trade) in Afrika; verfocht doch nicht zuletzt Adam Smith (1723—90), der Vater des ökonomischen Liberalismus, die These vom erhöhten Wert der freien Arbeit gegenüber der Sklavenarbeit. Folgerichtig propagierten Thomas Fowell, Baronet Buxton, der Wortführer der zweiten Generation der Sklavereigegner, und der schottische Forschungsreisende und Missionar David Livingstone den Interessenverbund von Commerce and Christianity (Handel und Christentum), um den gleichen Zweck zu erreichen: das »Königreich Gottes« und eine »wohltätige Zivilisation« in Afrika zu verbreiten; Ziele, die für die beiden und ihre Mitstreiter eine Einheit darstellten. Infolgedessen waren die Sklavereigegner und die Missionspropagandisten zugleich die vehementesten Vertreter eines kulturellen Expansionismus in Afrika. Dass sich britische Handelshäuser nach dem Verlust Nordamerikas nach neuen Betätigungsfeldern umzusehen begannen, förderte ebenfalls das neue Interesse an Afrika.
 
Antisklaverei- und Missionsbewegung sowie der Verlust der amerikanischen Kolonien standen auch insofern in einem engen, konkreten Zusammenhang, als es eine »Lösung« für die im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg der britischen Seite treu gebliebenen und nach London verbrachten Schwarzen sowie für die ebenfalls in London sich aufhaltenden Sklaven geben musste. Nach mehreren erfolglosen Anläufen entstand 1790/91 die mit einem königlichen Freibrief ausgestattete Sierra Leone Company zur Ansiedlung der »schwarzen Loyalisten«. Die Probleme vor Ort erwiesen sich jedoch als stärker als die Euphorie der Initiatoren. Bald kam es zu Streitigkeiten zwischen zurückgekehrten und einheimischen Afrikanern, an denen das politisch-kulturelle Überlegenheitsgefühl der Neuankömmlinge, die weitgehend eine christlich-europäische Schulbildung erhalten hatten, nicht schuldlos war. Schließlich verschärften sich die Konflikte so weit, dass die britische Regierung mit dem 1. Januar 1808 Sierra Leone als Kronkolonie übernehmen musste.
 
 Mungo Park und der Vorstoß zum Niger
 
Das neu erwachte Interesse an Afrika wurde durch das für die Zeit typische Moment der wissenschaftlichen Neugier ergänzt. »Im Verlangen, unsere Zeit von der Last einer Unkenntnis zu befreien, die so wenig ihrem Charakter entspricht«, begann bezeichnenderweise die Präambel, in der die Gründung der Britischen Gesellschaft zur Förderung der Entdeckung des Innern Afrikas am 9. Juni 1788 in London angekündigt wurde. Zwar schrieben ihre Mitglieder, politisch zumeist im liberalen, freihändlerischen Lager stehende Staatsbeamte, Militärs, Wissenschaftler, Publizisten sowie Kirchen- und Geschäftsleute, auch »die Ausbreitung des Handels und englischer Erzeugnisse« in die inneren Regionen Afrikas auf ihre Fahnen, aber ihr Hauptinteresse galt der geographischen Erkundung des »schwarzen« Kontinents. Die Gesellschaft, die ebenfalls ausländische Reisende unterstützte, wurde so zum wichtigsten Förderer der Erforschung Afrikas in Europa; zugleich bildete sie aber auch das Vorbild anderer europäischer Gesellschaften mit gleicher Zielsetzung.
 
Zunächst entschied sich die Afrikanische Gesellschaft, wie sie kurz hieß, das Quellgebiet und den Verlauf des Niger zu erkunden. Bis um die Mitte des 18. Jahrhunderts hatten sich widersprüchliche Informationen über den geheimnisumwitterten Fluss angesammelt. Sie entstammten den Berichten sowohl antiker und arabischer Geographen, Geschichtsschreiber und Reisender wie Herodot (um 490 bis 425 v. Chr.), Plinius dem Älteren (23/24 bis 79), Idrisi (12. Jahrhundert) und Leo Africanus (um 1490 bis nach 1550) als auch portugiesischer Kaufleute und Seefahrer. Ungeklärt war, ob die drei Flüsse Senegal, Gambia und Rio Grande die Mündung des westlich fließenden Niger waren oder ob er nach Osten floss, ob es einen Zusammenhang zwischen Niger und Nil gab und wo die sagenhaften reichen Goldminen des Nigerhinterlandes lagen. Um diese Fragen zu klären, wurde von der Afrikanischen Gesellschaft der schottische Wundarzt Mungo Park ausersehen, der im Dezember 1795 von der atlantischen Küste aus aufbrach, um Quellgebiet und Mündung des Niger zu erkunden und wichtige Städte im Nigerbecken wie das geheimnisumwobene Timbuktu aufzusuchen. In Begleitung eines Dolmetschers und eines Dieners, mit Lebensmitteln für zwei Tage sowie Korallen, Bernstein und Tabak als Tauschmitteln versehen, dazu mit Sonnenschirm, Taschensextant, Kompass, Thermometer, zwei Vogelflinten, zwei Pistolen und einem Pferd, durchquerte er die Gebiete afrikanischer Potentaten, wobei vor allem muslimische Herrscher der Gruppe immer wieder Schwierigkeiten bereiteten. Am 20. Juli 1796 erreichte Mungo Park nach siebenmonatiger Reise den Oberlauf des Niger bei Ségou, der Hauptstadt der Bambara. Seine Empfindungen beim Anblick des gesuchten Flusses beschrieb er so: »Ich blickte vorwärts und mit unendlichem Vergnügen sah ich den großen Gegenstand meiner Sendung, den majestätischen Niger, so breit wie die Themse bei Westminster, in der Morgensonne flimmernd und langsam nach Osten fließend.«
 
Die Überraschung darüber, dass der Niger in Richtung Osten strömte, hielt sich indessen in Grenzen; hatten die Afrikaner ihm doch schon während der Reise immer wieder versichert, dass er der »aufgehenden Sonne« entgegenfließe. Dagegen faszinierte Park die Stadt Ségou mit ihren rund 30000 Einwohnern, ihren zum Teil zweistöckigen Häusern, ihrem Handelsleben und ihrer Kultur. Seinen Auftrag konnte Park nur zur Hälfte erfüllen: Die Quelle des Niger und seine Mündung blieben ebenso »unentdeckt«, wie er Timbuktu verfehlte. Am Ende seiner Kräfte, krank und ohne Geld überlebte er nur aufgrund der Fürsorge eines islamischen Sklavenhändlers, der ihn zur Küste zurückbrachte.
 
Wenn nunmehr auch geklärt war, dass Senegal, Gambia und die Bucht Rio Grande nicht die Mündungsflüsse des Niger waren, blieben doch weitere Streitpunkte: Mündete der Strom in einen Binnensee? Oder handelte es sich bei ihm um einen Zufluss des Kongo oder gar des Nil? Diese Fragen zu klären, aber auch als Folge erster Ansätze eines kolonialen Programms bei einigen Mitgliedern der Afrikanischen Gesellschaft wie ihrem Präsidenten Sir Joseph Banks, trat der zum Hauptmann beförderte Mungo Park in den Jahren 1805/06 eine zweite Reise an, begleitet von einem Trupp von dreißig Soldaten. Da Park den Fehler beging, zu Beginn der Regenzeit seinen Marsch anzutreten, erreichte er den Niger bei Bamako gerade noch mit zehn Mann. Mit einem Boot fuhr er den Nigerbogen hinab bis Bussa, wo er und seine Leute entweder in den Stromschnellen umkamen oder von Einheimischen getötet wurden. Die Bemerkung: »Segel gesetzt für die Reise zur Küste« in seinem letzten Brief vom 19. November 1805 lässt jedoch darauf schließen, dass er von einer Mündung des Niger in den Atlantik ausging und erkannt hatte, dass der Niger ein selbstständiges Flusssystem war.
 
Die weitere Erforschung des Niger verlief mit vielen Rückschlägen. Bereits im Jahre 1795 hatte sich der deutsche Theologe Friedrich Konrad Hornemann der Afrikanischen Gesellschaft zur Verfügung gestellt, um zum Niger vorzustoßen. Er brach von Kairo in Richtung Libysche Wüste auf und gelangte von dort aus am 17. November 1798 nach Mursuk im Fessan, musste dann jedoch wegen feindlich gesonnener Araber sein Unternehmen abbrechen. Erst bei einem zweiten Versuch im Jahre 1800, von Mursuk aus über das Reich Bornu zum Niger vorzudringen, hatte er möglicherweise Erfolg. Er starb im Jahre 1801 in Bokane etwa fünfzig Kilometer nördlich des Stromes wahrscheinlich an der Ruhr.
 
Wunschtraum blieb eine Reise zum Niger dagegen für den Schweizer Afrikaforscher Johann Ludwig Burckhardt. Dem hoch begabten Natur- und Sprachforscher gelang es jedoch, als muslimischer Kauf- mann Ibrahim verkleidet, weite Teile Kleinasiens und des Nahen Ostens zu bereisen und 1814 Zutritt nach Mekka zu erlangen, der heiligen Stadt des Islam. Burckhardt verdanken wir die erste genaue Beschreibung der Kaaba, des größten Heiligtums der Muslime.
 
Erst im Jahr 1822 erreichte ein junger britischer Kolonialoffizier wieder den Niger. Alexander Gordon Laing stieß von Sierra Leone aus zweimal in das Quellgebiet des Niger vor, doch der Besuch der Quelle selbst wurde ihm von den Einheimischen verwehrt. Vom britischen Kolonialminister Henry Bathurst erhielt er daraufhin den Auftrag, von Tripolis über Timbuktu zum Niger vorzudringen. Tatsächlich traf der Schotte am 18. August 1826 in Timbuktu, der sechs Kilometer nördlich des Niger gelegenen, fremdenfeindlichen Handelsstadt, ein, wo er sich über einen Monat aufhielt. Kurz nach seiner Abreise wurde er jedoch von Arabern ermordet. Nur wenige Monate später, im April 1828, gelang es hingegen dem französischen Afrikaforscher René Caillié lebend die für ihn enttäuschende Stadt wieder zu verlassen. Auf seiner 4500 Kilometer langen Reise hatte er allerdings nur einen Nebenfluss des Niger berührt.
 
Im »Nigerproblem« gründete letztlich auch die Expedition des schottischen Marineoffiziers Hugh Clapperton an den Tschadsee. Nach einer abenteuerlichen Durchquerung der Sahara erreichten er und seine beiden Reisebegleiter Kuka, das Zentrum des alten Königreiches Bornu, und am 23. Februar 1823 standen sie am Tschadsee. Clapperton zog allein weiter nach Kano, einer volkreichen Handels- und Festungsstadt, und nach Sokoto, der Hauptstadt des gleichnamigen Fulbereiches, gelegen an einem Nebenfluss des Niger. 1825 nach Großbritannien zurückgekehrt, brach er im gleichen Jahr im Auftrag der Afrikanischen Gesellschaft erneut nach Afrika auf. Diesmal startete er von Badagri im Golf von Benin aus, durchzog das Yoruba- und Borgureich und überquerte den Niger bei Bussa, wo Mungo Park gestorben war. Er marschierte dann über Kano nach Sokoto weiter, wo er erkrankte und am 13. April 1827 starb.
 
Von den Begleitern der letzten Expedition Hugh Clappertons hatte nur einer die Reise überlebt, sein »vertrauter Diener«Richard Lemon Lander. Die postume Veröffentlichung der Aufzeichnungen des Expeditionsleiters zusammen mit seiner eigenen Schilderung der Reise brachten ihm den Auftrag durch den britischen Kolonialminister Bathurst ein, Clappertons Werk fortzusetzen und den Unterlauf des Niger zu erforschen. Auf einem leicht von Clappertons Route abweichenden Weg erreichte Lander zusammen mit seinem jüngeren Bruder John am 27. Juni 1830 den Niger bei Bussa. Mit Kanus fuhren die Brüder stromabwärts, wobei sie noch die Einmündung des Benue in den Niger entdeckten. Den letzten Teil der Strecke legten sie als Gefangene eines einheimischen Häuptlings zurück, der sie an der Küste des Atlantischen Ozeans, die sie am 17. November 1830 erreichten, gegen ein Lösegeld freiließ.
 
Das Nigerrätsel war endgültig gelöst. Für seine Verdienste erhielt Richard Lander als Erster die Goldmedaille der Königlichen Geographischen Gesellschaft, der Nachfolgerin der Afrikanischen Gesellschaft. Bereits seit den 1850er-Jahren begann dann das Palmölgeschäft die hohen Erwartungen der Europäer in den Nigerhandel zu bestätigen.
 
 Heinrich Barth und der Sudan
 
Afrikareisende wie Hornemann, Burckhardt, Clapperton und Caillié hatten den Zugang zum Niger von Norden her gewählt. Sie wurden auf diese Weise zugleich zu Pionieren der Sahara- und Sudanforschung. Deren eigentlicher Begründer sollte jedoch der deutsche Privatgelehrte Heinrich Barth werden. Der sprachbegabte junge Geograph und Historiker hatte schon im Rahmen der Studien für seine Habilitationsschrift die nordafrikanischen Küstenländer des Mittelmeeres sowie das Niltal bis Assuan zwischen 1845 und 1847 bereist. Da seine Vorlesungen über die »Geographie des nördlichen Afrika« Studenten nicht gerade in großer Zahl anlockten, schloss er sich einer geplanten britischen Expedition unter Leitung des Missionars James Richardson an, die Erkenntnisse zur Abschaffung des Sklavenhandels gewinnen und Handelsbeziehungen mit sudanesischen Staaten knüpfen wollte. Barth seinerseits hoffte, mit einer großen »geographischen Tat« seiner akademischen Karriere zum Durchbruch verhelfen zu können.
 
Zwischen 1850 und 1855 durchzog der aufmerksame Beobachter und asketische Reisende Barth, zunächst mit Adolf Overweg als Begleiter, geographisches Neuland in Nord- und Zentralafrika. Über Mursuk, Ghat und das Bergland Aïr sowie nach einem Abstecher in die alte Handelsstadt Agadès erreichte er in Katsina das Gebiet der islamisierten, als nomadisierende Rinderhirten lebenden Fulbe, die als Nachfolger der Hausastaaten Herrschaftszentren in Sokoto, Gando und Masina errichtet hatten. Er reiste weiter nach Kano, dem — wie er schrieb — »afrikanischen London« und »bedeutendsten Mittelpunkt des Verkehrs im eigentlichen so genannten Sudan oder Land der Schwarzen«. Die nächste Station war Kuka, die Zentrale des Reiches Kanem-Bornu, wo er sich der Zuneigung des Sultans Omar erfreute. Wichtigste Entdeckung war jedoch die »Bornu-Chronik«, das entscheidende Dokument für die historische Erschließung dieses großen Reiches im mittleren Sudan.
 
Anschließend zog Barth weiter in das bis dahin völlig unbekannte Adamaua. Dann kehrte er nach Kuka zurück und brach von dort über die Zwischenstationen Sokoto und Gando zur legendären Stadt Timbuktu auf. In Gando, der Residenzstadt des mittleren Fulbereiches, entdeckte er eine Handschrift des »Tarikh as-Sudan«, eine Geschichte des Königreiches Songhai bis 1640, aus der er zudem die Vergangenheit der alten Sudanreiche Gana und Mali rekonstruieren konnte. Zwei weitere Quellen zur Geschichte des Fulbereiches erlaubten es ihm, frühere Nachrichten über dieses von Osten eingewanderte Eroberervolk — deren Wanderungsrichtung Barth allerdings fälschlich umgekehrt sah — zu korrigieren.
 
In Timbuktu konnte sich Barth, der in der Verkleidung eines arabischen Gelehrten auftrat und unter dem Namen Abd el-Kerim höchstes Ansehen genoss, sich aber auch die Feindschaft des Scheichs Ahmed el-Bakáy mit den Fulbe von Masina zunutze machte, über ein halbes Jahr lang aufhalten. Nach Laings und Cailliés Kurzbesuchen lieferte er als erster Europäer eine ausführliche Beschreibung dieser alten Handelszentrale im westlichen Sudan. Über Kuka kehrte er schließlich auf der alten Karawanenstraße durch das Gebiet der kriegerischen Tuareg nach Tripolis zurück, wo er am 28. August 1855 eintraf.
 
Im Verlauf seiner über fünfjährigen Forschungsreise hat Heinrich Barth rund 18000 Kilometer zu Fuß, zu Pferd oder auf dem Kamel zurückgelegt. Dabei trug der unermüdliche, geradezu akribische Chronist eine ungeheure Fülle von geographischem, topographischem, hydrographischem, historischem, ethnologischem und linguistischem Material zusammen, das er gewissenhaft auswertete. Er selbst beherrschte sieben einheimische Sprachen, andere zeichnete er auf; in seinem handschriftlichen Nachlass befinden sich Vokabularien von über vierzig Sprachen. Grundlegend waren aber vor allem seine Studien zur Geschichte des Islam im Sudan und zu den sudanesischen Staaten, mit denen er das Fundament für die moderne Geschichtsschreibung über das nördliche Afrika legte. Vom Vorsprung Europas und seiner zivilisatorischen Mission in Afrika überzeugt, war der vielleicht größte Afrikaforscher nichtsdestoweniger bereit, sich auf die ihm begegnenden fremden Kulturen einzulassen, und lehnte es ab, wie Georg Friedrich Wilhelm Hegel in den Schwarzafrikanern Völker ewigen Stillstandes zu sehen.
 
 David Livingstone und der »Wettlauf zum Nil«
 
Der bahnbrechende Erforscher des zentralen und südlichen Afrikas war der schottische Arzt und Missionar David Livingstone, der fast dreißig Jahre auf dem »schwarzen« Kontinent zubrachte. Livingstone stammte aus einfachen Verhältnissen und hatte in Glasgow Medizin und Theologie studiert. 1841 kam er zum ersten Mal nach Südafrika, wo er fast neun Jahre auf entlegenen Missionsstationen arbeitete. Da er, wie er in seinen 1857 veröffentlichten, berühmten »Missionsreisen und Forschungen in Südafrika« schrieb, »die geographische Tat als den Beginn der missionarischen Unternehmung« ansah, brach er 1849 zu seiner 1. Expedition in den Norden auf. Er durchzog dabei die Kalahariwüste, entdeckte den Ngamisee im nördlichen Betschuanaland und stieß im August 1851 auf den Oberlauf des Sambesi. »Dies war ein wichtiges Ereignis, denn bislang war nicht bekannt, dass dieser Fluss hier überhaupt existierte«, vermerkte er in seinem Bericht.
 
Nachdem er Frau und Kinder von Kapstadt aus nach Großbritannien zurückgeschickt hatte, kehrte er zum Sambesi zurück. Er weilte eine längere Zeit bei den Makololo, die ihn freundlich aufnahmen. Im November 1853 begann Livingstone eine Reise zur afrikanischen Westküste, die er bei Luanda erreichte. Von dort kehrte er, um den Sambesi als Handelsweg für Großbritannien zu erkunden, zu den Makololo zurück. Anschließend brach er in Richtung Osten auf, erblickte bereits am 17. November die gigantischen Wasserfälle des Sambesi, die er nach der britischen Königin Victoriafälle nannte, und erreichte am 20. Mai 1856 auf dem Land- und Wasserweg bei Quelimane die Ostküste Afrikas. Als erster Europäer hatte er den Kontinent von Westen nach Osten durchquert.
 
Auf seiner 2. Reise von 1858 bis 1864 entdeckte er den Shire, einen Nebenfluss des Sambesi, und dessen Quellgewässer, den Njassasee, heute Malawisee genannt. Es gelang ihm, den gesamten Lauf des Sambesi zu erforschen. Mehrere Rückschläge im Kampf gegen Sklavenhändler und bei der Anlage von Missions- und Handelsstationen beendeten diesen zweiten Afrikaaufenthalt. Die »Nilquellenfrage« stand im Mittelpunkt der 3. Entdeckungsreise von 1865 bis 1873. Von Sansibar aus drang Livingstone zum Tanganjikasee vor. Völlig erschöpft, wurde er ausgerechnet von arabischen Sklavenjägern gerettet. In ihrer Begleitung gelangte er im November 1867 zum Mweru- und im April 1868 zum Bangweolosee, die beide in Europa noch unbekannt waren. Nach mehrmonatiger Krankheit stieß er 1871 zum Lualaba vor. Wäre er ihm gefolgt, hätte er möglicherweise vor Henry Morton Stanley den Zusammenhang von Lualaba und Kongo — der Lualaba setzt sich im Kongo fort — entdeckt. So kehrte er entkräftet zum Tanganjikasee zurück. Bei Ujiji fand ihn Stanley, der von einer amerikanischen Zeitung ausgesandt worden war, den als verschollen geltenden Livingstone zu suchen. Der Journalist begrüßte seinen berühmten Landsmann mit den Worten: »Dr. Livingstone, I presume?« (»Dr. Livingstone, nehme ich an?«)
 
Gemeinsam erkundeten die beiden Briten den Norden des Tanganjikasees, dann trennten sie sich. Stanley kehrte nach Europa zurück und bereitete seine zwischen 1874 und 1877 stattfindende große Kongoexpedition vor, in deren Verlauf er den letzten der großen Ströme Afrikas bezwang. Livingstone brach nach Süden zu einer gründlichen Untersuchung des Bangweolosees auf, in dem er eine Quelle des Nils vermutete. Am Südufer des Sees starb er am 1. Mai 1873. Seine treuen afrikanischen Diener begruben sein Herz am Sterbeort und brachten den einbalsamierten Leichnam nach Sansibar, von wo die sterblichen Überreste des populären Afrikahelden nach Westminster Abbey überführt wurden.
 
Während Livingstone noch nach dem Quellfluss des Nils suchte, durfte diese Frage bereits als gelöst gelten. Nachdem der schottische Aristokrat James Bruce im Jahre 1770 den früher schon bekannten Ursprung des Blauen Nils im Äthiopischen Hochland erneut entdeckt hatte, war klar, dass die antiken Berichte der Wahrheit nahe kamen, zumal Ende der 1840er-Jahre die beiden deutschen Missionare Johann Ludwig Krapf und Johannes Rebmann die »Schneeberge« Kilimandscharo und Mount Kenya sahen und von großen Seen im Landesinnern hörten. 1857 beauftragte die Londoner Königliche Geographische Gesellschaft schließlich Richard Francis Burton mit der Erforschung der großen innerafrikanischen Wasserfläche, des Ujijimeeres, als dem möglichen Ausgangspunkt des Weißen Nils. In Begleitung von John Hanning Speke gelangte Burton 1858 erstmals zum Tanganjikasee, musste aber infolge eines Fiebers die Entdeckung des weiter nordöstlich gelegenen Ukerewesees Speke überlassen, der das größte afrikanische Gewässer zu Ehren der britischen Königin »Victoria Nyanza« (Victoriasee) taufte.
 
Nach London zurückgekehrt, erhielt Speke 1860 von der Geographischen Gesellschaft den Auftrag, seine von Zeitgenossen immer wieder bezweifelte Annahme, der Nil besitze seinen Ursprung im Victoriasee, letztgültig zu klären. Zusammen mit Captain James Augustus Grant fand Speke den Kagera als Hauptquellfluss des Victoriasees und dessen nördlichen Abfluss, den Victorianil. Da ihn Einheimische hinderten, dem Verlauf dieses Flusses unmittelbar zu folgen, stieß er erst wieder nördlich des Albertsees auf den Oberlauf des Nils, dem er bis zum Zusammenfluss mit dem Blauen Nil bei Khartum folgte. Von dort telegraphierte er nach London: »The Nile is settled.« (»Die Nilfrage ist gelöst.«)
 
Afrikaforscher wie Park, Lander, Speke, Livingstone und Stanley wurden bekannt, weil sie an der Lösung so spektakulärer Probleme wie der Niger-, Nil- und Kongofrage entscheidend beteiligt waren. Andere Wissenschaftler, Kaufleute, Missionare, Militärs und Kolonialbeamte vollbrachten oft kaum weniger große entdeckerische Leistungen. Daneben standen allerdings bereits seit der Jahrhundertmitte jene vornehmlich adeligen Jagd- und Abenteuerreisenden — und ihre bürgerlichen Berichterstatter —, die mit Armsessel und Badewanne die verhältnismäßig sicheren Gebiete Nordostafrikas durchzogen. Vor allem gewannen aber zunehmend koloniale Ziele und rassistische Untertöne in den Schilderungen Afrikas an Gewicht. Schon Stanleys Maxime lautete: »Der Wilde respektiert nur Gewalt, Macht, Kühnheit und Entschlossenheit.« Als er zwischen 1879 und 1884 abermals die Kongoregion bereiste, handelte er im Auftrag des belgischen Königs Leopold II., dessen »Privatkolonie« am Kongo er aufbauen half. Der imperialistische »Wettlauf um Afrika« hatte begonnen.
 
Prof. Dr. Horst Gründer
 
Grundlegende Informationen finden Sie unter:
 
afrikanische Gesellschaften in der Geschichte: Aus dem Dunkel der Zeiten
 
Literatur:
 
Barth, Heinrich: Die große Reise. Forschungen und Abenteuer in Nord- und Zentralafrika 1849-1855, herausgegeben von Heinrich Schiffers. Stuttgart u. a. 21986.
 Fage, John D.: A history of Africa. London 31995.
 Livingstone, David: Missionsreisen und Forschungen in Süd-Afrika während eines sechzehnjährigen Aufenthalts im Innern des Continents. 2 Bände Aus dem Englischen. Leipzig 1858.
 Livingstone, David: Zum Sambesi und quer durchs südliche Afrika 1849-1856, herausgegeben von Heinrich Pleticha. Stuttgart 21985.
 Park, Mungo: Reisen ins innerste Afrika, herausgegeben von Heinrich Pleticha. Aus dem Englischen. Tübingen 1976.


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