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ARTENSCHUTZKONZEPT UND WIEDEREINBÜRGERUNG

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Artenschutzkonzept und Wiedereinbürgerung
 
Ein scheinbar einfaches und Erfolg versprechendes Mittel, einzelne im Bestand bedrohte Arten vor dem lokalen Aussterben zu retten, besteht darin, sie unter Schutz zu stellen und gezielte Einzelmaßnahmen zu ihrer Förderung durchzuführen. Gegebenenfalls beinhalten dann solche individuellen Artenschutzkonzepte auch Wiedereinbürgerungsversuche. Solche Schutzmaßnahmen quasi »nur für eine Art« sind nicht unproblematisch und auch wiederholt kritisiert worden.
 
 Im Vordergrund muss die Erhaltung der Lebensräume stehen
 
Losgelöst von ihrem natürlichen Lebensraum kann eine einzelne Tier- oder Pflanzenart nicht existieren. Eine Haltung ausschließlich in zoologischen oder botanischen Gärten fixiert daher eine naturferne, ja künstliche Situation, die nur ausnahmsweise und vorübergehend gerechtfertigt werden kann. Ziel von Schutzmaßnahmen muss vielmehr der Lebensraum sein, in dem diese Art leben kann, denn nur da kann sie sich auch im Umfeld anderer Arten und der auf sie einwirkenden Lebensraumfaktoren — also im Rahmen des allgemeinen Evolutionsgeschehens — weiterentwickeln. Im Einzelfall müssten nun die Faktoren analysiert werden, die zum Verschwinden der betreffenden Art führten, die Mängel müssten dann behoben werden und theoretisch wäre der Bestand dieser Art danach gesichert. Wenn die Art aus einem Lebensraum bereits völlig verschwunden ist, wäre auch eine Neubesiedlung aus dem nächstgelegenen Vorkommen (Wiedereinbürgerung) möglich.In der Realität sieht es selten so einfach aus, da ganz unterschiedliche Faktoren zum Rückgang einer Art führen können.
 
Eine sorgfältige Analyse der Faktoren, die die Gefährdung einer Art bewirkt hatten, kann beispielsweise direkte Bejagung oder Sammeln, aber auch Übernutzung von Beständen als Ursachen ergeben. In beiden Fällen können Jagd- und Sammelverbote oder genaue Bewirtschaftungsvorschriften Abhilfe schaffen. Oft ist jedoch die Art erst durch Vernichtung des Lebensraums verschwunden und Artenschutzkonzepte führen nicht weiter. In einem solchen Fall gilt es dann, den gesamten Lebensraum zu schützen (beispielsweise durch die Ausweisung von Naturschutzgebieten), oder durch bestimmte Bewirtschaftungs- und Nutzungsauflagen zu sichern, dass wichtige Voraussetzungen für die Existenz einer Art erhalten bleiben. Schwierig wird die Situation jedoch, wenn eine Art empfindlich auf bestimmte Umweltchemikalien oder den multiplen Effekt diffuser Belastungen reagiert. Hier ist kurzfristig meist nicht mit Erfolgen zu rechnen. In der Praxis ist es weder möglich, alle 20 000 bis 30 000 Arten, die in Deutschland im Bestand mehr oder weniger bedroht sind, mit individuellen Artenschutzkonzepten zu erhalten, noch können sie ausschließlich über Lebensraumschutz erhalten bleiben. Kombinationen und Mischformen sind daher sinnvoll. Einzelne Beispiele mögen dies verdeutlichen.
 
 Der Biber
 
Vormals waren Biber in den meisten Teilen Europas weit verbreitet und stellenweise so häufig, dass ihre Felle als Pelze genutzt wurden und ihr Fleisch ein normaler Bestandteil der guten Küche war. In den letzten Jahrhunderten nahm ihr Bestand aber überall in Europa drastisch ab und die Tiere waren etwa in der Mitte des letzten Jahrhunderts in Deutschland — vermutlich bis auf eine kleine Restpopulation an der Elbe —, aber auch in Schweden, Finnland, weiten Bereichen Russlands und in der Schweiz nördlich der Alpen ausgerottet. Gründe hierfür sind sicherlich in der übermäßigen Bejagung der Tiere, aber auch in der Zerstörung der Lebensräume zu finden. Im letzten Jahrhundert wurde der oft sinnlose Ausbau von Flüssen und Bächen großräumig in Angriff genommen, aber auch die Kultivierung von Mooren, Auwäldern und anderen Feuchtgebieten. Durch Untergraben von Dämmen und Aufstauen von eigentlich zur Entwässerung vorgesehenen Flächen kamen sich Mensch und Biber immer öfter in die Quere, sodass viele Tiere allein deswegen bejagt wurden.
 
Um Biber wieder neu anzusiedeln, begannen in diesem Jahrhundert an verschiedenen Orten erste Ausbürgerungsversuche, die in den meisten Fällen erfolgreich verliefen. In Deutschland wurden seit 1966 französische, russische und skandinavische Biber ausgesetzt, die sich an vielen Orten gut behaupten und vermehren konnten. Heute leben an vielen Orten wieder wuchskräftige Populationen, die sich zum Teil auch weiterzuverbreiten suchen. Eine konsequente Unterschutzstellung genügt offenbar, da es vielerorts noch ausreichend große Feuchtgebiete gibt. Inzwischen wissen wir auch, dass Biber das Potenzial zum Kulturfolger haben, das heißt, sie können auch in einer vom Menschen vielfältig genutzten Landschaft stabile Bestände aufbauen, sofern eine direkte Bejagung unterbleibt. Biber stellen also ein erfolgreich verlaufenes Beispiel für Artenschutz und Wiedereinbürgerung dar.
 
 Wiedereinbürgerung von Bartgeiern
 
Noch vor 200 Jahren kamen Bartgeier in einem fast geschlossenen Verbreitungsgebiet von der iberischen Halbinsel über den Alpenbogen bis zum Balkan und Kleinasien vor. Bis zur Jahrhundertwende hatte die Population dieser stattlichen, auf Knochen und Aas spezialisierten Art aber überall drastisch abgenommen und war im gesamten Alpenraum ausgestorben. Neben direkter Bejagung (»weil die Geier die Schafherden dezimieren« — daher der ältere Name Lämmergeier — »und auch Kleinkinder rauben«) fielen viele Tiere auch den Giftködern zum Opfer, die damals zur Wolfjagd überall ausgelegt wurden. Seit den 1920er-Jahren und vermehrt in den letzten Jahrzehnten wurden Bartgeier immer wieder an mehreren Stellen in Österreich, der Schweiz und Frankreich ausgesetzt, gefüttert und bewacht, sodass sich langsam wieder tragfähige Populationen entwickeln konnten. In einigen Jahrzehnten könnten die Alpen also möglicherweise wieder durchgehend von Bartgeiern bevölkert werden.
 
Wichtig für den Erfolg dieser Maßnahme ist neben einem direkten Bejagungsverbot auch die Aufklärung der Bevölkerung, vor allem von Schäfern, über die Harmlosigkeit der Tiere. Ferner hat unser zunehmendes Hygienebewusstsein den Bartgeiern als Kadaververtilgern eine wichtige Nahrungsgrundlage genommen. Denn in übersteigerter Form mussten tote Schafe oder Kühe, die bei der alpinen Weidewirtschaft immer wieder vorkamen, auch in abgelegenen Gegenden veterinärärztlich korrekt entsorgt und notfalls mit einem Helikopter ausgeflogen werden. Genau diese Kadaver waren jedoch die Lebensgrundlage der natürlichen Seuchenpolizei Bartgeier. Hier müssen also offensichtlich noch einige Vorschriften auf ein etwas normaleres Maß zurückgenommen werden. Denn wenn wie in den französischen Gebirgen solche Vorschriften fehlen, erleben die Schäfer schnell direkt die natürliche Funktion von Aasfressern. Tote Tiere werden in Kürze samt aller Knochen vertilgt und stellen daher keine Infektionsmöglichkeit für die restliche Herde mehr dar. Somit gewannen die Schäfer eine neue Wertschätzung für die Bartgeier. Das Projekt Bartgeier dürfte daher in einigen Jahrzehnten vermutlich als erfolgreich eingestuft werden können.
 
 Bislang wenig erfolgreich: Artenschutzprogramme für Fledermäuse
 
Die in Deutschland mit rund zwei Dutzend Arten vertretene Ordnung der Fledermäuse zählt hier zu den bedrohtesten Tiergruppen überhaupt. Neben direkter Bejagung und Vernichtung ganzer Kolonien in den Sommer- und Winterquartieren (vor allem wegen diffuser »Vampir«-Ängste vor den Tieren und hygienischer Argumente) leiden Fledermäuse besonders unter einem Rückgang geeigneter Quartiere wie leere Dachstühle, Gebälk, Mauerhöhlen, Baumhöhlen, Felsen und Stollen oder Ähnliches und unter der allgemeinen Vergiftung ihrer — und unserer — Umwelt. Möglicherweise am stärksten zum Rückgang der Fledermäuse beigetragen haben das großräumige Ausbringen von Bioziden in der Landwirtschaft sowie im Haus- und Gartenbereich und auch das Imprägnieren von Dachgebälk. Beide Maßnahmen führen zu einer Anreicherung von toxischen Substanzen in der Nahrungskette der Fledermäuse. Trotz ursprünglich sehr niedriger Konzentrationen können die giftigen Substanzen als Folge der Anreicherung schließlich an der Spitze dieser Nahrungskette, wo sich die Fledermäuse befinden, zu einer unerträglichen Belastung führen. Fledermäuse sind daher ein Beispiel für eine Tiergruppe, für die es zwar inzwischen umfassende Artenschutzprogramme gibt, beispielsweise in Form von Überwinterungshilfen und künstlichen Sommerquartieren, der aber auf diesem Weg allein nicht entscheidend weitergeholfen werden kann.
 
 Fischotter reagieren sensibel auf Umweltverschmutzung
 
Ähnlich wie Biber sind Fischotter ehemals sehr zahlreich vorkommende Tiere gewesen, die stark bejagt wurden. Nicht nur wegen ihres Fells, sondern auch als Freitagsspeise waren sie (wie die Biber) im kirchlich dominierten Leben des Mittelalters begehrt, denn als im Wasser lebende Tiere wurden sie offiziell als Fische deklariert und waren somit vom freitäglichen Fleischverbot ausgenommen. Zudem galten sie, wie wir heute wissen, weitgehend zu Unrecht als Fischschädlinge, sodass sie auch deswegen intensiv verfolgt wurden. Der starke Jagddruck allein hätte die Fischotterbestände jedoch nicht ernstlich gefährden können, wenn die Tiere nicht im Unterschied zu den Bibern sehr empfindlich auf die in diesem Jahrhundert stark zugenommene Wasserverschmutzung reagiert hätten. Schließlich hat die starke Verbauung der Gewässer und Vernichtung ganzer Habitate die Lebensräume der Fischotter empfindlich eingeschränkt, sodass die nachfolgende Belastung mit Umweltchemikalien den verbliebenen Populationsresten den Todesstoß versetzt hat und der Fischotter heute in weiten Bereichen Mitteleuropas ausgestorben ist.
 
Es hat nicht an Artenschutzprogrammen und Aussetzversuchen gefehlt, doch haben beide keinen Erfolg gehabt. Inzwischen weiß man, dass der Fischotter höchst sensibel auf bestimmte Umweltchemikalien reagiert. Da er als Raubtier, das sich meist von Wassertieren ernährt, die selbst oft ebenfalls Fleischfresser sind, an der Spitze einer langen Nahrungskette steht, reichern sich diese Substanzen bis zum Fischotter sehr stark an. Vor allem PCB (polychlorierte Biphenyle, die unter anderem in Kondensatoren und Transformatoren, aber auch als Weichmacher in Kunststoffen weltweit verbreitet sind und bei Halbwertzeiten von zehn bis zwanzig Jahren recht langlebig sind) haben sich inzwischen als für den Fischotter ausgesprochen giftig erwiesen und hemmen, vielleicht in der Wirkung noch durch Biozide und Schwermetalle verstärkt, seine Fortpflanzung schon ab Konzentrationen von 50 mg/kg Körperfett. Werden noch Junge geboren, so sterben sie oft wenige Tage nach der Geburt. Wenn solche Giftkonzentrationen vermieden werden sollen, dürfen die Fischotter nur in Gewässern leben, deren Fische PCB-Konzentrationen unter 0,02 bis 0,05 mg/kg Gesamtgewicht aufweisen. In den meisten mitteleuropäischen Flüssen werden diese Werte jedoch deutlich überschritten. Es ist daher absehbar, dass es auf Jahrzehnte hinaus keine Überlebensmöglichkeit für Fischotter in Mitteleuropa mehr geben wird.
 
 Artenschutzprogramme für Wolf und Braunbär?
 
Wie schon oben ausgeführt, wurden Wolf und Braunbär seit Jahrhunderten überall in Europa stark bekämpft und weit zurückgedrängt. In Deutschland, Österreich und der Schweiz waren sie völlig verschwunden, in den Nachbarländern Frankreich, Italien und Polen jedoch noch nicht ganz. Diese Bestände haben sich in den letzten Jahren zunehmend erholt, sodass heute auch eine Wiederbesiedlung von Mitteleuropa möglich erscheint. Aus Osteuropa und vom Balkan her sind bereits Bären bis nach Österreich vorgedrungen, erste Wölfe aus Polen haben Deutschland erreicht. Wölfe aus Italien sind nach Frankreich vorgedrungen und haben vielleicht auch schon die Schweiz erreicht. Mit dem Aufbau größerer Populationen ist daher überall in Mitteleuropa zu rechnen.
 
Bisher haben Bär und Wolf den Menschen möglichst gemieden und sich daher auf kaum besiedelte Gebiete beschränkt. Dies reduziert den für sie geeigneten Lebensraum beträchtlich. Erfahrungen in Skandinavien, Frankreich, Spanien und Italien haben gezeigt, dass die durch Wölfe und Bären angerichteten Schäden vergleichsweise gering sind. Aus unbeaufsichtigten Herden von Schafen und Rentieren werden Tiere gerissen, gelegentlich überfallen Bären Bienenstöcke. Wenn wie in diesen Ländern der Staat für diese Schäden aufkommt, tolerieren auch die Viehzüchter die neuen Raubtiere und ein gesetzlicher Schutz wird akzeptiert. Die Schäden können verringert werden, wenn die Viehherden durch Schäfer und Hunde bewacht werden, denn dann meidet sie der Wolf. Dies bedingt eine Ablösung der in letzter Zeit immer extensiver gewordenen Alpbeweidung, bei der riesige Schafherden sich selbst überlassen bleiben und nur noch monatlich kontrolliert werden, durch ein personalintensiveres System, wie es früher ja auch schon existierte. Somit kann ein Artenschutzprogramm für Wolf und Bär recht einfach aussehen und wegen des beachtlichen Ausbreitungsvermögens dieser Tiere dennoch wirksam sein.
 
Prof. Dr. Wolfgang Nentwig
 
Weiterführende Erläuterungen finden Sie auch unter:
 
biologische Vielfalt: Menschliche Eingriffe
 
Grundlegende Informationen finden Sie unter:
 
Ausrottung von Arten
 
Literatur:
 
Kaule, Giselher: Arten- und Biotopschutz. Stuttgart 21991.
 Röser, Bernd: Grundlagen des Biotop- und Artenschutzes. Arten- und Biotopgefährdung - Gefährdungsursachen - Schutzstrategien - Rechtsinstrumente. Landsberg am Lech 21995.


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