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CHEMIENOBELPREIS 1956: CYRIL NORMAN HINSHELWOOD — NIKOLAJ NIKOLAJEWITSCH SEMJONOW

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Chemienobelpreis 1956: Cyril Norman Hinshelwood — Nikolaj Nikolajewitsch Semjonow
 
Der Brite Hinshelwood und der Russe Semjonow erhielten den Nobelpreis für ihre Forschungen über die Mechanismen chemischer Reaktionen.
 
 Biografien
 
Sir Cyril Norman Hinshelwood, * London 19. 6. 1897, ✝ London 9. 10. 1967; ab 1937 Professor für Chemie an der Oxford University, 1964-67 am Imperial College (London), entwickelte die Theorie der unimolekularen Reaktionen, klärte den Mechanismus der Wasserstoff-Sauerstoff-Reaktion.
 
Nikolaj Nikolajewitsch Semjonow, * Saratow (Russland) 16. 4. 1896, ✝ Moskau 25. 9. 1986; ab 1920 am Physiko-Technischen Institut in Petrograd (St. Petersburg), 1931 Direktor dieses Instituts, 1943 Verlagerung des Instituts nach Moskau, er erhielt fünfmal den Lenin-Orden, entwickelte die quantitative Theorie der Kettenreaktionen und ihre Typologie.
 
 Würdigung der preisgekrönten Leistung
 
Hinshelwoods Interesse an den Mechanismen chemischer Prozesse erwachte während des Ersten Weltkriegs, als er sich in einer Munitionsfabrik mit der Chemie der Explosivstoffe zu befassen hatte.Nach dem Krieg absolvierte er ein verkürztes Studium in Oxford, wo bereits seit Jahrzehnten ein Schwerpunkt auf reaktionskinetischer Forschung lag.
 
 Die Ausgangslage
 
Die chemische Kinetik untersucht Geschwindigkeit und Mechanismus chemischer Reaktionen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts stellte man sich Reaktionen durch den Zerfall einzelner Moleküle (unimolekular) oder den Zusammenstoß zweier oder dreier Moleküle (bi- beziehungsweise trimolekular) bedingt vor. Wichtige Hinweise darauf, dass die Realität viel komplizierter sein könnte, lieferten fotochemische Reaktionen mit enorm hohen Quantenausbeuten. Der deutsche Physikochemiker Max Bodenstein schlug 1913 zur Erklärung einen Kettenmechanismus vor. Durch Lichtabsorption erzeugte hochreaktive Radikale sollten weitere Moleküle aktivieren, diese wiederum andere.
 
Die Reaktionskinetik befasste sich in der Folgezeit mit zwei zentralen Problemen, den Kettenreaktionen und der Suche nach tatsächlich einfachen, unimolekularen Reaktionen. Hinshelwood leistete auf beiden Gebieten wichtige Beiträge.
 
 Das Problem der unimolekularen Reaktion — Hinshelwoods Lösung
 
Ein Molekül kann nur zerfallen, wenn es zuvor durch Energieaufnahme aktiviert wurde. Im zweiten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts waren viele Physikochemiker der Ansicht, dass diese Energie grundsätzlich als Strahlungsenergie aufgenommen würde. Hinshelwood gelang in den 1920er-Jahren eine überzeugende Widerlegung dieser Theorie, wobei er einen Vorschlag des britischen Physikers Frederick Alexander Lindemann aufgriff. Demnach wurden auch unimolekulare Reaktionen durch Molekülkollisionen ausgelöst. Lindemann prognostizierte eine mathematische Veränderung des Geschwindigkeitsgesetzes bei sehr niedrigen Drücken. Experimentelle Bestätigungen blieben jedoch zunächst aus. Hinshelwood modifizierte Lindemanns Theorie, indem er die durch die Schwingungsbewegungen innerhalb eines Moleküls bedingte Energieverteilung mit einbezog. Mit dieser theoretischen Vorgabe konnte er die Kollisionstheorie experimentell bestätigen und ihr zum Durchbruch verhelfen. Es ist eine Ironie der Geschichte, dass die von ihm gewählten chemischen Systeme nach heutigem Wissen keine »quasi-unimolekularen Reaktionen« im Sinn seiner Theorie waren.
 
 Untersuchungen über Kettenreaktionen
 
Im Jahr 1923 entwickelten der dänische Chemiker Jens Anton Christiansen und der niederländische Physiker Hendrick Anthony Kramers das Konzept der verzweigten Ketten für explosionsartig verlaufende Prozesse. Mit dessen Hilfe klärte Hinshelwood Ende der 1920er-Jahre den Mechanismus der Wasserstoff-Sauerstoff-Reaktion. Er zeigte, dass sie in Abhängigkeit von Druck und Temperatur nach ganz unterschiedlichen Mechanismen — explosiv oder langsam — verläuft. Untersuchungen der Oxidation von Kohlenwasserstoffen und anderen organischen Verbindungen ergaben das gleichzeitige Auftreten von Ketten- und molekularen Mechanismen.
 
Semjonow war im Gegensatz zu Hinshelwood in seiner Methodik stark von seiner wissenschaftlichen Herkunft als Physiker geprägt. Entsprechend groß war seine Neigung zur Mathematisierung. Er entwickelte eine quantitative Theorie der verzweigten Kettenreaktionen, die die Erklärung besonderer Phänomene wie das Auftreten scharfer Übergänge vom langsamen zum explosionsartigen Reaktionsverlauf ermöglichte. Er schuf darüber hinaus eine Typologie der Kettenreaktionen.
 
 Thermische Explosionen
 
Ganz allgemein erhöhen sich die Geschwindigkeiten chemischer Prozesse bei Temperaturerhöhung. Dieses Verhalten wird mathematisch mit der Arrhenius-Gleichung wiedergegeben. Ende der 1920er-Jahre begann Semjonow mit den Arbeiten über thermische Explosionen. Ausgehend von der Arrhenius-Gleichung erkannte er, dass jede exotherme — also mit Wärmefreisetzung verbundene — Reaktion im Prinzip in einen explosiven Verlauf übergehen kann. Die durch die Reaktion selbst erzeugte Wärme erhöht die Temperatur der Reaktionsmischung und verursacht damit eine Beschleunigung ihres weiteren Verlaufs. Eine derartige Form der Selbstbeschleunigung erwies sich als Charakteristikum der meisten Verbrennungsvorgänge. Der Effekt gegenseitiger Wärmeerzeugung und Reaktionsbeschleunigung führt schließlich bei Erreichen einer bestimmten Temperatur zur Selbstentzündung. Semjonows mathematische Formulierung dieser Theorie ermöglichte eine Vorausberechnung der Flammpunkte entsprechender Reaktionssysteme.
 
 Typologie der Kettenreaktionen
 
Besonders bekannt wurden Semjonows Studien über die Verbrennung des weißen Phosphors. Diese Reaktion findet nur innerhalb eines bestimmten Druckbereichs statt. Die Phosphoroxidation lieferte den Ausgangspunkt zu Semjonows Theorie der verzweigten Kettenreaktionen, die er im Unterschied zu Hinshelwood auch quantitativ ausarbeitete. Eine Kettenreaktion besteht im Prinzip aus drei Phasen, der Initiierungs-, der Kettenfortpflanzungs- und der Abbruchreaktion. Indem Semjonow die verschiedenen mechanistischen Varianten und Geschwindigkeiten dieser Einzelprozesse mathematisch zueinander in Beziehung setzte, gelangte er zu einer allgemeinen Theorie der Kettenreaktionen, aus deren mathematischen Grenzfällen sich verschiedene Reaktionstypen ableiten ließen. Als neuen Typus entdeckte er die so genannte Kettenreaktion mit degenerativer Verzweigung. Hierbei entsteht im Verlauf einer unverzweigten Kettenreaktion eine verzweigte Kette als Nebenreaktion. Die Oxidationen der Kohlenwasserstoffe gehören zu diesem Typ.
 
Kettenreaktionen spielen eine große Rolle bei großtechnischen Prozessen: die Crackingprozesse der Erdölaufarbeitung, Polymerisationen bei der Herstellung von Kunststoffen und Chlorierungen verlaufen nach Kettenmechanismen, zu deren theoretischem Verständnis und technischer Kontrollierbarkeit die Arbeiten von Hinshelwood und Semjonow Wesentliches beigetragen haben.
 
J. Berger


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