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LEBEN

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leben: übersetzung

wohnen; hausen; existieren

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le|ben ['le:bn̩] <itr.; hat:
1. am Leben sein:
das Kind lebt [noch].
Syn.: lebendig sein.
2. auf der Welt sein, existieren:
dieser Maler lebte im 18. Jahrhundert.
Syn.: da sein, vorhanden sein.
3. sein Leben (in bestimmter Weise) verbringen:
gut, schlecht, in Frieden leben; leb[e] wohl!
Syn.: sich 1 durchschlagen, ein schönes Leben führen, es gut haben, es sich gut gehen lassen, sein Dasein fristen, sich ein schönes Leben machen, vegetieren.
4. längere Zeit wohnen:
er lebt in Weimar; wir haben lange im Ausland gelebt.
Syn.: sich aufhalten, sich befinden, sein, sitzen, verweilen (geh.), weilen (geh.).
5. sich ernähren, erhalten:
die Parasiten leben vom Blut ihrer Wirte; sie lebt von den Zinsen ihres Vermögens; vegetarisch, gesund leben.
Syn.: sich nähren.

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le|ben 〈V.; hat〉
I 〈V.intr.〉
1. am Leben sein
2. sein Leben verbringen, sein Leben führen
3. ständig wohnen
4. 〈fig.〉 unvergessen sein, dauern
● er lebe hoch! (Trinkspruch); er lebt nicht mehr er ist tot; so wahr ich lebe! (Beteuerung der Wahrheit) ● sein Andenken, sein Name lebt noch immer (unter seinen Freunden); für seine Arbeit, 〈geh.〉 seiner \leben sich ganz seiner Arbeit widmen; das Kind hat nur zwei Tage gelebt ● (nicht) genug zu \leben haben einen (nicht) ausreichenden Lebensunterhalt haben; er hat nicht mehr lange zu \leben er ist todkrank, er wird bald sterben; jmdn. \leben lassen jmdn. nicht töten; 〈fig.〉 jmdn. hochleben lassen, einen Trinkspruch auf jmdn. ausbringen; \leben und \leben lassen sein eigenes Leben führen, wie es einem gefällt, u. auch den anderen nicht in ihre Lebensweise hineinreden; das Bild scheint zu \leben ist lebensecht gemaltallein \leben; behaglich \leben sich das Leben bequem machen; bescheiden, kärglich, kümmerlich \leben; enthaltsam, gesund, vegetarisch \leben; getrennt \leben (Ehepaar); gut \leben gut essen u. trinken; herrlich und in Freuden \leben; leb wohl, \leben Sie wohl! (Abschiedsgruß) ● er lebt bei seinen Eltern; er lebt nur für andere er setzt sich ständig für andere ein, hilft anderen; für seine Kinder \leben er widmet sich ganz seinen K.; in Bochum, in Amerika \leben; in der Stadt, auf dem Lande \leben; im Wasser, auf Bäumen \leben (Tiere); als der Arzt kam, lebte sie noch; lebst du denn noch? 〈umg.; scherzh.〉 (Frage, wenn jmd. nach langer Zeit wieder einmal kommt); über seine Verhältnisse \leben mehr Geld ausgeben, als man eigentlich dürfte; von Brot, Milch und Eiern \leben sich von Brot usw. ernähren; er lebt (nur) von seiner Rente; er lebt von seinem Sohn sein Sohn sorgt für seinen Lebensunterhalt ● bringt mir den Flüchtling \lebend oder tot; die Lebenden und die Toten; \lebende Bilder von Personen dargestellte B.; \lebendes Inventar Viehbestand; ein noch \lebender Schriftsteller; es gab keine \lebende Seele mehr auf den Straßen alles war leer von Menschen; \lebende Sprachen S., die noch gesprochen werden; Ggs tote Sprachen; kein \lebendes Wesen war zu sehen; er weilt nicht mehr unter den Lebenden; \lebend gebärend = lebendgebärend
II 〈V. refl.〉 hier lebt es sich gut, angenehm, schön hier kann man gut usw. leben
III 〈V. tr.; nur in bestimmten Wendungen〉 er lebt ein behagliches, trauriges Leben; jeder muss sein eigenes Leben \leben sein Leben so einrichten, wie es ihm entspricht
[<ahd. leben, engl. live, got. liban <vorgerm. *leip <idg. *lip- „leben, verharren, beharren“; verwandt mit bleiben, Leber, Leib]

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le|ben <sw. V.; hat [mhd. leben, ahd. lebēn, eigtl. wohl = übrig bleiben (im Sinne von: überleben nach einem Kampf)]:
1.
a) am Leben, lebendig sein; nicht tot sein:
seine Großeltern leben noch;
als der Arzt eintraf, lebte der Verunglückte schon nicht mehr;
lebt er?;
das Kind hat nur wenige Stunden gelebt;
sie wollte nicht mehr länger l.;
ohne dich kann ich nicht l.;
nicht mehr lange zu l. haben;
lass das Tier doch l.! (töte es nicht!);
nicht l. und nicht sterben können (sich sehr krank u. elend fühlen);
(ugs. scherzh. zu jmdm., der sehr lange nichts von sich hören ließ) lebst du noch?;
(ugs. Beteuerungsformel) es stimmt, so wahr ich lebe;
<1. Part.:> die noch lebenden Nachkommen;
lebend gebärende (Zool.; lebende Junge zur Welt bringende) Tiere;
lebendes Inventar (Rechtsspr.; Viehbestand);
bring mir den Mörder meines Sohnes, tot oder lebend!;
<subst.:> die Lebenden und die Toten;
Ü die Bilder dieser Künstlerin leben (wirken lebendig);
in den Menschen lebt die Hoffnung (sie hoffen) auf eine bessere Welt;
lebende Sprachen (Sprachen, die in der Gegenwart gesprochen werden);
jmd., etw. lebe! (Wunschformel: es lebe die Freiheit!);
es von den Lebenden nehmen (ugs.; sehr hohe, überhöhte Preise fordern);
b) auf der Welt sein, (als Lebewesen) da sein, existieren:
wie viele Menschen leben auf der Erde?;
Luther lebte im 16. Jahrhundert;
»Wie geht es dir?« – »Man lebt!« (ugs.; es geht nicht gut, aber auch nicht übermäßig schlecht);
er weiß zu l. (das Leben zu genießen);
die lebenden (heutigen) Generationen;
R l. und l. lassen (man sollte jedem wie sich selbst seine eigene Existenz u. Lebensart zugestehen);
man lebt nur einmal (Aufforderung, eine günstige Gelegenheit zu nutzen);
c) fortbestehen, weiterleben:
der Künstler lebt in seinen Werken;
sein Andenken lebt in uns;
der Name dieses Mannes wird für alle Zeiten l.
2. sein Leben in bestimmter Weise verbringen:
gut, anständig, enthaltsam, flott, bürgerlich, armselig l.;
leb[e] wohl! (veraltend; formelhafter Abschiedsgruß);
er lebt wie ein Fürst;
hier lebt es sich gut;
sie lebt von ihrem Mann getrennt;
im Wohlstand, in glücklicher Ehe, in Scheidung l.;
er lebt in dem Wahn, dauernd verfolgt zu werden;
damit kann ich l. (das ist für mich [noch] akzeptabel);
damit musst du l. (musst du dich abfinden);
Wölfe leben in Rudeln;
allein, mit seinen Freunden, mit einer Frau l.;
nach seinem Glauben l.;
er hat über seine Verhältnisse gelebt (einen Lebensstil geführt, der seine finanziellen Möglichkeiten übersteigt);
sie lebten unter falschem Namen.
3. [wohl unter Einfluss von engl. to live]
a) wohnen, seinen Wohnsitz haben:
er lebt in Hamburg;
sie hatten lange im Ausland gelebt;
auf dem Lande, in der Großstadt l.;
Ü er lebt in einer anderen Welt (ist ein Träumer);
b) seinen Lebensraum haben:
Affen leben auf Bäumen;
auf dem Land, im Wasser lebende Tiere.
4.
a) sich von etw. ernähren:
gesund, fleischlos, Diät l.;
die Gefangenen mussten von Wasser und Brot l.;
Spr der Mensch lebt nicht vom Brot allein (hat nicht nur materielle Bedürfnisse; Matth. 4, 4);
b) seinen Lebensunterhalt von etw. bestreiten:
von seiner Hände Arbeit l.;
von diesem Gehalt kann man nicht l.;
von der Wohlfahrt, von jmds. Gnade und Barmherzigkeit l.;
er lebt von seinen Eltern (seine Eltern kommen für seinen Lebensunterhalt auf);
R <subst.:> das ist zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel.
5.
a) <mit einem Subst. des gleichen Stammes als Obj.> verbringen, zubringen:
ein glückliches, erfülltes Leben l.;
er lebt sein eigenes Leben;
b) durchleben, vorleben, im Leben praktizieren:
Demokratie, eine Weltanschauung, seinen Glauben l.
6. sich in einem bestimmten Verhältnis befinden:
mit jmdm. im/in Frieden, im/in Streit, in einem nachbarlichen Verhältnis l.
7. sich einer Sache widmen, hingeben:
ganz seiner Familie/für seine Familie l.;
er lebt nur seiner Musik, für eine Idee.

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Leben,
 
die Seinsform von Lebewesen (lateinisch vivere est viventibus esse), nach der klassischen, auf die Antike zurückgehenden Definition. Die heutigen Naturwissenschaften verzichten vielfach auf eine derartige Definition aufgrund ihrer metaphysischen Implikationen, jedoch ist es ihnen bislang unmöglich, für das Phänomen Leben eine physikalisch-chemische Definition zu geben. Möglich ist jedoch, strukturelle und dynamische Merkmale des Lebendigen zu beschreiben.
 
Allem Lebendigen gemeinsam sind die Notwendigkeit des Stoffwechsels (Metabolismus), die Fähigkeit zur Vermehrung (Reproduktion) und die Möglichkeit der Veränderung des Erbguts (Mutationsfähigkeit). Leben ist immer mit Individualisierung verbunden, das heißt, lebende Organismen sind immer von der Umwelt gut abgegrenzte Gebilde, deren kleinste Einheit die Zelle ist. Die hohe Komplexität auch primitivster Organismen ist mit einem hohen Ordnungsgrad verbunden, dessen Aufrechterhaltung nur möglich ist, wenn der Organismus als energetisch offenes System in ständigem Stoff- und Energieaustausch (Fließgleichgewicht) mit seiner Umgebung steht. Hierbei bleiben die Systemeigenschaften und damit auch die Individualität durch ein komplexes Regelsystem (Homöostase) weitgehend erhalten. Die Funktionsträger für alle Stoffwechselprozesse sind energiereiche Makromoleküle (Proteine und Ribonukleinsäuren, aber auch Polysaccharide, Lipide, Phosphate), die z. B. als Enzyme die Stoffwechselreaktionen ermöglichen. Ebenso ist die Fortpflanzungsfähigkeit des lebenden Organismus an Makromoleküle, die Nukleinsäuren, gebunden beziehungsweise an deren Fähigkeit zur identischen Verdoppelung. Ihre Funktion als Träger des genetischen Materials sichert den Informationsfluss über Generationen hinweg, die Bedingung für den Fortbestand des Lebens über das Individuum hinaus. Letztlich an die Nukleinsäuren gebunden ist auch die Veränderlichkeit des Erbguts, einmal durch Mutation, zum andern - bei der sexuellen Fortpflanzung - durch Neukombination. Mutation und Kombination sind zusammen mit der Selektion wiederum die Motoren der Evolution, auf deren Grundlage die große Vielfalt der Lebewesen verständlich wird. Charakteristisch für alle lebenden Organismen ist auch die Fähigkeit zu Wachstum und Differenzierung, wobei die zugrunde liegenden Prozesse durch die vorgegebene genetische Information gesteuert werden und zielgerichtet (teleonomisch) verlaufen, ebenso wie die Reaktionen auf Reize aus der Umwelt (Reizbarkeit) gezielt verlaufen (in Richtung Reizverstärkung oder Reizvermeidung), ein Phänomen, das schon bei Mikroorganismen zu beobachten ist.
 
Primitive Lebensformen gab es auf der Erde bereits vor mindestens 3,5 Mrd. Jahren. In derart alten Sedimentgesteinen finden sich gesicherte Spuren von Mikrofossilien, die den heutigen Blaualgen sehr ähnlich sind. Für den Ablauf der präbiotischen Evolution gibt es widersprüchliche Hypothesen. Teilaspekte einer chemischen Evolution von organischen Bausteinen lebender Systeme sind im Laboratorium bereits nachvollziehbar. Im Miller-Experiment (1953, Urzeugung) gelang der Nachweis der Entstehung von Protein- und Nukleinsäurebausteinen unter den Bedingungen einer Uratmosphäre. Die Entdeckung katalytischer Nukleinsäuren (Ribozyme) gab ebenso Anlass zu wissenschaftlichen Spekulationen und Hypothesen über die Entstehung des Lebens, wie die Analyse des Stoffwechsels extremophiler Organismen (Archaebakterien). In experimentellen Ansätzen lassen sich auch Aspekte der Mutation und Selektion von Nukleinsäuren im Labor nachvollziehen, ein zur Selbstreplikation und Evolution fähiges chemisches Modell steht aber noch nicht zur Verfügung.
 
Die komplizierten physiologisch-chemischen Prozesse in den Lebewesen unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Naturgesetzmäßigkeiten nicht von denen in der übrigen Natur. Mit dem Ende des Lebens erlischt, naturwissenschaftlich betrachtet, das Fließgleichgewicht, der ständige Prozess von Energieaufnahme von außen und Energieverbrauch, das heißt, das Lebewesen verliert irreversibel seine drei dynamischen Hauptmerkmale.
 
In physikalisch-chemischer Hinsicht stellt daher weder das Entstehen noch das Vergehen eines Lebewesens eine prinzipielle Zäsur zur unbelebten Natur dar. Gestützt wird diese Sichtweise durch die Theorie der phylogenetischen Entstehung des Lebendigen dem »Hyperzyklus« (M. Eigen) gemäß, einem autokatalytischen, sich selbst reproduzierenden System in der »Ursuppe«, außerdem durch die Theorie der ontogenetischen Entstehung des Lebendigen, wonach Leben »das Haben eines genetischen Programmes« ist (E. Mayr), welches in geeigneter Umgebung automatisch zur phänotypischen Ausbildung dieses Programms als lebendiger Organismus führt. Aufgrund experimenteller Ergebnisse der Entwicklungsbiologie konnten bei wesentlichen Prozessen der Embryonalentwicklung (so z. B. Induktion, Polarität, Musterbildung, Proportionsregelung, Aktivierung und Hemmung, Selbstgliederung von Zellen) Mechanismen, die im Rahmen physikalischer Erklärungsmodelle postuliert wurden, zum Teil tatsächlich nachgewiesen werden.
 
 Formenmannigfaltigkeit des Lebendigen und Problematik einer Definition
 
Trotz der relativ wenigen dynamischen und statischen Merkmale des Lebendigen erscheint das Lebendige in einer ungeheuren und komplexen Vielfalt von Arten und Individuen. Ihre Formen zu leben wurden von Aristoteles, dem Begründer der wissenschaftlichen Biologie, prinzipiell in dreierlei Weise verstanden: im Sinne des vegetativen Pflanzenlebens (Anima vegetativa, mit den Vermögen Ernährung, Wachstum und Vermehrung), im Sinne des sensitiven Tierlebens (Anima sensitiva, mit den Vermögen Wahrnehmung, Bewegung und Strebung) und schließlich im Sinne des rationalen Geistlebens (Anima rationalis, Erkenntnisvermögen) beim Menschen. Kommt den Pflanzen nach Aristoteles nur das vegetative Leben zu, so den Tieren zusätzlich das sensitive Leben und dem Menschen darüber hinaus das Geistleben. Auch hier erkennen die heutigen Naturwissenschaften die Abgrenzungen nicht mehr als ontologisch eigentümliche an. Sowohl rezente (z. B. die Viren) als auch postulierte Zwischenformen erlauben eine Einfügung der Entstehung und Entwicklung dieser Charakteristika in den Gesamtstrom der Evolution. Theorien wie die evolutionäre Erkenntnistheorie oder die Soziobiologie erheben den Anspruch, auch die kognitiven, kulturellen und moralischen Leistungen des Menschen evolutionstheoretisch wenigstens im Prinzip vollständig zu erklären.
 
Die Abkehr von den klassischen Definitionen des Lebens zugunsten einer Beschreibung statischer und dynamischer Charakteristika von Lebewesen ist allerdings wissenschaftlich nicht voraussetzungsfrei. Die wichtigste Voraussetzung ist dabei eine Abstraktion, nämlich das Absehen dessen, der Leben in dieser naturwissenschaftlichen Weise beschreibt, von seinem eigenen Lebensvollzug als Voraussetzung für die Möglichkeit solchen Beschreibens. Die ursprünglich philosophischen Kriterien für Leben waren bei Aristoteles (im Anschluss an Platons Seelenlehre) die Fähigkeit zur Selbstbewegung (auch: Wachsen, Wahrnehmen). Lebewesen tragen ihr eigenes Ziel (griechisch télos) in sich, und ihren drei Formen des Lebens (vegetativ, sensitiv, rational) entsprechen Grade der Freiheit ihrer Verhaltensmöglichkeiten. Diese Tradition der Auffassung von Leben ist von Anfang an und bis heute eng verbunden mit einer Philosophie der Biologie, welche die Subjektivität des Lebendigen als Ausgangspunkt für dessen Verständnis nimmt und seine naturalen statischen und dynamischen Charaktere als sekundär, als Bedingungen für Subjektivität interpretiert. Während die Naturwissenschaft das Phänomen des Lebendigen von seinen Ausgangsbedingungen (Materie, Naturgesetze, Evolution) zu erklären versucht, geht die philosophische Biologie vom lebendigen Selbstvollzug des Menschen aus und versucht, den ganzen Bereich des Lebens und seiner Formen und Prozesse gemäß der Methode fortschreitender Abstraktion und Analogie zu verstehen. Aus diesen beiden Grundansätzen ergeben sich zwei seit der Antike miteinander konkurrierende Auffassungen dessen, was die »Wissenschaft vom Leben« heißen kann und soll.
 
Diese Konkurrenz ist insofern von größter Aktualität, als aus den unterschiedlichen Auffassungen des Lebens einschneidende Konsequenzen für die Praxis folgen. Aus der naturwissenschaftlichen Deskription des Lebendigen ergeben sich keine ethischen und politischen Normen für den Umgang mit ihm, was den Natur- und Tierschutz und den Umgang der Menschen miteinander anlangt. Für die Medizin folgt aus ihm das Konzept der heutigen Iatrotechnologie, der Auffassung einerseits von Krankheit als »Maschinenschaden« und des Arztes als des dafür zuständigen »Ingenieurs« oder »Mechanikers«, andererseits von Gesundheit als des »vollständigen körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens des Menschen«. Beide Auffassungen wären für den humanen Umgang mit menschlichem Leben fatal, würden sie nicht gewöhnlich von einem ärztlichen Standesethos aufgefangen, das zwar nicht aus der Naturwissenschaft herleitbar ist, aber seit ältesten Zeiten (im hippokratischen Eid verankert) eine »Ehrfurcht vor dem Leben« (A. Schweitzer) bewahrt (Arztgelöbnis). Eine philosophische Vermittlung der beiden konkurrierenden Sichtweisen des Lebendigen stellt daher ein sowohl theoretisch als auch praktisch notwendiges Anliegen dar.
 
 Zur Geschichte des Begriffes »Leben«
 
Die Frage nach dem Leben ist in der Geschichte des Denkens bei weitem nicht so alt wie die Frage nach dem Tod. Das eigene Leben ist ebenso selbstverständlich wie die Belebtheit der ganzen Natur, und nur das Ende eines individuellen Lebens und die Frage nach dem Danach verbleibt als unerklärlich und unheimlich erscheinender »Rest«. Den Tod in den Bereich des Verständlichen einzuordnen, war immer eine Aufgabe von Mythos und Religion; Totenkult und Kulturniveau der Gattung Mensch werden seit jeher in unmittelbare Beziehung gesetzt.
 
Spätestens mit der Aufklärung in der ionischen Naturphilosophie und der griechischen Sophistik wurden die religiösen Antworten auf die Frage nach dem Verhältnis von Leben und Tod problematisch. Frühe Überlegungen über den Grund (Arche), Entstehen und Vergehen der Welt (z. B. bei Empedokles; in den atomistischen Materietheorien von Demokrit und Lukrez) ließen eher die unbelebte Natur als selbstverständlich erscheinen, sodass das Lebendige erklärungsbedürftig wurde. Der Gegenentwurf des Aristoteles, in seiner Biologie als Hermeneutik der lebendigen Natur den Zugang zum Leben über die Begriffe Substanz (griechisch hypokeímenon), Seele (psyche̅́) und Zweck (télos) zu finden, führte zu zwei bis zum heutigen Tage miteinander konkurrierenden Grundlegungen der Biologie, die verkürzt zunächst als mechanistische und als vitalistische Auffassung des Lebens gekennzeichnet werden können.
 
Die mechanistische Auffassung versucht Leben als ein aus Uranfängen durch natürliche Gesetze Entstandenes zu begreifen, wobei weder die Entstehung noch die Entwicklung noch die Prozesse im und zwischen Lebewesen zur Erklärung »übernatürlicher« Faktoren bedürfen. Bis ins 17. Jahrhundert hinein war diese Auffassung wissenschaftlich verbreitet, da zugleich im Rahmen des christlichen Weltbildes der Umkehrschluss von der Zweckmäßigkeit des Lebendigen auf die göttliche Weisheit (der »physikotheologische Gottesbeweis«) als evident angesehen wurde. Die experimentelle Untersuchung und Mathematisierung der Natur machte aber auch vor dem Lebendigen nicht halt. A. Vesals Anatomie, W. Harveys Entdeckung des Blutkreislaufs, R. Descartes' und G. A. Borellis physikalische und geometrische Untersuchungen zur Physiologie und zur Mobilität der Tiere führten dazu, Lebewesen nur noch als kunstvolle Automaten aufzufassen. Descartes trennte die Wirklichkeit in die Bereiche Geist (lateinisch res cogitans, »Denken«) und Materie (res extensa, »ausgedehnte Sache«), zu der nicht nur das Unbelebte, sondern auch alles Lebendige zählte. Tiere schienen demgemäß keinen Schmerz zu fühlen; als wissenschaftliche Experimentierobjekte wurden sie grausamen Torturen unterworfen.
 
Immer noch aber waren sowohl die teleologische als auch die religiöse Dimension präsent im christlichen Gedanken des Schöpfers, der diese kunstvollen und zweckmäßigen »Automaten« geschaffen hatte. Erst C. Darwins Erklärung der Entstehung und Fortentwicklung von Arten durch »natürliche Auslese« markierte die Wende zugunsten einer ausschließlich mechanistischen Erklärung des Lebendigen. Die Aufnahme seiner Gedanken, v. a. auch Bestätigungen aus der Paläontologie, später der Molekularbiologie, der Genetik, der Verhaltensforschung und der Kybernetik gaben der in der synthetischen Theorie der Evolution zusammengefassten Systemtheorie den Charakter eines wissenschaftlichen Paradigmas, in dem alle bisher ungelösten Probleme als »noch nicht gelöst«, nicht aber als naturwissenschaftlich unlösbar erscheinen.
 
Die vitalistische Auffassung dagegen leugnet prinzipiell jede Erklärbarkeit des Lebens aus Elementen und Naturgesetzen. Für sie ist Leben eine von der anorganischen Natur unabhängige »Kraft«, ein nicht einholbares, weil immer schon vorausgesetztes ontologisches Prinzip. Die vitalistische Auffassung des Lebens leugnet nicht, dass Leben auch materielle, physikalische, chemische und physiologische Voraussetzungen hat, wohl aber, dass diese Leben erklären können. Das geht bereits aus den Definitionen des Lebens hervor: »Leben heißt Seele haben«, das heißt, »Leben heißt, Ursache von Bewegung sein können« (Aristoteles). Es entsteht durch Vereinigung des passiven Prinzips »Materie« mit dem aktiven Prinzip »Seele« (Entelechie). Für G. W. Leibniz heißt Leben »Perzeption plus hartnäckige Zielverfolgung«, für I. Kant ist Leben »Bewegung im transzendentalen Verstande«. Alle diese Bestimmungen nehmen Leben nicht von seinem Objektcharakter auf, sondern von seiner Seite des Subjektseins, welche Rezeptivität ebenso einschließt wie Spontaneität.
 
Die vitalistische Sicht des Lebens fand zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch einmal Anhänger in der Lebensphilosophie von H. Bergson u. a. wie in der Hervorhebung der »fremddienlichen Zweckmäßigkeit« (H. Driesch). Die Annahme eines »entelechialen Faktors« in Lebewesen, der für alle Zweckmäßigkeitsphänomene verantwortlich sein sollte, ließ sich als ein nichtmaterielles Prinzip schon aus wissenschaftstheoretischen Gründen nicht halten. Auch Ende des 20. Jahrhunderts hat die vitalistische Sicht durch eine Reinterpretation der Teleologie wieder Gewicht erhalten (H. Jonas, R. Spaemann, R. Löw).
 
Zwischen den beiden Auffassungen des Lebens gibt es eine Reihe von Rekonstruktions- und Vermittlungsversuchen; als Rekonstruktionsversuche seien der Reduktionismus und der Präformationismus erwähnt: Der (mechanische) Reduktionismus hält die vitalistische Auffassung aufgrund ihrer Annahme der ontologischen Eigendimensionalität des Lebendigen für unwissenschaftlich. Er übersieht dabei allerdings, dass seine Prinzipienwahl (Materie, Naturgesetze) ebenso wenig selbstverständlich ist wie die Wahl seines mechanistisch-kausalen Ursache- oder Erklärungsbegriffs. Der (vitalistische) Präformationismus schließt aus der phylogenetischen wie ontogenetischen Herkunft des lebendigen freien Subjekts auf eine Präformation (ein Vorgebildetsein) dieses Subjekts und seiner Freiheit bis hinab in die kleinsten Bausteine der Materie (F. W. J. Schelling, Jonas). Diese Auffassung ist zwar logisch begründbar, hat aber im subatomaren Bereich mit dem, was philosophisch unter Freiheit verstanden wird, nur noch in sehr entfernter Ähnlichkeit zu tun.
 
Als klassischer Vermittlungsversuch zwischen beiden kann Leibniz' Monadologie gelten. Die (»körperliche«) Außenperspektive der Monade ist der reine Kausalmechanismus, ihre (»seelische«) Innenperspektive eine ebenso deterministische Entwicklungsteleologie. Für die parallele Übereinstimmung der beiden Perspektiven bei der einen Monade wurde eine göttlich garantierte »prästabilierte Harmonie« postuliert, womit diese Theorie für die moderne Naturwissenschaft unhaltbar war.
 
Die moderne Biologie setzt sich von Reduktionismus wie Präformationismus gleichermaßen ab und gibt den verschiedenen Wesensarten des Lebens (vegetativ, sensitiv, rational, das heißt bewusst und selbstbewusst) ihre Authentizität zurück. Zugleich versucht sie aber, ihre Entstehung (phylo- wie ontogenetisch) einer wissenschaftlichen Erklärung zugänglich zu machen in Form einer Emergenztheorie (E. Mayr) oder Fulgurationstheorie (K. Lorenz) der Evolution. Obwohl der hierbei oft als Vordenker zitierte N. Hartmann in seiner Schichtentheorie des Aufruhens der jeweils oberen Schicht (z. B. Bewusstsein) auf allen (als sensitives Leben, vegetatives Leben, Materie) darunter liegenden Schichten den Übergang zwischen den Schichten ausdrücklich für unmöglich erklärt hatte, wird dieser Übergang zur Lösung des Problems der Entstehung des Neuen in der Natur. Bei einem Zusammenschluss von Subsystemen zu einer höheren Einheit können bei diesem völlig neue und unvorhersehbare Systemeigenschaften auftauchen (lateinisch emergere), und zwar »blitzartig« (lateinisch fulguratio »Blitzstrahl«). Als Beispiele werden u. a. genannt die Zusammenkoppelung von Kondensator und Spule zum elektromagnetischen Schwingkreis, der Hyperzyklus bei der Entstehung des Lebens, Schmerzempfindung, Warmblütigkeit, Sexualität, Bewusstsein, Moralität. Allerdings konzediert Lorenz (im Gegensatz zu den meisten seiner Schüler), dass dabei ein »nicht rationalisierbarer Rest« verbleibe. Dieser zeigt sich in der logischen Analyse der Theorie darin, dass in ihr nicht angegeben wird, für »wen« die Systemeigenschaften eigentlich neu sind und v. a., inwiefern sinnvollerweise bei den genannten Übergängen von »Systemeigenschaften« gesprochen werden kann. Die Dimension der Subjektivität ist in der des Systems nicht enthalten. Systeme wie der Wasserkreislauf oder die Wärmeregulation in einem Haus werden vom Menschen als Systeme bezeichnet, sie sind es nicht für sich selbst. Wenn aber das Für-sich-selbst-Sein eines Systems unabhängig von Beobachtern das Leben auszeichnet, dann lässt sich diese Dimension nicht naturwissenschaftlich erklären. Die Begriffe Emergenz oder Fulguration bezeichnen daher weniger eine Erklärung, als vielmehr eine Anerkennung, mit der eine neu aufgetretene Qualität als authentisch angesehen wird.
 
Ein weiterer philosophischer Vermittlungsversuch geht von einer Asymmetrie aus: Die »vitalistische« Sicht kann sowohl die Berechtigung als auch die Reichweite der »mechanistischen« sehen und anerkennen. Umgekehrt erscheint all das, was eigentümlich vitalistisch ist, der mechanistischen Position als erklärbare Illusion. An einer Stelle hängen beide allerdings untrennbar zusammen: in der Selbsterfahrung des Lebensvollzugs des eigenen Leibes und Geistes. Wer im eigenen Lebensvollzug die Erfahrung von Freiheit, Moralität, Schönheit, Sinn für wenigstens ebenso authentisch hält wie diejenige, dass er essen und trinken muss um sich zu erhalten, dass er Naturgesetzen unterliegt und aus verschiedenen Elementen besteht, der kann die ganze übrige Natur, die lebendige wie die anorganische, gemäß fortschreitender ontologischer Abzüge in Analogie zu sich selbst begreifen. Der Ausgangspunkt des eigenen Lebensvollzugs ist allerdings dann von den Abstraktionen aus kumulativ nie mehr zu erreichen. Denn wann immer jemand Leben definiert, muss er sich dessen bewusst sein, dass er selbst ein lebendiger Mensch ist und also auf beiden Seiten der Definition vorkommt.
 
Diese vermittelnde Sicht hat den Vorteil, dass auch die religiöse Auffassung des Lebens zu ihr nicht in Widerspruch oder in einem dualistischen Nebeneinander steht, sondern vielmehr eine Überhöhung ist, die dem geistig-spekulativen Denken (»der Gott der Philosophen«) ebenso zugänglich ist wie dem religiösen Glauben. Wenn der Apostel Paulus schreibt: »Keiner von uns lebt ja sich selbst, und keiner stirbt sich selbst« (Römer 14, 7), dann verweist er auf den Geschenkcharakter des Lebens durch Gott, worin auch die Notwendigkeit des verantwortlichen Umgangs mit dem eigenen Leben begründet ist. Das Verhältnis zur übrigen lebendigen Schöpfung ist im christlichen Glauben zwar zunächst durch den Herrschaftsauftrag geprägt, dem aber der Auftrag zur Pflege beigestellt ist. Wenn es die erste Handlung Adams ist, den Tieren Namen zu geben, so bestätigt er sie damit in ihrem Eigenrecht. In der Theologie steht der Mensch zwar an der Spitze einer Lebenspyramide der Schöpfung, ist aber eingebunden in göttliches Recht. Die Verheißung der Auferstehung von den Toten und des ewigen Lebens zielt auf ein Leben, dessen materielle und naturale Elemente in vollständiger Harmonie mit dem Geistleben stehen und das sich im Angesicht der Herrlichkeit Gottes erfüllt.
 
Auch in nichtchristlichen Religionen ist Leben häufig ein hoher Wert, wobei in pantheistischen und naturnahen Kulturen das menschliche Leben in die Natur und ihre Zyklen von Werden und Vergehen eingebettet ist und nicht den unbedingten Vorrang vor allem anderen Leben hat wie in unserer Zivilisation. Hinduismus und Buddhismus zielen hingegen darauf, den Lebenswillen auszulöschen, wobei das Individuum häufig eine Reihe von Inkarnationen durchlaufen muss, um die ganze Kette der durch Lebensverhaftung entstehenden Leiden zu beenden (aufgenommen von A. Schopenhauer in der abendländischen Philosophie).
 
Anknüpfend an die philosophische Reflexion und das Christentum ist Leben im juristischen Sinn als ein Höchstwert der menschlichen Existenz und als vitale Basis der Menschenwürde und aller anderen Rechte in die politischen Verfassungen eingegangen. Leben zählt zu den elementaren Menschenrechten und ist als Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit in Deutschland auch Grundrecht (Artikel 2 Absatz 2 GG). Der Schutzbereich des Lebens ergreift hier auch das noch nicht geborene, aber bereits gezeugte Leben und verwirft den Begriff eines »lebensunwerten Lebens« schlechthin.
 
 Bedeutung des Lebensbegriffs für die menschliche Lebenspraxis
 
Der Begriff des Lebens ist in den letzten Jahrzehnten wegen neuer naturwissenschaftlich-medizinischer Möglichkeiten einerseits und neuer Formen menschlicher Lebenspraxis andererseits zu einem zentralen Diskussionsthema geworden. Durch Molekularbiologie und Gentechnologie scheint es nicht mehr prinzipiell ausgeschlossen, dass Leben synthetisch hergestellt werden kann. Die Genome praktisch aller Organismen sind über die natürlichen Rekombinationsvorgänge hinausgehend nahezu beliebig manipulierbar, mit transgenen Organismen sind die natürlichen Grenzen biologischer Spezies bereits überschritten. Im Labor können Gene durch synthetischen Aufbau der diesen zugrunde liegenden Nukleinsäuresequenzen künstlich erzeugt werden, jedoch ist man technisch noch weit davon entfernt, das umfangreiche Genom eines Lebewesens auf diese Weise zu erstellen. Andererseits ist die Sequenzanalyse ganzer Bakteriengenome und Chromosomen von Eukaryonten bereits gelungen, Anfang 2001 wurde die fast vollständige Sequenz des Humangenoms veröffentlicht. Die gewonnenen Sequenzinformationen enthalten die Baupläne für die jeweiligen Organismen. Bereits 1967 war dem englischen Biologen J. B. Gurdon die Transplantation von aus Darmzellen einer Kaulquappe entnommenen Kernen in unbefruchtete Eizellen gelungen, was die Ausbildung normaler Tiere zur Folge hatte. Derartige Experimente sind auch mit synthetischen oder teilsynthetischen Genomen denkbar. In Verbindung mit den Fortschritten der Reproduktionsbiologie beziehungsweise -medizin ist das Herstellen identischer Kopien (so genannte Klone) von höheren Lebewesen einschließlich des Menschen mit erwünschten Eigenschaften in greifbare Nähe gerückt. 1997 wurde erstmals ein 7 Monate altes Schaf vorgestellt, das aus einer entkernten Eizelle und einer Körperzelle aus dem Euter eines erwachsenen Schafes geklont worden war. Auch die später entwickelten Formen des Klonens menschlicher Embryonen zur Gewinnung von Stammzellen, die zum Beispiel zur Bildung von Zell- und Gewebeersatz verwendet werden können (therapeutisches Klonen), sind aus ethischen Gründen heftig umstritten.
 
Die Genomanalyse sowie Umkonstruktion oder Neukonstruktion von Lebewesen wirft insbesondere eine Reihe ethischer Fragen auf, und zwar sowohl der Sicherheitsrisiken als auch des Arten- und Tierschutzes sowie des Humanbereichs. Während die Analyse des individuellen Erbguts von Menschen unter bestimmten Voraussetzungen ethisch ebenso zu rechtfertigen ist wie eine erfolgreiche Gentherapie an Körperzellen, scheint bei einer genetischen Umgestaltung der menschlichen Keimbahn auch die Identität dieser Person manipuliert zu werden. Die Diskussion darüber ist zwischen Naturwissenschaftlern, Juristen, Philosophen und Theologen im Gange und wird vermutlich noch lange andauern.
 
Die Frage nach außerirdischem Leben, das heißt nach der Existenz von Leben außerhalb der schützenden Erdatmosphäre und der Wirkung der Schwerkraft der Erde, somit auf anderen Himmelskörpern, ist immer wieder Gegenstand umfangreicher Spekulationen und Forschungen. Die Existenz von extraterrestrischem Leben gilt nach bisherigen Erkenntnissen als wahrscheinlich, es gibt jedoch keine schlüssigen Beweise dafür. Bemerkenswert ist das große Interesse und die Akzeptanz in der Öffentlichkeit für das mögliche Auftreten extraterrestrischer Lebensformen. Erhebliche finanzielle Mittel werden für den wissenschaftlichen Nachweis aufgewendet, der eine große philosophische und kulturelle Tragweite hätte. In einem vom Mars stammenden Meteoriten wurden 1996 Substanzen möglichen biogenen Ursprungs sowie Mikrofossilien ähnelnde eiförmige Gebilde gefunden, die aber nicht als Lebensspuren bestätigt werden konnten. Damit setzten sich die wissenschaftlichen Spekulationen über Leben auf dem Mars fort, die sich von den 1877 beobachteten und später als optische Täuschungen erkannten »Kanälen« auf der Oberfläche des Planeten (G. Schiaparelli) über die in den 60er-Jahren vermeintlich nachgewiesenen Mikrofossilien im Orgueil-Meteoriten bis zu den für einen Nachweis von Leben ausgerüsteten Viking-Raumsonden, die 1976 auf dem Mars landeten, ziehen. Die Panspermie-Hypothese (S. Arrhenius, 1906) vermutet sogar, dass sich das Leben auf der Erde aus Sporen aus dem Weltraum entwickelt hat. Durch F. Crick erfuhr diese Theorie dann in den 70er-Jahren als »gelenkte Panspermie« eine Variation, in der eine absichtliche Ansiedlung extraterrestrischer Keime auf der Erde unterstellt wird.
 
Mit der Erkenntnis der fortschreitenden Natur- und Umweltzerstörung durch die menschliche Technik hat seit der ökologischen Krise um 1970 auch eine Reflexion darüber eingesetzt, wie ein vernünftiges Leben mit der Natur und nicht gegen sie gestaltet werden kann. Alternative Lebensformen, die auf Hochtechnologie zu verzichten versuchen (z. B. Initiativen auf der Grundlage der Anthroposophie sowie zur Förderung der Dritten Welt, die heterogenen Bewegungen des New Age) und zugleich die Gesellschaft im ökologischen Sinne verändern wollen, haben an Einfluss gewonnen. Es ist daher wünschenswert, die Naturwissenschaften mit den Kultur- und Geisteswissenschaften in ein interdisziplinäres Gespräch über Begriff und Phänomen des Lebens zu bringen.
 
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie v. a. auch in den folgenden Artikeln:
 
Abstammungslehre · außerirdisches Leben · Biologie · Darwinismus · Entelechie · Entwicklung · Ethik · Euthanasie · Evolution · evolutionäre Erkenntnistheorie · Genomanalyse · Gentechnologie · Gentherapie · Human-Genom-Projekt · Kosmogonie · Kosmologie · Leib-Seele-Problem · Materie · medizinische Ethik · ökologisches Gleichgewicht · Reproduktionsmedizin · Schöpfung · Schwangerschaftsabbruch · Seele · Selbstmord · Sterbehilfe · Teleologie · Tod · Todesstrafe · Unsterblichkeit · Urzeugung · Verhaltensforschung
 
Literatur:
 
E. Rádl: Gesch. der biolog. Theorien in der Neuzeit, 2 Bde. (1909-13, Nachdr. 1970);
 C. Darwin: Die Entstehung der Arten durch natürl. Zuchtwahl (a. d. Engl., Neuausg. 1921, Nachdr. Stuttgart 1995);
 H. Driesch: Philosophie des Organischen (41928);
 J. von Uexküll: Der Mensch u. die Natur (1953);
 J. von Uexküll: Der Sinn des L. (1977);
 H. Jonas: Organismus u. Freiheit (a. d. Engl., 1973);
 H. Plessner: Die Stufen des Organischen u. der Mensch (31975);
 Ernst Mayr: Evolution u. die Vielfalt des L. (a. d. Engl., 1979);
 N. Hartmann: Philosophie der Natur. Abriß der speziellen Kategorienlehre (21980);
 R. Löw: Philosophie des Lebendigen (1980);
 R. Löw: L. aus dem Labor. Gentechnologie u. Verantwortung - Biologie u. Moral (1985);
 C. Bresch: Zwischenstufe L. Evolution ohne Ziel? (16.-20. Tsd. 1983);
 W. Pannenberg: Anthropologie in theolog. Perspektive (1983);
 
Die Evolution des Denkens. 12 Beitrr., hg. v. K. Lorenz u. F. M. Wuketits (21984);
 H.-E. Hengstenberg: Philosoph. Anthropologie (41984);
 Ernst Mayr: Die Entwicklung der biolog. Gedankenwelt. Vielfalt, Evolution u. Vererbung (a. d. Engl., 1984);
 A. Portmann: Biologie u. Geist (41985);
 M. Eigen u. R. Winkler: Das Spiel. Naturgesetze steuern den Zufall (91990);
 
L. = Physik + Chemie? Das Lebendige aus der Sicht bedeutender Physiker, hg. v. B.-O. Küppers (21990);
 A. Gierer: Die Physik, das L. u. die Seele. Anspruch u. Grenzen der Naturwissenschaft (51991);
 R. Spaemann u. R. Löw: Die Frage Wozu? Gesch. u. Wiederentdeckung des teleolog. Denkens (Neuausg. 6.-9. Tsd. 1991);
 H. Bergson: Denken u. schöpfer. Werden (a. d. Ital., Neuausg. 1993);
 K. Lorenz: Die Rückseite des Spiegels. Versuch einer Naturgesch. menschl. Erkennens (Neuausg. 1993);
 K. R. Popper u. J. C. Eccles: Das Ich u. sein Gehirn (a. d. Engl., Neuausg. 51996);
 R. Dawkins: Das egoist. Gen (a. d. Engl., 21998);
 E. Mayr: Das ist Biologie. Die Wiss. des Lebens (a. d. Engl., 22000).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Leben auf der Erde: Von der Uratmosphäre zu den ersten Lebewesen
 
Leben: Die Umweltsphären
 

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Le|ben, das; -s, - [mhd. leben, ahd. lebēn, urspr. subst. Inf.]: 1. <Pl. selten> das Lebendigsein, Existieren: organisches, irdisches L.; dass Schwache sich freiwillig dem Schutz der Starken unterstellten, um dadurch ihr physisches L. zu sichern (Gruhl, Planet 15); L. und Tod; das L. ist vergänglich; das keimende, werdende L.; in ihm ist kein L. mehr; Das reichhaltigste L. entsteht dort, wo eine Vielfalt von Arten zusammenwirkt (Gruhl, Planet 35); sein Leben hing an einem Faden (B. Vesper, Reise 430); gibt es ein L. vor dem Tod?; das nackte L. (die bloße Existenz) retten; das L. verlieren (sterben); viele mussten im Krieg ihr L. lassen (sind im Krieg umgekommen); jmdm. das L. retten; die L. spendende (geh.; das Leben ermöglichende) Sonne; die Leben zerstörende (geh.; das Leben vernichtende) Atombombe; sein L. wagen, für etwas einsetzen, aufs Spiel setzen, (geh.:) hingeben; sich das L. nehmen (sich selbst töten); die Entstehung, Erhaltung, Bedrohung, Zerstörung des -s; des -s müde, überdrüssig sein; seines -s nicht sicher sein; am L. sein, bleiben; trotz seines Leidens hängt er am L. (will er noch nicht sterben); man fürchtete für sein L.; der Arzt konnte den Bewusstlosen nicht mehr ins L. zurückrufen; sie hat mit dem L. abgeschlossen (ist bereit zu sterben); sie haben mit dem L. gespielt, haben ihren Leichtsinn mit dem L. bezahlen müssen; (Rel.:) Gott, der Herr über L. und Tod; er rannte vor den Verfolgern um sein L.; um jmds. L. bangen, kämpfen; durch einen Unfall ums L. kommen (umkommen); der Wille zum L.; zwischen Tod und L. schweben; Ü in seine Gestalt kam wieder L. (Lebenskraft); die Show hatte kein L. (wirkte nicht lebendig); die sowjetische Seite sei bereit, das langfristige, auf 25 Jahre angelegte Kooperationsabkommen ... mit L. zu erfüllen (tatkräftig in die Praxis umzusetzen; Augsburger Allgemeine 6./7. 5. 78, 1); *das ewige L. (christl. Rel.; das Leben in der Ewigkeit ); einem Kind das L. schenken (geh.; ein Kind gebären); sein L. teuer verkaufen (in einem Kampf erst nach erbitterter Gegenwehr schließlich unterliegen u. getötet werden); sein L. [für jmdn., etw.] in die Schanze schlagen (sein Leben riskieren, um jmdn. zu verteidigen); sein L. aushauchen (geh., verhüllend; sterben; Geist);seines -s nicht mehr froh werden (immer wieder neue Sorgen, Probleme haben u. nicht zur Ruhe kommen); seinem L. ein Ende machen/setzen (verhüll.; sich selbst töten); ein Kampf o. Ä. auf L. und Tod (ein Kampf o. Ä., bei dem einer der Kontrahenten den Tod finden kann od. wird); etw. für sein L. gern tun (etw. sehr gern tun): der Chronist isst und brät für sein L. gern und kann sich stundenlang über Kocherei unterhalten (Loest, Pistole 69); [freiwillig] aus dem L. scheiden (sich selbst töten); etw. ins L. rufen (etw. gründen); ins L. treten (sich konstituieren); ins ewige L. eingehen (geh., verhüll.; sterben); mit dem L. davonkommen (aus einer großen Gefahr gerettet werden; nach 2. Makk. 3, 38); jmdm. nach dem L. trachten (jmdn. umbringen wollen); wie das blühende L. aussehen (ugs.; sehr gesund aussehen); jmdn. vom L. zum Tode befördern (geh.; jmdn. töten). 2. <Pl. selten> a) Dauer, Verlauf des Lebens (1), der Existenz, des Daseins: ein kurzes, langes L.; L. und Werk eines Künstlers; ein [ganzes] L. lang; sein L. genießen; er hat sein L. verpfuscht; sein L. verwirken, wegwerfen (nicht sinnvoll gestalten); seinem L. ein Ziel geben; der Sinn des -s; die Vielfalt, die Freuden und Leiden des -s; sich des -s freuen; die Stationen des -s; die Geschichte ihres -s niederschreiben; die schwersten Stunden seines -s; das war der größte Wunsch seines -s; Ich bin in der Form meines -s (in der besten Form, die ich je im Leben erreichen kann; MM 16.7.88, 1); sie hat das Geschäft ihres -s (das beste Geschäft, das sie je im Leben abwickeln kann) gemacht; auf ein erfülltes L. zurückblicken; aus meinem L.; für das ganze L.; das passiert mir zum ersten Mal im L.; Was hat der eigentlich gehabt vom L.? (Chotjewitz, Friede 277); *jmdm. das L. sauer machen (jmdm. immer wieder Schwierigkeiten, Unannehmlichkeiten bereiten; nach 2. Mos. 1, 14); sich durchs L. schlagen (sich mühsam im Daseinskampf behaupten); nie im L./im L. nicht (ugs.; niemals, unter keinen Umständen): Nie im L. hätte er sich verzeihen können, Gefühlen ... auf den Leim gegangen zu sein (Bastian, Brut 158); So schlaf ich ja im L. nicht ein! (Brot und Salz 386); b) Art zu leben, Lebensweise: ein einfaches, einsames, ruhiges, geordnetes, geregeltes, unstetes, liederliches, üppiges, arbeitsreiches L.; Im bürgerlichen L. (in dem Leben, das er gemäß den bürgerlichen Konventionen führte) war er Volksschullehrer (Praunheim, Sex 234); das L. als Artist ist hart; das L. in der Großstadt, auf dem Land; Das bedeutet ... ein L. im Rollstuhl (an den Rollstuhl gefesselt zu sein; Zivildienst 5, 1986, 11); ein L. in Wohlstand, Zufriedenheit; unser Leben wird von der Technik geprägt; das L. eines Einsiedlers führen; Ich will mein L. leben. Richtig. Als Mensch, nicht nur als Arbeitstier für fremde Leute (Danella, Hotel 11); sein L. ändern; um für sich und ihre Kinder ein eigenständiges und freieres L. zu erkämpfen (Richter, Flüchten 309); ein neues L. anfangen, beginnen (neue, gute Vorsätze fassen; seinen Lebenswandel ändern); du machst dir das L. bequem, etwas zu leicht; R was soll das schlechte L. nützen? (man soll es sich lieber möglichst angenehm machen); *das süße L. (Leben im Luxus, ohne arbeiten zu müssen; ital. la dolce vita, seit 1960 besonders bekannt geworden durch den gleichnamigen Titel eines Films des ital. Regisseurs F. Fellini); c) Lebensinhalt: der Sport war für sie das L.; Kino ist immer seine große Leidenschaft gewesen. Kino ist sein L. (FR 1. 8. 98, 7); du mein L.! (dichter. veraltend; vertrauliche Anrede). 3. <o. Pl.> a) der Alltag, die Wirklichkeit, in der sich das Leben abspielt; die Gesamtheit der Lebensformen: das L. prägt den Menschen; das L. verlangt Opfer; Das L. beginnt nach Feierabend (Chotjewitz, Friede 105); Klaus würde ... wahrscheinlich sagen, das L. geht weiter (M. Walser, Pferd 135); diese Geschichte hat das L. geschrieben; das L. meistern; dem L. die guten Seiten abgewinnen; die Stürme des -s; diese Geschichte ist aus dem L. gegriffen; für das L. lernen; etwas nach dem L. malen, schreiben; seinen Mann stehen im L.; R wie das L. so spielt; man muss das L. eben nehmen, wie das L. eben ist (ugs. scherzh.; man muss sich mit allem abfinden); b) Gesamtheit der Vorgänge, das Geschehen innerhalb eines Bereichs: das gesellschaftliche, wirtschaftliche, künstlerische L. einer Stadt; Über die Juden und ihre Rolle im geistigen L. Deutschlands und Europas hatte sich Thomas Mann häufig geäußert (Reich-Ranicki, Th. Mann 43); im öffentlichen L. stehen. 4. <o. Pl.> Betriebsamkeit, lebhaftes Treiben: das L. auf den Straßen; auf dem Markt herrscht reges L.; nachts ist in der Innenstadt alles L. ausgestorben; In einem Kaff mit ungefähr siebentausend Bürgern findet das L. nicht statt (Fels, Sünden 9); die Kinder haben L. ins Haus gebracht; *L. ins Haus/in die Bude bringen (ugs.; für Unterhaltung, Abwechslung, Spannung, Aufregung sorgen).


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